**  Willow und Tara  **

Gedanken über Willow, selbst ausgedacht von einer Freundin. 

Der Sinn des Lebens

Willow saß in ihrem Zimmer vor ihrem Computer. Sie blickte auf den Monitor und ihre Finger flogen stetig über die Tastatur, doch realisierte sie kaum, was sie schrieb. Mit ihren Gedanken war sie fort, weit fort. Wiederkommen? Nein das wollte sie nicht, dort wo sie mit ihren Gedanken war fühlte sie sich sicher und geborgen. Nicht so wie in dieser kalten Realität, die ihr all das genommen hatten, was sie geliebt hatte, dass ihrem Leben einen Sinn gegeben hatte.
Sie schüttelte ihren Kopf um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können. Ihre Augen fuhren über den eben geschriebenen Text. Ihre Abschlussarbeit. Der Sinn des Lebens. Sie las den Text durch, einmal, zweimal, es waren schon 25 Seiten. Dann bückte sie sich unter ihren Schreibtisch, und zog den Stecker des Computers.

Dann nahm sie sich ein Stück weißes Papier, einen Füller und setzte sich auf ihr Bett, das Bett, in dem sie zusammen mit Tara gelegen hatte und das alle ihre Träume und Wünsche kannte. Geistesabwesend begann sie zu schreiben.

Der Sinn des Lebens... hat das Leben überhaupt einen Sinn? Vor einem Jahr noch, fühlte ich mich, als ob die Welt mich lieben würde, als ob ich alles schaffen könnte, was auch immer ich mir vor nahm. Doch heute weiß ich nicht mehr, wie ich dies jemals konnte. In mir ist nur eine einzige Leere. Nichts. Nicht einmal Trauer oder Zorn. Es ist einfach nur leer. Vor meinen Augen erscheinen Bilder, Bilder aus glücklichen Tagen, an denen ich zusammen mit Tara und meinen Freunden etwas unternommen habe. Damals war ich glücklich. Sie ist mein ein und alles. Ich sehe ihr Lächeln vor meinen Augen, als würde sie hier direkt vor mir stehen und manchmal kommt es mir so vor, als müsste ich einfach nur die Hand, die sie mir ausstreckt entgegennehmen und sie wäre wieder bei mir. Doch strecke ich die Hand dann aus, verpufft der schöne Traum wie eine Seifenblase und ein anderen Bild brennt sich in meinen Kopf ein, lässt sich für lange Zeit nicht mehr verbannen. Ich sehe es wiederum vor mir, als würde es genau jetzt in diesem Moment geschehen. Gerade noch standen wir zusammen. Hier. In diesem Zimmer, haben gelacht und uns gefreut, dass wir endlich wieder zusammengefunden haben. Und dann ein Knall. Ich höre ihn immer noch in meinen Ohren wiederhallen. Der rote Fleck auf Taras Brust, genau an der Stelle an der ihr Herz sitzt. Ihre letzten Worte: „Dein Shirt...“ überall Blut und dann wieder diese unendliche Schwärze überall in mir. Ich weine nicht mehr, ich kann es nicht. Jeden Tag denke ich daran, ihr einfach zu folgen, dann schließe ich die Augen und stelle mir vor wie sie gerochen hat. Wie weich und sanft ihre Haut war und das ich nichts lieber tun würde, als mich in ihre Arme zu flüchten und zu wissen, dass all dies nur ein böser Traum war. Ja ich will einfach nur aufwachen.
Der Sinn des Lebens... hat das Leben einen Sinn, wenn man es mit niemandem teilen kann? Ich würde mein Leben für sie geben, ich würde ihr etwas von dem meinen abgeben, dann hätte es einen Sinn. Doch ohne sie ist es trist, leer und ohne einen Sinn.
Meine Freunde weinen. Sie weinen um meine geliebte Freundin, und um mich, wenn sie sehen, dass es mir schlecht geht. Ich wünschte mir, sie würden es nicht tun. Wenn ich mich schon nicht an meinem Leben erfreuen kann, keinen Sinn darin sehe, sollen sie doch wenigstens glücklich sein und mich meiner Leere überlassen, die mich langsam von innen aufzufressen beginnt.
Wie ist es zu sterben? Ich stelle es mir als Erlösung vor. Man legt sich hin und schläft für immer ein. Man ist fort von allem Leid und kommt irgendwann mit all seinen Freunden und den Menschen die man liebt wieder zusammen um endlich glücklich sein zu können.
Sind die Menschen Sterne? Es ist kaum vorstellbar, dass so viele Sterne, oben am Firmament schon lange nicht mehr existieren, doch ihr Licht leuchtet uns auch heute noch und wird dies auch noch für eine lange, lange Zeit tun.
Genauso wie Tara, ihr Licht wird noch lange, lange in meinem Herzen leuchten, mir Mut geben und sie wird durch mein Herz sprechen, wie ein Stern der schon lange nicht mehr existier aber dennoch immer noch sein Licht erstrahlen lässt.
Das Leben hat einen Sinn. Doch nur so lange wie man liebt, denn ohne Liebe ist das Leben trist und leer.
Für mich hat das Leben einen Sinn, denn ich liebe mehr als jemals zuvor und mein Herz sagt mir, dass ich nicht aufgeben darf, sondern dass ich Kämpfen muss und irgendwann, wenn auch ich meine Augen schließen werde, werde ich zu meiner geliebten Seele zurückkehren und in alle Ewigkeit glücklich sein können.

Sie legte den Stift beiseite und ließ das erste mal seit langem die Tränen zu, die sich in kleinen Bächen über ihre Wangen ergossen. Eine kleine Ewigkeit später setzte sie die letzten Worte unter das Papier, legte es sorgfältig in eine Mappe und gab es zum Abgabetermin ab.

Sie bestand ihre Prüfung mit Bravour und als sie der Studentenschaft am Vortragstermin vorgelesen wurde, hatten alle bis auf eine Tränen in den Augen, denn auch sie kannten Tara und wussten, was für ein Verlust von ihr ausging und auch in ihren Herzen gab es, wenn auch nur ein kleines schwarzes Loch. Doch Willow lächelte, denn sie wusste, dass ihre Freundin stolz auf sie sein würde.

Die letzten Worte: Tara ich liebe, ich vermisse dich!

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