Story 
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Der vierte Teil von Susis Geschichte "Wächter der Zeit".

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Viel Spaß beim Lesen!
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4. Dämonen und andere Probleme

 

Blutgier- Teil 2

 

Buffy erhob angespannt das Schwert zum Schlag, als sie es rascheln hörte. Jemand rannte durch Gestrüpp. Sie schärfte alle ihre Sinne und versuchte, ihn zu orten. Dann hörte sie ihn ins Wasser springen. Was war los? Flüchtete er vor ihr? Langsam näherte sie sich dem Teich, der sich vor ihr erstreckte. Die Oberfläche war glatt und ohne Kringel. Also war er abgetaucht. Vorsichtig ging sie näher- aber sie konnte absolut nichts erkennen. Eine kleine Holzbrücke führte zu einer künstlichen Insel. Am liebsten wäre sie umgekehrt- hätte es dabei belassen und ihn als Phantom ihres Lebens abgehakt- aber er war zu gefährlich. Mit seinem Wissen konnte er alle umbringen, die ihr etwas bedeuteten. Und er würde noch ganz andere Dinge tun. Das Abschlachten von Menschen wäre nur die unterste Stufe auf der Leiter des Vampir- Erfolgs. Schließlich war sie es ihm schuldig. Sie hatte es versprochen- wenn Spike siegen würde, dann würde sie ihn töten. Und in diesem Dämon war mehr gewesen als nur Spike. Dieser Stein von Amara machte ihn zu dem, was er immer sein wollte. Als er noch böse war- mein Gott- warum war er nicht mit nach draußen gekommen, als sie geflüchtet war?

„Warum eigentlich nicht?“ fragte sie sich plötzlich laut, und es schien ihr wie Schuppen von den Augen zu fallen. Es war ein Plan gewesen- ein Plan des alten Spike, um über William zu siegen! Er wollte wieder böse sein!

„Wie recht du doch hast- Ex- Jägerin!“ tönte es plötzlich von ihm. Aber sie konnte ihn nicht sehen. Blitzschnell machte sie eine Drehung und sicherte ihren Rücken- aber er war nicht hinter ihr.

„Oh- ich erzittere! Ist dieses Schwert nicht etwas zu groß für dich?“ Mit einem Ruck wurde es ihr aus der Hand geschlagen- obwohl sie ihn nicht einmal kommen hatte sehen. Und doch stand er plötzlich vor ihr- mit dem Schwert auf ihren Hals gerichtet. Das antrocknende Blut ließ ihn noch viel gefährlicher erscheinen. Und sein Gesicht ähnelte nicht einmal mehr dem alten Spike. Viel stärker als je zuvor traten die Vampirzüge hervor.

„Spike- hör auf mit den Spielchen.“ Er funkelte sie zur Antwort diabolisch an.

„William? Hörst du mich?“

„Oh- William! Hör auf zu jammern, Jägerin- dein Will ist genauso tot, wie du es bald sein wirst!“ Er wurde wütend. Dann lachte er plötzlich los. „Weißt du was- wir sollten wenigstens fair sein. Hier hast du dein Spielzeug zurück! Ich töte dich auch so!“ Er donnerte das Schwert blitzschnell vor ihren Füßen in den Boden, so daß es vibrierte.

Langsam sah die Jägerin von dem Schwertknauf nach oben und in seine Augen. Das weiße Leuchten erschien erneut, und wie aus dem Nichts sprang sie ihn an und nutzte den Moment, um ihn mit sich zusammen in den Teich zu befördern. Beide tauchten unter und er versuchte, sie nach unten zu drücken. Sie hatte eindeutig die schlechteren Karten- daß wusste sie selbst. Aber etwas sagte ihr instinktiv, daß Spike eine Abkühlung brauchte. Um sie herum trieben Algen und Wasserpflanzen. Sie konnte sich etwas von ihm losmachen und schlug ihm mit dem Fuß ins Gesicht. Es reichte aus, damit sie nach oben gelangen konnte und sich schnell an Land ziehen. Seine Hand griff nach ihrem Fuß und wollte sie zurückziehen- da bekam sie das Schwert zu fassen, drehte sich blitzschnell um und schlug mit der flachen Kante zu. Sofort löste sich sein Griff und sie konnte an Land flüchten. Abwartend baute sie sich mit dem Schwert auf und beobachtete die Wasserkante. Hinter ihr hörte sie die Sirenen der Feuerwehr. Und die Anderen näherten sich vorsichtig aus dem Dickicht. Sie spürte ihre Blicke. Wenn es hart auf hart käme, würden sie eingreifen, keine Frage. Aber das hier war ihr Kampf.

Ohne vorherige Anzeichen sprang Spike plötzlich aus dem Wasser an Land- woher er den Schwung nahm, war ihr ein Rätsel. Sie ging sofort auf ihn los, aber er war schneller und sprang einfach über sie hinweg, wobei er ihr zugleich einen Fußtritt in den Rücken verpasste. Sie stolperte nach vorn und fing sich gleich wieder. Er stürmte an sie heran- und da siegte der Reflex bei ihr. Das Schwert sauste nach hinten und rammte sich in seinen Leib. Er ächzte kurz auf und wurde durch ihre ruckartige Bewegung in der Drehung nach hinten geworfen. Dabei zog sie das Schwert wieder heraus und erhob es über seinem Kopf. Sie holte aus und zielte auf seinen Hals- und in diesem Moment verwandelte er sich wieder zurück in den menschlichen Vampir. Sein Gesicht spiegelte plötzlich die innere Angst wieder. Sie hielt kurz inne, dachte aber, daß es ein Trick sei. Erneut holte sie aus, doch er hatte den Moment des Zweifels genutzt und rollte sich blitzschnell aus der Gefahrenzone. Kaum war er wieder aufgestanden, war er auch schon auf unerklärliche Weise hinter ihr und riss ihr erneut das Schwert aus der Hand. Aber er warf es in weitem Bogen in Richtung Xander, der sich hinter einem Busch versteckt hielt. Dann sank Spike in purer Verzweiflung zusammen und kniete demütig vor ihr.

„Viel zuviel Blut. Überall.“ Stotterte er.

„Wer bist du?“ fragte sie lauernd. War es möglich, daß ihr Schwertangriff ihn zurückgeholt hatte?

„Spike. Ja. Der Oberste Wächter.“

„Wer bin ich?“

„Buffy. Buffy Summers. Liebes!” Er sah sie verzweifelt an. Sie ging vorsichtig auf ihn zu und kniete sich vor ihn hin. Dann begann sie vorsichtig, im die Blutreste aus dem Gesicht zu wischen. Er sah sie nur mit traurigen Augen an. Hinter ihnen hörte sie, wie sich die Scoobies langsam aus ihren Verstecken wagten.

„Ich- ich wollte dich töten. Was ist passiert?“ er wirkte vollkommen verwirrt.

„Es ist alles okay. Wir fahren jetzt heim. Da nimmst du ein heißes Bad und gehst schlafen. Morgen geht es dir sicherlich wieder viel besser.“ Sie richtete sich auf und sah zu den Anderen.

„Ähm- Entwarnung.“ Sie hievte ihn mit sich hoch und zog ihn mit sich. Er befreite sich aus ihrem Griff und lief allein ein Stück vor ihnen. Xander schloss zu ihr auf und sah sie besorgt an.

„Das Blut muß bei ihm wie eine Droge gewirkt haben. Vollkommen überdosiert. Naja- eben ein bisschen- du weißt schon...“ Sie fuchtelte sich mit der Hand vor der Stirn herum.

„Alles klar. Als ob das jemals anders war.“

„Xander!“ warnte sie ihn leise.

„Schon verstanden.“

„Hast ja recht. Aber anscheinend verliebe ich mich immer in die verrückten Vampire dieser Welt. Ist wohl mein Schicksal.“ Sie trottete zu ihrem Motorrad. Faith kam zu ihr und überließ Spike den Platz im Bus. Kennedy und die Anderen würden schon darauf aufpassen, daß er keinen Quatsch anstellte. Xander schlug Spike kameradschaftlich auf die klatschnasse Schulter. „Na- alter Freund- alles in Ordnung bei dir?“

„Weißt du was- Harris. Ich bin vielleicht auf nem seltsamen Trip- aber ich weiß, daß das ne Lüge ist.“ Er schwang sich in den Beifahrersitz und knallte Xander die Tür vor der Nase zu.

„Okay- schon wieder fast der Alte! So liebe ich ihn doch! Immer einen flotten Spruch auf den Lippen und den Tod im Gepäck- danke Buffy, daß du ihn mir zurückgebracht hast. Es wäre zu langweilig ohne ihn!“ Er lachte und schlug die Fahrertür zu.

„Buff- kann ich dich mal sprechen?“ Faith wirkte sehr ernst. Also nahm Buffy das Motorrad und schob es ein Stück, während sie liefen und die Feuerwehren an ihnen vorbeisausten.

„Das mit heut Abend- was war das eigentlich? Ich meine- was ist hier passiert? Wir haben vielleicht Hunderte von Menschen getötet- und was ist mit Willow?“

„Sie lebt noch- da bin ich mir sicher.“

„Warum?“

„Weil sie mir gesagt hat, daß wir es anzünden sollen.“

„Was?“

„Willow hat Kontakt zu uns aufgenommen. Sie plant irgend etwas. Wir sollen den Kerberos töten.“

„Und dann?“

„Die Reiter irgendwie ausschalten. Weiter weiß ich auch nicht.“

„Und Spike?“

„Ich weiß- was, wenn er uns was vormacht? Keine Ahnung. Momentan brauchen wir ihn einfach. Er ist der Einzige von uns, der so gut wie unsterblich ist. Weißt du- Anya hat damals immer gesagt, daß die Mädchen das Kanonenfutter seien. Mittlerweile hat sich das geändert. Er versucht mit allen Mitteln, das Böse von ihnen fernzuhalten.“

„Er ist das Kanonenfutter?“

„So in etwa. Er- und ich. Wenn wir versagen, ist es eure Aufgabe, das Böse zu stoppen.“

„Aber ihr seid nicht die einzigen Jäger oder Wächter!“

„Nein. Aber wir sind die, die es wagen können, alles zu riskieren. Wir haben nichts mehr zu verlieren. Die Mädchen haben ihre Familien- du hast Wood- ja, Faith, ich habe es gemerkt! Und Giles sollte auch noch etwas leben können. Dawn ist alt genug, um auf sich selbst aufzupassen. Spike und ich- wir haben nur einander. Wir haben keine gemeinsame Zukunft, keine Träume von einer Familie. Wir leben hier und jetzt. Ich werde altern- vielleicht sterbe ich schon bald in einem Kampf. Er wird weiterleben. Es ist ihm egal, wie viele Tode er stirbt- weil er nie wirklich sterben darf. Wir sind verflucht dazu, weiterzukämpfen. Weil wir das am besten können. Wir sind zum ewigen Tod bestimmt, Faith. Vielleicht schaffst du ja den Absprung. Werde glücklich, gründe eine Familie, mache deinen Job wie jeder Andere. Aber ich war zu lange Jägerin, habe zu vieles gesehen und bekämpft, als daß ich noch ein normales Leben führen könnte. Ich bin genauso tot wie er.“

„Das tut mir leid.“

„Nein- das muß es nicht. Wie oft sollte ich schon sterben- und ich lebe noch. Wie oft habe ich nun schon gegen ihn gekämpft- und wir sind trotzdem ein Paar. Das Leben eines Jeden ist vorherbestimmt. Niemand kann sich aussuchen, was er tun will. Und unser Leben besteht darin, den Anderen zu lieben und zu hassen. Mit ihm die Dämonen bekämpfen, um sich dann eines Tages gegenseitig zu vernichten.“

„Aber er wird dich überleben.“

„Ja- wahrscheinlich.“ Sie merkte, wie ihre Stimme bebte.

„Buffy- denkst du ernsthaft darüber nach, selbst so zu werden?“ Faith blieb stehen und sah sie zweifelnd an.

„Nein. Ich will niemals ein Vampir werden. Aber es gibt Wege, wie ich trotzdem- na ja- nicht so schnell sterblich werden würde. Aber er würde es nie zulassen.“

„Was ist mit dir? Willst du es?“

„Mit ihm als ewige Jäger durch die Jahrhunderte ziehen? Kann mir was Besseres vorstellen!“

„Sei ehrlich. Du liebst ihn wirklich, oder?“ Buffy antwortete nur mit einem Schulterzucken.

„Ich hab euch da auf der Treppe gesehen- als ihr wie aufgeschreckte Hühner auseinander fuhrt, weil ihr euch ertappt fühltet. Buffy- daß ist kein Ding für ein paar Monate oder Jahre. Und das weißt du auch. Sag ja, wenn er dich fragt.“

„Was?“ platzte es aus ihr heraus.

„Hey- sag bloß, er hat schon gefragt?“

„Nein. Er wollte wohl- denke ich. Aber dann kamen uns ein paar nette Reiter dazwischen. Aber mittlerweile glaube ich gar nicht mehr, ob es wirklich darum ging.“

„Wenn du dieses Gefühl hattest, dann ging es auch darum. Ganz einfach. Spike ist so verschossen in dich, daß er sogar sämtliche Prinzipien brechen würde. Zu 90 Prozent hat er das ja schon getan- und das nicht nur zum Wohle der Menschheit.“ Faith balancierte auf der Bordsteinkante neben ihr her.

„Sag mal- geht es dir eigentlich auch so elend in der letzten Zeit?“ Sie versuchte, ein anderes Thema zu wählen.

„Wieso?“

„Naja- Zekhor meinte, daß das wohl irgendwie damit zusammen hängt, das ich eine Jägerin bin. Und theoretisch sind wir ja da recht ähnlich. Wenn das so´ne Grippe ist, müsstest du sie doch auch haben, oder?“

„Grippe? Nee- mir geht´s bestens. Was ist mit dir los? Du kippst einfach um, weißt dann nichts mehr. Du isst schlecht- Spike meinte, daß du auch weniger schläfst. Erzähl mal.“

„Es fing eigentlich mit diesen Reitern an. Da bin ich umgekippt. Und dann war eine ganze Weile nichts. Spike meinte zwar das ich mich- na ja- anders verhalten hätte- aber das muß nichts heißen. Und dann hatte ich diese Vision, als wir im Garten waren. Ach- ich glaube, daß ist nicht wichtig.“

„Nein- erzähl mir alles. Wir reden sonst schon so wenig miteinander.“

„Okay. Also ich war auf einer Wiese- besser gesagt- ein Kind war da. Sie rannte lachend zu einem Mann und rief: Daddy, Daddy. Und irgendwie war ich in ihr und umarmte ihn. Seine Augen haben mich dann umgehauen.“

„Wie- umgehauen?“

„Ich- habe ihn gekannt.“

„Dein Dad?“

„Nein. William.“ Die erwartete Denkpause entstand.

„William. Welcher William?“

„William Roberts. Besser bekannt als Spike.“

„Was?“ Faith blieb mit weit aufgerissenem Mund stehen. „Spike? Du bist ja verrückt! Was soll das heißen? Das er schon ein Kind hatte?“

„Nein. Ich weiß es nicht. Aber es war William- nicht Spike. Und er trug moderne Sachen- als wäre es Spike gewesen. Das ist totaler Schwachsinn!“ Sie liefen weiter.

„Äh- deine Visionen waren doch aber immer wahr?“

„Was soll das heißen?“

„Nichts. Erzähl weiter. Was passierte nach dieser Vision?“ Faith ereilte eine seltsame Ahnung.

„Ich hatte Kopfschmerzen, war müde. Neue Ohnmachtsanfälle. Du hättest mich fast verprügelt, ohne, daß ich mich wehren konnte. Ich hab weder Hunger noch Lust auf irgendwas Neues.“

„Aber kotzen tust du nicht, oder?“ Sie lachte amüsiert. Das klang ja ziemlich verdächtig.

„Äh- doch. Wieso?“

„Oh Oh.“

„Was heißt das?“

„Buffy Summers- wie wäre es mal mit einem Arztbesuch? Verdrängen hilft da gar nichts.“

„Was meinst du denn?“

„Sag mal- Summers- stehst du immer so auf dem Schlauch? Darf ich dir noch nen Tipp geben? Schwangerschaftstests gibt es in jeder Apotheke!“ Sie lachte laut und ging seelenruhig weiter.

„Was?“ kreischte Buffy los. Nun war sie es, die stehen blieb und schockiert war.

„Also weißt du- ich hatte dich für intelligenter eingeschätzt. Glaubst du wirklich, daß dir das nicht auch passieren kann?“

„Aber Spike- ich meine...“

„Ein Vampir? Sag bloß, du hast dich auf dieses Ammenmärchen verlassen? Bloß, weil er seit fast 130 Jahren klinisch tot ist, ist doch nicht automatisch alles tot an ihm- und ich will jetzt nicht wissen, wie lebendig Spike wirklich noch ist! Das ist eure Sache! Aber Angel hat doch auch ein Kind- da musstest du doch wissen, daß es passieren kann.“

„Hey- so blöd bin ich nicht. Ich nehm doch seit Jahren die Pille! Das hätte doch gar nicht passieren dürfen!“ sie klang langsam ernsthaft panisch.

„Beruhige dich. Es muß doch gar nicht so sein. Vielleicht bist du auch nur krank. Aber ich würde das mal überprüfen- bevor es vielleicht zu spät ist.“ Sie bemerkte Buffys fragenden Blick. „Paß mal auf- nach deiner Reaktion zu schließen wärest du nicht begeistert davon, ein Kind zu bekommen. Aber dann solltest du rechtzeitig reagieren. Verstanden?“

„Und was sag ich ihm?“

„Deine Entscheidung. Ich steh dir gerne bei- und wenn du dich dafür entscheiden würdest, wäre ich auch für euch da. Aber ich kann dir nicht den nächsten Schritt abnehmen. Das musst du selber tun. Und glaub mir- ich weiß, daß es schwer ist.“ Sie nahm Buffy das Bike aus der Hand und schwang sich darauf. „Wird Zeit zum Heimfahren. Steig auf.“ Faith ließ den Motor an und spielte mit dem Gas.

„Faith- du hast das schon mal durch, oder?“ fragte Buffy leise.

„Weißt du- über manche Dinge im Leben schweigt man lieber.“ Sie wich instinktiv ihrem Blick aus.

„Würdest du es wieder tun?“

„Wenn ich an deiner Stelle wäre? Nein. Ein Kind braucht nicht nur eine gute Mutter. Du hast den Vater dazu- also denk genau darüber nach. Welches Kind kann schon behaupten, von einem Unsterblichen beschützt zu werden?“ Sie sah die ansteigende Panik in Buffys Gesicht.

„Weißt du was? Wir fahren gleich an der nächsten Apotheke mit Nachtschalter vorbei. Ich besorg dir nen Test- dann weißt du gleich, ob es falscher Alarm ist. Okay?“

„Wenn du meinst.“ Sie nahm hinter Faith Platz und sie düsten los.

Spike legte sich bereitwillig auf Sams Krankenhauspritsche und ließ sich Blut abnehmen. Sie vermutete, daß sie dadurch etwas Neues herausfinden könnte. Wie immer legte sie die Proben nebeneinander. Es gab eindeutige Unterschiede zu seiner letzten Probe. Die Zellen schienen sich regelrecht aggressiv zu verhalten und steuerten auf die Probe von ihrem Blut zu. Als sie genauer hinsah, erkannte sie, daß es nur eine bestimmte Art von Zellen war, die angriff. Sie verglich alles genauer.

Spike schrubbte sich wie ein Irrer erst mal sauber und wunderte sich langsam, wo Buffy und Faith so lange blieben. Dann hörte er sie aber im Zimmer herumwuseln. Er schlich sich von hinten an und wollte sie überraschen, aber sie reagierte rechtzeitig und konnte die verräterische Packung im Schrank verschwinden lassen. Hoffentlich hatte er nichts mitbekommen! Warum sie es ihm verheimlichen wollte, wusste sie selbst nicht. Sie versuchte zu lächeln und ging auf ihn zu, um ihn fest zu umarmen. Ihre Verwirrung würde er auf den Abend zurückführen- es war schließlich keine leichte Entscheidung gewesen, und die alte Buffy hätte sich Vorwürfe gemacht. Seltsamerweise war es der neuen Buffy erschreckend gleichgültig. Sie waren Vampire. Oder wären es geworden. Sie war es dem Guten schuldig.

Gegen 4 Uhr ertönte die Alarmanlage und riss alle aus dem Schlaf. Innerhalb kürzester Zeit trafen alle aufeinander- und jeder trug eine Waffe bei sich. Aber es war nichts zu entdecken.

„3 Minuten 16. Nicht schlecht, aber es könnte besser sein.“ Lachte Giles aus der dunklen Ecke des Zimmers.

„Ich glaub´s ja wohl nicht! Das war ein blinder Alarm?“ fluchte Faith los.

„Eine Übung- ja. Geht wieder schlafen. Morgen früh 8 Uhr Versammlung.“ Er ging ohne ein weiteres Wort zurück in sein kleines Büro. Langsam und wütende Flüche ausstoßend löste sich die Horde Schlafwandler wieder auf- um eine halbe Stunde später erneut geweckt zu werden.

„Giles! Ich bringe sie eigenhändig um! Was soll das?“ Jetzt war Faith wirklich auf 180.

„4 Minuten 30- was soll das? Bloß wegen einem falschen Alarm heißt das nicht, daß der Zweite nicht echt ist. Lektion: jeder Alarm wird ernst genommen! Nächstens sehe ich das etwas schneller! Aber das war´s jetzt endgültig für heute- versprochen.“ Er legte die Stoppuhr auf den Tisch und ging nach oben.

„Ich glaub es ja wohl nicht! Was fällt dem denn ein?“

„Das ist alles sein neues Trainingsprogramm- vermute ich. Wir sollen besser aufpassen. Er hat wohl recht. Wir müssen endlich etwas tun. Aber wo wir schon mal alle versammelt sind- und er nicht da ist...“ Sie spähte nach oben, um sich zu versichern, daß er es nicht hörte. „Giles wird am 27. Juli 50. Was meint ihr- sollten wir ihn überraschen? Eine kleine Orgie für unseren alten Knaben?“ Buffy lächelte verschwörerisch.

„Gute Idee. Das hat er wohl verdient. Wenn wir dann noch leben- warum nicht? Wer übernimmt die Planung?“

Andrew meldete sich sofort auf Faith´ Frage. „Okay- Plangenie. Kümmere dich drum. Aber jetzt geh ich schlafen!“ Faith stapfte in ihrem dunkelroten Schlafanzug die Treppe hoch. „Komm schon- Rob- jetzt bin ich wohl zu wach, um zu schlafen!“ lachte sie kehlig und zerrte Wood mit sich.

„Faith!“ schnappte er erschrocken.

„Was? Sie haben es eh mitbekommen. Rat mal, warum ich so nett zu allen bin. Ich will ja nicht, daß du wegen mir rausfliegst!“ Die Tennies konnten sich ein Kichern nicht verkneifen.

„Wie- Faith und Wood? Äh- hab ich was verpasst?“

„Scheinbar- Spiky! Tja- wir sind wohl nicht die Einzigen Verrückten hier. Nicht wahr- Xander?“ Buffy lauerte auf seine verwirrte Antwort, aber er blieb ganz ruhig.

„Ich wüsste nicht, was du meinst- Summers!“ Demonstrativ drehte er sich zur Treppe und verschwand- gefolgt von Heather. Andrew schlich sich instinktiv auf leisen Sohlen davon. Das mit Sam würde niemand erfahren- hoffentlich. Obwohl das wohl nicht mehr so wichtig war. Anscheinend vergnügte sich hier jeder auf seine Art- selbst Giles telefonierte verdächtig oft und war manchmal den ganzen Tag in der Bibliothek.

Zuletzt blieben nur noch Dawn und Buffy übrig. Die Schwestern standen sich schweigend gegenüber. Mein Gott- Dawn war so erwachsen geworden! Sie hatte es bei all dem Trubel nicht bemerkt. Und auch Dawn bemerkte an ihrer Schwester gewisse Veränderungen.

„Sag mal- Dawny- hast du nicht bald deine Prüfungen? Du bist doch im letzten Jahr- oder?“

„Schön, daß du das noch weißt. Ich hatte gestern meine erste Prüfung. Mathe. Ging so.“

„Warum hast du nichts gesagt? Ich hätte dir doch geholfen- ich meine- wir hätten dir alle geholfen!“

„Buffy- nur, weil du vergessen hast, daß es mich noch gibt, brauchst du jetzt kein schlechtes Gewissen zu haben. Ich komme klar- wirklich. Lauren hat mit mir gepaukt. Naja- und meine Freunde.“

„Bist du mit Rick zusammen? Ich meine- du weißt schon- seid ihr ein Paar?“ Sie verschluckte sich fast an ihrer eigenen Spucke. Sie hatte es nie wahrhaben wollen, daß sie mal ein solches Gespräch mit der kleinen Dawn führen müsste. Und sie hatte sie so sehr vernachlässigt. Würde sie sich das je verzeihen können? Und würde vor allem Dawn ihr verzeihen?

„Er hat mich gefragt, ob wir zusammen zum Abschlussball gehen. Wir sind sehr gute Freunde- ja.“

„Hast du- ich meine- habt ihr-?“

„Buffy? Ich bin kein kleines Kind mehr- du kannst es ruhig sagen. Aber ich kann dich beruhigen- wir hatten keinen Sex. Okay?“

„Dawn- es tut mir leid- ich wollte nicht-.“

„Nein- das wolltest du nie. Du hast es nie für möglich gehalten, daß du mal so weit kommen würdest. Das du sehen würdest, wie deine Schwester an die Uni gehen würde. Dabei weißt du nicht einmal, für welchen Weg ich mich entschieden habe. Für dich gibt es nur noch dich und Spike! Ihr vergesst alles, was euch mal wichtig war! Willow ist verschwunden- und ihr tut nichts, um sie zurückzuholen! Dieser wahnsinnige Obervampir sitzt vor eurer Nase- und ihr wartet ab! Auf was, Buffy? Auf das Ende? Darauf, daß er angreift und euch endlich aus eurem Scheiß Leben holt? Hier gibt es nicht nur euch! Was soll aus den Anderen werden, wenn ihr geht? Wir brauchen euch doch!“ Sie fing vor Wut zu weinen an. Buffy war schockiert. Hatte sie das wirklich alles angerichtet? Waren sie denn schuld daran, daß nichts passierte? Sie kämpften doch! Aber nur gegen ihre eigenen Dämonen. Sie gegen ihre ominöse Krankheit, er gegen das Böse in sich- und sie hatten gar nicht gemerkt, wie es sie von den anderen wegriss. Dawn hatte ja so recht! Sie war ein schlechter Mensch geworden. Aber sie konnte es wieder gut machen- bestimmt! Sie würde wieder für die anderen da sein! Was mit ihren Gefühlen war- egal. Der Bund der Jägerinnen und Wächter war wichtiger. Auch wenn sie dafür wieder alles aufgeben müsste, was sie sich so mühsam erkämpft hatte.

„Es tut mir leid. Ab morgen wird sich das ändern.“ Sie wandte sich traurig ab und schlürfte nach unten.

Plötzlich schien es ihr, als würde ihr Herz zerspringen. Eine wahnsinnige Traurigkeit befiel sie. Sie dürfte nicht glücklich sein- denn dann versagte sie gegen die Dämonen. Im Schlafzimmer brannte nur eine einzelne Kerze. Spike schlief friedlich und sah im Kerzenschein wunderschön aus. Sie wiederstand der Versuchung, ihn zu streicheln und zog vorsichtig ihre Decke an sich. Die Tränen begannen ihren Blick zu trüben. Verstohlen wischte sie sich eine mit dem Handrücken weg. Dann löschte sie die Kerze mit zwei Fingern und verließ mit ihrer Decke den Raum. An der Tür drehte sie sich noch einmal kurz um. Ich liebe dich, William. Leise schloss sie die Tür und legte sich auf die Couch in dem kleinen Wohnraum, den sie nur für sich hatten. Der Mond schien hell in das Zimmer und tauchte alles in magisches Blau. Sie starrte vor sich hin und der weiße Schimmer kehrte zurück in ihre Augen.

Der Sinn des Lebens

„7 Minuten. Kein Abgucken, keine Spickzettel. Ich muss euch wohl nicht sagen, daß jeder Betrugsversuch bestraft wird.“ Giles teilte zusammengeheftete Fragebögen aus. Vor jedem Ratsmitglied lag ein Bleistift.

„Was soll das? Wir sind hier nicht in der Schule!“ protestierte Tyra.

„Wo wir dabei wären- du bist heut krank geschrieben. Dawn ist die Einzige, die davon befreit ist- geh auf dein Zimmer und versuch, für den Test morgen zu lernen- okay?“ Giles klang jetzt nicht mehr so knallhart wie noch vor ein paar Minuten, als er sie alle ordentlich zusammengestaucht hatte und den Test verkündet hatte. Niemand wusste auch nur, welche Fragen überhaupt beantwortet werden mussten. Ging es um Psychologie? Oder ihre Aufgaben als Wächter und Jäger? Selbst Buffy merkte, wie sie schwitzige Hände bekam. Das war kein Scherz von ihm- er wollte sie prüfen! Früh um 8, ohne Frühstück und nach 2 blinden Alarmen- ganz zu schweigen von Buffys Gefühlsleben.

„Und los geht´s!“ Giles drückte auf die Stoppuhr. Buffy schlug die erste Seite auf. Um sie herum angestrengtes Lesen und Rascheln. Die Buchstaben verschwammen vor ihren Augen. Name. Verdammt. Sie war nicht in der Schule! Das war nur Giles- nicht irgendein dämlicher Lehrer, der sie reinlegen wollte! Logisch bleiben. Sie blätterte weiter. Es waren nicht einmal Fragen mit Antworten zum Kreuze setzen! Die Anderen schienen auch verwirrt, schrieben aber wenigstens etwas. Sie begann wieder von vorn zu lesen und beschloss, alles zu notieren, was ihr zuerst einfiel. Sie konnte ja wohl schlecht rausfliegen!

Name: Buffy

Wer steht dir am nächsten?: Spike

Wen fürchtest du am meisten?: Spike. Den Tod. Die Wahrheit.

Wer ist dein Feind?: Das Böse. Tepesch. First. Spike. Ich selbst.

Wer ist Willow?: Meine Freundin.

Wo ist Willow?: Bei Tepesch. Sie arbeitet für ihn und für uns. Ich kenne ihren Plan nicht.

Was willst du als nächstes tun?: Die Unterwelt vernichten. Die Reiter aufhalten. Die Vampire vernichten. Willow befreien und Tepesch in den Arsch treten.

Was ist dein größter Alptraum?: Das sich meine Ahnungen als wahr erweisen. Das ich sterbe, bevor ich wirklich gelebt habe.

Welches Ratsmitglied würdest du für deine Pläne opfern?: Jeden, wenn es sein muss- . Um das Böse aufzuhalten, muss man alle Möglichkeiten offen halten. Auch die, die weh tun.

Welche Frage beschäftigt dich seit gestern am meisten?:

Buffy ließ den Stift sinken. Das, was sie wirklich beschäftigte, konnte sie nicht hinschreiben. Aber sie konnte auch nicht lügen. Also ließ sie die Frage aus.

Wie würdest du den Gegner bekämpfen?: Mit seinen eigenen Mitteln. Indem sich seine Diener gegen ihn stellen. Er ist nur durch die Gemeinschaft stark. Wir können sie nicht so schnell ausrotten, wie sie neu entstehen. Die Vampire sind nicht unser Problem- wir müssen an die Quelle heran.

Könntest du dir ein ganz normales Leben für dich vorstellen?: Ja.

Wenn ja, wie sehe es aus? Wenn nein- warum nicht?: Giles- fangen sie erst mal bei sich selber an!

„Okay- Zeit ist um.“ Giles sammelte gnadenlos alle Zettel ein. Buffys nahm er zuletzt. Und Spikes legte er extra.

„Ich hoffe- ihr verzeiht mir diesen kleinen Überfall. Jetzt könnt ihr erst mal frühstücken- dann dürfte ich das hier ausgewertet haben. Bis dann!“ Er verschwand wieder in seinem Büro.

„Kann mir mal einer verraten, was das gerade sollte? Spinnt er jetzt komplett?“ Faith schnappte Wood seinen Teller weg und erwiderte seinen bösen Blick mit einem Grinsen.

„Keine Ahnung. Ich kam mir vor wie beim Psychiater. Auf manche Sachen hatte ich gar keine Antwort. Das war doch total bescheuert!“ Tomas mampfte trotzdem weiter sein Müsli in sich hinein.

„Würde ich nicht sagen- er hat sich dabei was gedacht. Er wollte uns mal wieder auf die Spur bringen. Ich glaube, ich weiß jetzt, was er damit bezweckt. Wir sollen uns über uns selbst klar werden. Unsere Zukunft, unsere Pläne. Und nebenbei kann jeder mal sagen, was er über den Kampf gegen Tepesch denkt- darum ging es doch.“ Wood lehnte sich entspannt zurück. „Sieht so aus, als hätte er heute das volle Programm für uns- warum sonst sollte er Ty aus der Schule nehmen.“

„Weil er Mitleid mit mir hat?“

„Wohl kaum. Ich nehme an, wir nehmen uns heute die Unterwelt vor.“

„Richtig geraten, Wood. Wir müssen den Kerberos- oder was immer da unten ist, erledigen. Und die Liste in die Hände kriegen.“ Spike beobachtete die Anderen seelenruhig. Sie wirkten ruhig und gelassen. Aber bei dem Test hatte er nebenbei Buffy beobachtet- und sie wirkte sehr beunruhigt. Etwas beschäftigte sie- und das sie letzte Nacht nicht im Bett geschlafen hatte, war so überhaupt nicht ihre Art. Ihr Verhalten verwirrte ihn immer mehr- wenn sie nicht bald wieder normal würde- dann konnte wohl nur noch Willow oder ein Exorzist helfen. Langsam machte er sich ernsthaft Gedanken darüber, ob es etwa an ihm lag, daß seine Freundinnen irgendwann schwachsinnig wurden.

„Sehr interessant- aber ich hatte auch nichts anderes erwartet. Kommen wir also zur Auswertung. Andrew- hilf mir doch mal bitte!“ Giles drückte dem Gehilfen einen Zettel in die Hand.

„Was ist das?“

„Die Antworten und die Anzahl, wie oft sie gegeben wurden.“

„Alle haben das Gleiche geschrieben?“

„Nein. Aber so in etwa. Es gibt eigentlich nur 3 Zettel, die vollkommen abweichen. Die würde ich gerne mal auswerten, wenn ihr nichts dagegen habt.“

„Kommt darauf an, wer es ist.“ Faith wirkte beunruhigt. Dabei war sie doch erst noch so locker gewesen.

„Unter anderem du- ja. Aber es steht nichts wirklich Privates drin- das habt ihr mir ja glücklicherweise verschwiegen. Obwohl ich es schon seltsam finden, daß beide Ex- Jägerinnen so sehr übereinstimmen- jede für sich natürlich. Fangen wir doch einfach mal an. Frage Nummer eins deckt wohl so einige Freundschaften auf. Lasst uns doch gleich abstimmen- damit dann keine Beschwerden kommen. Faith und Wood- jemand dagegen, daß zwei weitere Wächter zusammen sind? - Nein? Sehr gut. Also noch ein nettes Pärchen, daß auf sich selbst aufpassen kann. Xander und Heather? Auch keine Einwände? Andrew- notier das Alles. Dann gibt es später keine unbegründeten Beschwerden. Oh- das hätte ich glatt vergessen! Andrew und Samantha- dachtet ihr wirklich, ihr könntet es verstecken?“

„Was?“ entfuhr es mehreren Anwesenden gleichzeitig.

„Nicht gemerkt?“

„Äh- zu meiner Verteidigung- ich hab da was rausgefunden, was Spikes Blut betrifft. Ich glaub- ich hab die ewige Jugend der Vampire auflösen können.“ Wisperte sie leise mit eingezogenem Kopf.

„Hey- niemand macht euch Vorwürfe- oder?“ Xander sah drohend in die Runde.

„Na das sieht doch gut aus. Du kannst uns dann von deiner Entdeckung erzählen- das klingt wirklich interessant. Aber nun zu den anderen Fragen. Buffy- ich wüsste gerne, warum du auf Frage 9 keine Antwort hast? Und warum Faith ebenso? Könnt ihr mir das erklären?“

„Nein. Es war nur so schwer, weil es so viele Fragen gibt.“ Kam Faith Buffy zuvor. Sie sah sie kurz an und bedeutete ihr, zu schweigen.

„Und ihr habt die gleichen Ziele, würdet beide alle hier Anwesenden opfern? Buffy- Faith hab ich das zugetraut- aber dir? Was ist wirklich los?“ Sie spürte, wie eine innere Hitze in ihr hochstieg. Das war zu viel! Er stellte sie ja so hin, als wäre sie ein Monster!

„Wissen sie was, Giles? Stecken sie sich ihre verdammten Tests doch sonst wohin! Sie wollten, daß ich ehrlich bin- gut! Das war ich! Aber ich könnte wetten, daß es die Hälfte von euch nicht war! Und was mein Leben betrifft- das geht sie überhaupt nichts an! Ich bekämpfe denselben Feind wie ihr- aber ich spiel nicht mehr länger die nette Buffy, die jedem sagt, was er zu tun und zu lassen hat! Ihr seid alt genug, und ihr habt einander, um zu lernen. Ich kann euch nichts mehr beibringen! Meine Zeit als Jägerin ist vorbei! Und glauben sie mir Giles- nach 7 Jahren kommt man irgendwann zu dem Punkt, daß man sich etwas anderes wünscht. Wissen sie, wie es ist, zu sterben? Wissen sie, wie man sich fühlt, wenn man immer nur funktionieren muss? Wie oft haben sie mir gesagt, was ich tun soll? Ich bin 23- ich bin erwachsen geworden, ohne, daß ich es gemerkt habe! Faith und ich- wir haben mehr gemeinsam, als wir es uns jemals eingestehen konnten. Und wir haben uns selbst aufgegeben. Aber wir sind nicht mehr diejenigen, die als Jägerin Nacht für Nacht Vampire ausschalten- die am Tag das Leben eines normalen Teenagers führen- die abends mal in die Disko wollen, um zu vergessen. Wir sind am Leben! Welche Jägerin konnte das in unserem Alter noch sagen? Wir haben andere Träume- wir haben es gewagt, über den Rand zu blicken. Was denken sie denn, wovon wir träumen? Bestimmt nicht von der Jagd auf Dämonen.“ Sie war aufgesprungen und funkelte Giles die ganze Zeit wütend an. Ihre Stimme verriet ihre innere Wut mehr, als es tausend Worte konnten.

„Gut. Was willst du? Eine Familie? Ein Häuschen am Meer? Einen hübschen Bürojob? Wenn du dann noch sagen kannst, daß du das bist, dann habe ich mich wohl in dir getäuscht. Ich hielt dich für intelligenter.“

Er klang beunruhigend wütend.

„Sie wissen genauso gut wie ich, daß das nie passieren wird. Aber ich will nur Eines. Ein Leben, daß ich selbst bestimmen kann. Das nicht von Dämonen und ständigen Angriffen unterdrückt wird. Und deshalb will ich endlich diesen Vampiren weh tun. Ich will sie nicht einfach töten- das brächte gar nichts. Wir müssen an die Quelle- um das ein für allemal zu stoppen! Und wenn ich dafür in die Hölle gehen müsste und tausend Tode sterben- diese verdammten Dämonen schulden mir was!“

„Was- Buffy? Ein langweiliges Leben?“ Xander sah sie herausfordernd an.

„Xander? Hast du es immer toll gefunden, ständig gejagt zu werden? Von Dämonen besessen zu sein? Dich in die falschen Leute zu verlieben, nur um dann zu merken, daß du niemals glücklich sein kannst? Hattest du nicht auch mal Träume? Was war mit Anya? Du wolltest sie heiraten. Aber das ganz normale Leben hat dich davon abgeschreckt. Kannst du dir vorstellen, wie man sich fühlt, wenn man gar nicht erst an die Zukunft denken darf? Wenn du nicht einmal hoffen darfst, daß es sich ändert? Wenn du Mütter mit ihren Kindern auf der Strasse siehst und weißt, daß du nie so sein kannst? Weil du anders bist? Glaub mir- irgendwann wünschst du dir den Tod, weil das Leben nur noch Schmerz für dich bereit hält!“ sie rannte wütend weg, damit sie nicht auch noch ihre Tränen sehen mussten. Faith stürmte ihr hinterher und bedeutete Spike, sie allein zu lassen. Er wirkte mehr als verstört und schien gerade über Buffys Worte nachzudenken. Das es so schlimm um sie stand, hätte selbst er nicht gedacht. Aber warum plötzlich diese Gefühlsausbrüche?

Faith nahm Buffy in die Arme und drückte sie an sich.

„B.- beruhige dich. Alles wird gut. Du musst wieder runterkommen von deinem Trip- hörst du?“

„Was ist denn bloß los mit mir? Ich kann mich gar nicht mehr kontrollieren!“

„Psch- ganz ruhig.“

„Oh Gott!“ stöhnte sie nur noch und rannte ins Bad. Faith hörte deutlich die Würggeräusche. Das war gar nicht gut. Sie machte vorsichtig die Tür auf und spähte hinein.

„Alles okay?“

„Nein. Gar nichts ist okay.“

„Hast du den Test gemacht?“

„Ich hab Angst.“ Das war wohl das erste Mal, daß sie das vor Faith offen zugab.

„Okay- wo ist er? Du kannst so nicht weitermachen! Entweder jetzt, oder ich erzähl Spike, was ich vermute!“

„Nein!“ Buffy holte den Test aus dem Schrank und las sich die Gebrauchsanweisung durch. Alles, bloß nicht rosa! Faith ging raus und wartete. Hoffentlich war das ein blinder Alarm! Das Letzte, was sie jetzt brauchen konnten, war eine schwangere Buffy!

Die Minuten vergingen, und Faith beschloss, das es jetzt lange genug gedauert hatte. Vorsichtig klopfte sie an die Tür. „Alles klar bei dir?“ Es blieb ruhig. Sie schlüpfte hinein und schloss vorsorglich ab. Vor ihr saß Buffy weinend auf dem Boden, an den Rand der Wanne gelehnt und starrte auf das Plastikteil vor ihr. Faith brauchte es nicht hochnehmen, um das Ergebnis zu sehen. Ein wundervolles Pink strahlte ihr entgegen.

„Scheiße!“ rutschte es ihr raus.

„Wem sagst du das? Und was jetzt?“

„Geh zum Arzt. Manchmal stimmen diese Tests auch nicht. Aber du solltest es Spike sagen.“

„Vielleicht hast du recht. Alles andere würde jetzt gar nichts bringen.“ Sie wischte sich die Tränen weg und fing sich wieder. Sie würde gleich morgen in die Stadt fahren und sich einen Arzt suchen. Spike würde sie erst dann davon erzählen, wenn sie sicher war- obwohl sie nicht wusste, was sie dann eigentlich tun sollte. Es gab zu viele Gründe, die gegen dieses Kind sprachen. Was sollte der Sinn des Ganzen sein? Sie war sich sicher, daß es kein Zufall war, was hier gerade geschah. Alles wirkte wie ein riesiges Puzzle, für das die Vorlage verschwunden war und nun niemand mehr wusste, was es eigentlich werden sollte. Dabei beschlich sie das ungute Gefühl, daß sie die Lösung kannte. Diese Stadt und diese Dämonen waren ihr Leben- sie konnte gar nicht anders existieren. Die Jägerin konnte es nur dann geben, wenn es Dämonen gab- und hier war wohl die Zentrale für alle Vampire- eine Jägerin allein war wahrscheinlich zu überfordert, um das allein durchzustehen. Vielleicht war Sunnydale nur ihr Ausbildungsort gewesen, um hier schließlich zur Meisterin zu werden. Es war nicht von Belang, daß Kennedy jetzt die Jägerin war- sie mussten alle zusammen arbeiten. Selbst wenn sie dafür sich selbst und dieses Kind aufgeben musste. Die ewige Kämpferin erwachte zu neuem Leben. Es war ihre Bestimmung- alles war genau so vorhergesehen- und sie musste funktionieren, selbst wenn sie sich bis zu ihrem Ende dagegen sträuben würde.

Giles hatte recht. Und das tat weh.

Bestien der Unterwelt

 

„Tut mir leid, wenn ich erst ausgerastet bin. Ich weiß auch nicht- sind wohl irgendwelche Nachwirkungen von meiner Krankheit.“ Sie setzte sich schuldbewusst wieder an ihren Platz. Giles musterte sie mit einem besorgten Blick.

„Du solltest was dagegen tun. Ich konnte leider nichts finden, was darauf schließen würde, daß es so eine Jägerinnen- Krankheit überhaupt gibt.“

„Ja- ich weiß. Ich vermute mal, daß das eher was Menschliches ist. Keine Ahnung. Aber vielleicht ist es ja der Stress der ganzen Jahre oder so- manchmal bricht so was erst aus, wenn man Zeit dafür hat, über sich selbst nachzudenken. Ich hab morgen einen Arzttermin. Die werden mich schon wieder zusammenflicken.“

„Bist du trotzdem weiterhin dabei? Ich meine- wir verstehen auch, wenn dir das zu viel ist!“ Faith warnte sie gleichzeitig, jetzt vorsichtig zu sein. Sie hatte nicht für möglich gehalten, wie liebevoll diese scheinbar toughe Jägerin sein konnte. Lächelnd dankte ihr Buffy.

„Nein- ich freu mich drauf, mal wieder jemandem richtig eine reinzuhauen- für Willow. Also- Leute- was liegt an?“ Sie versuchte, entspannter zu wirken. Wenn nur Spike sie nicht die ganze Zeit beobachten würde! Wenigstens schaffte sie es auf unerklärliche Weise, ihre Gedanken vor ihm zu sperren- sonst wüsste er ja längst, was los ist.

„Na dann kann es ja losgehen! Unser Ziel für heute: den Kerberos erledigen. Das wird vielleicht nicht ganz einfach, deshalb bilden wir nur 2 Gruppen, die sich bei Bedarf teilen können und zukünftig auch so beibehalten werden. Spike, Buffy, Tomas, Tyra, Mason, Chao- Ann und Heather- erste Gruppe. Faith, Kennedy und Wood- ihr übernehmt Amanda, Rona, Dennis, Sam und Lauren. Alle Anderen werden ab sofort nicht mehr kämpfen, wenn es nicht sein muss. Die Zentrale muss auch bei eurer Abwesenheit aufrecht erhalten werden. Giles, Xander, Dawn, meine Wenigkeit und auch Willow, sollte sie wieder auftauchen, kümmern sich um den Papierkram. Alle einverstanden?“ Andrew sah erwartungsvoll in die Runde.

„Meinst du, das es gut ist, unsere Chaos- Teams zusammen zu lassen? Ich meine- kann das nicht behindern, wenn es zum Ernstfall kommt?“ Kennedy war etwas überrascht, daß Buffy und Spike zusammen kämpfen sollten. Sie waren doch schließlich die stärksten der Gruppe.

„Naja- darüber haben wir lange nachgedacht- aber falls das nicht klappt, könnten wir Faith und Buffy austauschen- aber momentan sieht es ja so aus, als ob Buffy die Schwächere ist. Und wir sind uns eigentlich sicher, daß es so besser ist, weil automatisch einer auf den Anderen aufpasst.“

„Und warum krieg ich dann wieder Bonnie und Clyde ab?“ maulte Spike.

„Weil du zufällig der Einzige bist, auf den die Beiden überhaupt hören! Und scheinbar kannst du ja mit Ty ganz gut- irre ich mich da?“ Giles hatte auf diesen Einwand gewartet. Tomas und Ty versuchten zwar, keinen Mist zu bauen, aber das hieß nicht, daß sie Engel waren!

Buffy fiel es plötzlich wie Schuppen von den Augen. Spike und Tyra- das war wie William und Annabelle! Sie war seine kleine Schwester, die er beschützen musste. Ob er das selbst schon wusste? Er wollte sie immer so fies behandeln- aber eigentlich liebte er sie abgöttisch und tat alles dafür, daß es ihr gut ging. Der Vampir hatte mehr Herz als so mancher Mensch. Unweigerlich musste sie lächeln.

„Buffy!- Hallo! Nicht träumen!“ Ty fuchtelte vor ihren Augen rum. „Wenn du nicht bald wieder normal wirst, dann solltest du besser zu Hause bleiben.“

„Nein- alles okay. Geht´s los?“

„Also der Plan sieht folgendermaßen aus: Faith geht in der Irrenanstalt rein und sie bewegen sich in Richtung New York. Wir fahren nach Soho. Ty kennt da einen Einstieg in den Croton Aqueduct. Wir gehen in Richtung Norden, auf Faith zu. Durch die High Bridge und die Bronx. Irgendwann müsste der Tunnel aufhören- aber wir vermuten, daß er mit Tarrytown verbunden wurde.“

„Warum gehen wir nicht in der Anstalt rein? Dort ist doch diese Bestie, oder?“ Buffy schien Spikes Plan irgendwie unlogisch.

„Äh- dort wissen wir wenigstens, was los ist. Kennedy und die Anderen haben neulich so einiges bei ihrem Ausflug in die Unterwelt in Erfahrung bringen können- und es sieht so aus, als ob dieser gegrabene Tunnel nur eine Zufahrt ist. Wir werden es tunlichst vermeiden, in dieser Stadt im Untergrund aufzufallen. Aber wenn uns das Biest über den Weg läuft, erledigen wir es irgendwie. Wir wissen nicht, wie das genau geschehen wird, deshalb ist Faith genauso gut geeignet wie wir. Und nach Sams Wasseranalyse aus einem Einstiegsloch in das Aquädukt erwartet uns dort unten mehr als nur ein zu groß geratener Hund.“

Buffy sah Spike überrascht an. Was hatte sie hier alles verpasst?

„Womit wir bei meinen Entdeckungen wären.“ Sam richtete sich auf und atmete angespannt durch. „Zum Ersten habe ich dieses Wasser analysieren können. Es handelt sich dabei leider vielmehr um ein Gemisch aus biologischen Abfällen. Da unten muss es Pflanzen geben. Die Teilchen wiesen zudem auf Überreste von Fleisch hin. Ich nehme an, da unten wächst irgendetwas seltsames, daß sich von Fleisch ernährt.“

„Fleischfressende Pflanzen?“

„So könnte man es nennen- ja. Von der Struktur her eine Efeu- Art. Die ja bekanntlich nicht fleischfressend sind. Nennen wir dieses Etwas einfach mal Hedox. Wäre möglich, daß es sich auch als Dämon erweist. Also seid vorsichtig.“

„Und wie können wir das besiegen?“

„Vermutlich Licht. Efeu ist schattenliebend und wächst zum dunklen hin. Womit erklärt wäre, wie er da unten überhaupt existieren kann. Zudem könnte er giftig sein. Vermeidet Hautkontakt, würde ich sagen.“

„Dafür sollten wir euch wohl auch noch unsere neue Waffe geben!“ Andrew bückte sich kurz und holte etwas hervor, daß im entfernten Sinne wie ein Laserstrahler aussah.

„Also- darf ich euch Sunny vorstellen? Ein Gerät, daß gebündeltes Sonnenlicht ausstrahlen kann. Sam hat die Wellenlänge ermitteln können und ein Verfahren gefunden, wie man sie künstlich erzeugt.“

„Ein Lichtlaser?“ fragte Tomas ungläubig.

„Jepp. Der dürfte nicht nur für diese Grünpflanze schmerzhaft sein. Um das mal eben zu demonstrieren- Sam, die Pflanze, bitte!“ Eine kleine Zimmerpflanze erschien postwendend auf dem Tisch und Andrew richtete kurz den Strahl darauf. Wie in Zeitraffer wurden die Blätter gelb und fielen ab. Die ganze Pflanze verdorrte innerhalb weniger Sekunden. Auf die überraschten Blicke der anderen erklärte Sam das Phänomen lächelnd:

„Jedes Lebewesen hat eine bestimmte Akzeptanz gegenüber Licht. Menschen kriegen Sonnenbrand, Pflanzen verdorren- und Vampire zerfallen gleich vor Schreck. Ich wäre euch dankbar, wenn ihr mal einen von denen damit röstet, um die Wirkung zu testen. Dann könnten wir ein handlicheres Modell entwickeln und ihr könntet die Pflöcke endgültig vergessen. Es gibt da nur ein kleines Aber: Die Energie reicht für etwa 2 Stunden Dauerbetrieb- das dürfte also reichen für heute. Und ihr solltet euch nicht gegenseitig treffen. Sonst kommt so was dabei raus!“ Sie zog ihren langen Ärmel hoch und eine Brandnarbe kam zum Vorschein. „Es tut zwar nicht besonders weh, aber im Nachhinein ist es schlimmer als jeder Sonnenbrand. Also seid vorsichtig. Ich bin gerade dabei, etwas harmlosere Akkus zu entwickeln- die wirklich nur Vampire rösten. Ich würde es nicht einmal Spike empfehlen, von der Ladung etwas abzukriegen- denn ich hab keine Ahnung, wie es bei dir wirken würde.“

„Danke für die Warnung.“

„Vielleicht kriegt er dann mal etwas Farbe im Gesicht!“ witzelte Lauren.

„Vorsicht, was du sagst- wir wollen hier nicht rassistisch werden.“ Warnte Wood. Spike vermied jegliche Antwort, auch wenn es ihm auf den Lippen lag, daß die Beiden dann wohl schon zu viel Sonne in ihrem Leben hatten.

„Also los! Vom Reden wird nichts. Alle mit einem Ticket nach Soho bitte einsteigen- der Bus fährt in wenigen Minuten ab!“ Xander erhob sich schwerfällig und schnappte sich die Schlüssel. Eigentlich war er ganz froh, daß er diesen Job jetzt hatte. Er musste nicht mehr gegen diese Dämonen kämpfen und bekam sie kaum noch zu sehen. Man hätte es fast ein normales Leben nennen können, wenn da nicht diese seltsamen Gespräche in dieser seltsamen WG wären. ´Vampire töten in Theorie und Praxis´ hatte jemand an das Schwarze Brett unter die Frage: ´Was tun wir hier?´ geschrieben. Das war doch wirklich die volle Wahrheit! Er wusste zwar nicht, wem das eingefallen war, aber die exakte Schrift ließ auf Giles oder Mason schließen. Das es Spike war, glaubte er nicht. Der hätte doch hingeschrieben: ´Spaß haben.´.

Faith schlich vor ihrer Gruppe her durch den langen Tunnel. Wood bildete die Nachhut, während Kennedy ihr direkt folgte. Weit und breit herrschte seltsame Stille. Vor ihnen tauchte die erste Abzweigung auf. Faith hielt ihre Armbrust etwas fester im Anschlag. Sie wussten ja nicht einmal, ob ihre Waffen hier funktionierten, also trug jeder eine andere Waffe griffbereit. Es war zweifelhaft, daß die Kugeln etwas gegen die Dämonen ausrichten konnten, auch wenn sie aus Silber waren. Aber wer weiß- bei Werwölfen funktionierte es ja auch! Wie professionelle Polizisten sicherten sie die Abzweigung und wagten sich langsam hinein. Der kurze Gang erschloss eine kleine Höhle- ein Lager, wenn man von den Kisten ausging, die überall gestapelt waren. Was da wohl drin war? Sie nickte Wood zu und nahm ihr Messer, mit dem sie Eine aufbrach. Holzwolle ummantelte kleine, weiße Pakete.

„Was ist das?“ Sie nahm ein Päckchen heraus und besah es sich genauer. Die installierten Neonröhren lieferten wirklich gutes Licht.

„Zeig mal!“ Sam nahm es ihr aus der Hand und betastete es. Dann nahm sie auch noch Faith Messer und schlitzte es auf. Feiner, weißer Staub trat zu Tage. „Das gibt´s ja wohl nicht! Drogen!“

„Was wollen Vampire mit Drogen? Geld scheffeln?“ Dennis trat heran und besah sich den Stoff. „Kokain?“

„Keine Ahnung. Hat irgendwie einen gelblichen Schimmer. Ich werd ´ne Probe nehmen. Seht mal in den anderen Kisten nach- aber hinterlasst alles so, wie ihr es findet. Wenn hier überall Drogen drin sind, dann ist das eine Menge von mehreren Tonnen. Das Zeug ist Millionen wert, wenn sie es verkaufen würden.“ Nur ungern dachte Sam an all das zurück, was sie als ihre dunkle Vergangenheit abgehakt hatte.

„Das Zeug hier sieht anders aus.“ Dennis brachte ihr ein kleines Röhrchen, indem sich rote Pillen befanden.

„Okay- nehmt es mit. Wir müssen weiter. Noch andere Spaßmacher gefunden?“ Sie spähte in den Gang hinaus. Die Teens durchsuchten verbissen die einzelnen Kisten. Da machte Wood eine Entdeckung. Auf jeder Kiste war ein Zeichen. Gleiche Zeichen bedeuteten gleichen Inhalt. 5 verschiedene Zeichen. Er brach gezielt die Kisten auf und beförderte tatsächlich 3 weitere Drogen zu Tage.

„Das war´s. 5 verschiedene Stoffe. Amanda- mach Fotos von den Zeichen- und dann raus hier.“

Xander hielt in einer kleinen, unscheinbaren Strasse in Soho, in die sich wahrscheinlich nie jemand verlief. Nicht einmal am Tag fielen sie hier auf. Ty beugte sich aus der Autotür und suchte nach dem Gullydeckel, der sie in die Unterwelt bringen würde. Deutlich stand darauf: 1866 Croton Aqueduct. Sie sprang aus dem Wagen und bedeutete Tomas, den Deckel mit dem mitgebrachten Brecheisen aufzuhebeln. Die Verplombung war wohl schon von anderen Besuchern aufgebrochen worden. Nacheinander ließ Xander sie einsteigen, bevor er den Deckel wieder schloss. Wenn das mal gut ging! Ty und Tomas waren mit Sicherheit die besten Führer, wenn es um diese Unterwelt ging- aber geheuer war ihm das nicht.

Buffy landete platschend in einer leicht übel riechenden Pampe und warnte die anderen sofort, daß sie um Himmels Willen nur auf den Füßen landen sollten.

„Oh- gut, daß es Hochsommer ist!“ freute sich Ty.

„Warum?“

„Im Frühjahr würdest du jetzt bis zu den Knien im Wasser stehen. Willkommen im Reich von Croton- so haben wir das hier immer genannt.“ Sie schaltete ihre Taschenlampe an. Hinter ihnen platschten ihre Begleiter im Schlamm auf.

„Oh- äh- hübsch. Bisschen sehr feucht und dunkel- aber sonst- für eine Wasserleitung.“ Vor ihnen eröffnete sich ein langer, ins Schwarze führende, gemauerter Tunnel mit Rissen in der Decke, durch die Wurzeln ragten. Erstaunlich war allerdings, daß die Luft hier sehr frisch war- irgendwie musste es wohl mehrere Ausgänge geben, die das alles belüfteten. Buffy schritt tatendurstig los.

„1955 wurde das alles stillgelegt. Es gibt mehrere Pumpenhäuser und Schleusen. Und ein paar echt fiese Schächte, in die man lieber nicht hineinfallen sollte. Also passt auf, wo ihr hintretet.“

„Hey- Spike- währe das nicht eine ideale Wohnung für dich?“ witzelte Tomas.

„Buffy- darf ich ihn umbringen- ich meine- wir könnten die Leiche doch in einen dieser Schächte werfen- niemand würde ihn vermissen. Es war ein Unfall- könntest du Giles sagen.“

„Mach doch- Spike. Ist mir egal.“ Sie wirkte geistesabwesend und suchte mit der Taschenlampe die Decke genau ab. Dann wandte sie sich an Ty. „Seid wann gibt es hier diese Wurzeln?“

„Schon immer. Die kommen von oben.“

„Achso. Hoffentlich.“ Sie gingen stillschweigend weiter. Trotzdem wurde Buffy das Gefühl nicht los, das sie nicht allein waren. „Jungs- ihr passt doch auf, daß uns auch nichts von hinten angreifen kann, oder?“

„Ja- Chefin. Hier ist alles in Ordnung.“ Mason sah vorsichtshalber noch einmal nach hinten.

Buffy sah nach unten. Leichter Nebel hatte sich über der braunen Pampe gebildet. Das war sehr seltsam- aber vielleicht reagierte sie ja nur über. Nach wenigen Metern war die Sicht auf ihre schmutzigen Schuhe wieder ganz klar. Wahrscheinlich sollte sie auch gleich mal einen Psychiater aufsuchen. Und weil sie eh schon verrückt war, hörte sie natürlich auch noch so dumme Geräusche. Lieber nicht fragen- sonst weisen sie dich noch wieder ein! Aber als sie spürte, daß Ty ebenfalls langsamer wurde, und Chao- Ann glatt stehen blieb, zweifelte sie nicht mehr an ihrem Gehör. Etwas schien über die Wände zu kriechen. Es war ganz leise- aber es war da. Die Strahlen der Taschenlampen suchten alles ab. Aber man konnte nichts erkennen. Sie drehte sich zu den Anderen um.

„Was ist das?“ flüsterte sie unsicher.

„Wie wär´s mit Hedox- unserem Schattenpflänzchen?“ Mason leuchtete die Decke ab. Aber es gab kein Anzeichen von Bewegung.

„Au!“ quietschte Tyra auf. Sie sprang auf einem Bein und hielt sich den Knöchel. Buffys Lichtstrahl sauste automatisch zum Boden, wo sie gerade noch einen Schatten weghuschen sah. Sie stützte Ty ab und zog das Hosenbein hoch. Ein fingerähnlicher Abdruck war knapp über dem Schuh zu erkennen. Wie eine Knochen- Kinderhand -durchfuhr es sie.

„Tut es sehr weh?“

„Nein- geht schon. Brennt etwas.“ Sie richtete sich wieder auf und versuchte, aufzutreten.

„Verdammt. Und was jetzt? Dieses Biest ist irgendwo vor uns- und wir können es nicht einmal sehen, weil es das Licht fürchtet.“ fluchte Heather.

„Mason- jetzt wäre es wohl mal Zeit, unsere neue Waffe auszuprobieren. Aber zuerst- alle Mann Rücken an Rücken. Auf 3 alle Lampen aus- und dann schieß einfach los.“ Buffy schob Tyra ganz nah an Spike heran und zählte los. Die kurze Dunkelheit kam ihnen wie eine Ewigkeit vor. Deutlich hörten sie es knirschen und wachsen- nie zuvor hätte Buffy geglaubt, daß man Pflanzen wachsen hören konnte. Es klang, als würde man das Ohr an eine Rohrleitung mit fließendem Wasser legen, nur viel leiser. Mason schob die Linse, die den exakten Strahl erzeugte, zur Seite. Jetzt würde der Laser wie eine riesige, 1000 Watt starke Taschenlampe wirken. Das müsste ausreichen, wenn dieses Ding schon normales Licht fürchtete. Das Rauschen wurde lauter, und er schloss kurz die Augen, um dann loszufeuern.

Das plötzliche Licht erhellte den gesamten Tunnel, so weit man sehen konnte. Die Ranken, die eben noch direkt vor Buffys Gesicht waren und angreifen wollten, erstarrten in ihrer Bewegung und fingen zu brennen an. Sie sah sich gehetzt um- überall loderten Flammenstränge, die teilweise wütend um sich schlugen und nun zu bedrohlichen Fackeln wurden.

„Wir müssen weiterlaufen!“ brüllte sie die Anderen an, die ihr auch ohne Wiederspruch folgten. Sie beeilten sich, vorwärts zu kommen, während Mason sich hin- und- herdrehte und den Strahl auf alles richtete, was zappelte. Ein wütendes Brüllen kam ihnen entgegen. Oder sie näherten sich etwas feststehendem, daß konnte Buffy gar nicht so genau sagen. Und plötzlich war der Gang vor ihnen von einem riesigen, festen Knäuel versperrt.

„Das müssen die Wurzeln sein! Mason- ziel darauf!“ Sie fuchtelte mit ihrer Taschenlampe um sich und konnte so die Ranken von sich fernhalten. „Chao- aufpassen!“ Doch die Chinesin wurde von hinten angegriffen und die Ranken klebten sich unbarmherzig an ihren Rücken. Sie schrie auf, als sie nach oben gezerrt wurde. Spike sprang dazu und hieb mit dem Schwert auf die Ranken ein, die ihn aber schnell packten und ebenfalls anhoben, um ihn gegen die Wand zu schleudern und dort zu überwuchern. Doch plötzlich ließen sie ihn wie eine heiße Kartoffel fallen und steuerten auf Buffy zu. Vor ihr baute sich eine Wand aus langen Gewächsarmen auf, die sie sofort umschlossen hatte. Sie stand in einem inneren Kreis und konnte nichts mehr von den anderen sehen. Und da erwachte eine unbekannte Kraft in ihr. Sie stieß die Arme auseinander und ihre Augen begannen weißer und heller als je zuvor zu leuchten. Ein Lichtfeld baute sich um sie auf und ließ den Feind zu Staub zerfallen. Das Licht breitete sich nun beschleunigt aus und bewegte sich wie eine Flutwelle auf das Herz der Bestie zu. Sie bewegte die Arme nach vorn und bündelte die ganze Lichtkraft somit. Mit doppelter Wucht schleuderte die tödliche Kraft in das Wurzelknäuel und ließ es explodieren. Die Druckwelle warf alle zu Boden, und Chao- Ann plumpste mit einem Aufschrei herab. Nur Buffy blieb stehen und spürte den Druck in ihrem Gesicht. Wie ein starker Wind durchfuhr es sie und ließ sie schließlich aufatmen. Ihre Arme sanken nach unten und sie brach zusammen.

Spike richtete sich ungläubig auf und kroch zu ihr. Vor ihnen eröffnete sich nun der weitere Gang, und vereinzelt tropfte das Feuer noch von der Decke und den Wänden. Er hob Buffy auf und wischte ihr die Haare aus dem Gesicht. Die Anderen kamen zu ihnen und sahen sich fragend an. Buffy stieß einen erschreckten Atemzug aus und öffnete die Augen. Sie wirkten nun verschwommen und trübe. Sie blickte wild um sich, konnte aber anscheinend nichts erkennen.

„Buffy- siehst du mich?“ Er versuchte ihr in die Augen zu sehen, aber sie fand seinen Blick nicht.

„Spike? Wo bist du- ich- ich kann nichts sehen! Was ist passiert?“ Sie richtete sich auf und augenblicklich fuhr ihr ein stechender Schmerz in die Schläfen.

„Wie hast du das gemacht?“ Ty hockte neben ihr und konnte immer noch nicht fassen, was passiert war.

„Was denn?“

„Du- du hast dieses Ding besiegt! Mit Licht, das du selbst erzeugt hast! Wow! Das war- cool!“ Sie konnte es kaum glauben! Buffy konnte anscheinend zaubern!

„Cooler wäre es, wenn ich jetzt etwas sehen könnte! Helft mir mal hoch- und dann müssen wir weiter- ich will hier vor Sonnenuntergang wieder raus. Scheiße! Was war das bloß!“ Sie mühte sich mit Spikes Hilfe hoch und tastete nach ihm. Okay- das war Spike. Am besten, sie machte die Augen einfach zu- vielleicht würde das besser funktionieren, als hier herumzustolpern. Die Jägerinnenkräfte würden da wohl ganz nützlich sein.

„Chao- Ann? Alles in Ordnung?“

„Ich bin okay. Keine Verletzungen.“ Antwortete die Chinesin automatisch. Wahrscheinlich war das ein Standardsatz, den ihr Mason beigebracht hatte. Buffy drehte sich in die Richtung, in der sie den weiteren Gang vermutete und wollte loslaufen. Im letzten Moment erkannte Spike ihre Absicht und drehte sie nach rechts.

„Da lang- oder wolltest du Bekanntschaft mit der Wand machen?“ Er versuchte, locker zu klingen, aber was würde passieren, wenn Buffy dauerhaft blind blieb? Sie schien den Gedanken gut zu verdrängen, oder aber, sie war sich all dessen, was passiert war, noch gar nicht bewusst. Tyra und Heather führten sie nun zwischen sich und so bildeten Spike und Mason wieder die Nachhut.

„Gefällt mir gar nicht.“

„Das sie erblindet ist?“

„Das auch.“ Mason sah sich prüfend nach hinten um. „Aber ich finde es doch sehr seltsam, was da gerade passiert ist. Ich meine- wundert es dich nicht, daß deine Freundin das kann?“

„Klar. Das macht mir ehrlich gesagt tierisch Angst.“

„Hexenkräfte, vermute ich. Aber sie scheint das gar nicht zu steuern.“

„Das sah eher nach einem inneren Reflex aus. Da hast du recht. Als wenn etwas anderes sie in diesem Moment gesteuert hätte.“

„Oder jemand anderes. Was ist mit Willow- kann sie so was?“

„Keine Ahnung. Aber ich hab da einen ganz anderen Verdacht.“ Spike vermied es, zu fluchen. Was immer er mit ihr vorhatte- das konnte er nicht zulassen- sie ging dabei schließlich zu Grunde.

„Wen meinst du?“

„Zekhor. Ich hab da neulich etwas gesehen, was mir nicht ganz geheuer war. Ich dachte, daß ich mir das nur eingebildet habe- aber ich vermute, daß er ihr eine uns vollkommen unbekannte Macht gegeben hat. Es hat etwas mit diesem Leuchten in ihren Augen zu tun.“

„Was für ein Leuchten?“

„Hast du es nicht gesehen?“ Spike konnte es kaum glauben- ihre Augen hatten doch regelrecht gestrahlt!

„Ich hab jede Menge Licht gesehen, daß sich aus mir vollkommen unerfindlichen Gründen um Buffy aufbaute, sich dann durch ihre Handbewegungen bündelte und in dieses Pflanzenteil sauste. Aber Buffy sah aus wie immer.“ Und sie sah dabei sogar verdammt gut aus! Aber das würde er natürlich für sich behalten.

„Sag mal- bin ich bescheuert? Hey- bleibt mal stehen! Wer hat es auch gesehen? Buffys Augen- ich meine- dieses weiße Leuchten!“ Das war doch nicht möglich. War er denn der Einzige, der es merkte?

„Nee- Buffy ist vollkommen normal gewesen. Da war nichts. Ihre Blindheit kommt bestimmt von dem starken Licht. Sie ist nur geblendet worden- das geht bestimmt wieder vorbei.“ Ty wusste keine andere Erklärung als diese.

„Spike- ich bin wirklich okay- es geht schon wieder.“ Sie sah zwar nichts, aber hier gab es ja auch nichts Interessantes zu erblicken. Die Schritte der Gruppe hallten von den Wänden wieder und sie konnte sich vorstellen, wie alles aussah. Wer brauchte da noch Augen! Dann sah sie das Grauen wenigstens nicht, wenn es direkt vor ihr stand.

Der Trupp um Faith war nach mehreren Entdeckungen von Lagerräumen, die alle Drogen oder normales Dynamit enthielten, an einem weiteren Seitengang angelangt, der etwas breiter als die vorherigen war. Wie zuvor sicherten sie sich gegenseitig und gelangten zu einer eisernen Tür mit einem großen Drehrad als Öffnungsmechanismus. Es schien keine Fallen zu geben, also drehte Wood daran und die Tür öffnete sich mit einem leisen Quietschen. Blaues, kaltes Licht und Nebelschwaden schlugen ihnen entgegen. Faith und Kennedy gingen als einzige hinein, während die Anderen den Rückweg sicherten.

„Mein Gott!“ entfuhr es Kennedy überwältigt. In haushohen Regalen waren in dieser riesigen Höhle Stahlbehälter untergebracht. Die Kälte bildete an allem eine dicke Raureifschicht.

„Das ist ein Kühlhaus. Aber wofür?“

„Blut- Ersatzteile- keine Ahnung.“ Faith ging entschlossen zu der ihr nächsten Box und zog sie aus dem Regal. Ein Blick hinein bestätigte ihre Vermutung. „Blutkonserven. Sogar sortiert. Hier hätten wir Blutgruppe 0. 18 bis 30 Jahre. Wußte gar nicht, daß das so genau sortiert wird, wenn man Blut spenden geht.“ Sie schob die Box zurück und ging den langen Gang zwischen den Regalen entlang. Es gab sogar Plattformen, mit denen man in die höheren Regalabteile fahren konnte. „Modernste Technik- besser als in jedem Schlachthaus.“ Stellte sie kopfschüttelnd fest. Dann kam sie am anderen Ende der Höhle an. Dort waren mannshohe Kühlschränke aufgebaut. Ihre Neugier trieb sie dazu, den ersten Kühlschrank zu öffnen- um ihn erschrocken wieder zuzuschlagen.

„Was ist da drin? Ersatzteile?“ Kennedy tauchte neben ihr auf und fröstelte.

„So in etwa. Sie wurden nur noch nicht auseinander genommen- würde ich sagen.“

„Leichen?“

„Sieh einfach rein- dann weißt du´s.“ Sie wies auf einen der Schränke. „Probier´s mit dem- sieht doch hübsch aus.“

Kennedy zog vorsichtig die Tür auf. Wabernde Kälte kam ihnen entgegen. Und eine nackte Frau stand darin. Sie hatte eine Tätowierung am Arm.

„Sie ist sehr hübsch.“ Fiel Kennedy nur ein. Faith besah sich das Gesicht genauer.

„Würde sagen- Model. Und verdammt tiefgekühlt. Das ist flüssiger Stickstoff.“ Sie klopfte an den Körper. Er war hart wie Zement. „Mach zu, sonst krieg ich noch ´ne Grippe!“ Sie ging zum nächsten Kühlbehälter. Ein junger Mann war darin. Und auch äußerst attraktiv.

„Wir müssen weiter, wenn wir heut noch fertig werden wollen. Ich nehme an, hier sieht´s überall so aus. Aber ein Versuch mehr schadet ja nicht.“ Sie übersprang mehrere Tiefkühlsärge und öffnete dann einen beliebigen.

Aber diesmal schrak sie wirklich zurück. Ein kleines Mädchen stand darin- in einem weißen, langen Kleid. Sie war dunklen Hauttyps und hatte lange, schwarze Locken.

„Faith- alles in Ordnung?“ Kennedy tauchte neben ihr auf und sah auf das Mädchen hinab. Das öffnete plötzlich die Augen und starrte sie an. Sie sprangen schreiend zurück. Das war dann doch eine Überraschung. Das Mädchen blieb seelenruhig in der wabernden Kälte stehen und begann leise zu singen:

1,2,3- das Monster kommt vorbei

4,5,6- dein Herz es wird zerfetzt

7,8,9- das wird den Herrscher freun.

Lauf nur und schau nicht zurück,

sonst trifft dich der Todesblick.

 

Mit einem lauten Knall schloss sich die Tür des Kühlschranks. Aber das war den beiden Jägerinnen egal. Sie nahmen die Beine in die Hand und flüchteten. Draußen wurden sie von Wood aufgehalten und ausgefragt. Als sie die Sache mit dem Mädchen erklären wollten, ertönten von drinnen seltsame Laute. Nun sangen mehrere Kinder, und es klang aggressiver. Dazwischen mischte sich ein dämonisches Knurren.

„Mach die Tür zu!“ schrie Faith schockiert. Wood schaffte es gerade noch rechtzeitig, bevor die Bestie dagegen knallte und das Metall sichtbar verbeulte. Die Tür würde nicht lange standhalten. Entschlossen raffte sich die Mannschaft zur Flucht auf. Kämpfen- schön und gut- aber gegen das da? Faith war nicht sonderlich scharf darauf, obwohl sie vorher gewusst hatten, was sie erwartete. Warum war man eigentlich immer wieder überrascht von den Dämonen, wenn man in ihre Wohnung eindrang? Sie würde sich doch auch wehren, wenn da ein Feind in ihr Zimmer kommen würde!

Buffys Trupp war an der Schleuse angelangt, die sie durch das Rohr der High Bridge auf die andere Seite des Hudson bringen würde. Da blieb Tyra stehen und lauschte.

„Was ist?“ Buffy versuchte sich zu orientieren. Ein roter Schleier lag immer noch auf ihren Augen.

„Spike? Kannst du andere Vampire fühlen?“

„Ja- aber hier sind keine.“

„Dann ist es was anderes. Hier gibt es einen Schacht, der in die Tiefe führt. Er ist eigentlich tot- kein Anschluss. Aber da kommen Geräusche raus. Das ist nicht gut, oder?“ Sie ging an die Seite, aus der das leise Scharren kam. Ein etwa ein Meter breites Rohr führte diagonal nach unten.

„Wie konntest du das hören?“ Spike war verwirrt. Warum hatte nur sie es gemerkt?

„Wir sind hier ziemlich nah unter der Oberfläche. Die Alltagsgeräusche dringen durch. Und ich weiß, wie sie normalerweise klingen. Das war sonst nicht da. Ganz einfach.“ Sie spähte nach unten, konnte durch die leichte Biegung aber nichts erkennen. „Wenn da etwas ist, kann es höchstens einen Meter breit sein. Also kein Höllenhund, wie wir ihn suchen, oder?“

„Es sei denn, es ist flüssig. Oder gasförmig. Oder der Höllenhund kann in Einzelteilen kommen.“ Buffy fühlte sich wenigstens etwas besser.

„Na los- weiter. Das kann nur Stress bedeuten. Und den haben wir schon genug. Auch ohne dunkle Schächte.“ Mason schob Buffy voraus. Auf allen Vieren krochen sie durch ein breites Metallrohr nach oben und es wurde hell. In der Brückenleitung waren mehrere Risse und Löcher, die das Licht hindurchließen. Jetzt kamen sie schneller voran und entdeckten sogar ein Loch, das groß genug war, um ins Freie zu gelangen. Aber schließlich mussten sie weiter. Die Entdeckung eines weiteren Zugangs konnte aber alles etwas einfacher machen. Als Fluchtweg war es durchaus nicht zu verachten. Dann ging es wieder steil bergab und sie rutschten nach unten. Eine weitere Schleusenkammer eröffnete sich vor ihnen, und sie schritten durch den sich anschließenden Tunnel weiter. Ein gegrabener Gang zweigte nach links ab. Sie schlichen hinein und fanden sich schließlich in einer Höhle wieder. Sie war beleuchtet, und von weit her hörten sie Stimmen.

„Gefällt mir gar nicht.“ Stellte Mason obligatorisch fest. „Wie wär´s mit Rückzug?“

„Deine Ideen gefallen mir immer besser!“ Tomas wollte in dem Gang verschwinden, wurde aber von einer seltsamen Feststellung abgehalten. Da stand ein kleines Mädchen direkt vor ihm. Sie begann etwas zu flüstern, daß aber selbst er nicht verstand. Es klang wie ein Abzählreim.

„Und jetzt? Wir sitzen hier fest, wenn ihr das noch nicht bemerkt haben solltet!“ Amanda klang wie immer etwas panisch, wenn es darum ging, daß ein Monster direkt vor der Tür stand. Im konkreten Fall saßen die mutigen Jägerinnen und Wächter in einem Lüftungsschacht der Vampir- Unterwelt und ein böser, 3 Meter großer Monsterhund lugte knurrend und sabbernd in das Loch mit der Beute hinein.

„Laß mich nachdenken!“ knurrte Faith zurück. Man könnte ja auch einen von ihnen als Köder rauswerfen- dann war das Hündchen vielleicht satt- und die Anderen konnten ruhig heim gehen! Systematisch ging sie die Möglichkeiten durch. Dann schnappte sie sich den Revolver aus Woods Holder und feuerte auf das fiese Monster, das zu ihrem Glück zu groß war, um hinein zu gelangen. Es jaulte kurz auf, nur, um dann noch wütender zu sein.

„Okay. Plan A gescheitert. Es ist kein Werwolf.“

„Du hast Nerven!“ patzte sie Lauren an.

„Hast du einen besseren Vorschlag? Ich geh da nicht raus und hau dem Biest in die Fresse- ich wüsste ja nicht einmal, wo ich hinschlagen müsste- bei 3 Köpfen ist das nicht einfach!“

„Und was machen wir jetzt?“

„Keine Ahnung. Abwarten. Vielleicht kommt ja Buffy bald und hat einen besseren Vorschlag. Miss Perfect weiß doch sonst auch immer, was wir tun müssen.“

„Lauren- sei nicht so fies. Sie hat momentan verdammt viele Probleme.“ Faith wusste eigentlich nicht, warum sie Buffy verteidigte. Sie war immer diejenige, die alles konnte und wusste- aber schließlich ahnte sie seit gestern, wie es wirklich in der ewigen Jägerin aussah. Und DEN Abgrund wollte sie nicht in sich haben. Aber vielleicht machte sie das gerade sympathischer- sie war nicht so perfekt, wie sie es gern sein wollte. Jetzt gerade konnte sie Buffy eigentlich sehr gut gebrauchen.

Spike sah sich irritiert um. Von überall her kamen diese Kinderstimmen. Sie sangen etwas von einem Monster und Herrscher- so richtig konnte er das nicht verstehen. Aber es klang nach Ärger. Und zu allem Überfluss standen sie hier wie auf dem Präsentierteller- keine Fluchtmöglichkeit blieb offen. Und dann näherte sich ein unmissverständliches Knurren.

„Haltet Buffy da raus!“ schrie er und rannte auf das riesige Ungetüm los, daß um die nächste Kurve gerannt kam und ihn sofort angriff. Er schlug einen Salto und landete auf dem knöchernen Rücken. Das Biest versuchte, ihn abzuschütteln, während er es mit der Spitze seiner Waffe attakierte. Aber das Schwert prallte an dem Rückenpanzer einfach ab. Auch die Armbrustpfeile richteten nichts aus. Die Mädchen wurden sofort weggeschleudert, als sie direkt angreifen wollten. Mason versuchte, daß Biest zu blenden, worauf es völlig ausrastete und aufstieg. Spike fiel dabei zu Boden und wurde vom Hinterfuß getreten. Das machte den Vampir erst recht wütend. Er rannte an dem Biest vorbei und stellte sich davor.

„Du willst es wohl nicht anders! Also gut- kannst du haben!“ Er stürmte vor und hieb den vordersten der 3 Köpfe ab. Doch lange währte sein Triumph nicht, denn ebenso schnell entstanden zwei neue Köpfe. Einer der Beiden schnappte sich den verdutzten Vampir und schleuderte ihn gegen die Höhlenwand, wo er benommen liegen blieb. Ungerührt dessen, daß sich die Mädchen nun wieder an seinen Lenden versuchten, steuerte der Höllenhund auf Buffy zu, die ahnungslos da stand und nichts sah. Spike war sich sicher, daß sie alles mitbekam, aber vorsichtshalber schrie er sie an, wegzulaufen. Als ob das eine Buffy Summers tun würde! Sie spürte den heißen, stinkenden Atem vor sich. Spike und Mason konnten nur fassungslos zusehen, was da geschah. Die Mädchen hatte es wie nebenbei abgeschüttelt oder weggebissen, so daß sie es nicht mehr wagten, erneut anzugreifen.

Der Monsterkopf näherte sich langsam und unaufhaltsam Buffys Gesicht. Die 3 weiteren Köpfe richteten sich plötzlich interessiert in dieselbe Richtung und kamen ihr ebenfalls sehr nahe. Spike rechnete jeden Moment damit, daß es sie einfach verschlingen würde.

„Spike? Wirf mir dein Schwert rüber.“ Sagte sie ganz ruhig.

„Aber-.“

„Nein. Tu es einfach.“ Sie ließ den Höllenhund keinen Moment aus den Augen, auch wenn sie ihn eigentlich gar nicht sehen konnte. Aber vor ihr formte sich ein anderes Bild. Wie bei einer Wärmebildkamera erschienen unterschiedlich gefärbte Zonen vor ihr, die das Monster nachbildeten. Ohne Probleme fing sie das Schwert auf. Aber sie stach nicht zu. Spike bemerkte wieder das aufkommende Leuchten in ihren Augen- aber diesmal verfärbte es sich in ein rotes, dämonisches Glühen.

„Siehst du es jetzt?“ fragte er Mason, ohne die innere Faszination und ängstliche Anspannung zu verlieren.

„Nein. Alles ganz normal.“

Und da veränderte sich Buffys Gesichtsausdruck plötzlich. Sie wirkte kalt und liebevoll zugleich- abstoßend und anziehend- die Gegensätze häuften sich in Spikes Herz und ließen nur einen Schluß zu- sie war ein Dämon, den nur Dämonen erkannten! Der Höllenhund atmete ganz ruhig, und Buffy streckte langsam ihre Hand aus. Vorsichtig berührte sie seinen Kopf und redete mit ihm. Alle in der Höhle konnten es hören:

1,2,3- das Morden ist vorbei

4,5,6- der Jäger dich verhext

7,8,9 mein Blut dein Ende soll sein!

Sie hielt die Hand befehlend hin, und der Höllenhund legte sich bereitwillig vor sie. Dann ging sie zu seiner Brustseite und setzte das Schwert an. Ein langer Schnitt eröffnete den Blick auf das schlagende Herz. Sie kniete sich hin und nahm ihr Messer aus dem Stiefelschacht. Dann verschwand ihre Hand in dem ruhig atmenden Körper und tauchte kurze Zeit später mit einem schlagenden Herzen auf. Das Blut quoll schwallweise heraus, und Spike fühlte eine unerklärliche Schockiertheit in sich aufsteigen. Wer war das, der da in Buffys Körper rumlief? Sie nahm das Messer und ritzte sich ihren Unterarm auf.

„Was tut sie da ?“ Mason stellte sich diese Frage wahrscheinlich selbst, aber Spike antwortete ihm: „Ich weiß es nicht.“ Und das war die volle Wahrheit.

Buffys Blut lief über ihren Arm auf das Herz herab. Als es sich mit dem Dämonenblut vermischte, begann es schneller zu schlagen. Der Höllenhund bäumte sich auf. Dann war alles still. Das Herz versteinerte in ihrer Hand und sie ließ es erschöpft fallen. Sie sank in die Knie und betrachtete das tote Wesen vor sich. Sie hatte es geschafft! Es war tot! Aber woher hatte sie gewusst, was sie tun musste? Alle Emotionen brachen aus ihr heraus und sie wischte sich den kalten Schweiß von der Stirn. Und sah wieder alles ganz deutlich. Sie stand auf und drehte sich zu der Gruppe, die sich etwas abseits versammelt hatte und sie misstrauisch ansah. Was dachten die? Das sie ein Dämon sei? Schwachsinn!

„Können wir jetzt heimgehen?“ fragte sie nur und schritt an ihnen vorbei. Das kleine Mädchen stand immer noch da und starrte schockiert auf den toten Höllenhund. Buffy blieb stehen und erhob das Schwert.

„Komm schon- Kleine! Zeig mir dein wahres Ich!“ stellte sie nüchtern fest. Zuerst sah sie das Mädchen nur wütend an, dann verwandelte sie sich in einen schrecklichen, kleinen Vampir, der nichts Kindliches mehr an sich hatte.

„Na bitte- schon besser!“ Sie schwang ihr Schwert und köpfte den Vampir in einer einzigen Drehung. Dann wischte sie das Schwert demonstrativ an ihrer Hose ab und reichte es Spike zurück. „Besten Dank- ich sollte mir auch mal so was zulegen!“ Kurz verharrte ihr Blick in seinem, und sie konnte deutlich die Frage erkennen. Aber sie wusste ja selbst nicht recht, wer sie wirklich war. Mit Sicherheit konnte sie nur sagen, daß da zwei Seelen in ihr waren- ob es sich dabei um ein Baby oder etwas anderes handelte- wer weiß.

Plötzlich wandte sich der Höllenhund von ihnen ab und schien auf etwas anderes aufmerksam geworden zu sein.

Da hörten sie auch schon Buffy. Sie pfiff das Biest zu sich heran. Vorsichtig spähte Faith aus dem Rohr und traute ihren Augen kaum. Spike und seine Gruppe standen einfach herum, während Buffy einen Spruch aufsagte und das Biest sich hinlegte. Alles weitere hätte sie eigentlich lieber nicht gesehen. Als es vorbei war, ließ sie ihren Trupp aus dem Rohr klettern und gab kleinlaut zu, daß sie es nicht geschafft hatten, daß Biest zu erledigen.

Spikes Blick verriet ihr, daß er auch gescheitert war. Und sie bemerkte etwas anderes innerhalb der Gruppe- sie misstrauten Buffy aufs Äußerste. Was war da passiert? Sie wirkte wie die alte Buffy aus Sunnydale- aber die hätte nicht so viel Spaß am Morden gehabt- denn diese Hinrichtung hatte eben ziemlich nach Spaß ausgesehen. Wenn das mal nicht Ärger bedeutete!

Lichtjäger

„Giles- da stimmt was nicht! Spike weiß nicht, was mit ihr passiert- aber er wird auch nicht zugeben, daß etwas vorgeht. Aber ich weiß, was ich gesehen habe! Sie benimmt sich wie ein Dämon!“ Mason lief aufgeregt im Büro des alten Wächters herum und wusste gar nicht recht, wie er es erklären sollte.

„Sie ist aber kein Vampir, oder?“

„Nein- bestimmt nicht. Und Spike steckt da auch nicht dahinter. Aber was können wir tun?“

„Ich kann ja mal in die Bücher sehen- aber ich fürchte, daß ich nicht viel finden werde. Wir haben zwar Anhaltspunkte- aber was kann es sein? Sie war doch kaum allein unterwegs! Wenn, dann müsste es ein Zauber sein.“

„Darüber haben wir auch schon nachgedacht. Aber Spike denkt da nicht an Willow. Er verdächtigt Zekhor. Aber was kann der tun?“

„Jede Menge, wenn er will. Er konnte Spike die Mordlust nehmen- wahrscheinlich kann er auch das ganze Gegenteil anrichten.“ Giles nahm sich erneut das Wächterbuch vor. Es musste doch etwas geben- eine Erklärung für ihr Verhalten. Erst war sie schwach- plötzlich tötet sie zwei Höllenhunde auf eine Art und Weise, die in keinem Buch steht. Woher wusste sie, was sie tun musste? Und diese Lichtsache. Licht. Irgend etwas musste doch damit anzufangen sein.

„Hallo Giles- oh, es wurde also schon Bericht erstattet.“ Spike kam in das Büro und lehnte sich an die geschlossene Tür. Die Arme verschränkend, beobachtete er Giles beim Nachdenken.

„Ich will ja nicht stören- aber ich hab eine Frage- und es könnte wichtig sein- wegen Buffy. Alle anderen haben es nicht gesehen- aber ich glaub kaum, daß ich Halluzinationen habe.“

„Nein- es ist durchaus möglich, daß du mehr siehst als ein Mensch.“

„Ihre Augen- sie verändern sich, wenn sie wütend wird- oder kämpft.“

„Interessant. Erzähl weiter. Wann hast du es gemerkt?“

„Ich sollte wohl von Anfang an beginnen.“ Spike atmete durch und erzählte alles, was er gesehen hatte- von Zekhor und dem Licht. Von ihren Augen, die sich plötzlich auch noch rot verwandelt hatten. Giles wurde immer unruhiger, was Spike verriet, daß es nicht so harmlos war, wie sie es gedacht hatten. Aber der erfahrene Wächter konnte dem jungen Nachwuchs vorerst keinen Tipp geben, was es sein könnte. Er würde es nachforschen- wie immer in so einem Fall. Hoffentlich hatten sie nicht schon zu viel Zeit verloren und sie konnten die alte, nette Buffy noch retten. Im Kampf konnte sie sicherlich in ihrer jetzigen Form sehr nützlich sein- aber niemand wollte dafür den Menschen in ihr aufgeben.

Dawn war sichtlich nervös. Die Mädchen wuselten alle um sie herum, denn heute war sie die wichtigste Person- denn sie hatte ihren Abschlussball. Amanda hatte ihren Abschluss schon im letzten Jahr vorziehen können- ohne, daß es jemand mitgekriegt hätte in der Zentrale. Wahrscheinlich hatte Faith reichlich Stress gemacht auf der anderen Schule und sie hatte eine Sonderbehandlung gekriegt- so richtig wurde man aus den Aussagen der Truppe nicht schlüssig.

Jedenfalls wurde Dawn wie eine Göttin behandelt. Und sie genoss es. Gegen 8 klingelte es an der Tür. Natürlich war sie noch nicht fertig.

„Spike!!! Mach bitte auf! Das ist Rick!“ bettelte sie die Treppe hinunter. Er erhob sich lächelnd und ließ den jungen Mann in die Pseudo- Wohnung hinein. Der lächelte verlegen und wirkte nervös.

„Hey- ganz ruhig, Kumpel- ich bin nicht ihr Vater!“

„Äh- ich weiß- du bist der Freund ihrer Schwester.“

„Was weißt du noch alles über uns?“ Spike wurde hellhörig. Sie hatten doch eine Vereinbarung mit Dawn!

„Äh- nicht sehr viel. Sie meinte, daß du ganz nett bist. Aber ihre Schwester muss ein ziemlicher Drachen sein- wie hältst du das bloß mit ihr aus?“

„Soso- sagt sie das? Da muss ich wohl noch mal mit ihr reden.“

„Ich glaub, sie fühlt sich von ihr ganz schön allein gelassen. Sie gibt es zwar nie zu, aber irgendwie- na ja- du weißt schon. Kleine Schwestern sind wohl immer eifersüchtig auf die Ältere. Aber ich sag da nichts dazu.“

„Ist wohl besser so- der Drachen könnte das ernst nehmen- und sie hat ihre eigene Art, mit ihren Feinden umzugehen.“ Er lachte verschwörerisch. Er kannte diesen Jungen gar nicht, aber er war ihm sofort sympathisch- und das war bei Spike eigentlich nie der Fall- außer bei Mason.

„Da ist ja mein Begleiter- schick siehst du aus!“ Dawn strahlte ihn glücklich an. Sie sah einfach bezaubernd aus in ihrem langen, glitzernden Kleid und der Hochsteckfrisur. Spätestens jetzt konnte niemand mehr bezweifeln, daß die kleine Dawn erwachsen war. Spike fühlte sich plötzlich verantwortlich, noch etwas zu sagen. Er zog sie zur Seite und beobachtete Rick nebenbei.

„Dawn- ich bin nicht dein Vater und ich vertrau dir. Aber bitte sei vorsichtig. Nicht wegen Rick- ich denke mal, daß er keine Gefahr ist- aber- du weißt schon. Ich hab da noch was für dich. Er ging zur Kommode und zog die oberste Schublade heraus. Er öffnete eine kleine Schachtel und nahm ein silbernes Armband heraus, daß er ihr umlegte. „Das ist mein Geschenk für deinen Schulabschluss. Es hat eine gewisse Wirkung auf normale Vampire.“ Er deutete auf ein kleines, silbernes Kreuz zwischen den kleinen Steinchen und Anhängern. „Und Andrew hat ein bisschen Technik eingebaut. Du weißt schon.“ Er deutete auf ein kleines Amulett. Der Sender war dort sehr gut versteckt. „Und jetzt hab Spaß- und trink nicht alles durcheinander- der Mix macht den Kater, nicht die Menge!“ lachte er und schob sie zu Rick. Der ließ Dawn zuerst hinausgehen und wollte ihr hinterher. Spike packte ihn an der Schulter und sagte leise zu ihm: „Ich will keine Klagen hören. Nicht nur Buffy kann dir gefährlich werden! -Und jetzt- viel Spaß.“ Er entließ den etwas verwirrt dreinblickenden Jungen und sah dem Paar nachdenklich hinterher. Es erinnerte ihn an einen bestimmten Abend zwischen ihm und Buffy. So viel hatte sich seitdem verändert. Er ging auf die Veranda und setzte sich auf die oberste Stufe.

Der Abend war warm und mild. Die Grillen zirpten fröhlich vor sich hin. Spike schloss die Augen und hörte auf die verschiedenen Geräusche. Der Wagen fuhr in die Auffahrt und Faith stieg aus. Sie sah Spike kurz an, dann lehnte sie sich zurück ins Auto und sagte etwas zu Buffy, die auf dem Beifahrersitz saß. Sie schien kurz nachzudenken, bevor sie ausstieg. Spike sah, daß sie geweint hatte. Unfreiwillig versuchte er, ihre Gedanken zu lesen- aber sie sperrte sich eindeutig.

„Hey- alles klar bei dir?“ Er griff nach ihrer Hand, aber sie wich ihm aus und beeilte sich, hinein zu kommen.

„Faith- was ist los?“

Sie sah ihn nachdenklich an, dann setzte sie sich neben ihn.

„Was denkst du denn?“

„Ihr ward doch beim Arzt, oder? Was hat sie nun? Ist sie krank- oder ein Dämon? Giles hat bis jetzt noch nichts herausfinden können. Aber etwas stimmt doch nicht.“

„Naja- ich kann dazu nicht viel sagen. Ich würde denken, daß das bei ihr eher ein mentales Problem ist. Sie kann wohl nicht recht damit umgehen, deshalb braucht sie wohl etwas Zeit. Aber sie ist nicht krank oder so. Alles in bester Ordnung.“

„Faith- du verheimlichst mir doch etwas, oder?“

„Wie gesagt, daß kann ich ihr nicht abnehmen. Das muss sie dir selbst sagen. Ich hab ein Versprechen gegeben- und daran halte ich mich.“ Faith stand wieder auf und ging hinein. Spike starrte verdutzt vor sich hin. Das verstand er jetzt aber überhaupt nicht mehr!

Dawn und Rick schlenderten über den Gehsteig und lachten über die Ereignisse des langen Abends. Es war lange nach Mitternacht- aber es gab ja auch nur einmal einen Abschlussball. Als sie an dem Park vorbei kamen, blieb Rick stehen und sah Dawn liebevoll an. Dann küsste er sie vorsichtig. Sie erwiderte und spürte ein sanftes Prickeln ihren Körper durchlaufen. Da hörte sie hinter Rick seltsame, verräterische Töne. Sie löste sich von ihm und fluchte. 3 Vampire hatten sie beobachtet und kamen nun lachend auf sie zu.

„Lauf!“ flüsterte Rick ihr zu. Sie sah ihn verwirrt an und befolgte dann seine Anweisung. Er drehte sich demonstrativ langsam zu den Vampiren um und steckte die Hände in die Taschen.

„Sieh mal an- was wollt denn ihr hier? Kann man denn nicht einmal in seinem Leben Ruhe vor euch haben?“

„Rick! So eine Überraschung- wieder ein neues Opfer gefunden?“

„Ja-.“ Er sah sich um. Niemand war zu sehen. „Euch!“ Seine Augen begannen dämonisch zu leuchten und er schleuderte sie mit seinem Willen zu Boden. Dann ging er auf die Vampire zu und beugte sich über den Ersten.

„Zur falschen Zeit am falschen Ort- nicht gut für euch!“ Er visierte den Vampir direkt an. Dieser begann zu schreien und plötzlich zerfetzte es ihm den Kopf. Er verpuffte in einer Staubwolke. Die anderen Beiden versuchten, zu flüchten- aber er hielt sie mit seinen Gedanken fest und machte eine aufwallende Handbewegung. Die Vampire verpufften einfach.

Rick drehte sich lächelnd um, seine Augen normalisierten sich wieder in das hypnotische Grün und er richtete seine Jacke zurecht. „Dawn? Wo bist du?“

Kennedy traute ihren Augen nicht. Dieser Junge hatte 3 Vampire nur durch seine Gedanken getötet! Was war da passiert? Sie rannte ihm hinterher und hielt ihn zurück. Er wollte eine Geste machen, aber sie wehrte mit beiden Händen ab.

„Stopp! Ich bin kein Dämon, wirklich! Ich gehör zu Dawn! Wie hast du das gerade gemacht?“

„Hallo Jägerin!“ Er lachte leise und ging weiter.

„Woher weißt du- hat Dawn dir das erzählt?“

„Nein. Aber wir haben jeder unser kleines Geheimnis, oder? Aber wo wir schon so weit sind- bevor du es allen in der Zentrale erzählst, und ihr rumrätselt, was ich bin, komm ich freiwillig mit. Wir müssen es nur Dawn etwas schonend beibringen.“

„Was? Das du ein Hexer bist?“

„So würde ich das nicht nennen. Aber dazu mehr, wenn wir da sind.“ Er lief nach vorn, wo Dawn auf der Treppe saß und weinte. Sie hatte Angst, daß es ihn erwischt hatte- aber als sie ihn so lebendig sah, lief sie ihm in die Arme und küsste ihn wild ab. Da Kennedy hinter ihm herkam, nahm sie an, daß diese ihn gerettet hatte und bedankte sich bei ihr.

„Da hab ich nichts mit zu tun. Ich glaub, dein Freund hat uns allen was zu sagen.“ Sie ließ die Beiden allein. Dawn sah ihn fragend an.

„Ja- ich hab dir was verschwiegen. Ich bin kein normaler Schüler. Es hatte einen Grund, warum ich kurze Zeit nach dir hierher gezogen bin. Ich soll dich beschützen.“

„Wer hat dich angestellt? Buffy?“

„Nein- nein. Sie weiß nichts davon. Es gibt eben Organisationen, die über der der Wächter stehen. Ich komme aus so einer. Wir sind dafür da, die Angehörigen der Jägerinnen zu schützen. Da du ihre Schwester bist, und ihr hier in akuter Gefahr seid, wurde ich geschickt. Wir sind so eine Art Geist, der in einen Körper transportiert wird und solange verbleibt, wie es nötig ist. Aber ich bin auch Rick. Ich meine- es ist schwer, daß zu verstehen. Ich weiß nur, daß wir dich lieben.“ Er nahm ihren Kopf in die Hände und küsste sie kurz.

„Soll das heißen, du bist so was wie ein Halbdämon?“ sie machte sich instinktiv von ihm frei.

„Gott bewahre- nein. Das klingt so- negativ. Wir sind auf der Seite der Guten. Man nennt uns Lichtjäger, weil unsere Waffe das Gute ist. Wir töten nicht, indem wir kämpfen. Das Böse hat immer eine schwache Seite. Und diese nutzen wir aus. Denn das Licht ist ihr Feind.“

„Naja- wenn das so ist. Ich leb schon mit Jägerinnen, Wächtern, einer Hexe, einem mächtigen Vampir und sonst was für Leuten zusammen- wieso nicht noch ein Lichtjäger?“ Sie zuckte mit den Schultern und umarmte ihn. Vielleicht war es ja das, was sie von Anfang an so anziehend fand. Er war etwas Besonderes.

„Dann wollen wir uns mal der Wahrheit stellen.“ Er zog sie hinter sich in das Haus und traf dort auf die versammelte Mannschaft, die sich schon auf die Nachricht Kennedys hin am Tisch eingefunden hatte. Nur Buffy fehlte- und Faith. Was hatten die beiden denn plötzlich ständig miteinander zu tun?

Rick nickte schüchtern in die Runde und ließ sich auf dem Stuhl nieder, den sie für ihn reserviert hatten. Alle starrten ihn erwartungsvoll an. Das sie um die Zeit noch wach waren, wunderte ihn nicht. Es war Freitag Abend und dies war die Zentrale von Kämpfern, deren Feinde nachtaktiv waren.

„Also- wer immer du bist- es wäre jetzt Zeit, uns alles zu erklären. Was willst du von Dawn?“ Spike hatte sich den ganzen Abend Gedanken über Buffys seltsames Verhalten gemacht, aber sie weigerte sich, mit jemandem zu reden.

„Wenn ich mich nicht irre, fehlen noch 2 Personen.“

„Das ist nicht wichtig.“

„Wenn ihr meint. Also- darf ich mich vorstellen- Tanubis. Lichtjäger im Auftrag der Hüter des Guten. Aber momentan bin ich einfach nur Rick. Ein Schüler an Dawns Highschool und zufällig ihr Freund. Eigentlich bin ich aber nur hier, weil ich für Dawn zuständig bin. Wir Lichtjäger übernehmen einen Menschen, wenn wir damit die Angehörigen der Jägerin schützen können.“

„Und warum haben wir davon noch nie etwas gehört?“ Giles war das unheimlich. Das war neu für ihn, daß es diese Lichtjäger gab.

„Weil wir immer im Hintergrund arbeiten. Es gibt einen Codex, daß wir nie in den Notizen der Wächter auftauchen. Sie wissen von uns- und das ist ausreichend. Wir verschwinden wieder, wenn unsere Arbeit getan ist. Wir geben unsere Kräfte- aber der Mensch bleibt immer er selbst.“

„Hallo Tanubis! Ich wusste doch, daß wir uns wieder sehen!“ Buffy war unbemerkt zu ihnen getreten und stand hinter Spikes Stuhl.

„Lunar? Was tust du denn hier?“ Rick sprang auf und gab Buffy die Hand. Er bemerkte die noch verwirrteren Blicke der Anderen. „Äh- ihr wisst davon gar nichts?“

„Du kennst mich doch.“

„Ja- leider. Immer der schweigsame Jäger. Solltest du sie nicht langsam mal aufklären?“

„Oh- diese Buffy ist wirklich sehr stark. Sie versucht, mich zu unterdrücken. Ein sehr seltsamer Mensch. Aber es passiert ja auch nur selten, daß wir in eine Jägerin geraten.“

„Und wen beschützt du damit?“

„Das will Buffy nicht sagen, also darf ich es auch nicht. Es ist ihr kleines Geheimnis. Aber du weißt ja sicherlich Bescheid, was das bedeutet. Zekhor hat mich zurückgeholt- und nun hab ich hier alle Hände voll zu tun. Und das bei einem Menschen, der sich nach dem Tod sehnt! Furchtbar!“

„Äh- hallo! Könnten wir mal bitte erfahren, was hier vorgeht? Buffy? Bist du noch da?“ Xander zweifelte langsam an sich selbst. Was war hier los- Gemeinschaft der Besessenen?

„Klar. Alles in Ordnung. Danke, Rick, daß du ihr geholfen hast.“

„Jetzt kapier ich gar nichts mehr!“

„Ich glaub, Xander, du bist nicht der Einzige, der da nicht mehr mitkommt.“ Mason schüttelte den Kopf.

„Und ich glaub, ich weiß jetzt langsam, was los ist.“ Stellte Faith für sich selbst fest. Zekhor hatte Lunar in Buffys Körper geleitet, damit er sie und das Baby beschützte. Das war logisch. Der Mensch, dem Buffy jetzt am nächsten war, war nun mal das Baby! Und wie konnte man es besser schützen, als wenn man der Mutter selbst die Kraft gab! Jetzt musste wohl Buffy endgültig mit der Sprache rausrücken- schließlich würden sich jetzt alle fragen, wer denn von ihr so dringend beschützt werden müsste.

„Faith!“ warnte sie Buffy.

„Okay- jetzt reicht es! Endgültig! Was habt ihr Beide zu verbergen?“

„Nichts.“

„Buffy! Wenn du nichts sagst, dann breche ich mein Versprechen! Vergiss nie, daß dich das nicht nur allein angeht!“

„Nein Faith- es ist meine Sache. Schweig, oder du bist tot!“ Sie verließ aufgebracht den Raum. Niemals würde sie das auf diesem Wege tun.

„Lunar!“ brüllte ihr Tanubis hinterher. Sie sah sich um. Die Tränen liefen über ihr Gesicht. Unbedacht machte sie einen Schritt zurück- und stürzte die Treppe hinunter. Tanubis eilte ihr hinterher, konnte den Fall aber nicht mehr abbremsen. „Nein!“ Er rannte nach unten und wollte Buffy hoch helfen. Aber sie stöhnte auf und hielt ihren Unterleib.

„Verdammt- was hast du getan?“

„Sie wollte es nicht.“ Flüsterte sie nur für ihn hörbar.

Die Macht der Gefühle

 

Spike rannte ihnen hinterher und war schockiert, daß Buffy nicht einfach so wieder aufstand. Er wollte sie anheben, aber sie schrie auf.

„Was ist denn passiert?“

„Ich glaub, wir müssen ins Krankenhaus. Ich fürchte, sie hat sich ernsthaft verletzt.“

„Aber sie ist die Jägerin! Sie wird wieder gesund.“

„Spike. Nein. Diesmal nicht. Ruft einen Krankenwagen.“ Sie lehnte sich zurück und spürte den schrecklichen Schmerz. Was hatte sie nur getan? War sie das überhaupt gewesen? Sie war doch nur gestolpert. Das konnte doch nicht gleich so etwas zur Folge haben, oder?

Der Oberarzt kam zu den Anwesenden im Warteraum. Er sah nicht besonders erfreut aus. Faith, Spike, Giles, Xander und Dawn waren mit Buffy ins Krankenhaus gefahren und hatten beunruhigt abgewartet. Spike war wie ein Tier herumgetigert, hatte geflucht und gezweifelt. Faith konnte ihn nicht beruhigen. Sie hätte sich gewünscht, daß er es wusste, aber jetzt würde er es wohl sowieso erfahren.

„Also- die gute Nachricht- Miss Summers geht es soweit gut. Aber der Sturz hat innere Blutungen verursacht, die schließlich zum Tod des Babys geführt haben. Es tut uns leid.“ Das hatte ja so kommen müssen. Warum hatte sie sich nur so dagegen gesperrt? Faith unterdrückte ihre innere Wut.

„Was?“ Giles fand als erstes seine Worte wieder. Spike starrte den Arzt ungläubig an.

„Äh- haben sie das nicht gewusst? Sie war schwanger. Zwar erst fünfte Woche- aber sie fragte gleich danach.“

„Sie hat es gewusst?“ brachte Spike mühsam heraus.

„Ja- Spike. Ich musste es ihr versprechen. Sie sollte es dir selber sagen- aber ich hätte nicht gedacht, daß sie das nicht gleich vorhatte. Mag sein, daß du es sonst nie erfahren hättest.“ Faith wirkte nervös. Sie wollte niemandem etwas unterstellen- aber war das Buffys Lösung für ihre Probleme? Mal eben die Treppe herunterstürzen und hoffen, daß es dann vorbei war?

„Faith- was willst du damit sagen?“ Xander begriff erst langsam, was hier eigentlich vorging.

„Buffy war alles andere als erfreut über diese Erkenntnis. Und man fragt sich doch, was man ihr alles zutrauen kann, oder? Doktor- kann man absichtlich ein Kind verlieren?“

„Durch einen Treppensturz? Wer geht das Risiko ein, sich selbst zu verletzen? Nein- das war bestimmt nur ein Unfall. Sie können dann auch zu ihr, obwohl ich irgendwie das Gefühl habe, das sie das erst mal unter sich ausmachen sollten. Auf Wiedersehen.“ Er verließ sie. Faith sah in die schweigende Runde. Spike kämpfte sichtlich gegen seine Wut an.

„Wer könnte so was schon tun? Jemand, der sich selbst garantiert nicht so schnell weh tun kann.“ Xander konnte es nicht glauben. War Buffy so eiskalt?

Spike stand langsam auf.

„Gehst du zu ihr?“ hoffte Faith.

„Nein. Ich kann das jetzt nicht. Ich würde sie nicht ertragen können.“ Er verließ schnellen Schrittes das Krankenhaus. Draußen zündete er sich eine Zigarette an und ging auf den nächsten Friedhof. Dort suchte er sich eine Gruft und setzte sich mit angezogenen Beinen auf den Steinsarg. Für die gespaltenen Gefühle, die er gerade in sich fühlte, gab es keine Worte. Und eine Überzeugung siegte schließlich: Sie hatte sein Baby getötet!

„Wer will zuerst?“ Faith wies auf die Tür am Ende des Ganges. Irgendwie schien niemand sonderlich scharf darauf zu sein, zu ihr zu gehen, mit ihr zu reden und sie zu trösten.

„Na gut, wenn ihr alle nicht wollt, werd ich das wohl auch noch machen müssen!“ Faith richtete sich aus dem Sessel auf und zog sich ihre Sachen zurecht.

„Warum weißt du eigentlich davon?“ Dawn fand jetzt in die Wirklichkeit zurück.

„Weil ich ihr den Tipp gegeben habe, mal in diese Richtung zu denken. Jägerinnen- Grippe! Bei den Anzeichen! Sie war doch wirklich der Meinung, daß das für sie gar nicht zutreffen könnte. Naja- irgendwann erwischt es eben jeden einmal- auch eine Miss Perfect.“ Faith machte sich kurz locker und nahm dann die Tür in Angriff.

„Verständlich wäre es aber schon, oder?“

„Giles!“ Dawn glaubte, nicht richtig zu hören.

„Überlegt mal: Spike ist doch sicherlich der Vater- wenn da nicht noch ganz andere Dämonen ihre Finger im Spiel haben. Sie ist von diesem Lunar besessen- Reiter haben sie durchquert- was würdet ihr denn denken- daß ihr ein normales Kind haben werdet?“

„Giles- soll das heißen, daß sie ihre Tat verstehen?“

„Ich bin mir nicht sicher, ob sie wirklich etwas getan hat. Oder ob sie nicht etwas tun wollte, und es ihr so abgenommen wurde. Warum wollte sie ins Krankenhaus, wenn sie es unbedingt verheimlichen wollte? Das ist unlogisch. Ich glaube, sie selbst hatte viel mehr vor der Wahrheit Angst. Es scheint mir nicht sonderlich verwunderlich, daß ein Mensch, der nie an seine Zukunft denken dürfte, weil er jeden Tag sterben könnte, mit so einer Situation nicht umgehen kann.“

„Vielleicht haben sie ja recht. Ich hoffe nur, Faith lässt sie am Leben.“

„Was tun wir hier eigentlich? Buffy braucht uns jetzt. Ich verstehe ja Spikes Reaktion, aber wir sind ihre Freunde. Laßt uns reingehen.“ Xander machte den entscheidenden Schritt, und sie folgten ihm.

„Buffy- was soll das alles? Meinst du, dadurch wird es besser? Wenn du Glück hast, redet Spike die nächste Zeit nur nicht mit dir. Aber ich hab ihn selten so kaputt gesehen. Das hat ihm das Herz gebrochen, B. Warum hast du es ihm denn bloß nicht gleich gesagt?“

„Es war einfach nicht der richtige Zeitpunkt. Ich musste mir selbst erst darüber klar werden. Und das war ich nicht.“

„Und jetzt hat sich das alles erledigt- aus und vorbei. So einfach ist das.“

„Glaubst du etwa, ich wäre absichtlich gestürzt?“ Buffy sah sie gequält an.

„Was soll ich denn denken?“

„Weiß ich nicht.“ Sie drehte sich zur Seite und starrte vor sich hin. Da ging die Tür auf.

„Spike?“- oh, entschuldigt bitte.“ Sie wollte nicht enttäuscht klingen- aber das ließ sich wohl nicht vermeiden.

„Nein. Der ist gleich abgehauen, als er die schlechte Nachricht hörte. Wie geht´s dir so?“ Dawn versuchte, locker zu sein.

„Ehrliche Antwort? Scheisse. Ich hätte das nicht alles verdrängen dürfen.“

„Nein- das hättest du nicht.“ Giles ging zum Fenster und sah nach draußen.

„Es tut mir leid. Ich hab wohl ziemlich viel Mist gebaut.“

„Da hast du wohl recht.“

„Giles- könnten sie mir das auch ins Gesicht sagen?“ Der Wächter wippte mit den Händen in den Hosentaschen vor sich hin und vermied jeglichen Augenkontakt.

„Buffy- ich- ach - verdammt! Du hättest uns allen etwas sagen sollen. Wir sind doch für euch da! Glaubst du wirklich, daß wir dir vorgeschrieben hätten, wie du dein Leben führen sollst? Wenn du das Baby gewollt hättest- ich meine- wir hätten das irgendwie hingekriegt. Natürlich bestand das Risiko, daß damit ein neuer Dämon geboren wird- aber so was kann man meist rechtzeitig feststellen. Was sollte das alles?“ Jetzt wirkte er gar nicht mehr so beherrscht wie früher. Der Mensch war also immer noch in dem sonst so kühlen Engländer erhalten geblieben.

„Danke, Giles. Aber ich weiß nicht einmal, ob ich das gewollt hätte. Ob ich das könnte- eine Mutter sein.“

„Na ja- vorerst ist das wohl kein Thema mehr. Und wenn du es eines Tages doch willst- dann kannst du das auch. Mach nicht denselben Fehler wie ich. -Ja- seht mich nicht so an! Auch ich hatte mal andere Träume. Aber das wisst ihr ja. Da gehörte wohl auch eine Familie und Kinder dazu. Ich hatte nie den Mut, mir das selbst einzugestehen. Also wurdet ihr meine Familie. Und Buffy war die Tochter, die ich nie hatte. Verzeiht einem alten, sentimentalen Wächter- aber ich bin auch nur ein Mensch.“ Er sah wieder nach draußen.

„Faith- tust du mir noch einen letzten Gefallen?“

„Ich geh ja schon. Schätzungsweise finde ich ihn wohl bei seinen toten Freunden, oder?“

„Ja, Er wird nachdenken wollen. Hauptsache, er machte keine Dummheiten- du weißt schon. Ich kann jetzt nicht erwarten, daß er mich überhaupt anhören würde. Das weiß ich. Aber sag ihm, daß ich ihn liebe. Ich wollte nicht, daß es so endet. Wirklich. Es war ein Unfall.“

„Alles klar- B. Die werden dich eh bald entlassen. Dann könnt ihr euch ja aussprechen. Aber ich werd ihn suchen gehen.“ Damit umarmte Faith sie kurz und verließ dann die Gruppe.

„Was willst du hier? Habt ihr mit Buffy denn nicht schon genug angerichtet?“ Er klang verbittert und musterte die Ex-Jägerin feindlich. Sie setzte sich einfach auf den anderen Steinsarg und sah ihn traurig an.

„Sie hat keine Ahnung, was eigentlich los ist.“

„Was ist denn los?“

„Siehst du das denn nicht? Dämonische Reiter tauchen auf und sie ist betroffen. Plötzlich verhält sie sich merkwürdig, wird krank und schwach. Zekhor hext ihr irgendeinen Lichtjäger ein und sie wird zum gnadenlosen Dämonenschreck. Und das passierte alles in den letzten 5 Wochen. Du kannst mich für verrückt erklären, aber das Baby hat die Kontrolle über sie gehabt. Wenn es das jetzt schon konnte- was wäre alles passiert, wenn dieses Kind lebendig wäre? Connor hat sich gegen Angel gestellt- schon vergessen? Er war ein ganz normales Kind. Sowas vergisst du nicht einfach, wenn du eine Jägerin bist und der Vater ein Vampir.“

„Sie hätte es mir sagen können. Verdammt! Es war mein Kind!“

„Ja. Aber wann hätte sie das tun sollen? Sie wusste es erst seit vorgestern- und gestern hatte sie erst die Gewissheit. Überleg mal, was ihr in dieser Zeit getan habt. Sollte sie das mal eben nebenbei erwähnen? `Ach übrigens- blöder Höllenhund- ich bin wahrscheinlich schwanger, Schatz!` Wie hättest du denn darauf reagiert?

Sie wollte einen ruhigeren Moment abpassen. Das ich es erfahren habe, war wohl eher Zufall. Willow muss es als Erste gewusst haben, weil sie ihr sagte, daß du es erfahren musst, bevor sie auch nur ahnte, worum es ging. Verdammt- ich hab gedacht, es wird alles gut werden.“ Faith stieg unwillkürlich ein Kloß im Hals hoch.

„Warum betrifft dich das eigentlich so? Du bist nicht der Typ, der sich die Probleme Anderer so zu Herzen nimmt.“

„Weil ich vielleicht nicht will, daß sie das Gleiche durchmachen muss wie ich?- Sieh mich nicht so an, Spike. Kein Mensch ist perfekt. Und ein paar Tote sind nicht die einzigen Leichen, die ich im Keller habe.“

„Das wusste ich nicht.“

„Das weiß auch niemand- außer Buffy und dir jetzt. Ich war gerade mal 17 und dachte, ich könnte alles erreichen. Es war ein verdammter Unfall- und ich entschied mich gegen das Kind, weil ich den Vater nicht einmal geliebt habe. Ich hatte mein ganzes, beschissenes Leben vor mir. Was sollte ich mit einem Kind? Aber es vergeht kein Tag, an dem ich nicht daran denke. Es macht dich zur Bestie. Du willst stark sein, dir nichts anmerken lassen- und die verdammte Vergangenheit hast du trotzdem am Hals. Buffy ist so auf diese Dämonen und ihre Aufgabe versiert, daß sie alles andere gar nicht sieht. Sie hat keine Geldsorgen, wird von allen unterstützt- und das Wichtigste- sie hat dich. Mein Gott, wenn ich diese Chance gehabt hätte- wenn ich einen Freund gehabt hätte, der für mich alles tut. Vielleicht wäre alles anders gekommen. Und sie zerstört das alles, weil ihr verdammter Stolz sie zerfrisst. Sie ist die Jägerin! Das ich nicht lache! Sie könnte so normal sein, wie jede andere Frau in dieser Welt. Den Dämonen sind wir doch scheiß egal. Alles, was wir tun müssen, ist unser eigenes Leben so gut wie möglich rumkriegen. Und sie schafft es nicht. Weil sie Angst hat. Vor dem Altern, vor dem Tod, vor dem Tag, an dem du als lachender Sieger hervorgehst- einfach vor allem. Sie übernimmt die Verantwortung für einen Haufen verrückter Teenager- aber vor ihrem eigenen Fleisch und Blut flüchtet sie.“ Faith geriet in eine regelrechte Raserei. Plötzlich stand Spike neben ihr und sah sie fest an. Dann nahm er ihre Hand und drückte sie ganz fest.

„Geh zu ihr. Ihr braucht euch jetzt mehr als je zuvor.“

„Nein- Faith. Das kann ich nicht. Noch nicht. Aber danke, daß du mir all das gesagt hast.“

„Ich laß nicht zu, daß sie euch kaputt macht. Versprochen.“ Sie beugte sich zu ihm vor und gab ihm einen Kuß auf die Wange. Er sah ihr lange in die Augen. Sie spürte die Hitze in sich hochsteigen. Verdammt- was war das auf einmal? Sie kamen sich immer näher und ihre Lippen berührten sich wie von selbst. Spike packte sie plötzlich und zog sie an sich, obwohl er sich zugleich dagegen wehrte. Faith dachte erschreckt darüber nach, was hier gerade passierte. Urplötzlich stieß sie ihn keuchend von sich.

„Denk nicht mal dran! Das willst du doch selbst nicht!“ Sie rannte überstürzt nach draußen. Spike sank weinend zusammen. Verdammt! Was war nur los? Das war doch nicht er, der Faith küsste? Aber er hatte es bewusst getan- dafür gab es keine Entschuldigung. Dabei sollte er jetzt bei einer ganz anderen Frau sein. Die ihn wirklich brauchte.

Buffy lag leise weinend in ihrem Bett. Morgen würde sie hier raus dürfen. 2 Tage war sie nun in diesem Krankenhaus. Und er war nicht gekommen. War es ihm denn so egal? Die anderen erledigten in der Zeit ein paar Vampire und werteten die Funde aus. Wenigstens hatten sie etwas zu tun. Der Mond schien blass in das Zimmer hinein und ließ alles noch viel einsamer und kalt erscheinen. Sie schlief schließlich traurig ein. Wenige Minuten später erschien Zekhor im Raum und trat neben sie.

Was soll das alles? Du kannst dich nicht dagegen wehren. Er legte seine Hand auf ihren Bauch. Sie merkte nichts davon. Als Spike das Zimmer betrat, war er schon längst wieder verschwunden. Buffy wachte sofort auf. Aber sie tat so, als würde sie weiterschlafen. Er setzte sich vorsichtig neben sie auf die Bettkante und legte eine einzelne Rose auf das Tischchen. Als er sie wieder ansah, beobachtete sie ihn. Er erwiderte ihren Blick und schüttelte traurig mit dem Kopf.

„Es tut mir so leid.“ Flüsterte sie matt. Er legte nur seinen Finger auf ihre Lippen und bedeutete ihr somit, zu schweigen. Sie nahm seine Hand und küsste seine Fingerspitzen. Lange sahen sie sich einfach nur an, dann stand er auf und ging leise und ohne ein Wort wieder. Aber diese wenigen Minuten hatten mehr für Beide bedeutet, als sie es in Stunden ausdiskutieren hätten können. Sie brauchten Beide Zeit. Wahrscheinlich viel Zeit. Und jeder würde wohl anders damit umgehen, daß ihr gemeinsames Kind nicht mehr lebte, bevor sie es überhaupt richtig realisiert hatten.

 

 

Unter fremder Kontrolle

 

„Wann ist es endlich soweit? Die Hexe ist schon zu lange hier! Sie soll endlich diesen Zauber vollführen- und dann laß sie verschwinden! Diese verdammten Jägerinnen richten zu viel Schaden an! Sie haben meine Lieblinge getötet.“

„Nicht sie sind dein Problem- daß weißt du. Diese Lichtjäger haben sich eingemischt.“

„Schutz von höchster Stelle! Was soll denn noch alles passieren?“

„Du verlierst an Macht.“

„Ich brauche ihre Kräfte- also tu etwas!“

„Weil du sonst nicht mehr glaubwürdig wärst?“ Sie lachte grimmig.

„Nein! Weil ich diese verdammte Jägerin sonst nicht vernichten kann.“

„Herr- entschuldigt bitte die Störung- aber wir konnten erfahren, wer zurück gekommen ist und sie beschützt.“ Ein junger, milchhäutiger Vampir verneigte sich ehrfurchtsvoll vor ihm.

„Und? Ich höre.“

„Es wurden 2 Sprünge in letzter Zeit bemerkt. Tanubis und Lunar.“

„Und was heißt das?“ Tepesch kannte sich nicht sonderlich bei diesen Geistern des Guten aus- aber Batsebas Reaktion verriet ihm, daß es wohl nicht gut war, daß gerade diese Beiden zurück waren.

„Jäger der 7. Inkarnation. Das ist die höchste Stufe, die sie erreichen können.“ Der Junge zog sich vorsichtshalber etwas zurück.

„Nicht ganz. Es sind 9 Stufen. Wie die Zahl der Chöre. Aber sie sind die Mächtigsten, mit denen wir es zu tun kriegen können. Aber auch sie haben ihre Schwachstellen. Ihr Ehrgeiz zerfrisst sie und die Menschen, in denen sie herrschen. Wir sollten uns vorerst zurück halten. Das macht sie wütend- und dann wird sich das Problem dieses Rates ganz von allein lösen- die Gemeinschaft gerät ins Schwanken- und die ewige Jägerin geht uns mitsamt ihrem Beschützer in die Fänge.“

„Wenn das so einfach ist- warum hast du dann Angst vor ihnen?“ lauerte er sie wütend an.

„Ich will noch eine Weile leben- ganz einfach. Es gefällt mir hier. Die Stadt- die Lichter- die vielen, ahnungslosen Menschen- es ist ein Paradies! Kein Grund also, sich jetzt mit diesen Lichtjägern anzulegen.“

„Warum sind sie eigentlich hier?“

„Tja- weil diese Hüter des Guten so wie ich deine wahre Macht kennen. Du könntest sie alle vernichten, wenn du es richtig anstellst. Deshalb sind sie jetzt da- sie beschützen ganz bestimmte Menschen.“

„Wen? Die Jägerin?“

„Nein- das wäre ja gegen ihre Regeln. Immer nur die Familie- die Personen, die für die Jägerin wichtig sind. Die ein Fleisch und Blut mit ihr sind. Du solltest versuchen, deine Untertanen von den Beiden fernzuhalten- sonst verlierst du sie noch. Glaub mir- dieser Spike ist ein Unschuldslamm gegen Lunar und Tanubis. Sie waren schon immer äußerst- brutal- vor allem Lunar kann unberechenbar sein. Sie schnippen dich einfach mit dem Finger weg!“ Sie machte die gleiche Geste an seinem Ohr, dem sie gefährlich nahe gekommen war.

„Wen beschützen sie?“

„Überleg doch mal- wer ist denn noch übrig von ihrer Familie?“

„Dawn- sonst niemand. Aber diese andere ist doch die Jägerin- ich verstehe nicht-.“

„Oh doch- du verstehst sehr wohl. Eine Jägerin muss sterben, damit eine Neue erwählt werden kann. Dieser Wächter- Giles- verschweigt ihnen das- so wie auch einige andere Dinge, die uns sehr hilfreich sein könnten. Buffy Summers ist nicht gestorben, als Kennedy erwählt wurde. Die Ernennung ist ungültig.“

„Und die Andere?“

„Faith? Och- ich weiß nicht, was sie ist- wahrscheinlich ein Mädchen, daß für kurze Zeit mal Jägerin war. Eine Aushilfe- mehr nicht. Die Jägerin muss endgültig sterben, wenn die Jüngeren an die Macht wollen- meinst du nicht, daß sie das irgendwann bemerken und uns unfreiwillig behilflich werden? Ehrgeiz kann tödlich sein.“

„Hoffentlich bald. Aber ich weiß immer noch nicht, weshalb zwei aufgetaucht sind.“

„Wirklich nicht? Naja- die Regel besagt, daß sie nicht in die Jägerin springen- es sei denn, es gäbe etwas, daß in ihr selbst beschützt werden müsse. Was steht einer Frau denn am nächsten?“

„Ein Kind der beiden Auserwählten?“ Tepesch klang beunruhigt.

„Ein Kind der ewigen Jäger. Es braucht seine Zeit, bis es ein ernsthafter Gegner für dich sein kann- bis dahin solltest du soweit sein und dein Imperium aufgebaut haben.“ Sie strich ihm machtergreifend über den Rücken. „Denk nicht einmal daran, es zu vernichten- es wird dir nicht gelingen.“ Sie küsste ihn hart und kaltherzig. Dann löste sie sich von ihm. „Ach ja. Und die Hexe dürfte bald nutzlos werden. Sie kennt dieses Geheimnis schon- sie würde nichts gegen Buffy unternehmen- weil die Lichtjäger sie dann töten würden. Eins zu null für den Gegner- ohne, daß sie etwas davon wissen. Es ist eben nicht so einfach, Gott zu spielen, oder?“ Ein kaltes Lächeln umspielte ihre Lippen und sie verschwand nach draußen. Tepesch schnappte sich in seiner Wut den nächsten Kerzenständer und schleuderte ihn gegen das Fenster. Das bruchsichere Glas vibrierte und hielt Stand. Nicht einmal das konnte er- eine Scheibe zerstören!

Buffy marschierte entschlossenen Schrittes über den Friedhof. Endlich war sie wieder die Alte! Vor einer Woche hatte sie das Krankenhaus verlassen. Sie war freiwillig in ihr Reservezimmer nach oben ausgewichen, um Spike nicht ständig sehen zu müssen. Warum sie ihn gerade nicht ertragen konnte- keine Ahnung. Aber dieses Mitleid Aller- dieses `Schont Buffy` - wie sie das nervte! Sie war nicht krank! Es war vorbei- ein für allemal. Schluss, Aus, Ende. Buffy Summers würde nie ein Kind bekommen. Und wenn Spike nicht damit umgehen konnte, daß er mal etwas mehr Verantwortung übernehmen hätte müssen, war es wohl sogar besser, daß es so gekommen war. Sie war sich jetzt gar nicht mehr sicher, ob er nicht sogar etwas erleichtert war, daß es kein Baby gab. Wenn sie ehrlich war, fühlte sie ja genauso. Es hatte so schon ihr ganzes Glück zerstört- er redete kaum mit ihr, sie gingen sich größtenteils aus dem Weg- wurde Zeit, daß hier mal jemand aufräumte!

„Scheiß Dämonen!“ fluchte sie leise. Aber wenn die Anderen schon nichts unternahmen, dann würde wenigstens sie ihren Job machen. Eigentlich seltsam, daß weit und breit kein Dämon zu sehen war! Seit ihrem Sturz war Stille eingekehrt. Sam versuchte immer noch krampfhaft, etwas über diese Drogen heraus zu finden. Das konnte doch nicht so schwer sein! Und Spike hatte nichts Besseres vor, als wieder Nacht für Nacht in irgendwelchen Clubs rumzuhängen. Dann kam er immer total zugedröhnt nach Hause und war für den ganzen nächsten Tag nicht ansprechbar. Sehr gutes Vorbild! Wenigstens trainierten die Scoobs mit Mason- jeden Früh wurde sie von Flüchen, Schreien und dem Ton zerbrechender Steine geweckt. Mittlerweile konnte Kennedy schon 2 Steine gleichzeitig zerschlagen. Sie selbst beteiligte sich erst gar nicht daran. Es war langweilig und keine Herausforderung für sie. Sie hatten ihr erzählt, daß sie von einer Art Lichtjäger befallen war- aber sie wusste gar nichts davon. Irgendwie hatte sie diese Bestien getötet- und konnte sich nicht erinnern, wie. Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Naja- vielleicht war sie ja so was ähnliches. Cool. Sie würde nie wieder Alpträume von irgendwelchen Monstern haben, weil das ja ihr anderes Ich erledigte.

„Hey- du Knochenstinker! Ankou? Wo bist du, verdammt noch mal?“ brüllte sie und sah sich um. Die Gräber waren wieder fein säuberlich geschlossen- aber wahrscheinlich so leer wie ihr Innerstes. Ein Vakuum, daß sich selber verschlang.

Hinter ihr knackste es. Der Ankou hinkte freudig auf sie zu, bremste aber plötzlich ab und versuchte, zu fliehen.

„Schön hier geblieben!“ Lunar packte ihn an der fauligen Kutte und warf ihn zu Boden.

„Was willst du?“ schrie der Ankou panisch. Das seltsame Leuchten gefiel ihm gar nicht. Das war definitiv nicht die Jägerin, die er kannte.

„Na was wohl- du hast ihnen was versprochen- die Liste! Wo ist sie?“ Lunar riss an dem Arm des Ankou und warf ihn nach kurzer Betrachtung weit weg.

„Hör auf!“ jammerte der Friedhofswächter gequält. „Ich hab sie nicht. Sie sind nicht zurückgekehrt! Ich schwöre es!“

„Das soll ich dir glauben?“ Lunar sprang auf und kickte mit dem Fuß gegen die Rippen des Ankous. Es krachte laut, als sie nachgaben. Er wimmerte auf. „Wo ist sie?“ Sie klang erschreckend bösartig.

„Ich hab sie nicht. Ehrlich. Sie müssen einen anderen Unterschlupf bei ihrem neuen Meister gefunden haben. Sie vertragen den Tag nicht. Weil sie dann unsichtbar sind- das ist gegen ihre Würde. Die Opfer sollen schließlich Angst haben und weglaufen.“

„Du willst mir weis machen, daß sie den großen Auftritt lieben?“ Lunar packte seinen Fuß und brach ihn ab. Er flog gegen den nächsten Grabstein.

„Ja. Genau. Sie sind ein Mythos. Bitte hör auf. Ich hab dir doch nichts getan!“ Er versuchte, sich so klein wie möglich zusammenzurollen und seinen Kopf zu schützen. Lunar wollte gerade auf ihn losgehen, da wurde Buffy von hinten gepackt und zu Boden geworfen. Jemand packte ihren Kopf und schlug ihn mit voller Wucht gegen den nächsten Grabstein, der knirschend nachgab und nach hinten umfiel.

„Bist du denn vollkommen verrückt? Lunar! Hör auf! Er weiß nichts!“ Tanubis packte Buffy fest an den Oberarmen und wollte sie schütteln, aber da merkte er, daß sie bewusstlos war. Ein leichter Blutfaden rann an ihrer Schläfe herab.

„Oh mein Gott! Buffy! Buffy! Wach auf!“ Rick schüttelte sie wild und verzweifelt und fühlte sich plötzlich furchtbar hilflos. Da schlug sie die Augen auf und sah ihn fragend an.

„Was ist passiert- Au!“ Sie fasste sich reflexartig an die hämmernde Stelle. Als sie ihre Hand ansah, war sie blutig.

„Keine Ahnung. Du bist auf den Ankou losgegangen, und da hab ich dich irgendwie davon abgehalten. Ist nicht einfach, wenn man es weiß und doch auch nicht, oder?“

„Und ich dachte, mir geht´s nur so.“ Sie stand vorsichtig auf und klopfte ihre Kleider ab.

„Bewusstseins- Aussetzer. Es ist schrecklich. Du könntest deine eigenen Leute töten und würdest es nicht einmal merken. Aber es gibt ein einfaches Mittel- ein Schlag auf den Kopf. Dann wird man wieder normal- hat jedenfalls bis jetzt immer funktioniert.“

„Hey- ihr Verrückten! Kann mir mal jemand helfen?“ Der Ankou versuchte sich aufzurichten, konnte aber sein Gleichgewicht kaum halten.

„Oje- war ich das? Das tut mir leid- ehrlich.“ Sie hockte sich neben ihn und sah ehrlich besorgt aus.

„Na ja- ich hab schon manchmal etwas verloren- aber so hat mich noch niemand zerlegt. Wäre nett, wenn du mir wieder zu etwas mehr Form verhilfst.“ Er lächelte schief.

„Okay- da hätten wir den Arm und den Fuß.“ Rick kam mit den Einzelteilen zu ihnen und versuchte, den Fuß anzubringen.

„Äh- nimm das hier- einfach festbinden. Das hält dann schon wieder ne Weile.“ Er reichte ihm einen alten, zerschlissenen Stofffetzen. Rick band alles wieder fest und richtete die Rippen mit Buffys Hilfe zurecht.

„Wo ihr gerade dabei seid- könntet ihr mir den Wirbel auch wieder einrenken? Ich hab mich neulich irgendwie beim Graben falsch gebückt- ähähä!“

„Kein Problem.“ Sie brachten ihn auf die Beine und Rick hebelte ihn kurz aus, so daß sein Rückgrat knackte. Als er ihn wieder losließ, bog sich der Ankou etwas hin und her und strahlte dann überglücklich.

„Ich fühl mich gleich 200 Jahre jünger- ehrlich. Danke Leute.“

„Man sieht sich. Bis bald.“ Buffy wandte sich von ihm ab und ging den Weg zum Ausgang hinunter. Rick tauchte neben ihr auf und schnüffelte an seinen Sachen.

„Eins ist klar- ich geh erst mal duschen. Ich hoffe, das kriegt man mit irgend einem Waschmittel wieder raus!“

„Kernseife. 5 Stunden weichen lassen und dann so heiß wie möglich mit viel Weichspüler waschen. Wird wie neu.“

„Ich dachte, du bist keine Hausfrau.“

„Ich bin mit einem Vampir zusammen- was meinst du, wie oft die dreckig heimkommen? Ich glaub, wenn es so was wie die Meisterschaft im Dämonen- Flecken auswaschen gäbe, würde ich glatt gewinnen.“

„Bist du denn noch mit ihm zusammen?“ Rick musterte sie ernst.

„Gute Frage. Aber weißt du- solange, wie es am Südpol noch Eis gibt, werd ich wohl immer wieder an ihm kleben bleiben. Wir versuchen oft, uns gegenseitig umzubringen- okay. Momentan schweigen wir uns an- auch okay. Er könnte am anderen Ende der Welt sein- und ich wette, ich würde rein zufällig in der gleichen Stadt landen und wir wären wieder zusammen. Weißt du- manche Dinge im Leben sind einfach Schicksal. Bis jetzt leben wir ja Beide noch, was wohl heißt, daß wir auch irgendwann wieder ein Paar sein werden. Eigentlich komisch. Vor etwa 4 Monaten hatte ich auch ein Gespräch über meine Beziehung zu ihm- an dieser Stelle. Damals stand er mir gegenüber- und ich machte ihm klar, daß mir jeder Tag wichtig sei, daß ich zählen würde. Er tat das nicht. Und jetzt bin ich wohl an dem Punkt angelangt, wo ich genauso denke. Es ist nicht wichtig, ob man 7 Monate glücklich zusammen war. Es zählt einfach nur, daß du glücklich warst. Jeder Tag kann gut oder schlecht sein- und ich kann sagen, daß ich trotz aller Probleme, die wir hatten und haben, immer noch der Überzeugung bin, daß das vorbei geht. Das wir irgendwann jeden Tag glücklich sein werden.“

„Wow. Weiß er das?“

„Nein- aber ich weiß, daß er es genauso sieht. Weißt du, Rick- die Anderen wundern sich immer wieder, wie wir uns verhalten. Das wir überhaupt ein Paar sein können, nach allem, was passiert ist. Er wollte mich nicht nur einmal umbringen. Und ich war auch nicht gerade sanft zu ihm- das war ich noch nie. Aber vielleicht ist es ja gerade das, was uns verbindet. Wir sind beide stark- wir geben nie nach. Vielleicht sind wir auch nur verrückt.“ Sie lachte verlegen.

„Nein. Ihr seid eben anders. Ich könnte mir für dich keinen passenderen Mann vorstellen als Spike- ehrlich. Jeder Mensch würde an dir verzweifeln.“

„Tja- ich bin eben mittlerweile eher ein Dämon als ein Mensch, weshalb ich wohl nur bei ihnen ganz akzeptiert werde.“

„Das bist du nicht- du bist einfach nur eine selbstbewusste Frau.“ Sagte er tröstend.

„Sag das mal dem Rest der Welt. Sie würden dich auslachen.“

„Lunar- laß sie mal kurz selber denken! Was wünschst du dir wirklich für deine Zukunft?“ Er positionierte sich dicht vor ihr und sah ihr fest in die Augen. Und da passierte das, was er geahnt hatte: dicke Tränen rollten über ihre Wangen und sie schüttelte verzweifelt den Kopf.

„Hör auf, wie eine Jägerin zu denken- was wünscht sich Buffy?“ Er nahm ihren Kopf zwischen die Hände und sah sie noch fester an. Sie schloss kurz die Augen.

„Das, was jeder haben kann. Einen Mann, eine Familie- einfach nur ein normales Leben.“

„Was ist mit dem Baby? Wolltest du es wirklich nicht?“

„Ich weiß es nicht.“

„Sei ehrlich. Nur dieses eine Mal!“ Er schüttelte sie leicht. Da umarmte sie ihn verzweifelt und fing laut zu schluchzen an. Also hatte er doch richtig gelegen. Diese Jägerin bestand aus so vielen Schichten, daß niemand wirklich zu ihrem Kern vordringen konnte. Anscheinend nicht einmal Spike- denn sonst wäre alles anders gekommen und sie hätten sich dieses Manöver sparen können.

Buffy machte die Tür zur Zentrale auf. Alles war dunkel und mäuschenstill. Seltsam, daß niemand mehr wach war? Plötzlich ging das Licht an und ein lautes: „Überraschung!“ hallte ihnen entgegen. Buffy sah sich verwirrt um. Hatte sie etwas verpasst? Die Anderen sahen sie entnervt an und fluchten. Ups! Happy Birthday, Giles! Stand in großen Buchstaben auf einem Plakat an der Wand. Das hatte sie glatt vergessen.

„Okay- macht das Licht wieder aus. Ich verzieh mich ja schon!“ Sie wollte in ihr Zimmer gehen, aber da bemerkte sie Spikes fixierenden Blick, der gelangweilt auf der Couch saß und scheinbar wenig interessiert an der Feier war. Er stand auf und ging auf Rick zu. Was war denn nun los?

„Na- war´s schön draußen?“ funkelte er sie böse an. Das war doch nicht möglich- er war eifersüchtig? Auf Rick?

„Weiß nicht, was an ner Patrouille schön sein soll, aber danke der Nachfrage.“ Sie wandte sich einfach ab. Da packte Spike Rick plötzlich am Kragen und drohte ihm: „Laß die Finger von meiner Freundin- wer immer du bist!“ Ricks Augen begannen zu leuchten. Ohoh! Das war nicht gut!

„Spike- hör sofort auf!“ Faith zerrte die Streithähne auseinander und musterte den Vampir mit einem vielsagenden Blick. Das gefiel Buffy nun gleich gar nicht! Spike hörte auf sie!

„Faith? Was ist hier los?“

„Spike- hinsetzen! Rick- besser, du gehst mal hoch zu Dawn. Und Buffy- wenn du dich schon an den Hals von anderen Männern werfen musst, dann tu das nicht gerade bei dem Freund deiner kleinen Schwester!“

„Was?“ Buffy sah sie entsetzt an. Was war denn nun passiert?

„Überraschung!“ brüllten alle.

„Da habt ihr allerdings recht!“ murmelte Buffy. Und da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen- Giles war da- ach, das war nebensächlich- Spike hatte sie beobachtet! Und alles wie immer falsch verstanden!

„Weißt du was- du Genie? Wenn du schon spionierst, dann solltest du auch richtig hinhören! Aber das ist ja nicht das erste Mal, daß du was falsch verstehst- ich sage nur Angel!“ Sie machte auf dem Absatz kehrt und sprintete wütend nach oben. Alle Anderen sahen ihr hinterher und starrten dann Spike an- denn sie hatte ihn dermaßen angeschrieen, daß es niemandem entgangen war. Postwendend stürmte Rick die Treppe hinunter und riss die Eingangstür auf.

„Ich hasse dich!“ brüllte ihm Dawn hinterher.

„Oh- wie schön- ich war 2 Stunden weg, und alles ist ganz normal geblieben.“ Stellte Giles nüchtern fest. „Donna- das ist also mein Team. Nicht wundern- es ist hier Gang und Gäbe, daß mindestens eine Person gerade besessen, mordlustig oder anderweitig verrückt ist. Einfach nicht beachten.“ Er führte die Bibliothekarin durch die Versammlungshalle und zeigte ihr alles. Er hatte lange gebraucht, um herauszufinden, wie sie darauf reagieren würde, wenn er ihr seine wahre Identität verriet. Aber irgendwann hatte sie sich wohl selbst ihren Reim darauf gemacht, warum ihr Bücherfreund immer die Mythologie- Abteilung aufsuchte.

Giles hatte natürlich vorher mit dem Rat gesprochen und ihr Okay bekommen, schließlich wollten doch alle einmal seine heimliche Freundin kennen lernen. Aber das er sie gerade heute mitbringen würde- damit hatten sie doch nicht gerechnet. Schnell stellte Heather ein weiteres Gedeck auf den Tisch- obwohl es wohl fraglich war, ob die Summer- Schwestern überhaupt noch einmal auftauchen würden.

Sogleich kam von oben die direkte Antwort. Dawn schrie ihre Schwester an, was ihr einfalle, sich an ihren Freund heranzumachen. Buffy brüllte zurück, daß das doch alles Schwachsinn sei. Dann knallte es laut und war still. Eine Tür knallte zu. Xander lief nach oben und fand Dawn am Boden liegend vor. Sie hielt sich die Schulter. Er erkannte sofort, was passiert war. Buffy hatte ihre eigene Schwester angegriffen! Wütend ließ er sie zurück und stürmte in ihr Zimmer. Aber da war niemand. Das Fenster war offen und die Gardine wehte im Wind. Xander stürmte nach unten, wo sich Dawn nun auch eingefunden hatte.

„Wir haben wohl ein ernsthaftes Problem! Irgendwas passiert mit Buffy- und ich vermute, daß ist nichts Gutes!“

„Sie hat mich angegriffen! Mein Gott- ich hatte solche Angst!“ Dawn wurde von Kennedy in den Arm genommen. Das war zuviel. Was tat Buffy nur? War sie das denn überhaupt noch?

„Das heißt wohl- keine Feier - sondern Ratsversammlung! Tut uns leid, Giles.“

„Ich wollte sowieso nicht daran erinnert werden, wie alt ich schon bin. Aber danke, daß ihr dran gedacht habt.“ Er zuckte mit den Schultern. Das war wohl sein Schicksal- immer dann gegen Dämonen zu kämpfen, wenn er eigentlich etwas vor hatte. Donna würde sie ja gleich alle für verrückt halten! Dabei hatte er versucht, sein Team zu loben- das waren alles ganz nette Menschen. Davon, daß Spike ein Vampir war, hatte er ihr nichts gesagt. Aber das schien nicht nötig zu sein. Sie setzte sich neben den verzweifelten Dämon und sah ihn fragend an.

„Hallo Spike. Kannst du dich noch erinnern?“ Er sah sie fragend an. Was wollte sie von ihm?

Das Imperium des Bösen

„Ich verstehe. Es ist zu lange her. Laß mich nachdenken- es war 1984. Du warst einer von diesen gefährlichen Männern, die einem Nachts über den Weg liefen. Ich war schon damals Bibliothekarin. Eines Abends war es schon spät, als ich nach Hause ging. Und da lief mir ein Wesen über den Weg. Er hatte platinblonde Haare und flüchtete vor etwas oder jemandem. Du bliebst kurz stehen und sahst mir in die Augen. Wahrscheinlich dachtest du darüber nach, ob dein Hunger stärker wäre als der Drang, zu fliehen. Aber da hörten wir Schritte, und du ranntest weiter. Eine dunkelhäutige Frau in einem schwarzen Ledermantel war hinter dir her- eine Jägerin. Sie fragte mich, ob ich einen Vampir gesehen hätte. Ich verneinte- denn das hatte ich nicht. Was ich sah, war ein junger Mann ohne eine Chance, sein Leben in den Griff zu bekommen. Du warst der einzige Vampir, der mich jemals wirklich angesehen hat. Ich habe es Giles nie gesagt- aber ich wusste, daß der Spike, von dem er mir erzählte, derselbe Mann ist, der mir damals begegnete.“

„Aber- ich hab dir nie gesagt, daß er ein Vampir ist!“ Giles wirkte restlos irritiert. Hatte seine Freundin denn noch mehr Geheimnisse?

„Nein. Aber ich habe ihn gesehen, als er gegen diese Horde von Vampiren kämpfte, die das kleine Mädchen bedrohten. Tyra- nehme ich an. Und der Ledermantel verriet mir so einiges. Ich hatte dich unterschätzt, Spike- aber jetzt ist mir Einiges klar, was ich nie erkannt hatte. Bücher können sehr verwirrend sein, wenn man den Inhalt nicht versteht. Da hätte ich doch glatt mein Geschenk vergessen!“ Sie lief zu ihrer Tasche und holte ein kleines Päckchen heraus, daß sie Giles reichte.

„Was ist das?“ Er machte das Geschenkband auf und wickelte das Buch aus. „Das Imperium des Bösen.“ Las er in schwarzer Gravur darauf. Er sah sie verständnislos an.

„Ein Buch, daß euch hoffentlich sehr viel weiter helfen kann. Es wurde im 10. Jahrhundert verfasst. Man sagt, der Teufel persönlich hätte es geschrieben. Legende hin oder her- ich habe es vor Jahren im Haus meiner verstorbenen Tante entdeckt. Es ist in Latein, und ich verstand damals Vieles nicht. Ich hielt es für ein Märchenbuch. Aber als du immer wieder nach diesen speziellen Büchern fragtest, begann ich mich doch zu wundern und las selbst darin. Wirklich verstanden habe ich es erst, als du mir eure Arbeit erklärtest- und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich holte das Buch wieder hervor. Es ist genau das eingetreten, was hier beschrieben ist.“ Sie schlug eine Seite auf, in der ein Lesezeichen lag und las ihre Übersetzung vor: „Denn der Auserwählte wird mit starken Menschen sein. Aber nur der oder die Eine dessen Seele sein ist, bleibe als ewiger Jäger bei ihm. Sie seien die Wegbereiter für sein Blut. -Das verstehe ich bis heute nicht ganz- aber vielleicht könnt ihr ja da mehr entdecken. Wie gesagt- es ist sehr diffus an manchen Stellen- und wahrscheinlich sind das solche Visionen, wie sie Nostradamus hatte- man kann alles hineinlegen und es passt.“ Sie schlug das Buch wieder zu. Alle Anwesenden waren so still, daß man eine Stecknadel hätte fallen hören können.

„Donna- steht da auch zufällig drin, wie wir das alles bekämpfen können? Und wie wir unsere Leute wieder zur Vernunft bringen?“ Mason trat nach vorn und verschränkte nervös die Arme.

„Es steht jede Menge darin- aber ich weiß nicht, wo wir anfangen sollten.“

„Wie wär´s damit, ganz vorn zu beginnen? Jungs- macht eure Computer an- wir haben Arbeit. Wir scannen die Seiten ein und lassen ein Übersetzungsprogramm die Arbeit machen.“

„Giles- seid wann sind sie denn so fortschrittsliebend- Latein ist doch für sie kein Problem?“

„Wisst ihr- manchmal kann ein wenig Technik nicht schaden. So können wir doch gleich nach der Jägerin im Text suchen, oder?“

„Das ist durchaus machbar.“ Lauren hing schon begeistert an der Maus fest und klickte sich durch die Programme. „Wie viele Seiten sind es denn?“

„66, um genau zu sein.“

„Wie konnte ich auch fragen. Aber besser als 666, das würde einiges länger dauern.“ Er fuhr mit dem Handscanner über die erste Seite.

„Wenn Willow bloß da wäre- aber du schaffst das auch- da bin ich mir sicher.“ Xander wollte den Computerexperten nicht beleidigen. Aber er hatte nicht die Erfahrung wie Willow. Nacheinander wurde eine Seite nach der Anderen in die 5 Computer eingelesen. Das Übersetzungsprogramm raste über die Handschrift

und würde wohl einige Zeit brauchen, um ein Ergebnis zu liefern.

„Giles- ich hab die Lösung!“ Sam erschien mit Reagenzglas und weißem Kittel aus dem Keller. Der erstaunt dreinblickende Senior- Wächter betrachtete sie verwirrt.

„Äh- welche Lösung?“

„Diese Proben, die wir mitgenommen haben- die vermutlichen Drogen! Ich weiß, was es ist!“

„Und? Erzähl schon- haben wir es mit fiesen Drogenbossen zu tun?“ Faith war gleich bei der Sache- schließlich war das mal ihr Verdienst.

„Spike? Würdest du das bitte mal trinken?“ Sie reichte ihm das Reagenzglas und er schnupperte kritisch an der roten Flüssigkeit. Oh je- sollte er nicht besser nach Buffy sehen?

„Das ist Blut.“

„Genau. Vertrau mir- es ist nicht vergiftet oder so.“ Schulterzuckend kippte er es in sich hinein- und starrte sie an, als er es in sich fühlte.

„Das ist Menschenblut- was soll das?“

„Nein- das ist Schweineblut- mit einem Zusatzstoff. Dem hier!“ Sie hielt ein kleines Beutelchen mit gelblichem Pulver hoch. Auf seinen fragenden Blick lehnte sie sich entspannt an den Tisch zurück und begann ihre Erklärung: „Wir haben 5 verschiedene `Drogen` entdeckt- richtig, Faith? Ich hab auch erst gedacht, die Vampire machen damit nur Geld- aber schlagartig wurde mir etwas klar, nachdem ich endlich das Serum entwickelt hatte- was übrigens fertig ist. Spike erzählte mir etwas davon, daß es innerhalb der Gruppen eine scheinbare Kontrolle gibt- sie tun, was man von ihnen verlangt. Wie wir wissen, töten sie momentan keine Menschen und ernähren sich von den Drinks in diesen Clubs. Aber- und das fragte ich mich von Anfang an- woher kommt das viele Blut? Nur aus Blutbanken? Das würde doch irgendwann auffallen! Ich muss sagen- die haben verdammt gute Chemiker. Das angebliche Menschenblut ist künstlich erzeugt. Man nehme etwas Tierblut, gebe etwas von dieser synthetischen Droge dazu- und Voilá- jeder Vampir wähnt sich im 7. Himmel.“

„Du hast mir Drogen gegeben?“

„Naja- für die Wissenschaft. Es sind auch eher Halluzinogene- zumindest dieses Mittel- eine perfekte Täuschung. Nebenbei kontrolliert man damit die ganze Mannschaft- weil es besser als normales Menschenblut ist- oder?“ Sie lächelte Spike gnadenlos ehrlich an.

„Warum sollte man sich dann noch die Arbeit mit der Jagd machen- sozusagen Fast Food für Vampire. Damit hätten wir Stoff eins erklärt. Die anderen drei Pulver würde ich nie an dir ausprobieren- versprochen. Aber die Tabletten könnten sehr interessant für dich sein. Eine Art Ersatz für Blut. Es dämmt die Gier- und macht denjenigen somit ziemlich frei. Nur leider kann ich mir nicht erklären, für wen sie bestimmt sind.“

„Wenn kleine Drachen drauf sind, hättest du deine Antwort.“ Meinte Wood wie nebenbei. Schließlich konnte er sich noch an die Zeichen auf den Kisten erinnern.

„Tepesch? Eine Droge für den Meister persönlich?“ wunderte sich Tyra.

„Das ist logisch. Wer nicht von der Gier beherrscht wird, ist mächtig. Macht einen automatisch zu einem höher gestellten Vampir.“ Spike wäre froh, wenn er jemals ganz davon loskommen könnte!

„Und die anderen Stoffe?“ Giles wollte eigentlich erfahren, was in diesem Buch stand. Mit Modedrogen und derlei kannte er sich nicht wirklich aus.

„Naja- ich hab da so eine böse Vorahnung. Als Spike in diesem Redtime so durchdrehte, hab ich ihn ja gecheckt. Ich vermute, dafür war Stoff 2 verantwortlich. Ich würde es Killerdope nennen. Es erweckt in brutalster Form all das Böse in einem Vampir. Wahrscheinlich geht das auch über Hautkontakt. Sie sprühen es auf die gerade Gebissenen und auf die Vampire. Das ergibt eine reine Blutschlacht, weil es die Umwandlung beschleunigt. Innerhalb von Minuten entstehen die neuen Vampire. Spike wurde wohl so schnell wieder normal, weil Buffy ihn ins Wasser stieß- da ist ein Großteil abgegangen. Deshalb konnte ich ja auch seine Gierzellen separieren- sie waren wahnsinnig aggressiv gegenüber Menschenblut. Stoff drei bewirkt das Gegenteil. Vampire, die sich wie Menschen verhalten. Es ist wahrscheinlich der reine Hemmstoff, den sie auch in den Tabletten verarbeiten. Es wäre interessant, Spikes Blut nach Einnahme von dem Zeug mit dem Serum zu vergleichen- womöglich würde es sich stark ähneln. Aber das ist alles nur Theorie- wenn ich wüsste, wie es wirklich funktioniert, wäre ich wohl schon weiter.“

Buffy betrat das „Lowded“. Es war brechend voll.

„Willkommen zur Show!“ sagte Lunar. Die Jägerin zog das Schwert, welches sie sich mal eben „geliehen“ hatte.

„Hallo- Freunde der Nacht! Wenn ihr Lust verspürt, daß hier näher zu erforschen- nur zu- ich warte!“ Sie zog die Klinge quer über ihren Unterarm und das Blut lief an ihm herab. Wie erwartet verriet die Vampire ihre eigene Gier.

„Und der 4. Stoff?“ fragte Faith hoffnungsvoll. Vielleicht konnte Spike ja sogar geheilt werden, wenn man es richtig anstellte.

„Eine Art Gift- wirklich übel, wenn ihr mich fragt. Man kann es täglich einnehmen, ohne es zu merken- aber wehe, man hört auf damit. Deshalb bitte ich dich inständig, Spike- trink nichts in diesen Clubs!“

„Nachdem ich das weiß- bestimmt nicht mehr!“ er schüttelte sich demonstrativ. Wer weiß, was die ihm schon alles untergejubelt hatten!

„Und wie wirkt es? Tötet es?“

„Tja- Faith- das weiß ich noch nicht. Aber lass es mich mal so ausdrücken- der Körper des Vampirs beginnt zu dem zu werden, was in ihm steckt- ein hässlicher, bösartiger Vampir. Die reine Inkarnation. Da sie alle von dem Einen abstammen, sehen sie alle gleich aus. Monster ohne eigene Identität. Ich nehme mal an, wir sind ihnen im City Hall Station begegnet- auch wenn es wohl mehrere Wandlungsstufen gibt. Wenn ein Vampir nicht mehr gehorcht, wird er auf diese Weise verstoßen- vielleicht nehmen alle Vampire ständig das Gift zu sich, und wissen, was passiert, wenn sie sich querstellen. Jedenfalls nutzt Tepesch hier einen ziemlich modernen Mythos. Der Vampir als schönes, makelloses Wesen. In einer Stadt, wo sich Schönheiten die Klinke in die Hand drücken, muss das besonders hart sein. Deshalb nehme ich an, daß sie einen Hass auf alles Schöne entwickeln- und indem sie ihre Opfer so verstümmeln, rächen sie sich. Der Mann war einer von den Gehilfen Tepeschs- das ist klar. Da gibt es wohl ein paar unschöne Streitigkeiten innerhalb der Dämonen, die wir nutzen könnten.“

„Aber ich konnte sie nicht erkennen- wie kannst du dir das erklären?“

„Spike- ihr Vampire erkennt euch, weil ihr wie die Menschen eine gewisse Identität wart. Ihr mögt vielleicht alle gleich riechen- oder so, aber wenn dir die Identität genommen wird, dann bist du nichts mehr. Sie werden einfach aus der Welt der Vampire verdrängt. Deshalb bezweifle ich, ob sie daran sterben, oder aber eine andere Dämonenstufe bilden- unter den Vampiren.“

„Na da bin ich aber beruhigt, daß unser Herr Chef noch ganz der Alte ist!“ entwischte es Tomas. Aber Spike reagierte gar nicht, denn in Gedanken war er woanders.

„Ich wird mal Buffy suchen gehen.“ Sie alle, die hier für ihn arbeiteten, waren wirklich gut- aber sie konnten ihm den einen Menschen nicht ersetzen. Er musste sie wieder zur Vernunft bringen- koste es, was es wolle.

„Ich komm mit!“ Kennedy schnappte sich Pflock und Jacke und beeilte sich, hinterher zu kommen.

Faith sah dem davonbrausenden Motorrad hinterher. Dann wandte sie sich an Giles:“ Es wird nie eine andere Jägerin geben als Buffy, oder?“

„Wie meinst du das?“ Giles versuchte, verwirrt zu wirken, obwohl er es ganz gut verstanden hatte.

„“Sie wissen schon- er hat sie ernannt. Aber Buffy lebt noch. Eine weitere Aushilfs- Jägerin, die irgendwann abdankt, wenn die Meisterin wieder bereit ist.“- überraschte Blicke von Seiten der Junior- Jägerinnen.

„Hab ich´s doch geahnt. Nur, wenn sie wirklich stirbt, haben wir eine Chance.“ Stellte Tyra bitter fest.

„Tut mir leid, Mädels- aber wir bleiben immer die zweite Wahl. Aber seht es positiv. Wir können unser Leben selbst bestimmen- sie nicht. Sie kann ja nicht einmal sterben, wann sie will. Ich bewundere Buffys Stärke zur Verdrängung zutiefst- ehrlich.“ Faith ging ohne eine weitere Erklärung abzugeben, nach oben. Giles unterdrückte den Wutanfall auf Faith- weil sie die Wahrheit sagte. Nur eine tote Jägerin brachte eine Neue hervor. Und Buffy lebte definitiv noch.

Spike hielt etwas entfernt von dem Lowded, als er ihr Motorrad entdeckte. Menschen drängten sich in Panik hinaus und kreischten alle durcheinander. Warum ahnte er sofort, daß Buffy die Ursache des Übels sei? Doch als sie sich hineingekämpft hatten und dem Geschehen gegenüber standen, war es sogar für ihn ein Schock.

Buffy kämpfte furiengleich gegen eine Übermacht an Vampiren. Gerade schlug ihr eine Gegnerin das Schwert aus der Hand. Sie war blutüberströmt, schien aber keine ernsten Verletzungen zu haben, auch wenn Spike das Menschenblut, daß hier geflossen war, riechen konnte. Mehrere Vampire wurden bei einem gemeinsamen Angriff sofort abgestochen. Einem, der sich aufrichten wollte, schlitzte sie von hinten die Kehle auf. Er röchelte und das Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor. Sie trat ihm in den Rücken, wodurch er einfach wie ein Sandsack nach vorn kippte. Schon war das Schwert wieder in ihrer Hand und sie rammte es dem nächsten Vampir so hart in den Leib, daß er an der Wand festgenagelt wurde. Sie näherte sich mit hassverzerrtem Gesicht seiner Visage und zischte zwischen den Zähnen hervor: „Na- tut das etwa weh?“ Langsam begann sie, daß Schwert in ihrem Opfer zu drehen. „Kein gutes Gefühl- oder?“ Sie lachte kalt und zog das Schwert heraus.

„Sag deinem Boss, daß ich ihn finden werde. Kein Erdloch kann tief genug für ihn sein, um sich vor mir zu verstecken. Ich finde euch alle!“ Das Schwert sauste über ihren Kopf und enthauptete den Vampir, der sie gerade von hinten angreifen wollte.

Zufrieden sah sie sich um, wischte sich das Blut verächtlich aus dem Gesicht und erblickte ihre geschockten Mitarbeiter.

Der verletzte Vampir quälte sich ängstlich an ihr vorbei. Als er fast draußen war, wandte sie sich aus Spikes vorwurfsvollem Blick.

„Hey- Scheißkerl- hab´s mir anders überlegt- geh zur Hölle!“ Der Pflock zischte durch die Luft und ließ den Vampir sofort zerfallen. Dann nahm sie ihr Messer, sprang hinter den Tresen und zerrte den Bloodkeeper hervor.

„Nenne mir einen guten Grund, dich leben zu lassen.“ Flüsterte sie heiser. Ihr Messer strich ihm am Hals entlang. Er zitterte nur und schwieg. „Tja- war wohl nicht dein Tag heute.“ Sie setzte ihm das Messer an die Stirn und skalpierte ihn in einem glatten Zug. Dann stach sie das Messer in seinen Unterleib und zog es nach oben. Blitzschnell holte sie erneut aus und schlitzte ihm quer über die Brust, so daß ein Kreuz entstand. Spike konnte seinen Augen nicht glauben. So brutal war selbst er noch nie vorgegangen- denn der Vampir lebte weiterhin! Er schrie aus voller Kehle. Das war zuviel! Spike rammte ihm von hinten den Pflock ins Herz. Der Gegner zerfiel augenblicklich und nun stand er der Jägerin direkt gegenüber. Und er sah eine rasende Mordlust in ihren Augen- die alles Menschliche verloren hatten. Sie pinte den Skalp mit einem Eisstößel auf den Tresen und ging, nicht ohne vorher eine eiskalte Anweisung zu geben: „Töte sie, Kennedy. Das ist dein Job.“

Spike starrte ihr ungläubig hinterher, bevor er hinterher rannte und sie aufhielt.

„Was hast du getan?“ schrie er verzweifelt.

„Nach was sah es denn aus? Ich habe sie getötet- das ist schließlich unsere Aufgabe- schon vergessen?“

„Du hast sie gefoltert!“

„Das sagst gerade du mir?“ flüsterte Lunar bitter.

„Was ist los mit dir? Wo ist die alte Buffy?“

„Tot- und sie kommt nie mehr wieder, wenn du sie nicht befreist.“ Lachte Lunar irre.

„Wie du willst!“ Er schlug ihr mit voller Wucht ins Gesicht.

„Was soll denn das?“ regte sich Buffy auf.

„Bist du wieder du selbst? Dann lass uns heimfahren!“ Er rief Kennedy zu, daß sie Buffys Motorrad nehmen solle. In diesem Zustand konnte diese Verrückte unmöglich fahren! Aber er fuhr nicht nach Tarrytown, sondern nach Long Island an den Strand. Wenn irgendwo in diesem Monster noch ein klein wenig Buffy war, musste er das herausfinden.

Die Nacht ließ das Meer ruhig und schwarz erscheinen. Sanft brausten die Wellen auf den Sand, und sie ließ sich eher unfreiwillig neben ihm nieder. Er starrte auf das Wasser hinaus, und erst, als sie unruhig wurde, betrachtete er sie nachdenklich von der Seite.

„Was ist wirklich passiert, Buffy?“

Sie wollte stark wirken, aber er spürte, wie hilflos sie plötzlich war. Der Schock über sich selbst setzte wohl gerade ein.

„Es- es tut mir leid. Ich weiß es nicht. Anfangs konnte ich mich gar nicht daran erinnern, daß ich kämpfte- aber mittlerweile bin ich das! Spike- das heute abend- das war nicht dieser Geist, der irgendwie in mir drin ist! Er hätte sie mit Licht oder so was getötet- aber ich wollte kämpfen- wollte brutal sein! Ich hab solche Angst vor mir selbst! Was passiert mit mir? Das bin doch nicht ich, oder?“

„Nein. Buffy tötet nicht so. Nicht einmal ich würde so weit gehen. Sie würde schockiert sein, wenn sie dich sähe.“

„Aber Spike- ich bin doch Buffy!“

„Nein. Wer immer du bist- du bist nicht die Frau, die ich liebe. Und ich wünschte, du könntest sie mir zurückgeben.“

„Nein- das kann ich nicht.“

„Warum nicht?“ Er fummelte eine Zigarette aus der zerknitterten Schachtel in seiner Manteltasche und zündete sie sich an.

„Seit wann rauchst du wieder?“

„Weiß nicht. Seit wann ist Buffy nicht mehr da?“

„Gib her!“ Unwirsch schnappte sie sich die Zigarette und zog selbst daran. Der Qualm stieg ihr unangenehm in die Augen.

„Laß das lieber.“ Er nahm sie ihr aus der Hand und warf sie weg.

„Warum? Weil ich an Krebs sterben könnte? Sehr witzig. Wenn meine Zeit um wäre, würde ich schon längst meine Ruhe haben. 1,80 tief- in einem hübschen Sarg- das wäre doch was.“

„Das ist auch nicht so toll- glaub mir- aber das weißt du ja selber. Es gibt so vieles, für das es sich zu leben lohnt.“ Er versuchte locker zu klingen, aber der ernste Unterton in ihrer Stimme warnte ihn. Das war ihr Ernst!

„Seltsam, daß aus deinem Mund zu hören.“

„Ja. Hätte ich auch nicht gedacht- aber man kann das Leben auch lieben- irgendwie.“

Sie schüttelte verzweifelt den Kopf. „Nicht, wenn du alles verloren hast, an das du geglaubt hast.“

„Du hast doch nichts verloren! Wir lieben uns- du könntest als Wächterin ruhiger treten- das wolltest du doch immer!“ Aber eine plötzliche Erkenntnis brannte sich ihm ein, als er ihren verletzten Blick sah. Sie hatte etwas verloren- aber es hatte ihr doch nicht so viel bedeutet, oder? Ihr Kinn begann zu zittern, und sie wandte sich ab. Warum verstand er das nicht?

„Hey- tut mir leid- ich wusste nicht-.“ Er wollte sie umarmen, aber sie schlug seine Arme weg und sprang auf.

„Du verstehst überhaupt nichts!“ schrie sie ihn wütend an und machte sich auf den Weg zum Bike.

„Buffy!“ Er rannte hinterher und zerrte sie herum.

„Willst du es wirklich wissen- ja? Wie würdest du dich denn fühlen, wenn du etwas verlierst, von dem du nie in deinem Leben gedacht hattest, du würdest so weit kommen? Wenn dich alle ansehen, als hättest du ein riesiges Schild auf der Stirn: „Ich bin eine Kindsmörderin!“. Du verstehst gar nichts! Niemand von euch starken Helden wird das jemals- okay? Das geht nur mich etwas an!“

„Oh- verstehe- die Jägerin lässt mal wieder niemanden an sich ran! Was meinst du, wie lange du das noch durchhältst? Ich hab keinen Bock drauf, dich wieder in die Anstalt zu stecken! Also hör endlich auf, alles in dich reinzufressen! Rede mit mir! Wenn schon mit niemand anderem- dann wenigstens mit mir! Ich bin dein Freund, Buffy! Ich weiß, wie sehr man leiden kann!“

„Dann befreie mich endlich von dieser Welt!“ antwortete sie überdeutlich.

„Es ist zu riskant, daß weißt du.“ Flüsterte er- und merkte, daß plötzlich alle Wut aus ihm wich. Wie sehr litt sie nur, daß sie es so ernst meinte?

„Es wird immer riskant sein- daß weißt du! Wir werden nie in Sicherheit sein- aber ich kann den Gedanken nicht ertragen, dich für immer verlassen zu müssen!“

„Aber-!“

„Nein- Spike. Es gibt nur den einen Weg- das weißt du.“ Sie kam ganz dicht an ihn heran und streichelte ihm mit zitternder Hand über die Wange. „Und meine Zeit läuft ab.“

„Sag das nicht, bitte. Wir werden für immer zusammen sein, daß weißt du doch.“

„Wann, Spike?“

„Sam hat das Serum entdeckt.“ Im selben Moment ärgerte er sich darüber, daß er es aussprach. Das konnte doch nur schief gehen! Sie würde sich durch nichts mehr aufhalten lassen- und die momentane Buffy dürfte auf keinen Fall die Ewigkeit erleben.

Tyra schlich sich heimlich in das Labor. Es war früh am Morgen, und noch war niemand zu sehen. Aus Spikes Zimmer drang leise Musik- er konnte wohl mal wieder nicht schlafen. Bei der Freundin war das ja auch kein Wunder.

Vorsichtig nahm sie das Fläschchen auf dem Tisch, welches ihr Sam gezeigt hatte, und goß den Inhalt in den Abfluss. Es war blutrot, deshalb gab sie etwas von dem Blut, das Sam für ihre Drogen- Experimente verwendete, hinein. Dann verschloss sie es wieder und stellte es leise zurück. Es würde wohl nur einen Aufschub bedeuten- aber sie konnte nicht zulassen, daß es in Buffys Hände geriet.

Alte Freunde

 

„Willow, mein Schatz- ich hätte da einen neuen Auftrag für dich.“ Batseba streichelte der Hexe, die neben ihr lag und eher abwesend wirkte, über das Gesicht.

„Ich werde nichts gegen sie tun, daß weißt du.“

„Oh- das sollst du auch nicht. Aber wir müssen ihn doch in dem Glauben lassen, daß er alles unter Kontrolle hat. Also sollten wir mal wieder eingreifen. Und diesmal würdest du Buffy sogar helfen- denn ich glaube, sie ist nicht sehr glücklich.“

„Wer wäre das auch? Sie hat ihr Kind verloren. Und jetzt kontrolliert sie dieser Lichtjäger. Er macht sie doch kaputt damit. Sie wollen sie alle loswerden- und zeigen es ihr auch noch.“

„Ich sehe, du hast es begriffen. Nun- wie fändest du es, wenn wir ihr dabei helfen? Kennedy wartet doch sehnsüchtig darauf, die Jägerin zu werden- und das wünschst du dir doch für sie, oder?“

„Ich weiß es nicht. Ich will nicht, daß Buffy stirbt.“

„Aber sie will es. Warum sollten wir sie denn daran hindern?“

„Das würde Tepesch gefallen- und du machst da auch noch mit!“ Willow sprang von dem Bett auf und starrte die Dämonin wütend an.

„Oh- nein. Er will sie sterben sehen- und ihr eigenes Team ist kurz davor, genauso zu denken. Meine Interessen sind ganz anderer Art. Du kennst doch die Vorsehung. `Aber nur die Eine, deren Seele sein ist, bleibe als ewige Jägerin bei ihm. Sie seien die Wegbereiter für sein Blut.`“

„Das wissen die Wächter aber nicht.“

„Sie erfahren es zur rechten Zeit- reicht das nicht? Vorerst halte ich es für besser, ihnen ein bisschen Angst zu machen. Laß uns spielen!“

„Du bist so ein böses Mädchen, Batseba!“ lachte Willow bewundernd.

„Das hat auch schon Tanubis erkannt- bevor ich ihn etwas körperloser machte!“ Sie seufzte zufrieden und lehnte sich zurück. Alles verlief ganz nach Plan.

„Ich seh wohl nicht recht! Das gibt Ärger!“ Xander starrte durch das Küchenfenster auf das Taxi, das gerade vor dem Haus hielt. Fred stieg aus- gefolgt von jemandem, den hier eigentlich niemand gebrauchen konnte- Angel!

„Tomas- mach doch mal bitte auf. Tyra- geh Spike warnen. Faith- halt Buffy in Schach. Mason- Giles soll sofort kommen. Verdammte Scheiße! Wieso gerade jetzt?“ Er setzte sein breitestes Ich- kann dich -nicht- leiden- Grinsen auf und stellte sich in Position. Der Typ war ihm ja noch unsympathischer als Spike! Den interessierte es doch überhaupt nicht, was hier passierte- also was wollte er hier?

„Hallo Angel- schön, dich zu sehen!“

„Paß auf, daß du keinen Krampf kriegst- so eine Visage mag keine Frau!“ Angel wirkte wie immer cooool- und absolut lächerlich! Sicher käme er gleich auf den Punkt.

„Wo ist Buffy?“ Bingo- das war doch glatt neue Bestzeit!

„Sie kommt gleich. Setzt euch doch- hallo Fred.“ Sie gab ihm fröhlich die Hand und zuckte ob Angels Unfreundlichkeit entschuldigend mit den Schultern.

Die ganze Horde hatte sich gleich versammelt und begutachtete den Vampir, der ja wie Spike eine Seele hatte. Das war irgendwie spannend. Aber der dunkelhaarige Typ war bei weitem nicht so toll wie ihr Chef.

„Ich glaub´s ja wohl nicht- Quadratschädel- was willst du denn hier?“

„Spike? Glaub bloß nicht, daß ein bisschen Farbe über geistiges Leergut täuschen kann!“ Angel hätte den Vampir kaum wiedererkannt.

„Oh- immer noch so geistreich. Ich hoffe, du hast einen guten Grund- anderweitig würden wir uns wohl alle wohler fühlen, deine Abwesenheit zu genießen.“

„Ach herrje!“ Entfuhr es Giles, als er die ewigen Streithähne schon von weitem vernahm. „Ihr braucht keine Minute, um mir Kopfschmerzen zu verpassen- danke! Angel- was willst du hier? Gibt es was Neues? Irgendeinen Höllenschlund- ein paar Vampirhorden oder derlei?“ Hörte Spike richtig? Giles klang regelrecht genervt!

„Äh- na ja- ich hab in New York zu tun- geschäftlich, versteht sich- und da wollte ich mal nach meinen alten Freunden sehen.“

„Was willst du dann HIER? Der Friedhof ist ein paar Strassen weiter.“ Xander hasste ihn! Jawohl. Der hatte Buffy noch viel mieser behandelt als Spike. Hey- seid wann stand er eigentlich auf Spikes Seite? Das musste er noch mal überdenken. Das war beunruhigend.

„Zufällig ist Buffy eine gute Freundin von mir.“

„Das du dich da mal nicht irrst!“ Buffy kam langsam und bedächtig die Treppe herunter. Sie hielt eine Armbrust mit aufliegendem Pfeil in der Hand.

„Buffy? Du hast dich aber verändert- ich meine- die Haare- die Sachen- die- Armbrust?“ Das war kein Spiel, oder? Was hatte er denn verbrochen?

„Leg sie weg, Schatz. Kein Grund, durchzudrehen.“ Spike sah sie gar nicht an, weil er sich eigentlich sicher war, sie würde auf ihn hören. Aber stattdessen kam sie ohne eine Miene zu verziehen, näher.

„Buffy- hör auf!“ Giles versuchte es mit einem schärferen Unterton. Mason schlich sich von hinten an sie heran und zog im richtigen Moment ihren Arm nach oben. Der Pfeil sauste in die Decke- und Mason wurde zu Boden geschlagen.

„Du verdammtes Arschloch! Tu das nie wieder!“ brüllte sie auf den unter ihr Liegenden ein. Spike schnappte sie und knallte ihren Kopf gegen die Wand. Es klang ziemlich übel- und es war auch keine Dauerlösung- aber laut Rick war das der einzige Weg, sie zur Vernunft zu bringen. Das wusste aber Angel nicht- der Spike kurzerhand ins Reich der Träume schickte, bevor jemand eingreifen konnte.

„Hört endlich auf!“ fuhr Faith jetzt dazwischen. „Ihr benehmt euch ja wie Tiere! Andrew- Ratsversammlung! Ich warne dich nur einmal, Angel- laß Spike in Ruhe- oder du kriegst es mit uns allen zu tun!“

„Ich glaub´s ja wohl nicht! Seid ihr denn alle durchgedreht?“

„Nein. Momentan haben wir nur ein Problem mit Buffy- und mit Willow- die ist verschwunden.“ Giles ging dieses Theater mächtig gegen den Strich.

„Das ist alles deine Schuld, Spike! Und das weißt du!“ griff Angel erneut an.

„Nein- es liegt nur an mir.“ Verteidigte Buffy ihn ganz ruhig. Sie richtete sich wieder auf und musterte Angel traurig.

„Was sollst du schon getan haben?“

„Ja- genau- was kann ich schon tun? Ich bin immer perfekt, nicht wahr?“

„Nein. Aber du weißt doch immer, was getan werden muss.“

„Wenn du Hilfe brauchst- wende dich an den Rat- ich bin nur Eine von ihnen.“

„Aber- du bist die Jägerin!“ Angel wirkte sehr verwirrt.

„Nein- nicht mehr.“ Sagte sie furchtbar matt. „Kennedy ist dafür zuständig.“

„Aber- Buffy. Das geht doch nicht!“

„Weil ich noch lebe? Du hast recht. Aber ich weiß, wann ich gehen muss, glaub mir.“ Sie wandte sich einfach ab und wollte sich verdrücken.

„Buffy! Was soll das?“ Spike hielt sie zurück und versuchte, in ihren Augen noch etwas Leben zu sehen- vergebens. Sie hatte aufgegeben. „Nein!“ Er schüttelte sie verzweifelt.

„Es tut mir leid. Tut, was ihr tun müsst. Ich bin eine Gefahr für euch. Wer ist für meine Absetzung?“ Sie wandte sich an Alle.

„Was soll das? Du gehörst doch dazu!“ Tomas konnte kaum glauben, was er da hörte.

„Kommt schon- seid wenigstens das eine Mal ehrlich. Ich kenne jeden Gedanken von euch- auch deine, Spike. Tut es endlich.“ Sie hielt stolz erhobenen Hauptes die Tränen zurück. Für jeden kam einmal die Zeit, loszulassen. Und ihre war es in diesem Moment. Angel schüttelte traurig den Kopf- er verstand es nicht einmal. Er war ihr fremder als je zuvor. Das alles war doch gar nicht mehr ihr Leben- und es würde weitergehen- auch wenn sie alles aufgeben würde.

„Du meinst das ernst, oder?“ Andrew fühlte sich gar nicht wohl, als er die entscheidenden Worte sprach: „Wer ist dafür, das Buffy den Rat verlässt?“ Betretenes Schweigen- und langsam gingen die Hände leicht nach oben. Buffy zählte wie in Hypnose mit: 3, 4, 6, 7, 10, 14, 17. Alle außer Angel und Fred stimmten dafür und wagten nicht, sie anzusehen. Sie wandte sich zu Spike, der hinter ihr stand. Er starrte in die Runde- aber er war nicht schockiert.

„Mach es einstimmig- dann könnt ihr es wenigstens mit Stolz in die Akten schreiben.“

„Buffy- hör auf. Es wird alles wieder gut. Du brauchst nur eine Pause- Urlaub.“

„Nein- und das weißt du. Enttäusch mich nicht.“ Sie trat nahe an ihn heran und sah ihm direkt in die Augen. Ein kurzer Lebensfunke schien aufzuflackern- und erlosch.

„Buffy Summers- du bist nicht länger ein Mitglied des Rates.“ Die letzte Hoffnung starb in diesem Moment in ihm. Hast du es wirklich so gewollt?

Ja, Spike. Weil ich dich immer lieben werde. Sie sah sich noch einmal kurz zu den Anderen um.

„Ich wünsch euch viel Glück- für alles, was euch erwartet. Bye.“ Buffy verließ die Versammlung hocherhobenen Hauptes. Sie hatte sich durchsetzen können. Keinen Tag länger hätte sie es ausgehalten. So konnte sie sich wenigstens einreden, daß sie eigentlich gekündigt hatte.

„Was soll das heißen?“ mischte sich Angel ein, als sie weg war und er wieder klar denken konnte.

„Sie hat gekündigt, würde ich sagen.“ Fred wirkte verunsichert. Waren sie daran schuld?

„Es war nur eine Frage der Zeit- aber das sie sich nicht einfach rausschmeißen lässt und ihren Stolz verliert, hätten wir wohl alle wissen müssen.“ Xander verließ nachdenklich das Haus. Das war ein Schock für alle- und für Spike wohl am meisten. Es würde auch Konsequenzen auf ihre Beziehung haben- wenn es die überhaupt noch gab. Zum ersten Mal spürte er so was wie ehrliches Mitleid für den Vampir. Er war sicherlich nicht sein bester Freund- aber das hatte er nicht verdient- nicht nach allem, was er für sie getan hatte. Und dabei konnte er Buffy nicht einmal einen Vorwurf machen. Sie war nicht mehr sie selbst- sie riskierte ihrer aller Leben. Und sie hatte es eher begriffen als das Team.

„Angel- wenn es nicht wirklich wichtig ist- würde ich dich bitten, zu gehen. Wir haben jetzt wohl alle erst mal andere Sorgen. Das versteht ihr doch, oder?“ Giles wandte sich auch an Fred.

„Natürlich. Kein Problem. Vielleicht wird sie ja noch mal ihre Meinung ändern.“ Hoffte Fred.

„Nein. Es wird nicht passieren. Diesmal nicht. Es gab zu viele böse Omen, die mir hätten auffallen müssen. Wenn die Zeit einer Jägerin gekommen ist, dann muss sie den Kampf verlieren. Auch wenn sie ihn gegen sich selbst führt.“ Giles war so hilflos wie nie zuvor. Alles hätte er erwartet- jeder Kampf hätte der Letzte sein können- aber die Möglichkeit, daß eine Jägerin das Ende selbst bestimmte, hatte er nie erwägt. Und diesmal würde sie wohl nichts und niemand aufhalten. Es war nur noch eine Frage der Zeit.

Buffy saß hilflos auf ihrem Bett und dachte darüber nach, was sie in all den Jahren erlebt hatte. Am Spiegel waren Fotos ihres Lebens befestigt. Dawn- ihre Mum- ein Foto von Dad. Ihre Freunde- Willow, Xander. All die Anderen aus dem Team. Die Fotos waren entstanden, als sie die Einweihung der Zentrale gefeiert hatten. Sie lachte darauf und sah ins Leere- dort hatte Spike gesessen. Und ganz oben, zwischen einem Foto von Anja und Xander und einer Zeichnung von Willow und Tara- ein kleines Schwarzweiß- Bild. Dennis hatte es erst vor ein paar Wochen gemacht, als er die neue Kamera ausprobierte, sie noch nichts von ihrer Schwangerschaft wusste- und sie hatten es gar nicht bemerkt. Buffy lag auf der obersten Treppenstufe der Veranda, den Kopf in Spikes Schoß, der sich, auf die Hände gestützt, etwas nach hinten lehnte und sie anlächelte. Sie erwiderte seinen Blick und kaute auf einem leeren Eisstiel herum. Dort, auf der Treppe, hatte sie die schönsten Momente mit ihm gehabt. Manchmal hatten sie bis spät in die Nacht dort gesessen und geredet. Und dort hatte er sie auch etwas fragen wollen. Seit diesem Abend hatte er es nie mehr so weit kommen lassen. Ein ungesagter Satz hatte alles zerstört- oder waren es doch die Dämonen, die ihnen kein normales Leben gönnten? Sie nahm das Foto an sich und steckte es in die Brusttasche der Jacke, nachdem sie es eine Ewigkeit lang einfach nur betrachtet hatte. Er sah so glücklich aus- so menschlich. Sie hatten über ihre Jugendsünden geredet- und er fand es wieder einmal lustig, sie mit dem Cheerleading aufzuziehen. Sie hatte sich verteidigt- um dann selbst drüber zu lachen. Er hatte ja so recht. Sie war einfach nicht dazu bestimmt, so zu leben. Und die Stimme in ihr sagte noch etwas anderes: Sie war nicht dazu bestimmt, überhaupt weiterzuleben.

Sie steckte ihr Lieblingsmesser in den kleinen Rucksack. Und die kleine Flasche, deren Inhalt sie von Sams Labortisch genommen hatte. Wer weiß- vielleicht war das der einzige Weg, herauszufinden, wer sie wirklich war.

Der letzte Kampf

 

Buffy blieb auf dem Treppenabsatz stehen, als sie hörte, wie Mason auf Spike einredete.

„Wir müssen aber dorthin- und du musst endlich aufhören, darüber nachzudenken, daß sie nicht mehr dabei ist. Sie wird schon wieder- und dann machen wir die Vampire fertig- so wie immer!“

„Nein- Mase- sie wird uns verlassen. Ich kenne Buffy lange genug, als daß ich weiß, daß sie es ernst meint. Und ich kann das nicht einfach so akzeptieren! Sie ist meine Freundin- glaubst du wirklich, daß ich sie einfach so gehen lasse? Verdammt- ich liebe diese Frau!“

„Aber sie schert sich einen Dreck darum. Spike- werd vernünftig. Die alte Buffy ist doch schon lange nicht mehr da- laß sie selbst entscheiden- denn du kannst es nicht beeinflussen.“

„Aber ich kann es versuchen!“ Spike wandte sich entschlossen ab und verschwand mit einem lauten Knallen der Tür in seinem Büro.

„Du wirst es nicht schaffen.“ Flüsterte Buffy leise. Sie wusste, daß sie ihm das Herz brach- daß er ihr das nie verzeihen würde. Aber sie sah nun keinen anderen Ausweg mehr. Das Vakuum in ihr war so groß geworden, daß es nur noch Lunar zuließ. Und er sagte ihr, sie müsse es tun. Leise schlich sie nach unten, als Mason ebenfalls weg war und nahm ihren Motorradschlüssel, um ihre letzte Fahrt anzutreten. Um ihren letzten Kampf zu führen.

Willow stand hinter einer Horde der Verstoßenen und wirkte wie eine Göttin gegen die gleichaussehenden, von Narben und Deformationen geprägten Körper der Dämonen.

Spike und das Team der Jägerinnen stand ihnen in dieser einsamen, engen Gasse gegenüber. Es würde zum Kampf kommen- und niemand machte wie sonst dumme Sprüche oder neckte den Gegner mit irgendwelchen Spielchen. Buffy war nicht mehr da- und sie spürten es alle.

„Hallo- Jäger! Schön, euch wiederzusehen. Aber ihr ward es nicht, die wir wollen. Wo ist Buffy?“ Willow wusste genau, wo sie steckte- aber die Show sollte ja wie immer perfekt sein.

„Hallo- Hexe! Na- gefunden, was du so vermisst?“ Lunar sprang geschickt von dem Dach des angrenzenden Hauses und landete direkt vor dem überraschten Spike. „Verzieht euch lieber- daß ist eine Sache zwischen mir und ihr.“

„Das kannst du nicht tun!“ mischte sich Kennedy ärgerlich ein.

„Ach ja- Jägerin? Willst du mich aufhalten? Versuch´s doch!“ lachte sie höhnisch. Kennedy schleuderte unbedacht ihr Messer nach ihr- aber Lunar fing es direkt vor den Augen zwischen beiden Händen ab.

„Böse Kennedy!“ Sie schleuderte es zurück und traf die verdutzte Kenny am Arm, die laut aufschrie und sich die blutende Wunde hielt.

„Hör verdammt noch mal auf!“ jetzt war Spike wirklich sauer. Sie ging endgültig zu weit, wenn sie ihre Freunde angriff.

„Oh- ich erzittere- William Roberts! Weißt du was? Sie hat dich doch nur benutzt! Buffy Summers ist eine kleine, verzickte Schlampe, die es gar nicht anders verdient hat! Weißt du, warum sie mit dir zusammen war? Man trifft nicht jeden Tag einen Vampir, der so gut ficken kann- die haben Seltenheitswert! Und diese Jägerin genoß es doch, euch damit zu verhöhnen! Dich und deine verdammte Sippe!“ Sie spuckte ihm verächtlich ins Gesicht und wandte sich mit übertrieben zur Schau gestellter Langeweile an die Vampire vor sich.

„Bereit für das Ende, Willow- Schatz?“ Sie erwartete keine Antwort und schloss die Augen. Ihre Hände begannen zu blitzen, und plötzlich schleuderte sie die Kraft auf die Freundin vor ihr. Willow wich aus und verwandelte sich in das Böse in ihr. Es würde Spike hoffentlich davon abhalten, einzuschreiten. Aber der war von der miesen Ansprache noch so irritiert, daß er wohl eher zusehen würde, wie Willow seine Ex- Freundin röstete- denn das war definitiv nicht mehr seine geliebte Buffy! Die Gegnerinnen schleuderten nun gleichzeitig die Kräfte aufeinander und es entstand ein riesiges, zuckendes Lichtfeld, daß den Vampiren Schmerzen zufügte. Sie kreischten auf- und die Hexen stimmten mit ein, aber in einem viel höheren, unnatürlichen Ton. Spike hielt sich die Ohren zu und versuchte, in Deckung zu gehen. Faith half ihm, etwas Abstand zu Lunar zu gewinnen und konnte es selbst kaum aushalten. Die Scheiben in der Umgebung begannen zu erzittern und barsten im selben Moment wie die Köpfe der Verstoßenen. Lunar erstrahlte in giftigem Grünlila, und ihre Augen wirkten wie der tiefe, stürmische Ozean in einer Winternacht. Willow sah auch böse aus, konnte mit dieser erschreckenden Erscheinung aber bei weitem nicht mithalten- oder aber, die Jägerinnen hatten sich nur an den Anblick gewöhnt. Der Ton verebbte und die Gegnerinnen gingen langsam aufeinander zu, wodurch sich die Energie zwischen ihnen bündelte. Alle erwarteten nun wie paralysiert das Ende von einer der Schrecklichen- aber es wurde erst so richtig unverständlich, als sich die ausgestreckten Hände von Buffy und Willow berührten. Das Licht schien übermächtig zu werden und konzentrierte sich nach einer Weile immer mehr auf die aneinander liegenden Hände. Es funkte und knisterte- und dann umarmten sich die Gegnerinnen unvermittelt. Willow sah sie traurig an und nickte, weil sie verstanden hatte. Dann wandte sie sich von Buffy, die immer noch mit dem Rücken zu den Jägern stand, ab und ging zu ihrem alten Team.

„Habt ihr noch ein Plätzchen frei für eine Heimkehrerin?“

„Äh- hab ich was verpasst?“ Xander kam aus seiner Deckung hinter Heather hervor.

„Nein. Es ist alles- vorbei.“ Willow sah sich noch einmal kurz zu Buffy um. Diese schien ihren Blick zu spüren, denn sie wandte den Kopf noch einmal um. Ihre Augenhöhlen wirkten wie dunkle Galaxien, die alles verschlingen würden. Sie löste sich von der Erinnerung und sah nach vorn. Langsam ging sie los. Die Strasse war einsam und düster. Eine typische New Yorker Nacht. Die Funken erzitterten an ihrem Leib und suchten sich rechts und links am Boden entlang ihre Gegenpole. Spike richtete sich langsam auf und sah ihr sprachlos hinterher. Sie schwang sich auf ihr Motorrad, daß am Ende der Strasse stand und brauste aus seinem Leben.

„Spike? Laß sie gehen. Es ist vorbei.“ Kennedy nahm ihn beim Arm und wollte ihn mit sich ziehen, aber er wehrte sie ab.

„Warum? Warum denn nur?“ faselte er kopfschüttelnd.

„Ich werde es dir erklären- wenn wir wieder in der Zentrale sind.“ Willow nahm sanft seine Hand und schaffte es, ihn mitzunehmen. Ein bisschen Magie würde ihn jetzt erst mal ruhig stellen- das war ein legales Mittel. Dabei tat er ihr so schrecklich leid. Es würde wohl die härteste Probe seines Daseins werden.

Lunar fuhr bis direkt vor das Friedhofstor und versteckte das Motorrad hinter ein paar Sträuchern. Hier, abseits der Stadt, war es still und nur der Mond schien sanft über die langen, alten Gräberreihen. Sie warf sich den Rucksack über die Schulter und marschierte auf die Gruft zu. Mit einem Fußkick gab das alte Eisen nach, und eine lange, dunkle Treppe in die Tiefe erwartete sie. Noch ein letztes Mal sah sie nach draussen, bevor sie die Tür wieder schloss und die Taschenlampe anknipste.

Unten angekommen, zündete sie mehrere Wandfackeln an, die einen einzelnen Steinsarg im Mittelpunkt in die richtige Atmosphäre versetzten. Alte, vertrocknete Blumenreste standen vor einer Wand mit Namen.

„Nett. Ein schöner Ort zum Sterben, wirklich!“ murmelte sie, während sie sich etwas näher umsah. Dann öffnete sie den Rucksack und legte ihre Utensilien heraus. Sie hatte alle Zeit der Welt- niemand würde sie hier suchen- denn schließlich war Willow die Einzige, die es wusste. Während ihrem Kampf hatte sie ihr alles erzählt. Ihren Schmerz, die Verzweiflung und das Problem, Lunar nicht mehr loszuwerden. Die Hexe hatte ihr zugehört- und ihr dazu geraten, was sie selbst schon wusste. Buffy musste sterben- denn so konnte sie nicht weiterleben. Es würde wohl erst mal für Alle ein Schock sein- aber sie würden sie vergessen- irgendwann. Kennedy würde endlich die neue Jägerin sein. Das Team brauchte keine Chaotin wie sie, die mal eben die eigenen Freunde verletzte oder angriff.

„Es ist nicht leicht, wenn man direkt davor steht.“

„Und ich dachte fast, ich könnte mal in aller Ruhe gehen. Aber auf dich ist bekanntlich Verlaß. Was willst du noch?“ Sie saß beinschaukelnd auf dem Sarg und betrachtete Zekhor, wie er so vor ihr stand und irgendwie recht fertig wirkte.

„Nichts. Gar nichts.“ Er war kaum zu hören.

„Glaube ich nicht.“

„Naja- vielleicht wollte ich dich nur ein letztes Mal noch sehen- dir Auf Wiedersehen sagen. Und dich fragen, ob du es dir genau überlegt hast.“

„Ja- ich denke schon.“

„Du denkst?“

„Ich weiß es. Es ist der einzige Ausweg.“

„Warum lässt du dir dann einen zweiten offen?“

„Was meinst du?“

„Das hier?“ Er nahm das Fläschchen auf und hielt es ihr vor´s Gesicht.

„Es wird nicht funktionieren.“

„Probier es aus- dann erst weißt du es.“ Mit einem kleinen Plopp entfernte er den Stöpsel und hielt es ihr unter den Mund. Sie sah ihn fragend an, dann nahm sie die Phiole und kippte es in sich hinein. Und nichts passierte.

„Sag ich doch- es ist quatsch. Niemand kann durch eine spezielle Mixtur unsterblich werden.“

„Wie du meinst- vielleicht war es dir einfach nicht bestimmt.“ Er nahm ehrfurchtsvoll das Messer in die Knochenhand und betrachtete, wie es sich im Fackellicht spiegelte. „Es tut mir leid, Jägerin.“ Er stach mit voller Wucht zu und traf sie kurz unter dem Herzen. Sie stöhnte auf und sah ihn mit großen, verzweifelten Augen an.

„Jägerinnen werden immer von Dämonen getötet- schon vergessen?“ Er wandte sich ab und ließ sie auf den Boden plumpsen.

Buffy dröhnte das Blut wie ein Wasserfall in den Ohren. Flüssiges Feuer durchströmte ihre Adern und schien zum Herzen zu gelangen. Der Schmerz des Stiches setzte ein. Sie krümmte sich und schlug verzweifelt keuchend gegen den Steinsarg. Alles wurde schwarz um sie herum und sie knallte hart auf den Boden. Der starre Blick zeigte den letzten Kampf an, als sie die letzten Herzschläge überdeutlich hörte. Da- dumm. Ich liebe dich. Da- dumm. Für immer. Der letzte Herzschlag kam quälend langsam und schloss ihr die Augen. Da- dumm. Spike.

Die endgültige Stille hatte gesiegt. Die Jägerin war tot.

Zekhor beugte sich über sie und legte seine Hand auf ihren Kopf. Ein starkes Licht schien aus ihr herauszuleuchten.

„Laß sie jetzt gehen.“ Zekhor erhob sich- und mit ihm eine Lichtgestalt, die über Buffy schwebte. Der Lichtjäger sah ihn grinsend an. Und da überkam Zekhor ebenfalls ein dämonisches Lächeln. Bye Bye Buffy Summers. Und diesmal auf ewig. Lunar formte sich zu einer Kugel und drang ohne Widerstand in Zekhors Brust ein. Dann beugte er sich noch einmal kurz über sie und zog das Messer heraus, daß er abwischte und auf den Sarg legte.

Tyra erwachte durch Chao- Anns wilde Alpträume, die seitdem Faith mit ihrer Mannschaft hier eingezogen war, sich ein Zimmer mit ihr teilte. Die Chinesin richtete sich ruckartig im Bett auf und schrie panisch los. Tyra versuchte, sie zu beruhigen, aber das Mädchen schien glatt das Atmen in ihrem Dauerton zu vergessen. Die Türen knallten auf dem Flur postwendend und Giles und Willow stürmten herein. Willow schüttelte Chao-Ann- aber die Chinesin blieb hysterisch.

„Hör auf!“ Ein Schlag mit der flachen Hand ins Gesicht ließ sie verstummen und die Hexe mit großen Augen ansehen. „Buffy.“ Willow nickte verstehend. Es war also geschehen. Aber warum Chao- Ann?

„Wir müssen reden- fürchte ich.“

„Willow- was ist denn los?“ Dawn sah zerknittert aus. Sie hatte nicht geschlafen, weil sie nicht damit fertig wurde, daß ihre Schwester gegangen war. Aber sie konnte natürlich nicht ahnen, was Willow wirklich gemeint hatte, als sie ihnen sagte, Buffy hätte sie verlassen. Wahrscheinlich waren Spike und Giles die Einzigen, die das Ausmaß all dessen begriffen.

„Ich wünschte, du hättest diesen Traum nicht gehabt, Chao- Ann. Was hast du gesehen?“

„Buffy ist tot. Ich bin die Jägerin. Glaube ich.“ Die Chinesin war vollkommen verzweifelt.

„Nein!“ Spike schrie gequält auf. Das war doch nicht ihr Ernst?

„Spike- es tut mir leid. Buffy ist tot. Sie hat mir alles gesagt, als wir diese Vampire- meine Wachen ausrotteten. Der Kampf war inszeniert. Und sie hat das alles nur getan, damit ihr sie hassen könnt- weil sie wusste, daß es weh tut. So habt ihr sie wenigstens nicht aufgehalten. Tut mir leid.“ Was sollte sie noch sagen? Es war geschehen- so, wie es Batseba gewollt hatte. Die Jägerin hatte ihren letzten Kampf gefochten, hatte reichlich Energie verbreitet, damit es auch der letzte Dämon mitkriegte- und war dann still und leise aus der Welt geschlichen.

„Du hast ihr geholfen?“ Xander sprang wütend auf.

„Nein- ich meine- sie war so verzweifelt- und- na ja- ich hab sie nicht getötet!“

„Aber du hast sie nicht aufgehalten!“

„Wer von euch hat es denn getan? Wer hat denn jemals wirklich versucht, sie zu verstehen? Spike war der Einzige, der noch für sie da war! Ich war vielleicht lange weg- aber ich weiß alles! Und versucht jetzt nicht, mir die Schuld zu geben! Dieser Lunar hat sie vollkommen kontrolliert- und Beide hatten die Schnauze voll vom Leben- was sollte da noch passieren? Sie stand in einer Sackgasse- und niemand war da, um ihr den Weg zu zeigen. Ihr habt das alles auf Spike abgewälzt- und Faith- entschuldige- ich wollte nicht vergessen, wie du ihr beigestanden hast. Aber es bringt nichts, wenn wir hier dumm rumsitzen- sie braucht uns jetzt noch viel mehr!“

„Was soll das heißen?“ Spike hörte wohl nicht richtig.

„Ihr kapiert einfach gar nichts, oder? Sam- du hast doch dieses Serum entwickelt. Hast du schon mal mitgekriegt, daß es nicht mehr da ist?“

„Was? Ich meine- warum?“

„Oh Gott!“ stöhnte Tyra ungewollt auf. Buffy hatte doch nicht etwa das Schweineblut geschluckt und für das Serum gehalten?

„Ich glaub´s ja wohl nicht!“ fuhr sie Spike an, der ihre Gedanken ganz deutlich gelesen hatte. „Du hast was?“

„Ich wollte nicht, daß Buffy als Lunar zurückkommt. Es tut mir leid.“

„Soll das heißen, sie hatte gar nicht das Serum?“ Willow begriff gerade, daß nicht alles nach Plan verlief.

„Aber wieso ist sie dann tot?“ Chao- Ann schüttelte noch immer den Kopf.

„Guten Abend- meine Lieben!“ Zekhor stand mitten im Raum. Und auf seiner Kutte waren Blutflecken.

„Was willst du?“ Spike stand kurz vor dem Vulkanausbruch. Wann sagte ihm endlich jemand, daß das alles ein ganz mieser Scherz war?

„Oh- ich wollte euch nur darum bitten, eure Arbeit zu tun.“

„Falls du es in deiner Traumwelt noch nicht mitgekriegt hast- Buffy ist gerade gestorben!“ Xander sah ihn im Hinblick auf Spikes Gefühlswelt vorwurfsvoll an. Der Typ hatte doch echt Probleme! Ein Ratsmitglied starb, und sie sollten mal eben weitermachen? Der verwechselte sie wohl mit gefühlslosen Dämonen!

„Oh- äh- ja. Tut mir leid. Aber deshalb müsst ihr ja arbeiten.“ Er wischte das Blut auf seiner Kutte breit. Das bemerkte Giles und begann nachzudenken. In Gedanken wälzte er im Buch der Jägerin. Dämonen töten die Jägerin. Nicht sie selbst.

„Was hast du getan?“ der sonst so ruhige Wächter packte den Überwächter am Kragen- griff aber ins Leere.

„Nichts, was ich nicht hätte tun müssen. Anscheinend bin ich ja der Einzige, der noch seinen Job einhält.“

„Du hast sie eiskalt ermordet!“

„Nein. Das weise ich entschieden von mir. Ich habe sie nicht ermordet. Nur- getötet. Das ist ein Unterschied.“

Spike rastete nun endgültig aus und wurde zu dem gequälten Vampir, der tief in ihm schlummerte. Knurrend sprang er auf Zekhor zu, der sich aber auflöste und kurz neben ihm wieder auftauchte.

„Ihr müsst jetzt stark sein- dann wird alles gut werden. Giles- das Buch- sie haben es von Donna bekommen- es wird euch alles erklären. Ich muss gehen.“ Er beeilte sich, zu entschwinden. Was hatte er denn jetzt noch vor? Die nächste Jägerin erledigen? Wie hatte sie ihm nur trauen können?

„Willow- vielleicht kriegst du es ja hin- es fehlen nur noch wenige Sätze.“ Giles klang hoffnungslos. Warum tat er das? Er hörte ja schon wieder auf diesen Zekhor- dieses Monster!

„Okay. Ich denke mal, daß ich das sowieso vorhatte. Mir gab jemand einen Tipp, daß ihr zur rechten Zeit erfahren würdet, was los ist- vielleicht ist es ja so weit.“ Wenn das der entscheidende Hinweis gewesen war, konnte sie es ihnen nun endlich sagen? Aber das mit dem Serum war nicht geplant gewesen? Sie hatten damit gerechnet, daß es funktionieren würde- und nicht, daß sich Zekhor einmischte. Aber war denn eine Prophezeiung so einfach zu brechen? Die Vergangenheit hatte zwar gezeigt, daß es so sein konnte- aber all die Zukunft des Rates baute doch darauf auf, daß es die ewige Jägerin geben würde- was sollte denn sonst passieren? Der vorgezogene Weltuntergang aus Mangel an Personal?

„Wie ich es ahnte- Batseba! Was tust du denn hier?“

„Was geht dich das an?“ Die Dämonin musterte ihn abschätzend. Er hatte sich kaum verändert.

„Wieder auf der Jagd nach neuen Lichtjägern?“

„Was soll ich denn von dir sagen- auf der Suche nach dummen Dämonen? Die du rumschikanieren kannst?“

„Kaum ist die Jägerin tot, streiten wir um ihr Erbe. Ganz wie in alten Zeiten. Was bietest du?“ Zekhor beobachtete sie, wie sie sich die tote Jägerin besah. „Sie ist Gold wert- daß weißt du.“

„Ein ungeschliffener Rohdiamant- würde ich sagen. Was hältst du von einer Allianz- nur wir zwei. Wir verfolgen denselben Plan.“

„Seit wann?“ spöttelte er.

„Seit ich mich entschlossen habe, daß es mir nichts bringt, mit Schwächlingen zu arbeiten. Sie sind steuerbar- aber nicht unbesiegbar.“ Sie trat nahe vor ihn. „Zeig mir dein Gesicht. Und es wird wieder so wie in alten Zeiten. Dann kämpfen wir wieder in derselben Liga.“ Er lächelte grimmig und wich aus ihrem Sogkreis.

„In Deiner oder Meiner? Nein- Batseba- so leicht mache ich es dir nicht. Paß auf sie auf- ich will nicht, daß sie gefunden wird.“ Damit verschwand er wieder. Und die Helfer der Dämonin schleppten die tote Jägerin fort. Sie selbst versuchte, die letzten Spuren zu beseitigen. Tepesch brauchte keinen Wind davon bekommen, daß sie die Leiche hatte. Der würde ihr doch alles abkaufen. Es war so einfach, Gott zu spielen!

 

 

 

 

Die Zukunft der Jäger

 

„Spike- bleib hier! Wir sehen uns jetzt diesen Text an- und dann kannst du von mir aus bis ans Ende der Welt gehen, um sie zu suchen!“ Giles wurde langsam wirklich böse über das chaotische Verhalten der Jäger und Wächter, welches sich anbahnte. Nicht einmal Mason konnte Spike mehr zur Vernunft rufen. Er wollte sie finden- hatte wohl die Hoffnung, ihr noch helfen zu können. Aber Willow bestand darauf, daß alles so sein musste- daß er nicht in das Schicksal eingreifen dürfe. Sie saß vor dem Computer und bastelte die einzelnen Seiten wieder zusammen. Durch die Handschrift war der Text viel länger gewesen- nun blieben nicht viel mehr als zwei Seiten in Computerschrift übrig. Sie sah gebannt auf den Bildschirm. Dann lehnte sie sich entspannt zurück und drückte auf die Maus. Der Drucker spuckte den Text aus, welchen sich Giles gleich schnappte und begann, leise zu lesen.

„Hallo- wir wüssten auch ganz gerne, um was es geht!“ Faith klopfte mit dem Stift auf dem Tisch herum. Irgendwie musste sie sich davon ablenken, daß hier alles den Bach runterging.

„Also von Anfang an. Hinsetzen und zuhören- alle!“ Giles lehnte sich an die Tischkante und rückte seine Brille zurecht. Dann begann er mit der Vorlesung über das Imperium des Bösen:

Dies ist das Buch der ewigen Verdammnis, des Schreckens über die niedere Rasse und unseres Sieges. Es ist die Vision einer neuen Welt- gemacht für den Herrn, der alles verschlingt und ewige Laster auf Erden bringt.

Das klingt nach ganz normalem Größenwahnsinn des Bösen. Aber weiter: In diesem Jahre des Verächtlichen in der 8. Indiktion gebe ich, Vido Satanus, den Willen unseres Herrn bekannt, so wie er mir in Zeichen und Wundern erkenntlich worden ist. Es kommen verschiedene Jahre in Frage- Andrew- die Indiktions-Tabelle. Und der Name- na ja- ich sehe Satan- so in etwa ist das wohl gemeint. Aber seltsam, daß er sich an der kirchlichen Jahresangabe orientiert. Der Verächtliche ist Christus- keine Frage.

Die Macht des Bösen ist noch geschwächt. Der Sieg des Verächtlichen wirkt bis in die unsrige Zeit hinein und lässt den Herrn, welcher ist der Fürst der Welt, in Ketten auf seine Befreiung warten. Das ist doch unlogisch! Der vermischt Apokalypse mit Kreuzigung!“

„Giles? Tun sie uns einen Gefallen- lesen sie es einfach vor- wir haben danach genug Zeit, es auszulegen.“ Und er wüsste dann wenigstens, was eigentlich Fakt ist. Und könnte Buffy zurückholen- wie auch immer.

„Nagut- aber ich warne euch- daß kann man total falsch verstehen- und dann... Jaja- ich mach ja schon weiter:

Doch wenn 1000 Jahre vergangen sind, wird eine neue Zeit hereinbrechen. Ein Jäger, stärker als jeder zuvor, wird das Licht der Welt erblicken. Die Heerscharen werden ihren Siegeszug beginnen, doch der Jäger wird im Schlafe ruhen. Der Auserwählte sei blind in der Suche nach ihm und verharre weiter in seiner Nutzlosigkeit, die ihm seine eigene Gier aufbürde. Und wenn 12 weitere Zehnte und eins ins Land gegangen sind, werde die Macht hervorgebracht, die dem Herrn Gegner und Unterworfener sei. Ein neuer Jäger erblicke das Licht, stark im Kampfe doch oftmals schwach.

Und der starke Jäger, welcher der Unsrige ist, werde sein Feind. Viele der Unseren werden ihnen zu Opfer fallen, und der Herr zeigt mir einen Krieg, der den Auserwählten hervorbringen wird. Es werde die Zeit des Todes und der Verwirrung- doch ihre Macht wird noch die Ihre sein und Alles überwinden.

Ein Herrscher, kühn in Worten und klar im Geiste, werde aus seiner Legende auferstehen. In einem Reich der Feinde wird der Herr als Wolf unter Lämmern gehen. Der Herrscher sei der Errichter des neuen Imperiums. Starke Scharen seien seine Helfer. Er gebiete den Untieren wie den Menschen. Seine Waffe sei die Seele, die ihn selbst nicht erreichen kann, sein Schwert sei die Liebe der Jäger.

Denn der Auserwählte wird mit starken Menschen sein. Aber nur der Eine, dessen Seele sein ist, bleibe als ewiger Jäger bei ihm. Sie seien die Wegbereiter für sein Blut.

Doch unser Herrscher bleibe verborgen und errichte das vollkommene Reich. Es sei nicht in der Hand dieser Menschen, den Endkampf zu führen. Nur die Welt allein bestimme ihr Schicksal. Die Sünder werden nie so rein, als daß ihre Seelen errettet werden. Ihr Reich sei das Unsrige. Menschen werden es errichten, sowie Verräter den Feind ebenso schützen wie unseren geliebten Fürsten. Die starken Mächte des Lichts werden Segen und Fluch zugleich sein. Nur die alte Macht kann dies unterbinden, aber Misstrauen und Hass unter Freunde gesät tötet Hoffnung und Liebe. Tod und Leid ereile den Feind, und nur der eine Mensch bleibe bestehen.

Und wenn das dritte Jahrhundert anbricht, soll die Macht der Jäger gegen den Herrn antreten, der sich dann zeige, und ihre Kräfte werden nur so wert sein, wie sie erstarken konnten in den Jahren ihrer Knechtschaft. Dann entscheide sich, ob wir siegreich sind. Sicher sei nur der Tod des Auserwählten.

„Ist es das? Da soll was drinstehen, was uns helfen könnte? Das ist doch Schwachsinn! Da hat irgendein Philosoph seine 5 Minuten gehabt- aber nicht mehr!“ Spike verstand nur Bahnhof von dem, was da stand. Nur das Ende hatte er kapiert. Er würde sterben. Wenigstens etwas Hoffnung auf die Erlösung!

„Wie sieht´s aus, Andrew- welche Jahre könnten es sein? Vom Schriftbild her, schätze ich es auf 9. bis 10. Jahrhundert. Und 1000 Jahre später die Geburt des starken Jägers. 121 Jahre danach ein weiterer Jäger.- Spike- wie viele Jahre bist du älter als Buffy?“

„In Vampirjahren?“

„Nein- Menschenjahre.“ Giles notierte irgend etwas. Er wusste die Antwort natürlich- aber so kam Spike vielleicht auch mal auf die Idee, mitzudenken und daran zu glauben.

„121, würde ich sagen. Ich bin 1860 geboren, sie 1981.“

„1860 minus 1000 ergibt?“

„860. 8 Induktion. Stimmt genau. Giles- sie sind ja ein Genie!“ bewunderte ihn Andrew.

„Das war noch das Einfachste an diesem Text, fürchte ich. Momentan zählt nur der eine Satz: Der eine Jäger, dessen Seele sein ist, bleibt bei ihm- so in etwa. Ein ewiger Jäger. Kein Mensch. Irgendeine Idee?“

„Kann man die Seele mit der Liebe gleichsetzen?“ überlegte Tyra laut.

„Das wäre möglich, ja. Hast du eine Idee?“

„Naja- Spike hat aus Liebe zu Buffy seine Seele zurückbekommen. Also gehört sie ihr doch irgendwie. Wenn Spike nun der ewige Jäger ist?“

„Dann wäre der Auserwählte, der 1860 geboren ist, ein Anderer. Und ich vernute, daß Spikes Tod gemeint ist, als es um diesen Krieg geht. Da steckt Sunnydale drin.“

„Das mit der Seele ist nicht so falsch. Aber das Problem ist, daß wir irgendwie verbunden sind. Wir haben noch nicht herausgefunden, wie es geht, aber ich glaube, daß Buffys Seele zu gewissem Maße auch mir gehört. Das ist irgendwie metaphorisch gemeint- verstehn sie?“

„Ich denke, ja. So, wie man einem Anderen sein Herz schenken kann- ohne ein Blutbad anzurichten. Dann wäre der ewige Jäger also Buffy. Das scheint mir im Zusammenhang mit den anderen Aussagen logisch. Und warum sind sie dann die Wegbereiter für sein Blut? Wessen Blut? Und wie?“

Alles schwieg und grübelte nach. Willow rutschte unruhig auf ihrem Stuhl herum. Dann wagte sie es, denn es war offensichtlich.

„Spikes Blut. Die Prophezeiung sagt, daß Spike Buffy zu einer von seinem Blut macht. Möglich, daß der Autor von dem Vampir ausgeht- denn er bezeichnet den Jäger als einen der Ihren. Und Wegbereiter- ich würde sagen- Buffy war schon mal auf dem richtigen Weg- bis Lunar eingegriffen hat. Es war wohl noch nicht die richtige Zeit. Wäre möglich, daß sich jemand geirrt hat, und Buffy sollte erst ewiger Jäger werden, bevor sie Kinder kriegt. Sie würde also dann sein Blut weitergeben- ganz einfach.“ Spike erstarrte urplötzlich. Das war doch nicht ihr Ernst?

„Und jetzt haben wir ein Problem. Buffy starb nicht durch Spikes Blut, nehme ich an. Soll heißen- sie ist wirklich tot. Damit können wir den gesamten Rest vergessen. Denn das ist alles noch nicht eingetroffen.“ Faith knallte deprimiert den Stift auf den Tisch.

„Aber es wird eintreffen. Die Pläne haben sich nur etwas geändert. Und wir müssen uns darauf einstellen, ohne Buffy zu leben- so schwer das auch sein wird.“ Willow entschied sich endgültig dafür, erst mal auf Nummer sicher zu gehen. Sie konnte nicht wissen, ob Batseba Möglichkeiten hatte, Buffy zurückzuholen- aber sie traute ihr alles zu. Schließlich hatte sie es sogar geschafft, sie selbst von der Richtigkeit ihrer Pläne zu überzeugen. Willow stand nun zwar mehr als je zuvor zwischen den beiden Fronten- aber sie würde nicht lange die Einzige bleiben- Batseba war so mächtig, daß sie selbst den größten Feind beherrschen konnte- sei er auch einer von den überzeugtesten Dämonenjägern.

„Ich kann nicht fassen, daß ihr so herzlos seid!“ zweifelte Dawn und ließ die Anderen mit ihren dummen Plänen allein. Ihre Schwester war tot! Kapierten die das denn nicht? Oder dachten die alle schon mit Begeisterung daran, sie mit irgendeinem dummen Zauber so wie Spike zurückzuholen?

„Willow- du weißt, was du tun musst.“ Drohte ihr Kennedy.

„Ich werde es nicht tun. Sie wollte sterben.“

„Ach- und ich wurde gar nicht erst gefragt, als ihr mich mal eben erweckt habt?“ Spike wollte eigentlich nur noch eines- zu Buffy. Alles andere war im Moment egal.

„Das war etwas anderes.“

„Das glaube ich eher nicht. Er wusste genauso gut wie Buffy, daß er sterben könnte.“ Faith wollte Spike zu Hilfe kommen.

„Genau- ich wollte gehen- hatte die Nase voll von eurem dämlichen Gequatsche! Aber nein! Die Hexe musste ja mit der Magie rumspielen und den dummen Spike ärgern. Ihr brauchtet doch bloß einen Dummen, der sich opfert, wenn es zur Sache kommt!“ Wütend schnappte er sich seinen Mantel und die Schlüssel.

„Spike! Ist das der Dank dafür, daß du mit ihr glücklich sein konntest? Das wolltest du doch immer! Sie hat dich geliebt- und dich fair behandelt. Willst du das alles verleugnen?“

„Willow- du kapierst gar nichts! Was soll ich denn noch hier, wenn sie weg ist!“ Er donnerte die Tür hinter sich zu.

„Kämpfen. Immer wieder- bis du irgendwann böse wirst und alles wieder beim Alten ist.“ Stellte Faith ungefragt fest.

„War es wirklich ein Fehler, Giles?“

„Nein- nein. Ich denke nur, daß er jetzt Zeit braucht. Und es sieht so aus, als hätten wir die sogar. Das ist zwar seltsam, aber momentan können wir auch genauso gut Däumchen drehen wie angreifen- es bringt nichts. Wir müssen erst mal wieder Forschungen anstellen. Wer könnte der Wolf unter Lämmern sein? Wer ist der eine Mensch, der überlebt? Wann sterben wir? Wer ist die alte Macht? Alles Fragen, die wir uns stellen sollten.“

„Soll das heißen, wir haben bisher alles umsonst getan?“ Kennedy hörte wohl nicht recht! Nach neuester Bilanz hatten sie zusammen etwa 400 Vampire erledigt! Gar nicht daran zu denken, was Buffy wohl noch alles allein getan hatte! Aber war Masse auch gleich Klasse? Es schien diesen Herrscher ja herzlich wenig zu interessieren, was aus seinen Leuten wurde. Aber vielleicht hatte er ja auch so viel Nachschub, daß es nur Peanuts für ihn waren. Nicht einmal der Tod dieser beiden Höllenhunde interessierte ihn!

„Wir haben gegen Windmühlen gekämpft, würde ich sagen. Es wird wohl langsam jedem von uns klar, daß wir eindeutig im Nachteil sind. Wir wissen so gut wie nichts- obwohl wir schon seit etwa einem Jahr hier sind. Das ist äußerst beunruhigend. Manchmal habe ich einfach das Gefühl, daß wir viel zu sehr in unserem alten Schema verhaftet sind. Dieser Vampir ist einfach zu modern für die alten Tricks. Ich muss sagen- ich bin so ziemlich am Ende meines Wissens angelangt. Und ich fürchte fast, daß eure Zukunft doch eine ganz Andere sein wird, als wir es bisher dachten. Hier geht es nicht mehr um die eine Jägerin, die alles übernehmen müsste- es geht nicht einmal mehr darum, Wächter in dem Sinne auszubilden, wie es vorgesehen ist. Wir können uns wohl doch nicht hinter unseren Büchern verstecken, wie ihr es immer nennt. Mason- ab sofort das volle Programm für alle. Keine Unterscheidung in Jäger und Wächter. Jeder lernt den Grundstoff- und wir versuchen, jedem auch das zu erklären, was talentbedingt bis jetzt nur Einzelne können. Wir könnten schnell jemanden verlieren- und dann fehlt uns der Posten. Wir sind schon Viele- aber es wird wohl nicht reichen. Wir brauchen Leute, die bei Bedarf für uns arbeiten- Söldner sozusagen. Ich akzeptiere es nicht, daß wir einfach so rumsitzen sollen und auf das 3. Jahrhundert warten. Sie werden jede Kraft brauchen, wenn es soweit kommt. Wir haben also neue Aufgaben. Die Menschen gegen den Feind auszubilden.“

„Wie stellen sie sich das vor?“ Faith verstand gerade nicht so ganz, was Giles ihnen sagen wollte.

„Mason- du hast doch sicherlich einen Vorschlag?“

„Eine Kampfschule? Wollen sie das?“

„Ich denke, wir müssen auch etwas an unsere Einkünfte denken. Wir könnten damit etwas Geld verdienen, um das Konto zu entlasten. Und nebenbei würden wir uns die besten Kämpfer ausbilden können, die wir dann einweihen könnten und einsetzen.“

„Sie wollen das Gleiche tun wie das Böse? Heerscharen aufstellen, die für uns arbeiten?“ Das war verrückt- aber eigentlich auch genial. Mensch gegen Dämon- ohne, daß alles an den Jägern hängen blieb.

„Ich denke an Selbstverteidigungskurse, in denen wir ihnen ganz nebenbei zeigen, wie man mit Vampiren umspringt. Mason ist da sicherlich sehr kreativ.“

„Wer Ideen hat, kann sich an mich wenden. Ich laß mir was einfallen. Ich brauch Andrew für die Planung- und Xander wegen dem ganzen Verwaltungskram mit den Ämtern. Dann können wir loslegen.“

„Na das klingt doch gut- wenigstens einer, der etwas Optimismus verbreitet. Ich bin gerne dabei. Den Vampiren treten wir endgültig die Schädel weg! Die schulden mir meine gute Freundin!“ Xander stieß sich vom Schreibtisch ab und rollte durch den Raum. Schluß mit lustig- endgültig! Die dämlichen Dämonen sollten doch sehen, wo sie blieben, wenn ihnen ihre Opfer mal eben den Garaus machten. Denn eines war sicher- die planten, irgendwann das große Schlachten zu starten- wie sollten sie sonst siegen? Schließlich konnten die ja nicht darauf warten, daß die menschliche Rasse ausstarb! Und wenn sie sich alle gegen die Vampire wandten, würde es schwieriger werden, Verbündete zu finden. Jeder Mensch, der auf der Seite der Jäger stand, war ein Feind des Bösen- und sie konnten jede Hilfe benötigen, um diese Ahnungslosen zu retten! Schließlich konnten es ja auch ihre eigenen Kinder sein, die antreten mussten. Die schwarze Zukunft, die das Buch offenbarte, bekam nun einen kleinen Haarriss, aus dem Licht nach innen drang. Er würde größer werden- und am Ende würde das Schicksal über die Zukunft der Jäger entscheiden.

Ende Teil 4

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