Eine
unglaubliche Begegnung
AUTOR: Meike
Benner (meike-benner@web.de)
TITEL: Die Macht
FREIGABE: ab 12
INHALT: Der normale Alltag
einer jungen Frau wird durch ein unheimliches Ereignis bereichert, daß
ihr Leben völlig umkrempeln wird....
DISCLAIMER: Die
Buffy-Charaktere gehören Joss Whendon und einigen anderen
Eine
unglaubliche Begegnung
Es
war Herbst. Ein kühler Abend. Ich schlenderte, von einem stressigem
Arbeitstag, zu Fuß nach Hause. Weit hatte ich es nicht. Ich mußte durch
eine dunkle Allee. Links und rechts standen, in regelmäßigen Abständen,
dicke Tannen. Im Rhythmus des Windes wiegten sie sich hin und her. Es sah
so aus, als wenn die Kronen der Bäume ihre Köpfe zusammensteckten und
sich zuflüsterten. Weiterhin war der Weg mit altmodischen Lampen bestückt,
wie aus dem letzten Jahrhundert. Aus Glas, mit schwarzer Stahlfassung,
geschnörkelte Muster zierten jede Lampe. Ich sah Mond und Sterne im
Einklang strahlen. Das gefiel mir. Ein Weg für Verliebte. Nur war das bei
mir zur Zeit leider nicht möglich. Der Job ließ keine Zeit. Ich war
Telefonistin in einer Marketingfirma für Drucker und Zubehör. Mit den
Kollegen verstand ich mich gut, einige wollten mit mir ausgehen, aber ich
hatte absolut keine Lust.
Kurz vor meinem Heim sah ich aus den Augenwinkeln eine rasche Bewegung
hinter mir. Ein Luftzug? Automatisch änderte sich meine Gangart. Ich ging
nicht schneller, sondern verlangsamte meine Schritte. Plötzlich begann
ganz in der Nähe laut und aufgeregt Hundegebell. Doch es hielt nur kurz
an. Durch irgendwas oder irgendwem ging das Kläffen der Tiere in
schmerzhaftes Jaulen und Winseln über. Dann verstummten sie. Es war
wieder alles still. Ich schluckte. Jetzt nur noch um die Ecke, dann bist
du zu Hause, ging es durch meinen Kopf. Ich sah nicht hinter mich, sondern
blickte starr geradeaus. Ein Kitzeln kroch meinen Bauch hoch. Das Herz
schlug so laut wie ein Schlagzeug, daß man in ein leeres Schwimmbad
gestellt hatte. So empfand ich es. Ich sah die Umrisse meines Hauses.
Endlich! So schnell ich konnte, griff ich nach meinem Hausschlüssel und
hastete hinein.
Ich schloß zweimal hinter mir ab. Ließ noch alle Lichter aus. Vielleicht
war der Fremde ja noch in der Nähe. Oder die. Oder was auch immer. Ich
ließ meinen Mantel auf einem Stuhl sinken. Die Wohnung wurde durch den
Mondschein in ein graues Licht getaucht. Die Schatten der Möbel warfen
monströse Figuren an die Wand. Ich fühlte, wie die Angst in mir wuchs.
Ich zog die engen Stöckelschuhe aus, tastete mich in mein Schlafzimmer
und kroch unter die Bettdecke. Mir fiel auf, daß es ziemlich kalt in der
Wohnung war. Ich kuschelte mich automatisch enger in die Decke.
„Einbrecher oder Randalierer vielleicht.“ Murmelte ich leise vor mich
hin. Vorsichtig bewegte ich meine linke Hand zum Nachttisch. Öffnete die
Schublade, langsam und leise. Holte Augenspray für den vermeintlichen
Angreifer. Ich hatte das beklemmende Gefühl, daß er vielleicht schon im
Haus war.
Um nicht völlig in Panik zu geraten, versuchte ich, meinen Atem in den
Griff zu bekommen, indem ich ruhig und gleichmäßig atmete. Irgendwann überkam
mich eine wohlige Schwere. Mein Körper entspannte sich. Ich merkte, wie
ich einschlief.
Doch
die Ruhe hielt nicht lange an. Ich wachte vom lauten, ohrenbetäubendem
Geheul eines Hundes. Und meine Blase war voll. Das Heulen wurde abrupt
beendet. Gottseidank. Einfach schrecklich. Als ich auf dem Weg zur
Toilette war, begann es erneut. Mit großen, schnellen Schritten tippelte
ich ins Bad. Dabei hielt ich mir die Ohren zu, denn das schauderhafte
Geheul wollte nicht aufhören. „Halt die Fresse!“ schrie ich die Wände
im Bad an. Ich horchte. Es war still. Dann klirrte irgend etwas, es hörte
sich wie zersplittertes Glas an. Es kam aus der Nähe. Wahrscheinlich in
der Nachbarschaft. Hoffte ich. Die zwei Zankhähne stritten, betagte
Rentner, die sich nicht ausstehen konnten und sich fast bis aufs Blut bekämpften.
Oft flogen auch Gegenstände. Ich hatte mich soweit wieder in den Griff.
Beruhigt zog ich am Abzug, wusch mir Gesicht und Hände, atmete tief ein
und aus. Nichts wie ins Bett, dachte ich. Als ich die Nachtischlampe
anknipste, traf es mich fast der Schlag!
Mit erstarrten Blick zog ich meine Hand langsam vom Druckknopf des
Schalters zurück und sah mit wachsendem Entsetzen, daß etwas großes,
schwarzes, wolliges Langes auf meinem Bett lag!
Mein Mund wurde trocken, ich versuchte, zu schlucken, als ich sah, wer
oder was da in meinem Bett lag. Ein unregelmäßiges Röcheln ging von dem
Etwas aus. Sein Atem? Vorsichtig ging ich ein Schnitt näher in die Nähe
des Kopfkissens. Ich erkannte einen Wolf. Es gab Wölfe im Dortmunder Zoo.
Der war es wahrscheinlich leid und ist ausgebrochen, redete ich mir ein.
Sein Körper hob und senkte sich schwer, er atmete schneller.
Ich betrachtete ihn genauer und was ich dann erblickte, erschreckte mich
noch mehr. Die Bettdecke war rotgefärbt von Blut. Er war verletzt. Wie
gebannt starrte ich auf das Tier. Mich fröstelte. Ich ging jetzt ganz nah
heran. Meine nackten Füße spürten zerbrochene Glassplitter. Automatisch
wanderte mein Blick zum Fenster. Ein ziemliches Loch klaffte in der
Scheibe. So ist es also in mein Zimmer gekommen. Jetzt stand ich direkt
vor dem Bett und beobachtete das Tier weiter hin. Ich konnte mich nicht rühren.
Als
ich bemerkte, wie es sich regte, ging ich mit einem Satz wieder zurück an
die Wand. Doch meine Beine trugen mich wie von selbst zum Bett, als ich
bemerkte, wie der Wolf seine Gestalt veränderte. Alles ging in
Sekundenschnelle. Die Ohren wurde kleiner, die Haare verschwanden, das
selbe passierte mit Zähnen und dem gesamten Körper, der immer menschenähnlicher
wurde. „Oh, Gott! Ein Werwolf!“ entfuhr es mir. Das gibt es doch gar
nicht! Ich rieb mir die Augen. Ich glaubte nicht, was ich da sah. Schließlich
lag ein nackter, junger Mann, mit einer Schußwunde in der Brust, die
seltsam dampfte, in meinem Bett. Sein Gesicht war naß vor Tränen und
Nasenschleim. Er wimmerte vor Schmerzen. Mir wurde schlagartig bewußt, daß
er im Sterben lag.
Da hob er leicht seinen Kopf und röchelte: “Wa..Wasser“. Sofort löste
ich mich aus meiner Starrheit, rannte in die Küche und kam mit einem großen
Glas Wasser wieder. Meine Hände zitterten ein wenig, als ich es ihm an
die Lippen hielt. Er nahm es in beide Hände und trank gierig. Er wollte
mehr und er bekam soviel er wollte.
Nach langem Schweigen sagte ich einfach: „Ruh dich aus.“ So als würde
ich mich mit einem normalen Menschen unterhalten. Ich betrachtete ihn
wieder. Er war wunderschön, wie ich gestehen mußte. Muskulös,
braungebrannt, ein ebenes Gesicht, große, dunkle Augen. Sein braunes,
glattes Haar ging ihm bis zu den Schultern.
„Wer hat dir das angetan?“ wollte ich wissen, anstatt zu fragen, wie
ich ihm helfen könnte. Ich deutete auf seine Verletzung. Das Wesen sah
mich an, ihm liefen die Tränen übers Gesicht. Er flüsterte stockend:“
Der Vater meiner Verlobten, Kristin heißt sie...oder hieß sie...“ er
heulte auf und schlug die Hände über den Kopf zusammen. Er fluchte und
verfluchte sich damit und seine Art, das was er war. Ich mußte mir
verstohlen ein paar Tränen wegwischen. Dann begann er plötzlich laut zu
rufen: „Sie hat mich wütend gemacht! Ich...konnte mich kaum noch...zurückhalten,
nicht mehr beherrschen und...merkte, wie ich ...wie es anfing, ich
verwandelte mich! Und dann...kam er...und er hat...“ der Rest seiner
Worte erstickte in Tränen.
„Du kannst nichts dafür, was du bist. Es wird alles wieder gut.“
Versuchte ich, ihn zu trösten. Doch er weinte nur. Ich bewunderte seine
Kraft, die Schmerzen mußten ihm doch zusetzen. „Ich glaube, er benutzte
Silberkugeln?“ sagte ich leise. Wie man aus den Geschichten weiß, würde
die Wunde sonst verheilen, bei gewöhnlichen Kugeln. Die Wunde dampfte
immer noch schwach, hörte aber auf zu bluten.
Er sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. Ich erschrak und dachte,
gleich stürzt er sich auf mich. Wir schwiegen und sahen uns nur an. Dann
meinte er:“ Ja, irgendwas hat er geahnt.“ Beiläufig sah ich auf die
Uhr. 2 Uhr morgens. Ich saß mittlerweile auf der Bettkante. „Kann ich
dir nicht irgendwie helfen?“ versuchte ich es nun doch. Obwohl die
Antwort auf der Hand lag. Der Werwolf schüttelte nur den Kopf und
erwiderte nichts. Mir schoß noch was durch den Kopf. Ängstlich sprach
ich es aus:“ Wirst du mich töten, weil ich weiß, wer du...“
„Nein!“ unterbrach er mich schroff. „Ich habe denjenigen ermordet,
den ich am meisten liebte! Und sie liebte mich! Es war alles normal, sie
wußte nichts ...davon. Du hast mir geholfen! Dafür soll ich wieder töten?“
Er hob hilflos die Arme. Ich sah mit geweiteten Augen, wie seine Hände
sich krümmten, Haare wuchsen, Klauen sprossen aus den Fingernägeln.
Meine Angst wuchs ins Unermeßliche, ich rührte mich aber nicht von der
Stelle.
Er sah mich an. Sein Gesicht war zu einer Grimasse verzerrt. Mit dunkler,
rauchiger Stimme rief er mir zu: „Lauf...geh...weg!“ Nein. Ich blieb.
Meine Angst wich wieder von mir, denn seine Verwandlung wurde gestoppt.
Sie bildete sich wieder zurück. Dann erhob er sich. Ging auf und ab, in
gebückter Haltung. Plötzlich packte er mich an den Schultern:“ Warte
hier!“ rief er und lief in Richtung Fenster, ohne an seine Verletzung zu
denken. Ehe ich mich versah, war er verschwunden.
Mein Blick wanderte über das blutverschmierte Bett. „Er ist tatsächlich
ein Werwolf. Ich kenne ein Monster- und dazu wahrscheinlich ein gutes- das
mich am Leben läßt.“ Sagte ich in die Stille hinein. Ein leises Lachen
entfuhr meiner Kehle. Ich schüttelte den Kopf. Glauben konnte ich das
alles noch immer nicht so richtig.
Es waren keine fünf Minuten vergangen, da stieg er erneut durch das
Fenster. Mit etwas in den Händen. Ein Gewehr! Oh, nicht doch! Ich ahnte
bereits, was er damit vorhatte. Tatsächlich hielt er es mir entgegen.
„Töte mich!“ sagte er entschlossen. Mein Herz raste. Jetzt sah ich
ihn durch tränenverschleierte Augen an. „Ich soll...“ weiter kam ich
nicht. Er nickte ernst.
Meine Arme schlackerten beinahe, als ich das schwere Gerät richtig in die
Hand nahm. Ich hatte noch nie mit soetwas geschossen. Doch dann tat ich
alles so, als hätte ich es schon immer benutzt. Ich entsicherte es, legte
den Zeigefinger an den Abzug. Hob es in seine Richtung. Zielte. Er sank
auf die Knie, breitete die Arme aus und wartete regungslos auf seine Erlösung.
Er
weinte. Begann sich erneut zu verwandeln. Und zwar in einem Höllentempo.
Bevor ich den Verstand endgültig verlor, verabschiedete ich mich von ihm,
indem ich sagte: „Finde deinen Frieden.“ Dann schoß ich. Die Wucht
warf mich nach hinten. Als ich wieder gerade stand, lag er, vorn übergekippt,
einfach so da. Tot. Sein Rücken war vom Schuß durchbohrt und dampfte und
zischte.
Weinend, mit wackligen Knien wankte ich auf ihn zu, strich ihm durchs
Haar. Wie weich es sich anfühlte. Wie alt er wohl war und ich wußte
nicht einmal seinen Namen. Der süße Blutgeruch stieg mir in die Nase.
Mir wurde übel. Traurig begann ich, ihn in das Betttuch einzuwickeln und
ihn, so leise, wie möglich, aus dem Haus zu ziehen, er war verdammt
schwer. Im Hinterhof angekommen, schien der Vollmond auf eine grüne
Stelle, wo ich ein Loch mit bloßen Händen grub. Die Erde war weich.
Unter erneutem Tränenausbruch buddelte ich ihn zu, bastelte ein Holzkreuz
aus herumliegenden Latten. Mit Zweigen als Schrift mühsam daran
befestigt, mit Klebe und Zwecknadeln, stand darauf: „Hier ruht ein
Freund. In Frieden.“ Als ich müde vor dem Grab niedersank, wurde es
langsam hell.
Tagelang
verfolgte mich das Geschehen. Nächtelang konnte ich nicht schlafen. Es mußte
noch andere geben, wie ihn. Er mußte von einem anderen Wesen gebissen und
damit verflucht worden sein. Entschlossen packte ich das Nötigste
zusammen, raffte mich auf und begab mich eines Tages auf die Suche. Auf
die Suche nach Werwölfen.....
ENDE
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