Die
Macht
AUTOR: Meike
Benner (meike-benner@web.de)
TITEL: Die Macht
FREIGABE: ab 12
INHALT: Eine junge Frau verfährt
sich auf dem Weg zu ihrem Onkel und verliert das Bewußtsein. Als sie
erwacht, findet sie sich in einer seltsamen Umgebung wieder....
DISCLAIMER: Die
Buffy-Charaktere gehören Joss Whendon und einigen anderen
Die
Macht
1.
Es
war kalt in diesem gräßlichen Zimmer. Und es roch wie nach verbranntem
Schweinefleisch. Nein, es stank regelrecht danach. Karen öffnete schwerfällig
ihre blauen Augen. Verschwommen nahm sie langsam die Umrisse ihrer merkwürdigen
Umgebung wahr. Als sie den Geruch einatmete, mußte sie lang anhaltend
husten. Sie hielt sich die Hände vor´s Gesicht, ihr traten sogar die Tränen
in die Augen. Sie lag auf den Boden und versuchte sich zu bewegen. Sie fühlte
sich schwach. Sie versuchte, sich aufzurichten, doch ihr Körper war
einfach steif. Wie gelähmt. Ihre Augen wanderten nervös zuckend durch
das Zimmer.
Der Boden war naß und grau, sehr hart, wie Stein. Plötzlich blieben ihre
Augen an der linken Ecke des Zimmers haften. Etwas Pelziges, Dunkles
hockte da. Ein schwarzes, dickes Etwas kroch langsam in ihre Richtung.
Karen´s Augen weiteten sich. Sie mußte schlucken, als sie erkannte, daß
dieses Ding eine große Tarantel war. Karen´s Herz begann schneller zu
klopfen. Sie fing an zu schwitzen. Sie versuchte sich zu konzentrieren.
Als sie die Augen zusammenkniff, ging ihr dabei ein einziger Gedanke durch
den Kopf: Das Vieh soll verschwinden.
Sie konnte die Spinne ganz deutlich vor sich hören. Karen hielt den Atem
an. Leise, kaum hörbare, tippelnde Beinchen näherten sich Stück um Stück.
Karen spürte den kalten Schweiß auf ihrer Stirn. Sie betete „Lieber
Gott, bitte nicht!“ Obwohl der Biß einer Tarantel ja nur unangenehm
war, aber nicht tödlich. Trotzdem hatte Karen Angst. Die zugekniffenen
Augen taten weh, also beschloß die junge Frau, sie zur Hälfte zu öffnen.
Ihre Augen bewegten sich schnell nach allen Seiten. Die Spinne war
verschwunden.
Erleichtert atmete Karen tief durch die Nase.“Ich muß versuchen,
aufzustehen.“ sagte eine rauchige, helle, zitternde Stimme. War sie das
gewesen? Karen schluckte. Ihr Mund war so trocken, der Hals tat weh. Doch
sie fühlte, daß außer ihr und diesem Vieh niemand da zu sein schien.
Und irgend woher hörte sie eine Stimme. Spinnen konnten doch nicht reden?
„Hoch mit dir, es wird Zeit!“ Karen erschrak. Diese Stimme gehörte
nicht zu ihrer- Langsam drehte sie den Kopf nach links. Es tat höllisch
weh. Ihr Blick wanderte hoch. Ein blasses Gesicht starrte auf sie herab.
Gerötete, dunkle Augen fixierten sie. Der Mann hatte tiefe Furchen in der
Stirn. Sein Mund stand halb offen. Karen wollte schreien, bekam aber
nichts als ein schwaches Krächzen zustande.
2.
„Was
ist los? Wer sind Sie? Was ist passiert? Wo bin ich?“ Karen sprudelten
die Worte förmlich aus dem Mund. Der hagere Mann, er war ganz in Schwarz
gekleidet, trat zu ihr und griff sie mit beiden Armen an den Schultern.
Seine großen, schmutzigen Hände fühlten sich kalt auf ihrer Haut an.
Seine Fingernägel waren lang, an einigen Stellen rissig und ganz schwarz.
Karen bekam Angst, doch es gelang ihr nicht, sich zu sträuben.
Wortlos ließ sie sich aufhelfen. Der Mann gab ihr eine zerfledderte, alte
Jeans, die ihr viel zu groß war und einen roten, nach Moder riechenden
Strickpulover, der kratzte, jedoch paßte. Auf einmal sah sie erstaunt an
sich hinunter und mußte feststellen, daß sie die ganze Zeit über wohl
in Unterwäsche dagelegen haben mußte. Widerwillig zog Karen alles über.
Der Mann sah an ihr vobei und verschwand ohne ein Wort durch die Steintür,
welche er polternd hinter sich verschloß. Karen versuchte ein paar
Schritte zu laufen. Ihre Füße taten weh. Ihr Magen begann aufeinmal zu
knurren. Noch wackelig auf den Knien, setzte sie sich an den alten
Holztisch, der nicht weit vor ihr stand. Der Tisch war staubig und
schmutzig, so als wäre er seit Jahrzehnten nicht mehr benutzt worden.
Karen setzte sich in den rotledernen, alten Sessel, der längs vor Kopf
stand. Vorsichtig untersuchte sie Ihren Körper, ob sie irgendwo verletzt
war. Doch außer Prellungen an Armen und Beinen, ein paar Kratzer im
Gedicht und Schürfwunden an den Händen, schien nichts gebrochen zu sein.
Sie atmete wieder tief durch und begann, nachzudenken.
3.
Vorsichtig
fuhr sie sich durch die langen, braunen Haare. Sie klebten am Kopf. Einige
Strähnen hingen ihr im Gesicht, die sie zur Seite zupfte. Fieberhaft
begann sie, zu überlegen: Was war passiert? Wo befand sie sich? Wer war
dieser unheimliche Mann? Wie ein Mensch sah er jedenfalls nicht aus. Es
dauerte einige Minunten, bis Karen klare Gedanken fassen konnte. Ihre
Kopfschmerzen ließen langsam nach. Laut sprach sie vor sich hin:“Ich
bin nach Ancover gefahren, um Onkel Jack zu besuchen. Dann hatte ich mich
um eine Abbiegung vertan und fuhr auf einer Landstraße geradewegs in den
Wald auf eine Einfahrt zu. Plötzlich lief ein Tier vor den Wagen. Ich
bremste und schleuderte auf einen großen Baum zu. Dann bin ich wohl ohnmächtig
geworden, ich weiß nicht mehr...“ Karen liefen so die Tränen übers
Gesicht. Sie stützte ihre Hände aufs Kinn.
Ein kratzendes, polterndes Geräusch ließ sie aufhörchen. Sie bemerkte,
daß die Tür laut knarrte. Dieser komischer Kauz kam mit einem Tablett
auf dem Arm herein. Ein Krug Wasser und Seife, ein Leib Brot und heiße
Milch, stellte er wortlos auf den Tisch. Er lächelte nicht einmal. Karen
bemerkte, wie seine Hände, die ihr noch größer und beharrter
erschienen, zitterten. Er drehte sich um, wandte sich zum Gehen, da rief
Karen ihn einfach zurück. Er blieb stehen und stutzte. Erstaunt sah er
sie an. Karen fragte ihn, wer er sei und wo sie sich befände. Die Antwort
versetzte sie in Staunen. Mit rauchiger, heiserer Stimme sagte der
Mann:“Sie befinden sich auf dem Marlin-Anwesen. Ich bin Mr. Marlins..äh...Butler.“
Karen atmete hörbar auf. Sie war also bei ihrem Onkel Jack angekommen!
4.
„Und
wieso lag ich auf dem Boden? Halbnackt?“ platzte es aus ihr heraus. Sie
wunderte sich, warum sie nicht eher darauf gekommen war. Der Butler hob
die Schultern und machte ein hilfloses Gesicht. „Es tut mir leid, davon
weiß ich nichts.“ Karen würde wütend. „Wo ist mein Onkel?“
fauchte sie ihn an.
Der Butler senkte die Lider. „Wenn du gegessen hast, wird er
erscheinen.“ Mit diesem vertrauten Tonfall drehte er sich um und verließ
eilig das Zimmer. Karen verstand garnichts mehr. Als ihr Magen sich
verkrampfte, stürzte sie sich auf das Essen. Sie aß langsam und genoß
das trockene, herrlich duftende Brot. Dann wusch sie sich vorschichtig.
Als sie fertig war, ging die Tür wieder auf, als wüßte jemand genau,
wie lange sie für ihre Aktionen brauchte. Ein leichter Windhauch streifte
ihren Körper. „Jack?“ Nichts. Keine Antwort. Karen stand auf, ging
zaghaft auf die Tür zu. „Jack? Bist du da?“ sagte sie mit fester
Stimme. An der Tür angelangt, bließ ihr eisiger Wind ins Gesicht. Sie
rief ihren Onkel erneut. Doch es rührte sich nichts.
Dann ging sie ein paar Schritte nach draußen. Es war dunkel. Ein
leuchtender, großer Mond stand am Himmel. Karen genoß diese Atmosphäre,
fühlte sich wohl. Sie stand ein paar Minuten so da. Hinter ihr raschelte
es. Hitze stieg in ihren Nacken, sie fühlte sich beobachtet. Aus den
Augenwinkeln vernahm sie einem Schatten hinter sich. Rasch drehte sie sich
um.
Hinter ihr saß ein riesengroßer Wolf!
5.
Vor
lauter Überwältigung konnte Karen sich nicht bewegen. Sie starrte das
Raubtier fasziniert an. Minutenlang standen sich die beiden gegenüber. Es
war ein prächtiges Tier: Weißes Fell, orangene, glühende, klare Augen,
kräftige, durchblutete Lefzen, gesunde, starke Zähne. Sein buschiger
Schwanz wedelte nervös hin und her. Das Tier saß auf allen Vieren da,
hechelnd, aufmerksam. So als wartet es auf etwas. Seine Ohren waren in
Lauscherstellung, sie standen steif vom Kopf weg. Er saß einfach so da.
Seine Augen blickten treu zu Karen auf. Er winselte leise.
Karen´s Gedanken arbeiteten. Langsam begriff sie alles. Es kam ihr vor,
wie eine Eingebung. Das Tier vor ihr war nicht irgendeins. Sondern Onkel
Jack! Er war weder ein Werwolf oder Vampir, sondern ein richtiger Wolf.
Sie sah ihm direkt in die Augen. Er legte den Kopf schief und begann in
ihre Gedanken vorzudringen.
6.
Das
Tier erzählte ihr, daß sie als Säugling von ihren Eltern ausgesetzt
wurde, in einem Gebiet, wo Wölfe ihr Hauptrevier hatten. Er, der Anführer
fand sie vor deren Höhle. Sie wurde von dem Rudel, speziell von ihm, großgezogen.
Als sie sechs war, brachte Jack sie zu den Menschen. Zwischen ihnen
bestand seelischer Kontakt. Eine Macht der Verständigung zwischen Tier
und Mensch. Karen hatte Tränen in den Augen, als Jack´s Gedanken
endeten. Er stand auf und bat sie, ihm zu folgen.
Karen blieb von nun an bei ihm. Für immer.
ENDE
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