Story 
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Der dritte Teil von Susis Geschichte "Wächter der Zeit".

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Viel Spaß beim Lesen!
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Im Chaos der Gefühle

 

Das andere Selbst

 

Drei Mädchen hängten an den Laternenmasten der Strasse Zettel auf. Der Zeitungsjunge klingelte wild, als sie ihm in die Quere kamen. Ein Leichenwagen fuhr langsam die Strasse in Richtung Norden entlang. Ein weiteres Mädchen stieß mit einer Einkaufstüte unter dem Arm zu ihnen und verkündete den Inhalt: Bagels und Donuts. Es war ein ganz normaler Samstag im Juni in einer kleinen Stadt namens Tarrytown.

Willow wachte auf, weil etwas auf ihre Füße gefallen war.

„Oh- Kätzchen- was tust du denn hier?“ Sie richtete sich auf und nahm das Tier an sich. Es begann leise zu schnurren. Das Fell fühlte sich wunderbar weich an. Die Hexe spürte ein leichtes Prickeln in der Hand.

Neben ihr drehte sich Kennedy um und öffnete die Augen. Zwei runde blaue Pupillen musterten sie. Sie hätte sich fast erschrocken.

„Na- haben wir Besuch?“

„Ja. Ich weiß gar nicht, wie sie hier reinkommt- die Tür ist doch zu.“

„Das Fenster ist offen.“

„Meinst du?“

„Katzeninstinkt. Die finden immer eine Lücke- nicht wahr- Süße?“ Kennedy kraulte dem Tier den Hals. Sie spürte ein unhörbares Knistern.

„Naja- ein neuer Tag also. Mal sehn, was Giles heute so für Überraschungen auf Lager hat.“ Sie sprang aus dem Bett und steuerte das Bad an.

„Du hast es aber eilig!“

„Wird Zeit, daß wir den Dämonen mal so richtig einheizen!“ Sie knallte die Tür hinter sich zu. Willow begann sich plötzlich über ihre Freundin zu wundern.

Andrew stürzte sich gleich auf die Donuts mit Marmeladenfüllung. Dawn war es egal. Sie ging nach oben und stylte sich für das College. Heute hatte sie einen Kurs mit Rick zusammen. Da musste sie ihm doch auffallen.

Nebenan hörte sie Giles laut singen. Was war so gut an diesem Morgen, daß der Engländer so gute Laune hatte? Egal. Es war wohl einfach ein schöner Tag.

Sam, Heather und Tyra deckten für alle den Frühstückstisch- was Giles wirklich sehr verwunderte und ihn kurz in seinem normalen Tagesablauf bremste. Dann besann er sich wieder, nahm die Zeitung und breitete sich an der Kopfseite des Tisches aus. Er blätterte gerade den Wirtschaftsteil durch, als die Katze die Treppe hinunterhüpfte und miaute.

„Hey- Pearl- ausgeschlafen?“ Dawn schnappte sie sich und trug sie zu ihrer Milchschale.

„Pearl?“ tönte Sam erstaunt.

„Ja- weil sie so weiß wie eine Perle ist.“

„Du kommst auf Ideen.“ Sam wandte sich wieder dem Toaster zu und schüttelte den Kopf.

„Was passt dir nicht? Ich hab es eben nicht offiziell angemeldet. Kann man denn in diesem Haus nichts machen, ohne gleich allen Rechenschaft ablegen zu müssen?“ Sie warf das Handtuch, daß sie eben noch benutzt hatte, auf den Küchentresen.

„Niemand hat dich angegriffen- entschuldige!“ wehrte sich Sam beleidigt.

„Ist auch besser so. Lasst mich einfach in Ruhe- so wie sonst auch.“ Sie wurde leise und setzte sich mit ihrem Toast an den Tisch. Giles beobachtete die Szene über seine Brillengläser. Was war nur in die Mädchen gefahren? Sonst hatten sich Sam und Dawn doch immer verstanden. Er blätterte weiter. Da bemerkte er, daß er angestarrt wurde. Pearl saß auf dem Stuhl, der ihm am Nächsten war und zuckte mit dem Schwanz. Sie sprang vor und versuchte, eine Ecke der Zeitung zu erhaschen. Er strich ihr kurz über den Kopf und sah dann wieder in seine Morgenlektüre.

Erleben sie die Magie der Highlands.

Eine Annonce warb in großen Lettern für Billigreisen. Er sah vor seinem geistigen Auge die Buchstaben verschwimmen. Sie wurden zu grünen Wiesen und waberndem Nebel.

„Giles?- Gi-iles!“ Buffy stieß den erstarrten Ex- Bibliothekar an. Er zuckte zusammen und sah sich um. Für kurze Zeit war er wohl sehr weit weg gewesen.

„Oh- du- bist schon- wach. Wie geht es unserem -Folterknaben?“

„Giles- alles in Ordnung mit ihnen?- Oh- wer oder was ist das denn?“

„Äh- das ist Pearl. Ein Findelkind- wir suchen noch nach ihrem Besitzer.“ Zustimmend blickte das weiße Fellknäuel Buffy mit großen, unschuldigen Augen an.

„Die ist aber niedlich- hallo kleiner Jäger!“ Buffy streichelte und kraulte sie kurz. Die Katze versuchte, ihre Hand zu ergreifen und spielte mit ihr. Dann leckte sie an Buffys Zeigefinger, welche lächeln musste über das seltsame Gefühl durch die raue Zunge.

Spät am Nachmittag erwachte Spike aus seinem komaähnlichen Schlaf. Buffy saß neben ihm und lächelte ihn an.

„Na- wie geht´s dir?“

„Etwas besser. Was ist das?“ Das weiße Etwas in Buffys Arm zappelte plötzlich und drehte sich um.

„Das ist Pearl. Dawn´s neue Freundin, wenn sich niemand meldet.“ Die Katze starrte Spike kurz an, dann verengten sich ihre Augen und sie fauchte los. Ihre krallenbewehrte Tatze schlug in die Luft.

„Komisch. Alle anderen mag sie.“

„Bin eben kein Mensch- vielleicht spürt sie daß.“

„Oder sie weiß, daß du früher um Kätzchen gepokert hast.“

„Hey- ich hab sie danach immer freigelassen!“

„Ja. Nachdem du gut warst.“

„Ach- laß mich doch in Ruhe mit den alten Geschichten. Ich halt dir auch nicht vor, daß du mal Cheerleader werden wolltest.“

„Was ist daran so schlimm?“ Die Katze sprang von Buffys Schoß und rollte sich auf dem Sessel in der Ecke zum Schlafen zusammen.

„Ach- komm schon- eine Pompom- schwingende Jägerin- das ist nicht dein Ernst!“ witzelte Spike kopfschüttelnd. Manchmal wunderte er sich doch sehr über seine Freundin.

„Warum findest du das so komisch?“

„Weil ich mir gerade vorstelle, wie du vor den Vampiren rumhüpfst und- „Dämonen vor- yeah“ schreist. Aber vielleicht können sich Dämonen ja auch totlachen- du kannst es ja mal ausprobieren. Ich fürchte nur, sie würden das falsch aufffassen.“

„Weißt du eigentlich, daß du ein verdammtes Arschloch bist? Und ein Macho dazu. Ich bin Spike- der stolze Vampir- ich mach euch alle nieder- achja- ganz nebenbei- daß ist Buffy- ist zwar nur ne Frau, aber manchmal landet sie ja auch nen Treffer!“

„Du erwartest jetzt keine ernsthafte Antwort darauf, oder?“ Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und tat gelassen- auch wenn diese Unterhaltung doch sehr stark an alte Zeiten erinnerte.

„Nein- das war eine ernsthafte Feststellung. Aber vielleicht denkst du mal drüber nach. Wäre wohl angemessen- sonst- ach, vergiß es einfach.“ Sie stürmte aus dem Zimmer. Spike fühlte sich gerade, als hätte ihn ein Zehntonner überfahren. Was war das denn? Drehte Buffy jetzt vollkommen durch? Er spürte die Augen der Katze auf sich ruhen. Als er hinsah, schlief sie.

In der Küche schien gerade die Hölle ausgebrochen zu sein. Kennedy und Willow schrieen sich an. Spike trottete zum Kühlschrank und nahm seine spezielle Flasche heraus, die sogar mir einem S. gekennzeichnet war- als wären alle nicht schon aufmerksam genug, sich von allem fernzuhalten, was rot und flüssig war. Als er sich umdrehte, verpasste ihm die fauchende Katze auf dem Tresen fast einen Herzinfarkt. Er besann sich aber und fauchte zurück. Pearl knurrte und zog Leine.

„Das ist typisch Jägerin- du hast ja nur noch Dämonen im Kopf!“

„Besser, als so ein naives Spatzenhirn wie du zu besitzen! Weißt du was, Willow- es ist vorbei. Wir hatten eine nette Zeit miteinander- aber ich hab jetzt verdammt wichtigere Dinge zu tun.“ Kennedy stürmte aus dem Haus und ließ die verzweifelte Willow zurück. Spike wollte zu ihr gehen, da es alle anderen anscheinend gar nicht interessierte, was eben passiert war, aber da rannte ihn Dawn fast um.

„Paß doch auf- ich hab´s eilig!“

„Dawn- wo willst du hin?“

„Muß noch mal in die Schule- hab was liegen lassen. Kann spät werden. Tschau.“ Langsam wurde das hier zum Alptraum, oder?

„Äh- Giles- Willow und Kennedy-.“ Der Engländer kam mit einem Koffer die Treppe runter und stellte ihn kurz ab.

„Was immer es ist- du machst das schon, Spike.“

„Wo wollen sie hin?“

„Oh- ja- äh- ich brauch ein paar Tage Urlaub. Bis bald.“

„Alter Knabe- dieses Wort existierte bisher nicht in ihrem Wortschatz- was ist hier los?“ War er denn der Einzige, der hier noch normal war?

„Man lernt nie aus- das weißt du doch. Und es sieht nicht so aus, als würde hier in der nächsten Woche die Welt untergehen- ihr kommt schon ohne mich klar.“ Damit verschwand auch er vom Schlachtfeld.

Mason kam vorsichtig die Treppe herunter und sah sich um. „Sind die jetzt alle weg?“

„Sag bloß, du bist noch normal?“

„Was ist mit dir?“

„Ich fühl mich wie im Irrenhaus, wenn es dich interessiert. Die ticken hier alle nicht mehr richtig, oder?“

„Ein Dämon?“ Wie zur inneren Bestätigung blickte sich Mason absichernd um.

„Keine Ahnung. Aber etwas stimmt hier überhaupt nicht. Wir sollten es im Auge behalten.“

Mason lehnte sich neben Spike auf den Tresen und beobachtete die Szenerie.

Eine Stunde war verstrichen. Vor Mason stand ein halb volles Glas Milch, vor Spike ein leeres Glas mit rötlichem Schimmer. Mason hatte nichts dagegen gehabt, schließlich fand er das mittlerweile normal- und es war ja nur Tierblut. Lauren und Tomas hatten in dieser Zeit Comics gesehen. Dann waren sie Basketball spielen gegangen. Also waren die auch noch nicht infiziert. Willow war irgendwann auch gegangen und wollte mit niemandem sprechen. Chao- Ann hatte den Kühlschrank geplündert und Mason mit unverständlichen Flüchen belegt. Er hatte Spike nur irritiert angesehen und ihren Namen auf die Liste gesetzt, die sie nun führten. Spike erinnerte sich daran, wie Giles vorgehen würde. Also holte er Willows Laptop und sie versuchten sich gemeinsam im Internet. Aber es war nichts darüber zu finden. Niemand hatte vorher eine Begegnung mit einem Dämon gemacht- das hatten sie Tyra noch entlocken können, bevor auch sie ausgerastet war und zurück zu ihren Pflegeeltern fuhr.

„Hast du eine Ahnung, warum es gerade uns verschont?“

„Nein. Wenn ich das wüsste, wäre es auch viel einfacher- und ich würd den Ehrenpreis für schnelle Schlussfolgerungen verdienen.“

„Zwanzig Uhr. Es fing früh an, als Dawn mit Sam stritt. Und mittlerweile haben wir 7 Kandidaten.“

„Nein. Acht.“ Spike notierte Buffys Namen.

„Sie auch?“

„Frag einfach nicht. Es ging ganz plötzlich los.“

Die Mädchen kamen im Kollektiv die Treppe herunter. Kurze Röcke und makelloses Styling verrieten ihre Absichten.

„Und wo wollt ihr Hupfdohlen hin?“ Langsam reichte es Spike.

„Bei Dawn ist wieder ´ne Party in der Schule. Kann spät werden.“

„Ihr werdet nicht gehen. Hier passiert gerade etwas, was nicht normal ist- wir brauchen eure Hilfe!“

„Weißt du was, Vampir? Steck dir deinen Rat der Wächter doch sonst wohin. Wir sind nur einmal jung.“ Damit verschwanden sie.

„Okay- ergänze Heather.“

“Hey- wartet auf mich- ihr dummen Weiber!”

„Und Dennis. Wie Viele bleiben da noch übrig?“ Spike wurde immer nervöser. Das ähnelte wirklich sehr stark seinen schlimmsten Alpträumen. Sie waren alle nicht mehr sie selbst- ein anderes Selbst schien sie übernommen zu haben.

„Außer uns? Nur noch die beiden Jungs und Andrew. Der arbeitet im Keller an irgendwas Wichtigem- schien recht normal zu sein, als ich erst unten war. Vielleicht können wir ja Buffy noch-?“

„Glaub ich weniger. Das ist nicht ihr normaler Irrsinn. Das ist was Anderes.“ Die Katze sprang wieder auf den Tisch und näherte sich Spike. Ihre Augen fixierten ihn, aber sie fauchte nicht.

„Dieses Tierchen ist mir irgendwie suspekt.“

„Was meinst du?“ Spike näherte sich ihr mit der Hand.

„Keine Ahnung. Ich hab eine Katzenallergie- vielleicht liegt´s daran.“ Mason wich instinktiv etwas zurück.

„Wer bist du wirklich, kleines Biest?“ Spikes Fingerspitze berührte ihre Nasenspitze. Plötzlich schlug sie aus und verpasste ihm einen langen Kratzer auf der Hand, der intensiv brannte. Er rieb sich die Hand. Es heilte zwar gleich, aber ein seltsames Gefühl wanderte in seinem Arm nach oben.

„Sag ich ja- suspekt. Komm mir bloß nicht zu nahe- Monster!“ Mason wich immer weiter zurück. Auf Schnupfen und dicke Augen hatte er wirklich keine Lust. Es krabbelte ihm ja so schon in der Nase.

Buffy schritt demonstrativ aus dem Haus. Sie trug das Kleid, das sie sich damals für das Theater gekauft hatte und sah einfach umwerfend aus. Spike spürte plötzlich eine innere Panik aufsteigen und folgte ihr unauffällig. Sie hatte den Wagen genommen und fuhr nach New York. In einigem Abstand folgte er ihr auf dem Motorrad. Was immer sie vorhatte- es konnte nichts Gutes sein.

Sie verschwand in einem vornehmen Club in Lower Manhattan. Er wartete draußen und beobachtete den Eingang. Nach etwa einer Stunde erschien sie wieder- mit Willow an ihrer Seite. Er wollte schon loslaufen, da bemerkte er einen Kerl im Anzug, der Buffy seine Hand auf die Schulter legte. Sie verabschiedete sich von ihr und ging mit ihm mit. Eine Welt schien gerade unterzugehen. Sie betrog ihn! Das war doch nicht möglich! Warum? Er war doch nur ein paar Tage fort gewesen. Und dann ihre Beschuldigungen heute früh. Der Schock ließ ihn erstarren.

Buffy genoss die Küsse auf ihrem Hals. Ein Prickeln durchlief ihren ganzen Körper. Sie waren zu ihm gegangen- und sie wusste nicht einmal seinen ganzen Namen- er hieß Shawn- oder so. Aber das war egal. Spike war Vergangenheit. Sie würde ein neues Leben beginnen. Keine Verpflichtungen als Jägerin- einfach nur tun und lassen, was man wollte. Es war immer nur um die Dämonen gegangen- nie um sie. Etwas Egoismus würde ihr nicht schaden. Sollte Spike doch sehen, wo er blieb mit seinen Freunden- den Vampiren.

Spike schob sein Motorrad vor sich hin. Das war zuviel. Tausende Gedanken sausten durch seinen Kopf. Und einer siegte schließlich. Sollte sie doch sehen, wo sie blieb! Es war vorbei. Er wollte sterben. Nein- er musste kämpfen. Aber Buffy- nein- sie war nicht länger sein Ein und Alles. Sie hatte ihn belogen. Es tat weh- aber er würde es ihr heimzahlen.

Er sah auf die andere Straßenseite zum Nachtcafe. Die Silhouette der Hexe zeichnete sich hinter der Scheibe ab. Er stellte das Bike ab und ging hinein. Sie sah verzweifelt aus. Er setzte sich ihr gegenüber. Sie sah ihn aus verweinten Augen an. Er nahm ihre Hände auf dem Tisch und drückte sie sanft. Zwei Verlassene in einem fast leeren Nachtcafe schwiegen sich einfach nur an. Sie verstanden sich ohne Worte. Ein Außenstehender hätte sie für ein Liebespaar halten können.

 

 

 

 

 

Sie hatte es gefühlt. Spike hatte sie gelehrt, auf welche Anzeichen man achten musste, um einen Vampirclub zu finden. Die schwarze Metalltür quietschte beim Öffnen. Sie wollte kämpfen. Das war ihre Aufgabe- zumindest solange, wie sie eine Jägerin war. Aber das war sie immer noch. Sie würde nicht wie Giles über Büchern enden.

Und sie wollte vergessen. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Spike dürfte es nie erfahren. Aber sie wusste, daß das unmöglich war. Er konnte in ihrer Seele lesen wie in einem Buch. Es war nun schon 3 Tage her, seitdem es passiert war. Und sie hatte nicht gewagt, nach Hause zu gehen. Willow hatte nichts gesagt und schweigend die Wagenschlüssel genommen. Es hatte sie alle anscheinend wie ein Blitz getroffen. Und nun wurde sie sich erst bewusst, was eigentlich geschehen war. Sie hatte den Mann betrogen, der ihr am meisten vertraute- der sie wirklich liebte. Sie würde nie wieder sein ganzes Vertrauen haben können. Wenn sie überhaupt jemals wieder eine Chance haben würde, sich für alles zu entschuldigen. Da sah sie ihn in einer der Sitzecken. Eine Vampirin schmiegte sich an ihn und küsste seinen Hals ab. Er starrte nur vor sich hin und schien seine Umwelt kaum wahrzunehmen. Er nahm das Glas vor sich und kippte das Blut in sich hinein. Dann packte er das Gesicht der Dämonin und küsste sie hart.

Buffy erstarrte vor Schock. Da drehte er sich plötzlich genau in ihre Richtung und sein Blick traf ihren. Er wirkte so tot- wie eine Gestalt, der man die Seele aus dem Leib gerissen hatte. Was hatte sie nur getan?

Sie trug einen straffen Zopf und die Lederjacke, die er ihr geschenkt hatte. Also hatte sie damit gerechnet, länger weg zu bleiben. Wie hatte er nur so blind sein können? Es war alles nur ein verdammtes Spiel. Buffy Summers würde immer die eiskalte Jägerin bleiben, die sich nahm, was sie wollte und dann darüber lachte, wenn es anderen schlecht ging. Wie viele Male hatte sie ihm das Herz gebrochen- ihn wie den letzten Dreck behandelt? Aber das war vorbei. Nie wieder würde er darauf hereinfallen. Warum tat es dann nur so weh?

Buffy nahm all ihre Kraft zusammen und verließ hocherhobenen Hauptes den Club. Sie lief auf die andere Straßenseite zu seiner Maschine. Sie nahm Zettel und Stift aus ihrer Brusttasche und schrieb, indem sie den Zettel auf den Ledersitz legte:

Ich wünschte, ich könnte verstehen, warum ich es tat.

Ich weiß nur, daß ich mit dir die wundervollste Zeit

Meines Lebens verbringen dürfte, auch wenn ich die

Tage nicht mehr zählte- weil jeder Tag etwas Besonderes

Ist. Ich habe verstanden. Aber selbst der Tod wird mir

Nicht die Liebe zu dir nehmen können.

Ich verfluche den Abend, an dem ich Spike betrogen und

William verletzt habe.

Buffy

 

Sie sah noch einmal zweifelnd auf das Stück Papier, dann entschied sie sich und klemmte es an den Anzeigen fest. Sie steuerte auf das Rockefeller Center zu. Die Nachtwache bemerkte sie nicht und der Fahrstuhl beförderte sie bis ganz nach oben. Dort nahm sie die Feuertreppe und stieg auf das Flachdach hinaus. Von hier aus konnte sie die Bucht sehen. Es war schon nach Mitternacht. Die Dunkelheit war ihr ein guter Freund geworden. Das Lichtermeer unter ihr wirkte fremd und kalt. Diese Stadt hatte ihr bis jetzt nicht viel Gutes prophezeit. Vampirhorden, das Urböse, ein Irrenhaus und ein vollkommen neues Leben. Ihre früheren Freunde waren nun ihre Arbeitskollegen. Und das Einzige, was sie wirklich gewonnen hatte, warf sie einfach so weg. Nur wegen ein paar unbedachten Minuten. Am liebsten wäre sie jetzt ganz weit weg. Tot vielleicht. Das wäre wohl die einzige Alternative zu diesem Leben. Sie ging bis an den Rand und stieg auf die Brüstung. Unter ihr lag eine Ameisenstadt aus Lichtern und Bewegung. Sie breitete die Arme aus und schloss die Augen. Es war doch nur ein kleiner Schritt. Alles wäre so einfach. Ohne sie lebten die Anderen besser. Sie war herrschsüchtig und achtete nie auf die Probleme in der Gruppe. Tyra hatte recht. Sie war eine verwöhnte Highschool- Queen. Und sie konnte nicht einmal ihn verstehen. Warum tat es so weh, ihn mit dieser Frau zu sehen? Sie war schuld an allem- sie hatte damit angefangen. Und nicht zum ersten Mal hatte sie ihn wie den letzten Dreck behandelt. Manchmal wollte es ihr Verstand wohl einfach nicht zulassen, daß Spike eine verletzbare Seele hatte. Der ideale Mann an ihrer Seite war wohl eine Maschine- ein Sandsack, auf den man einschlagen konnte und der nie wiedersprach. War sie so ein emotionales Wrack? Wie hatte sie es so weit kommen lassen können? Nach ihrem Aufenthalt in dieser Klinik hatte sie anders gedacht. Sie hatte versucht, Spike und Dawn und die Anderen wirklich zu verstehen. Aber dann tauchten die alten Dämonen wieder auf und alles war wie früher. Spike der Prügelknabe, der immer dann herhalten musste, wenn etwas nicht nach ihrem Kopf ging- Dawn, die Schwester, die ihr immer so fremd blieb, weil sie sich nie wirklich mit ihr auseinander setzte. Und Giles und Willow und Xander- wann hatte sie das letzte mal mit ihnen gesprochen -ohne, daß es um die Dämonen ging? Sie war ein schlechter Mensch- ein schlechter Zuhörer und absolut gefühlskalt. Ein Windhauch streifte ihr Gesicht. Vielleicht war sie weniger Mensch als er. Und er hatte an sie geglaubt. Sie hatte es ihm versprochen. Sie musste weiterleben. Aber für wen? Er würde sie nicht mehr sehen wollen. Und ohne ihn war ihre Welt noch einsamer. Ihre Seele war einfach nur noch tot- warum sollte ihr Körper noch weiterleben? Aber andererseits interessierte es auch niemanden mehr, ob sie noch lebte- für die Welt war sie schon lange tot- warum sollte sie das nicht noch ein bisschen ausnutzen? Sie öffnete die Augen. Wenn sie jetzt ging, würde das Böse siegen. Es war einmal ihre Aufgabe gewesen, es zu bekämpfen. Etwas hatte sie so weit getrieben, diesen Umstand zu vergessen. Und es hatte sie vergessen gemacht, wer Spike wirklich war- ein gefährlicher Vampir. Ihre Arme sanken nach unten. Nein. Noch nicht. Ihre Zeit würde kommen, aber vorher galt es, jemandem gewaltig in den Arsch zu treten.

Kinder der Nacht

Spike nahm den Zettel von seinem Motorrad und steckte ihn unachtsam in seine Manteltasche. Dann machte er sich auf den Weg in den alten Unterschlupf in der Druckerei. Buffy würde es nicht wagen, hier aufzutauchen. Sie hatte ihn mit dieser Frau gesehen und für sie musste es echt ausgesehen haben- daß das wieder nur einer dieser Tricks war, um Vampire auszuschalten, würde sie nicht wahrnehmen. Für heute Nacht gingen wieder einmal 7 Vampire auf sein Konto. Er fuhr langsam am Central Park entlang. Da hörte er die Schreie eines Mädchens. Er bremste ab und lief los. Sein Instinkt schlug Alarm. Vampire! Und zwar viele. Und ein wehrloses Opfer. Er sah die Gruppe an der Teichkante eine kleine Gestalt umrunden. Und er kannte dieses Mädchen. Tyra! Warum geriet sie immer in Schwierigkeiten? Er stürzte sich auf einen der Vampire und tötete ihn sofort. Es kam zum unausweichlichen ungleichen Kampf- 2 gegen etwa 30. Und die Gegner hatten Messer dabei. Ty musste in Sicherheit gebracht werden- sie war gegen die Messer nicht immun wie er.

„Spring ins Wasser und schwimm weg! Ich werd allein mit denen fertig!“ Er fluchte im nächsten Moment über die Zehntelsekunden, die er unachtsam war- ein Messerhieb traf ihn im Rücken. Warum musste er gerade jetzt daran denken, daß es Gott sei Dank so warm war, daß er beim Anhalten seinen Mantel ausgezogen hatte? Manchmal waren die Gedankengänge einer Seele wirklich seltsam. Er brach nach vorn zusammen und täuschte vor, stark verletzt zu sein. Ty beobachtete mit Schrecken daß Szenario. Die Vampire schlugen mit ihren Schuhen und Fäusten auf ihn ein- und Spike schien sich nicht einmal zu wehren. Sie wollte fast zurückschwimmen, als sie seinem eisigen Blick begegnete. Er verwandelte sich in Spike- den Vampir und richtete sich langsam auf. Die Wut hatte ihn zurück. Aber was war da gerade mit ihm passiert? Er hatte sonst auch Überzahlen von Gegnern einfach niedergemacht. Aber diesmal hatte er eine Schwäche gezeigt. Er war unachtsam gewesen, um sie zu schützen. Im Normalfall hätte es ihn das Leben gekostet. Sie schwamm auf der Stelle und beobachtete den Kampf. So, wie er eben schwach erschien, war er jetzt stark und gefährlich. Er reagierte wohl eine innere Wut an den Vampiren ab. Ihre Messer wurden ihnen selbst zum Verhängnis und machten sie vorerst kampfunfähig. Als sich die übrig gebliebenen Gegner nur noch am Boden wanden, zückte er einen Pflock und beförderte sie nacheinander ins Jenseits.

Tyra schwamm langsam zurück und er zog sie aus dem Wasser. Sie bibberte am ganzen Körper.

„Hast du eine Bleibe für heut Nacht?“

„Nein- bin wieder abgehaun. Sie wollen mich zurück ins Heim schicken.“ Spike musterte sie kurz.

„Kann ich dir noch vertrauen?“ Er machte einen Schritt zurück und sah sie durchdringend an.

„Hey- du hast mir grad das Leben gerettet- selbst wenn ich dein Gegner wäre, wäre ich dir was schuldig. Aber ich mag dich immer noch, wenn dich das interessiert.“ Sie eilte ihm so schnell wie möglich hinterher.

„Komm mit- du musst irgendwie wieder trocken werden- du nasse Ratte.“ Er strich ihr freundschaftlich über den Kopf. Am Eingang angelangt nahm er seinen Mantel und schlang in ihr trotz der Proteste um die Schultern. Sie sah aus wie ein Zwerg in einem viel zu großen Umhang. Dann ließ er sie aufsteigen und brachte sie in sein Versteck.

„Hey- dreh dich gefälligst um!“ Sie blätterte sich aus den nassen Sachen und ließ sie auf den Boden klatschen. Er hatte ihr eine Decke gegeben, in die sie sich nun einwickelte und auf die Matratze fallen ließ.

„Tut mir leid, wenn ich deinen Mantel versaut habe.“ Bemerkte sie kleinlaut.

„Ist egal. Das trocknet wieder.“ Er schnappte sich ihre Sachen und hing sie über die Heizungsrohre im Gang. Dann setzte er sich neben sie und starrte vor sich hin.

„Danke, daß du mir geholfen hast.“

„Schon gut- keine Ursache.“

„Nein- ehrlich. Ich wäre heute abend draufgegangen- oder?“ Sie wurde sehr leise und schien ernsthaft über alles nachzudenken, was eigentlich passiert war.

„Schon möglich.“

„Warum bist du immer so kalt zu mir? Was hab ich dir getan?“

„Es- tut mir leid, wenn du den Eindruck hast, ich würde dich nicht mögen.“

„Ist es denn nicht so?“

„Nein.“

„Aber warum?“

„Hör auf- okay! Du kannst hierbleiben und die Klappe halten oder gehen. Such´s dir aus- mir ist es egal.“

„Du redest nicht gern mit Menschen, oder?“

„Wie kommst du darauf?“

„Naja- wenn du mal was sagst, dann betrifft es unseren Job, oder du machst komische Kommentare zu den Gedanken von Xander oder Tomas. Aber sonst bist du immer so schweigsam.“

„Es gibt nun mal nicht viel, was ich zu erzählen hätte.“

„Oh- ich denke schon, daß du viel erlebt hast in deinem Leben. Du hast nur Angst, uns davon zu erzählen, weil wir dich sonst vielleicht nicht mögen könnten.“

„Bist du bald fertig mit deiner Psychoanalyse?“

„Oh nein- ich fang gerade erst an. Du verdrängst viel zu viel. Und du und Buffy- ihr...“

„Erwähne nie wieder ihren Namen!“ raunte er sie wütend an.

„Oh- also gibt´s da doch etwas, was ihr klären solltet. Betrifft wohl das, was auf dem Zettel steht.“

„Welcher Zettel?“

„Och-der hier- steckte in deiner Manteltasche. Ich dachte, du hast ihn gelesen.“ Sie reichte ihm das zerknüllte Papier. Er hielt ihn in das Licht, daß von der offenen Tür hereinströmte und las. Er schüttelte den Kopf und las noch einmal.

„Klingt wie ein Abschiedsbrief- meinst du nicht? Menschen entschuldigen sich meistens für alles, wenn-.“

„Wenn sie mit dem Leben abgeschlossen haben. Oh mein Gott!“ Was hatte sie sich angetan? Und er hatte sie nicht daran gehindert. Plötzlich kam ihm alles wieder ins Gedächtnis, was sie in den letzten Monaten zusammen erlebt hatten- und da sah er sie lachen- dieses wundervolle, herzliche Lachen an diesem Abend- dem 15. Januar.

„Du hast sie nicht gesucht?“

„Ich habe den Zettel nicht gelesen.“

„Wann war das?“

„Vielleicht vor einer Stunde.“

„Dann fahr zurück und such sie!“

„Sie hat mich betrogen, Ty. Sie will mich nicht mehr.“

„Spike- seit wann bist du so ein Weichei? Und warum hast gerade du kein Gefühl dafür, was zwischen den Zeilen steht. Es tut ihr leid, verdammt! Wir haben alle in den letzten 3 Tagen nur Mist gebaut- sieh uns doch an. Was kann passiert sein, daß wir alle auseinandergerannt sind?“

„Ein Dämon- Mason und ich- wir haben euch beobachtet- und dann- ich weiß nicht. Ich wurde panisch und bin ihr hinterhergefahren.“

„Spike- seid wann bist du nicht mehr du selbst? Ich hab dich kämpfen sehen- es wäre dir früher nicht passiert. Was ist los?“

„Keine Ahnung. Alles ist plötzlich ein einziger Alptraum.“

„Dann versuch Buffy wenigstens vor diesem Alptraum zu bewahren. Such sie. Wenn sie sich etwas antut, wirst du es dir nie verzeihn.“

„Danke.“ Er sprang auf und machte sich auf die Suche- aber er konnte sie nirgends finden. Er klapperte sogar die Krankenhäuser ab und fragte nach Belinda Summers, aber sie war nirgends.

Xander startete den Motor des Kleinbusses. Nachdem ihm Mason von den seltsamen Vorkommnissen erzählt hatte, warteten sie 4 Tage ab, ob sich nicht alles wieder zusammenfinden würde. Das Spike mehrere Tage und Wochen fernblieb, war normal- niemand machte sich ernsthafte Gedanken darüber. Aber Tyra und Buffy waren überfällig. Sie hatten sich nicht einmal gemeldet und Bescheid gesagt. Giles war ein vernünftiger Mann- er wollte mal raus aus dem Tumult- daß war nur zu verständlich, obwohl die Art und Weise, wie er geflüchtet war, nicht seinem Stil entsprach. Buffy hatte ihren Sender im Wagen liegen lassen, und so konnten sie sie auch nicht finden. Aber Andrew kam auf die Idee, Spike ausfindig zu machen- er würde schließlich wissen, wo sie steckte.

Sie verfolgten das Signal in New York und hielten vor der alten Druckerei, als es dort zum Stillstand kam. Mason stieg aus und erforschte das Gelände. Es war Tag und er fand Spikes Motorrad. Also wussten sie nun, wo er war. Sie legten sich im Wagen auf die Lauer.

Die Stunden vergingen. Als es Abend wurde, tauchten Ty und Spike im Eingang auf. Mason steuerte auf sie zu und hielt Ty zurück, die ihn nicht hatte kommen sehen und Spike in das Nebengebäude folgte. Sie erschrak und fuhr herum.

„Mein Gott- warum erschrickst du mich so? Was willst du?“ fuhr sie ihn unwirsch an. Spike war schon im Haus verschwunden und bekam davon nichts mit.

„Schön, dich wiederzusehen. Warum kommst du nicht heim?“

„Ich habe kein Zuhause.“

„Doch- und das weißt du. Wir sind alle für dich da, wenn du uns brauchst.“ Sie wirkte nervös.

„Wirklich?“

„Ty- wir wollen, daß du zurückkommst. Und Spike. Es ist nicht richtig so. Wir müssen zusammen arbeiten.“

„Okay- ich komme mit. Aber Spike wird es nicht tun. Er hat Angst.“

„Wovor?“

„Das Buffy etwas passiert ist. Aber er gibt es nicht zu. Offiziell ist er sauer auf sie- also sprich nicht von ihr.“

„Verdammt- und wir dachten, er weiß, wo sie ist.“

„Hey- unser Kampfass- Mason- versuchst du mir Mitarbeiter abzuwerben?“ Spike kam langsam angerollt.

„Nein- bewahre. Wir denken nur, es wäre besser, wenn Tyra wieder zurückkommt. Und einen geregelten Tagesablauf hat. Sie muß in die Schule- wir kriegen schon Ärger mit dem Jugendamt.“

„Die können mich mal!“ Tyra schaltete wieder auf Trotzkopf.

„Hey- erinnerst du dich noch, was du mir gesagt hast? Gib dein Leben nicht auf, wenn etwas mal schief geht- an jedem Tag kann auch wieder die Sonne scheinen. Okay? Fahr mit ihnen mit. Und versprich mir, auf die Anderen aufzupassen!“ So hatte Mason diesen Vampir noch nie erlebt- er konnte ja richtig Herz haben. Anscheinend waren die beiden in den letzten Tagen gute Freunde geworden.

„Danke, Spike. Du wirst sie finden- ich bin mir ganz sicher.“ Sie umarmte den verdutzten Vampir herzlich und schien ihn kaum loslassen zu wollen.

„Geh jetzt. Wir sehen uns bald wieder.“ Er schob sie unbeholfen zu Mason und fuhr los. Sie sah ihm lange hinterher.

„Ihr seid ja richtig gute Freunde geworden- woher kommt es?“

„Wißt ihr- manchmal ist Spike wirklich sehr leichtgläubig.“ Stellte sie sachlich fest.

„Was meinst du?“ Der große Kampfsportler beeilte sich der kleinen, resoluten Person zum Kleinbus zu folgen. Sie stieg auf den Beifahrersitz und grinste Xander an.

„122.te Strasse Riverside Park. Fahr los- worauf wartest du?“

„Äh- was wollen wir da?“

„Ich denke, ihr sucht Buffy?“

„Aber Spike-?“

„Ja, genau- er sucht sie- also müssen wir schneller sein.“

„Warum?“

„Weil er sie am liebsten umbringen will- schon mal daran gedacht?“

„Und woher weißt du das alles?“

„Okay- also zum Mitmeißeln. Buffy hat Spike betrogen- mit irgend so einem Typen im Anzug. Er hat sie gesehen- das war so ziemlich das Schlechteste, was passieren konnte. Dummerweise hat sie ihn dann aber mit einer Vampirin gesichtet- die wollte er aber nur töten, was bei Buffy nicht ankam. Sie schreibt ihm so einen dummen Zettel, den ich in die Finger kriege und ihn erst mal aufkläre, daß sie sich vielleicht umbringen will- was sie natürlich nicht tut. Spike erfährt, daß sie einen Club ausgeräuchert hat, den er sich eigentlich vorgenommen hatte und ist sauer. Sie hat ihn anscheinend an der Nase herumgeführt. Da beschließt unser guter alter Vampir mal wieder, Rache zu nehmen- immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, daß sie sich ja auch aus lauter Verzweiflung umbringen könnte- und dann hätte er gar nichts mehr zu tun. Er ist wirklich stinksauer- das hat wohl was mit der Konkurrenz zwischen den Beiden zu tun.“

„Was für eine Konkurrenz?“

„Buffy war immer die Anführerin. Und dann wagt es doch Giles, ihr denjenigen vor die Nase zu stellen, den sie immer nur rumgescheucht hat- der nie was zu sagen hatte. Böse gelaufen. Bis jetzt haben die sich ganz gut da raus gerettet- aber nun sehen sie sich nicht mehr und können sich nicht abreagieren- also staut sich alles an.“

„Dieser Dämon bringt sie gegeneinander auf.“

„Dämon- cool- endlich mal einer, der mir sagt, was eigentlich los ist.“

„Und woher weißt du, wo Buffy ist?“

„Sie tauchte in Spikes Versteck auf, als er Gott sei Dank nicht da war. Sonst hätte ich wohl ihr Blut aufwischen können. Ich hab gute Miene zum bösen Spiel gemacht und ihr nichts von Spikes Wut erzählt. Aber sie ist mittlerweile selber so weit, daß sie ihn umbringen will- weil er ein blöder Vampir ist oder so. Also sollten wir vielleicht versuchen, die beiden voneinander fernzuhalten- bis wir diesen Fluch oder was immer auflösen können.“

„Wir sind da.“ Xander parkte den Wagen.

„Ihr müsst Beide mitkommen- es ist verdammt gefährlich hier in der Nacht.“ Sie sprang auf den Gehweg und stapfte los. Die beiden Jungs folgten ihr schweigsam. Hier war es wirklich unheimlich. Zielstrebig schien Tyra den Tunnel und die Gänge entlang zu finden. Dann blieb sie vor einer Tür mit kleiner Metalltreppe stehen. Überall waren Graffiti an der Wand und der Müll türmte sich auf. Tyra stieg nach oben und riß die Tür auf. Dort saß eine weibliche Gestalt und spitzte mit einem Messer Holzpflöcke an.

„Buffy- was ist denn mit dir passiert?“ Sie drehte sich auf Xanders entsetzte Frage hin um. Ihr Gesicht hatte sie mit schwarzen Mustern bemalt, die sie bedrohlich und fremd wirken ließen.

„Oh- Hallo- habt ihr Spike gesehen?“ Sie stand auf und überprüfte die Handlichkeit des Pflocks.

„Bist du denn vollkommen verrückt?“

„Neeeiin- natürlich nicht- ich habe nur noch eine letzte Aufgabe zu erfüllen- dann kann ich gehen.“ Sie lachte irre.

„Okay- Buff- mach keine Dummheiten. Wir nehmen dich jetzt mit heim.“ Xander steuerte vorsichtig auf sie zu.

„Ich denk ja gar nicht daran. Bei euch kann ich meine Aufgabe nicht erfüllen.“

„Buff- was ist deine Aufgabe?“ Eigentlich schien die Frage recht überflüssig zu sein, aber besser, man hatte sie gestellt, anstatt danach überrascht zu werden.

„Ich muß den Vampir töten, der an allem Schuld ist. Ich muss ihn von seinem Leid befreien. Ich hab ihn verletzt- und jetzt ist er sauer auf mich. Entweder er oder ich. So einfach ist das.“

„Hey- was hältst du davon, wenn wir dich zu ihm führen?“ Tyra hatte gerade einen Plan entwickelt.

„Oh- das wäre- toll! Wo ist er?“

„Äh- zu Hause, ja. Wir wollten ihn eigentlich rausschmeissen- aber, na ja- irgendwie gehört er doch auch zur Familie.“

„Dem werd ich zeigen, wer hier der Boss ist!“ Buffy stürmte voll bewaffnet los.

„Gehirn eines Weißbrotes, oder?“ stellte Mason sachlich fest.

„Ich fürchte, ja. War Buffy schon immer so dumm?“ Xander wollte lustig klingen, aber es war leider nicht wirklich witzig. Die Situation war ernst. Weil alle ahnten, daß Buffy im Ernstfall nicht der strahlende Sieger sein könnte- Spike war immerhin unsterblich.

„Ich glaube, wir haben es hier mit einem fortgeschrittenen Stadium geistiger Umnachtung zu tun.“

„Die Kinder der Nacht- im metaphorischen Sinne natürlich.“ Xander klang überaus hochtrabend.

„Xander?“

„Ja?“

„Kann es sein, daß dein größter Alptraum immer der war, mehr Gehirnmasse effizient zu nutzen?“

„Wieso?“

„Ach- war nur so´ne Frage. Denk nicht drüber nach.“

In der Zentrale angekommen, herrschte wieder neuer Tumult. Kennedy und Willow waren erneut aneinander geraten und Kenny beschuldigte sie, wieder der schwarzen Magie zuzusprechen. Also war alles noch beim Alten. Dawn war nicht anwesend- sie würde wie immer erst spät abends heimkehren. Hier machte jeder, was er wollte. Und der vernünftige Giles war weit weg. Also musste jemand Anderes ein Machtwort sprechen. Warum blieb nur alles momentan an Mason hängen? Xander war einfach nicht fähig, etwas zu koordinieren. Und die anderen Jungs scherte es irgendwie recht wenig, was gerade geschah. Andrew versuchte zwar immer, die „Familie“ zusammenzuhalten, blieb aber erfolglos. Also schlug Mason hart auf den Tisch, so daß das herumstehende Geschirr durch die Vibration laut klirrte. Alle sahen ihn erschrocken an.

„So- jetzt reicht es endgültig! Zuerst räumen Heather und Sam den Abwasch weg. Jungs- ihr schafft sämtliche Waffen in den Tresor. Die anderen Halbstarken räumen dieses Chaos auf. In einer viertel Stunde ist hier alles blitzblank. Ich will keinen Ton hören! Wenn ihr auch nur wagt, auch zu streiten, fliegen hier ernsthaft die Fetzen! Und dann könnt ihr sehen, wo ihr eure Einzelteile auflest!“ Ein leises Murren ging durch die Halle, aber jeder machte seine Arbeit, schließlich war Mason ein ernstzunehmender Gegner- mit 200 Pfund Kampfgewicht wollte sich niemand ernsthaft anlegen.

„Bloß gut, daß ihr wieder da seid. Ich hatte um mein Leben Angst.“ Andrew schien sich die ganze Zeit auf der Toilette eingeschlossen zu haben.

„Wo ist Spike?“ fragte Buffy bestimmend.

„Gerade nicht da. Hör auf mit diesen Mordgedanken- das bringt dich noch ins Grab!“ Xander schien anscheinend begriffen zu haben, wie der Plan aussah. Sie mussten es irgendwie schaffen, daß Buffy wieder normal würde.

„Es ist meine Aufgabe.“

„Jetzt hör mir mal gut zu- Buffymäuschen! Deine Aufgabe besteht darin, dich erst mal zu waschen und saubere Sachen anzuziehen. Und dann wirst du etwas essen und schlafen gehen. So einfach ist das.“ Mason schien nun endgültig die Fassung zu verlieren.

„Wie sieht´s aus- Ratsversammlung?“ fragte Andrew vorsichtig.

„Mit diesen Verrückten? Aber gerne doch. Okay- warum nicht- was haben wir noch zu verlieren?“ Mason rieb sich angriffslustig die Hände.

„Wir brauchen Giles- dringend.“ Flüsterte Xander ihm zu.

„Hast du ihn irgendwie erreichen können? -Nein- also mach dir keine Hoffnung. Dieses Chaos soll wohl so was wie unser Meisterstück werden. Okay- wer hat hier den Joker im Ärmel? Irgendeiner ist für den Schlamassel verantwortlich- und ich glaube, ich habe gerade die Schuldige gefunden.“ Er starrte auf die zerschlissene Seite des Sofas. Die Katze hatte es als Kratzbaum missbraucht.

„Aber es hat auch diejenigen beeinflusst, die nicht hier waren.“

„Vielleicht ist das ja eine Art Virus. Du wirst infiziert- und irgendwann bricht es aus. Kleines, unberechenbares Miststück- äußerst genial. Wer misstraut schon einem kleinen, hilflosen Kätzchen. Wo ist dieses Mistvieh?“

„Wie kommst du darauf, daß sie dran schuld ist?“

„Nur so eine Vermutung. Ich hab sie nicht angefasst- und ich bin noch normal. Spike hat sie gekratzt- und er will gleich töten. Mit Dawn fing alles an- wir haben es mit Spike beobachtet, als er noch er selbst war. Und kurze Zeit später rast er Buffy hinterher und benimmt sich wie ein Derwisch. Fällt dir da nicht eine gewisse Parallele auf?“

„Wir sollten einfach rumfragen, wer alles Kontakt mit der Katze hatte. Dann erfahren wir vielleicht, ob du recht hast.“

„Sag mal Xander- was wäre dein schlimmster Alptraum?“

„Keine Ahnung.“

„Hast du die Katze angefasst?“

„Ja- vermutlich. Und?“

„Was fürchtest du am meisten? Was macht dir am meisten Angst in dieser Gruppe?“

Xander schien nachzudenken. „Ich könnte es nie ertragen, wenn Buffy jemand weh tut.“

„Und du magst Spike nicht besonders.“

„Das könnte man als untertrieben gelten lassen.“

„Also haßt du ihn- und du hast Angst, daß er Buffy etwas tun könnte?“

„Ich glaube, diese Angst teile ich mit vielen hier.“

Mason dachte angestrengt nach. Vielleicht war es das ja. Die Ängste aller bestanden darin, daß die Gruppe sich trennte- daß sie machtlos waren- und das Spike wieder böse werden würde. Und genau das war anscheinend eingetreten. Buffys Freunde hatten Angst um sie- und das zusammen war tödlich. Das Böse hatte es nicht auf sie alle abgesehen- es ging einzig und allein um Spike. Er sollte wieder böse werden. Und den Rat töten.

„Ich glaube, wir haben ein ernsthaftes Problem. Sichert alle Fenster ab. Willow muß einen Bannzauber für Spike sprechen. Er darf dieses Haus nicht betreten. Und schmeißt dieses Vieh raus. Vielleicht lässt es nach, wenn sie fort ist.“ Er stürmte eifrig los.

„Mason- was wird passieren?“

„Im schlimmsten Fall?- Nunja- Spike wird uns alle umbringen. Dann kehrt er zurück in die Welt des Bösen und wir haben verloren.“

„Aber er war zu Ty so lieb- er hat sie gerettet.“ Xander verstand nicht ganz, was Mason meinte.

„Er ist nicht mehr er selbst. Als er mich an dem Abend rettete, da war er nur verzweifelt. Aber es wurde von Tag zu Tag schlimmer. Er war sehr freundlich zu mir- zu freundlich. Es war eine Falle- ich habe es gemerkt- deshalb bin ich gleich mit euch mitgekommen. Er hat etwas vor, daß uns alle vernichten wird.“

„Der wahre Jäger in ihm gibt ihm vor, zuerst das Wertvollste zu erlegen- Buffy. Sie ist sein großes Hindernis. Wenn sie nicht mehr ist, existiert niemand mehr, der das Böse in ihm aufhalten kann. Sie haben es herausgefunden. Sie ist der Gegenpol zu seiner Seele- wenn sie stirbt, stirbt der Spike, den wir alle akzeptieren konnten und der alte Spike erscheint wieder- wahrscheinlich blutrünstiger und quälender als je zuvor.“

„Das ist doch nicht möglich.“ Xander versuchte sich gerade auszumalen, was alles passieren würde.

„Laßt mich helfen.“ Zekhor trat vor sie und wirkte verstört. Es war manchmal einfach nötig, auch Leuten zu erscheinen, die eigentlich keine Gewalt über ihn hatten.

„Zekhor- du arbeitest doch mit ihm zusammen. Wieso sollten wir dir trauen?“ Xander trat mutig einen Schritt nach vorn.

„Auf euch liegt eine Art Fluch. Ihr müsst die Übeltäterin beseitigen. Ich werde Giles informieren- die Macht des Bösen erreicht ihn nicht mehr in England. Er weiß nicht einmal mehr, warum er dort ist. Und ihr müsst dem Vampir eine Falle stellen. Zur rechten Zeit werde ich da sein.“ Und weg war er.

„Meint ihr etwa auch, daß es nur so funktionieren kann?“ Xander blickte unruhig in die Runde.

„Sieht so aus, als hätten wir keine andere Wahl.“ Mason wirkte nervös. Wie gerne würde er auf das alles verzichten.

Die Gegenwehr

 

Giles war bei den Regalen mit okkulten Büchern hängen geblieben. In dieser Bibliothek konnte man atmen- es roch nach Wissen. Keine Computer, keine Hektik und laute Flüche. Es war wirklich wundervoll hier. Er würde morgen den Urlaub verlängern- um eine weitere Woche. England hatte ihn wieder. Die Jägerin kam auch ohne ihn klar- Buffy war alt genug- und in New York war Sommer. Sie würde die Zeit mit Spike genießen. Vielleicht machten sie sich einen Spaß draus und räucherten den einen oder anderen Club aus. Das war ihre Art. Ja- die kleine, hilflose Buffy war eine Frau geworden. Er hatte ganze Arbeit geleistet. Sie war intelligent und kämpfte wie eine junge Göttin. Auf sinnlose Kämpfe ließ sie sich nicht ein- nicht mehr. Spike hielt sie in Schach, weil er nachdachte, bevor er handelte. Es war eine durchaus zufriedenstellende Arbeit, die er geleistet hatte. Manchmal war er in den letzten Tagen durch die grünen Wiesen gewandert, hatte den Tau an den nackten Füssen gespürt und einfach nur gelebt. Das Leben eines Wächters war ein Schweres. Er würde Spike noch ein paar letzte Tipps geben, und dann würde er seinen Rücktritt bekannt geben. Der ganze Kampf- die Hektik- das war nichts mehr für ihn. New York ließ ihn altern. Er fühlte, wie das moderne Leben an ihm vorbeifloss, und er nicht mithalten konnte. Nein- die Hektik der Großstadt machte ihn auf Dauer kaputt. Und Tarrytown lag zu nah an dieser Teufelsstadt, als daß er es wirklich hätte genießen können.

„Giles“ Eine leise Stimme ertönte von der anderen Seite des Regals. Er sah sich um. Niemand kannte hier seinen Namen- wer war das? Ein Buch schob sich langsam etwa zwei Meter vor ihm aus dem Regal. Er sah sich kurz um und steuerte dann darauf zu. Es war ein Buch mit magischen Formeln des Bösen. Noch nie zuvor hatte er dieses Buch gesehen. Er nahm es heraus. Plötzlich erschien ein starker Windhauch und blätterte das Buch auf. Eine Seite blieb aufgeschlagen.

 

Der Fluch des Bösen

Oder: wie man Abtrünnige bekehrt.

Wenn ein Untertan seinen Meister für das Gute verrat

Und er solle zurückkommen in den Kreis des Bösen,

wende man diese Formel an und schicke einen Boten:

Giles las nicht weiter. Erfahrungsgemäß kam es bei Aussprechungen von Formeln zu seltsamen Zwischenfällen. Er sah sich erneut um. Was hatte das zu bedeuten? Wer hatte ihm da etwas zeigen wollen? Er starrte auf die Buchstaben. Niemals hatte er von diesem Spruch gehört. Und es musste einen Boten geben. Plötzlich verschwammen die Buchstaben vor seinem Auge. Ein Bild erschien. Spike. Und Buffy. Er versucht sie zu erwürgen. Seine Augen starren Giles plötzlich kalt und grausam an. Und dann lächelt er boshaft. Buffy sinkt an ihm herab und ist tot. Sein Blick scheint das Buch fast zu durchbohren. Giles schlug das Buch entsetzt zu. Was hatte er da nur zurückgelassen? Hoffentlich war das nur eine Vision- etwas, daß er vielleicht noch verhindern konnte. Er rannte aus der Bibliothek und nahm den nächsten Flieger nach New York.

Spike starrte wie immer in letzter Zeit an die Wand gegenüber. Es gab nur diesen einen Weg. Buffy musste sterben- die Frau, die ihn hinterging, die ihn ausnutzte. Wie oft hatte er nachgegeben- wie oft sie entscheiden lassen? Es war nicht richtig, daß sie ihn rumkommandierte. Sie machte ihn zur Witzfigur. Was war er denn- ein hilfloser Hausmann, dem seine Frau alles vorschreiben konnte- oder aber ein mächtiger Vampir? Er hatte die Macht des Steines- er war der Auserwählte- seine Fähigkeiten konnten aus der Jägerin und ihren treuen Heerscharen einen jämmerlichen Haufen Eingeweide machen. Er würde sie als Erstes töten- das war er ihr schuldig. Obwohl der Sadist in ihm sagte, daß sie zusehen sollte, wie alle ihre Freunde starben. Das würde sie erst recht wütend machen, und sie zu töten wäre mehr Spass. Aber das barg eine gewisse Gefahr. Sie war schnell. Wenn er nur eine Zehntelsekunde nicht darauf achtete, konnte sie ihm mir nichts, dir nichts den Kopf abschlagen. Er wagte zu bezweifeln, daß er das überleben könnte. Er war unsterblich- aber nicht lebensmüde. Alles zu seiner Zeit. Die kleine Dawn würde ihm besonders viel Freude bereiten. Und Tyra. Rache für alles, was sie ihm abverlangt hatte in den letzten Tagen. Er war ihr zuliebe nett gewesen. Das war zuviel. Nett sein zu kleinen Kröten wie ihr- wo sind wir denn hier? Er war ein Vampir. Ein verdammt böser Vampir. Genau. Und die anderen Dämonen warteten auf ihn, um ihn zu empfangen. Er würde ihr Herrscher sein- schließlich konnte er sie alle töten, wenn er wollte. Und dann würde er den Mythos besitzen. Er wollte nicht die Weltherrschaft wie dieser Tepesch- er wollte als gleichwertiges Mitglied akzeptiert werden. Und wenn ihm das die Menschen nicht geben konnten, mussten sie eben die Erfahrung machen, was es heißt, einen Spike zu verärgern. Diese verdammte Seele hatte er nur wegen ihr. Sie würde verschwinden, wenn Buffy tot war. Hallo- Spike is back. Und dieses verdammte Weichei, daß er bis jetzt war, würde endlich nicht mehr existieren. Es war einfach eine Sünde, die Macht des Steines hinter Lasagne und alten Büchern verrotten zu lassen.

Es war 21.35, als Giles in der Zentrale ankam. Das Jetlag saß ihm in den Knochen, aber er wagte nicht auszuruhen. Wie er befürchtet hatte, war es schlimmer als erwartet. Mittlerweile waren die Jägerinnen dazu übergangen, wahllos auf alles einzuschlagen, was sich ihnen in den Weg stellte. Der vernünftige Kern hatte sich auf einen der Dachböden verkrochen und harrte der Dinge, die da kamen. Und als Giles Kopf in der Luke auftauchte, schienen die 5 Jungs mehr als erleichtert. Giles stieg nach oben und setzte sich zu ihnen.

„Was ist hier passiert?“

„Reicht die Kurzform? Seid gestern versuchen wir den Anderen aus dem Weg zu gehen, weil sie uns irgendwie gern umbringen wollen. Es begann vorige Woche, als sie auch abreisten.“

„Ja- ich weiß. Ich konnte Gott sei Dank Einiges in Erfahrung bringen. Es ist ein Fluch des Bösen. Es macht aus einem ehemals Bösen Wesen wieder das, was es ist. Und gute Menschen macht es unberechenbar. Anfangs scheint alles ganz harmlos zu sein- doch dann passiert das schreckliche Finale.“

„Giles- ich frage ungern- aber was ist das Finale?“ Andrew konnte seine Angst kaum noch verbergen. Als Sam ihm einen der Kampfstäbe auf den Kopf geschlagen hatte, war für ihn schon das Ende aller Hoffnung erreicht gewesen.

„Das, was es immer ist. Der Endkampf. Alle Verfluchten treten gegeneinander an- der Stärkste gewinnt und wird zum gefürchteten Werkzeug des Bösen. Noch Fragen?“

„Wie kann man es aufhalten?“

„Es gibt sicherlich Möglichkeiten, aber ich konnte sie nicht finden. Es wäre vielleicht eine Teufelsaustreibung- oder so ähnlich, möglich. Was hineinkam, muß auch wieder herauskommen. Es ist eine Form der Besessenheit. Die Opfer glauben daß, was in ihren Alpträumen passiert. Und wer hat nicht Angst vor dem Tod, vor dem Verlust von Freunden. Das Böse nutzt die Mängel einer Seele aus, um sie zu vergiften. Liebe wird zu Hass, gut ist böse- man erkennt keine Unterschiede mehr. Und all das erhält man durch einen Boten, den man selbst mit ins Haus bringt.“

„Die Katze. Ich hab´s doch gewusst!“

„Sie ist immer noch hier?“ Giles wurde unruhig.

„Wir müssen sie finden.“

„Zu spät. Wenn der Bote dauerhaft mit den Opfern zusammen ist, besteht die Gefahr, daß es nie wieder ein normales Leben gibt. Mein Gott- das Böse hat uns mit einem ganz miesen Trick drangekriegt. Kein offensichtlicher Angriff- keine Vampire und dämonische Heerscharen. Einfach nur eine kleine Katze. Aber wie kann sie so mächtig sein?“

„Vielleicht ist das ja ein Dämon im Kostüm.“ Andrew erntete spöttische Blicke von den anderen Jungen.

„Da hast du vielleicht gar nicht so unrecht. Ein Dämon, der sich in eine Katze verwandeln kann.“

„Und wenn das auch der Dämon ist, der die Vampirkinder erschaffen hat?“

„Nein- das glaube ich weniger- außer Bram Stoker hat recht und der Vampir kann sich in jedes beliebige Tier verwandeln. Womit wir dann bei Frage Nummer zwei wären- kann ein Vampir auch hexen, denn darauf kommt es an bei diesem Fluch. Es scheint mir vielmehr, daß wir es hier mit einer Allianz zu tun haben. Verschiedene Dämonen mit einem Ziel. Uns zu vernichten, weil wir im Weg stehen.“

„Und was tun wir jetzt?“

„Abwarten und Tee trinken?“ versuchte es Lauren aufmunternd.

„Das bestimmt nicht. Durchsucht das Haus nach dieser Katze. Sie muß hier weg. Es reicht auch schon, sie rauszuwerfen, und ihr nachzurufen: Weiche Dämon, weiche. Dieses Haus sei vor dir gefeit.“

„Okay- funktioniert der Spruch auch für Spike?“

„Eher nicht, nein. Seine Wut kennt keine Barrieren, fürchte ich. Und Willow ist scheinbar nicht in der Verfassung, etwas gegen ihn ausrichten zu können. Ich hab sie unten getroffen- sie wirkte sehr- geistesabwesend.“

„Also- bewaffnet euch alle und fasst dieses Teufelsding um keinen Preis der Welt an. Wo ist Buffy?“

„Sie schläft oben in dem Gästezimmer.“

„Okay- lasst sie schlafen.“ Giles schnappte sich ein paar Handschuhe, daß Mason schon vorsorglich besorgt hatte. Dieser neue Wächter war wirklich gut- er würde ein ebenbürtiger Ersatz für ihn sein.

Tarrytown, 22.39: Von der Katze keine Spur. Mason und Xander haben eine Milchfalle ausgelegt- irgendwann muß sie ja Hunger haben. Ich, Andrew, werde hier unfreiwillig Zeuge einer Apokalypse, die ein kleines unscheinbares Haustier ausgelöst hat. In banger Erwartung auf Spike, der uns den Untergang bringen wird, haben wir, die wir noch bei klarem Verstand sind, uns in der Küche angesiedelt. Langsam kehrt eine erschreckende Ruhe in das Haus ein.

22.54: Ich habe Angst. Gerade ist das Licht ausgefallen. Draussen ist eine sternklare Nacht. Es kann nicht daran liegen, daß ein Kabel durch den Wind gerissen ist. Immer noch keine Spur von der Katze. Mittlerweile scheinen alle zu schlafen. Wir bewachen die Eingänge- auch wenn es wohl zwecklos ist.

Gerade hat etwas im Keller geklappert. Wir fuhren alle hoch, aber vielleicht war es auch nichts- oh mein Gott- die Kellertür

Spike stieß die Tür auf. Und fand sein Bett leer. Wo war sie? Schließlich hatte sie immer hier unten geschlafen. Er nahm die Treppe in sein Büro. Und versuchte sie zu wittern. Er war wieder vollkommen zum Vampir geworden, auch wenn es sein Gesicht jetzt nicht mehr nötig hatte, es auch zu zeigen. Dieses Vampirgesicht war Schnee von gestern. Er hatte ein Spiegelbild zur Tarnung- ein richtiger Vampir war viel zu auffällig in der Welt von heute. Nur seine kalten Augen verrieten sein wahres Ich.

Er riß die Tür auf und sah sich mehreren Armbrüsten und Langpflöcken ausgeliefert.

„Oh- ich erzittere- glaubt ihr wirklich, daß ihr mich mit eurem Spielzeug aufhalten könnt?“ Er lachte grausam auf und schlug Mason die Armbrust aus der Hand. Dan sprang er einfach in die Luft und trat Xander frontal ins Gesicht. Der Weg war nun frei. Da tauchte Giles vor ihm auf und feuerte sofort. Er sah an sich nach unten und zog den kleinen Pflock aus seiner Brust.

„Geweihte Pflöcke- ist das alles, was sie noch auf Lager haben- alter Mann? Ich muß sie enttäuschen- so einfach laß ich mich nicht töten.“ Er griff blitzschnell nach hinten und hob die Axt hoch, mit der ihn Lauren angegriffen hatte.

„Das ist nicht sehr höflich. Aber für euch hab ich mir etwas Spezielles einfallen lassen.“ Er witterte erneut und schloß kurz die Augen.

„Ah- die Jägerin- oder sollte ich lieber sagen: Ex-Jägerin? Wie ist das eigentlich- sie als Wächter müssten es doch wissen- behält eine Jägerin für immer ihre Kräfte? Oder wird sie ein normales, kleines, dummes Frauchen?- Verstehe- es ist nie so weit gekommen. Nagut- dann wollen wir es auch diesmal beenden, bevor sie über ihre Zukunft nachdenken muß.“

„Spike- das ist ein Fluch. Das bist nicht du!“ Giles klang möglichst gefasst.

„Oh- und das wollen sie also wissen. Wer bin ich denn? Ein dummer, eitler Vampir, der der Jägerin wie ein Schoßhündchen hinterherrennt- lieber Spikey- hol das Stöckchen. Nie wieder! Sie haben ja keine Ahnung, wie weh das tut!“ Er wandte sich ab und ging nach oben. Giles stand wie gelähmt da. Für den Bruchteil einer Sekunde schien Spikes Seele nach Hilfe geschrieen zu haben. Sie mussten mit ihm reden- ihn in Gefühle verstricken- vielleicht war das die Lösung. Der Schmerz der Seele konnte das Böse besiegen. Giles eilte ihm hinterher.

„Spike! Hör mir zu. Sie liebt dich. Willst du das wegwerfen?“

„Wissen sie eigentlich, daß sie mich betrogen hat? Ist das noch Liebe? Wenn der Kampf über das Gefühl gesiegt hat und die Verzweiflung zwei Menschen aneinander bindet, ohne eine Hoffnung auf morgen?“ Er war stehen geblieben und sah ihn von der Seite an.

„Nein. Vielleicht hast du recht. Es ist Abhängigkeit.“ Giles wandte sich absichtlich ab. Denn er wusste, daß er gesiegt hatte. Er würde es nicht können. Die Frau seines Lebens konnte ihm selbst das Böse nicht nehmen.

„Giles? Haben sie jemals geliebt?“

„Ja. Selbst ich bin davor nicht sicher- auch wenn man mir das gerne unterstellt.“

„Was ist passiert?“

„Ich musste sie aufgeben. Weil ich ein Wächter wurde. Es war meine Bestimmung. Wenn du diesen Job machst, bist du immer allein. Ich hatte Pläne- wollte eine Frau und Kinder.“

„Sie haben auf alles verzichtet?“ stellte Spike erschüttert fest.

„Nein- so kann man es nicht sagen. Ich habe euch- ihr seid meine Familie.“ Er spürte förmlich den Stich, den er damit in Spikes Herz bohrte. Nun hatte er ihn da, wo er hinmusste- weg von diesen Gedanken des Bösen.

„Was ist mit dir? Hast du jemals daran gedacht, eine Familie zu gründen?“ Er lehnte sich gegen das Fensterbrett.

„Wenn man ein Vampir ist, denkt man nicht an so was.“

„Und davor?“

„Ja. Irgendwie schon. Ich wollte Poet sein. Und die Frau meiner Träume verstieß mich.“

„Das passiert jedem einmal.“

„Aber ich machte den unverzeihlichen Fehler und wurde zum Vampir.“

„Dem Wesen, daß du am meisten haßt in dir. Und nun- du stürmst hier herein und willst alles töten, was dein Leben ist. Um wieder das zu werden, was du haßt. Ist das nicht ein grausamer Widerspruch?“

„Hören sie auf, bitte!“ Er hielt sich demonstrativ die Ohren zu. Die Schlacht in seinem Kopf begann. Gut. Böse. Ein Vampir. Eine Seele. Kein Mensch. Liebe. Hass.

Spike sank zusammen. Eine Winböe riß die Tür vor ihm auf und zeigte Buffy in ihrem Bett liegend. Die Katze saß auf ihrer Brust und schien ihn zu verhöhnen. Da packte ihn die Wut erneut. Er stürmte in das Zimmer und wollte auf Buffy losgehen. Die Katze kam ihm freundlich entgegen. Da packte er sie kurzerhand und schleuderte sie aus dem Zimmer. Sie landete vor Giles und dieser war so geistesgegenwärtig und packte sie. Er stürmte die Treppe hinunter und schrie nur noch: Tür auf!. Das Tier flog in hohem Bogen hinaus und Giles sprach den Bann. Dann stürmte er nach oben. Er erstarrte, als er Buffy im Raum schweben sah. Spike hielt sie mit einer Hand an ihrem Hals nach oben. Sie schien bewusstlos zu sein. Er sah ihn kalt an und die Tür knallte vor ihm ins Schloss. Giles versuchte sie zu öffnen, aber irgendwie schien sie blockiert zu werden.

Buffy versuchte sich mit aller Kraft zu wehren, aber der Griff um ihren Hals wurde nur noch stärker. Sie merkte, wie sie langsam das Bewusstsein verlor. Er ließ sie auf das Bett fallen.

„Hallo Jägerin! So sieht man sich wieder! Dachtest du wirklich, ich mache es dir so einfach?“

Sie hustete und richtete sich auf. Er ließ sie aufstehen. Sie machte keine Anstalten, sich zu wehren. Warum?

Sie musterte ihn, schien jedes Detail seines Gesichtes zu studieren und analysieren. Es machte ihn nervös.

„Hallo Spike. So soll es also enden. Wie du willst.“ Sie schlug ihm mit der glatten Hand ins Gesicht. Es tat nicht einmal weh, und er zuckte nur zurück, weil er mehr erwartet hatte.

„Ist das alles?“ Er lachte leise.

„Das ist alles, was ich dir biete. Wie stark bist du wirklich? Kannst du eine Frau töten, die sich nicht wehrt?“ Sein zweifelnder Blick sagte mehr, als er mit tausend Worten hätte ausdrücken können. Es war einfach, seinen Gegner im Kampf zu töten- aber wenn es keinen Kampf gab, dann war es Mord. Und das konnte er nicht. Wie froh war sie in diesem Moment, daß Xander sie noch eingeweiht hatte. Sie sollte dem Kampf ausweichen- das war ihre einzige Chance. Und im richtigen Moment zuschlagen.

Spike blieb unschlüssig stehen. Dann packte er sie erneut und warf sie zu Boden. Aber er wollte sie nur reizen- es tat nicht wirklich weh. Sie blieb einfach liegen und starrte ihn an. Es war unheimlich schwer, nicht einfach aufzuspringen und ihn zu schlagen dafür.

„Verdammt- kämpfe! Es muß dir doch etwas daran liegen? Ich werde dich töten- wie kannst du das einfach so hinnehmen?“ Er klang panisch. Das lief alles nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte.

Sie richtete sich langsam auf. „Weil ich vielleicht schon längst mit mir abgeschlossen habe?“ Sie stand nun wieder vor ihm. Plötzlich packte sie blitzschnell seine Hand- aber sie griff ihn nicht an. Mit sanftem Druck führte sie seine Finger zu ihrem Herzen.

„Spürst du es? Es schlägt noch. Ein biologischer Ablauf- nicht mehr. Mach, daß es aufhört! Aber du wirst nie meine Seele töten können. In Gedanken werde ich immer bei dir sein.“ Sie spürte, wie seine Finger begannen zu zittern. Er sah ihr direkt in die Augen. Hinter ihm erschien Zekhor aus einem Nebel. Er konnte ihn nicht sehen, spürte nur die Kraft, die den Fluch von ihm nahm. Es würde dauern, bis alles wieder so war wie früher. Zekhor konnte nur das Notwendige tun, um sie vor der Mordlust zu bewahren. Die Konflikte mussten sie so ausfechten.

Das Schloss knackte leise und die Tür ging wieder auf. Giles stand noch immer fassungslos davor. Er sah nun ein anderes Bild. Spike und Buffy standen sich gegenüber, seine Hand lag noch immer auf ihrem Herzen und sie sahen sich einfach nur an. Er spürte jeden einzelnen Herzschlag. Und die Hoffnung schien in ihn zurückzukehren. Vielleicht war es ja alles ganz anders- vielleicht war alles nur ein böser Traum gewesen.

Leider erwies sich alles, was in den letzten Tagen geschehen war, als sehr real. Die nächste Versammlung zeigte erst recht die Konflikte in der Gruppe auf. Die Mädchen waren immer noch der Meinung, daß sie allein besser klar kamen. Giles vermisste sein kaltes England und eigentlich war niemand wirklich gut gelaunt. Zekhor hatte ihnen zwar versichert, daß Spike jetzt wieder genauso ungefährlich wie früher sei, aber wirklich beruhigend erschien das nicht. Sein Auftritt hatte Spuren in den Köpfen der Beteiligten hinterlassen. Wenigstens wussten sie jetzt, daß es immer noch am wirksamsten war, an Spikes Gefühle zu appellieren. Die lagen zwar momentan auf Eis, weil er Buffy nicht verzeihen konnte, aber wenigstens war jetzt alles wieder geklärt und ihr Ausrutscher war eindeutig auf den Einfluß des Bösen rückführbar. Bei all den Katastrophen hatte das Ganze aber auch etwas Gutes. Neue Freundschaften entstanden. Und man kümmerte sich mehr um Dawn. Auch wenn sie es Spike zu verdanken hatte, daß Buffy sie mit Rick ausgehen ließ. Er war der Meinung, daß die gar nicht mehr so kleine Dawn wirklich das Recht dazu hätte, auch ein Privatleben zu führen.

Und dann geschah dieser Unfall. Giles hatte mit Zekhor gesprochen- ihm gedankt dafür, daß er Spike befreit hätte und sich informiert, was nun als Nächstes passieren würde. Da hatte Giles den Wunsch geäußert, die Gruppe solle doch einfach etwas mehr Nächstenliebe fühlen. Das verstand Zekhor anscheinend falsch- jedenfalls bildeten sich plötzlich ganz neue engere Freundschaften aus. Heather verdrehte Xander plötzlich den Kopf, der scheu wie ein Schuljunge reagierte und sie ganz traditionell zum Ausgehen einlud. Andrew und Sam schienen auch andere Dinge im Kopf zu haben als ihre Technik und wurden öfters beim rumalbern gesichtet. Alle schienen irgendwie plötzlich glücklich zu sein. Ty hatte ihre Familie zurück- auch wenn die aus einer Horde Chaoten bestand. Mason und Chao- Ann vertrugen sich auch wieder und unternahmen oft etwas zusammen. Und selbst Giles war öfters abwesend. Warum, erfuhren sie erst durch einen zufälligen Bibliotheksbesuch. Da sahen sie ihren Rupert Giles, wie er mit einer hübschen Bibliothekarin die neuesten Bücher durchging. Alles klar- den ehrwürdigen Engländer schien es ernsthaft erwischt zu haben.

Aber Beziehungen blieben auch kaputt. Willow und Kennedy gingen sich aus dem Weg, und Willow schien immer mehr andere Dinge im Kopf zu haben als ihre Arbeit. Kennedy rottete wenige Tage später wieder einen Vampirclub aus.

Von alldem bekam Buffy nicht viel mit. Sie machte sich weiterhin Vorwürfe. Spike sprach zwar wieder mit ihr- aber es herrschte eine katastrophale Spannung zwischen ihnen. Und dann hielt sie es nicht mehr aus. Sie ging am Morgen zu ihm nach unten. In den letzten Tagen hatte sie sich oben einquartiert, weil er ihre Nähe nicht ertragen konnte. Sie fand ihn im Trainingskeller. Er machte Sit-Ups wie ein Besessener. Alle Anderen waren aus dem Haus oder so beschäftigt, daß niemand herunterkam und ihn störte. Und nun stand sie plötzlich vor ihm. Er machte weiter, nachdem er sie kurz gemustert hatte. Sie setzte sich vor ihn auf die Trainingsbank, so daß er ihr bei jedem Hochkommen direkt ins Gesicht sehen mußte.

„Seit wann trainierst du wieder so hart?“ Sie beobachtete, wie seine Bauchmuskeln spielten. Verdammt- wenn er nur nicht so gut aussehen würde! War er vielleicht eitel geworden? Wenn man ein Spiegelbild hatte, sah vieles anders aus. Aber war er nicht schon immer eitel gewesen? Die Haare- der Mantel- zu auffällig, um nur Durchschnitt zu sein.

Er machte halt und lehnte sich vor. „Was dagegen, Jägerin?“ Er stand auf und begann, auf den Sandsack einzuschlagen.

„Wie wär´s mit ´ner Extra- Lektion?“ Sie hielt den Sandsack fest. Er stoppte.

„Was meinst du?“

„Zeig mir deinen Schmerz. Laß dich einfach an mir aus. Ohne Gnade. Dann sind wir quitt.“

„Das ist nicht dein Ernst. Ich könnte dich töten.“ Er ließ ein paar unkoordinierte Schläge auf den Sandsack folgen.

„Wollen wir wetten, du kannst es nicht?“

„Um was wetten wir?“

„Keine Ahnung.“ Einer dieser verwirrenden Unschuldsblicke huschte über ihr Gesicht.

„Die nächsten 50 Gegner- verlierst du, musst du sie töten, und ich seh zu.“

„Und wenn ich gewinne? Du bist stärker als ich.“

„Dann verzeih ich dir und nehme dein Flehen an.“

„Wer sagt dir, daß ich dich noch will?“ Sie schnappte sich einen der Kampfstäbe.

„Deine Augen. Sie verraten dich. Du kannst einfach nicht ohne mich leben.“ Er dehnte seinen Rücken demonstrativ mit dem Kampfstab in Händen und lächelte unverschämt.

„Seid wann bist du so selbstsicher? Arroganz war noch nie deine Stärke, also laß es lieber.“ Sie schlug zu und traf ihn an der Schulter.

„Wieso so unfair?“

„Warst du fair zu mir? Du hättest mich fast erwürgt.“ Sie parierte seinen Schlag.

„Das war nicht ich.“

„Oh- ja. Aber ich muß mich tausendmal für etwas entschuldigen, was auch nicht ich selbst war!“ sie schlug wild auf ihn ein. Aber plötzlich flog ihr der Stab aus der Hand. Er grinste breit.

„Du bist unachtsam.“

„Und du leichtsinnig!“ Sie duckte sich unter der Stange weg und erreichte sein Kinn mit dem Ellenbogen. Er keilte sie mit der Stange ein und drückte sie an sich.

„So viele flotte Sprüche. Übernimm dich nicht, Schätzchen.“ Er wirkte auf sie unglaublich arrogant in diesem Moment. Seid wann war er so? Oder versuchte er sich nur dahinter zu verstecken?

„Bin nicht dein Schätzchen!“Sie schlug mit dem Kopf nach hinten und traf sein Gesicht. Die Stange fiel nach unten. Sie drehte sich blitzschnell um und knallte ihm den Fuß vor die Brust. Er richtete sich gespielt langsam wieder auf und wischte sich den imaginären Schmutz ab.

„So. Du willst es also nicht anders?“ Er flog auf sie zu und warf sie nach hinten. Sie landete an einem der Tische und schlug mit dem Kopf hart auf. Langsam war das kein Spiel mehr. Sie versuchte hochzukommen. Er reichte ihr die Hand, aber sie nahm sie nicht an. Nicht noch ein weiterer Trick! Sie sprang auf den Tisch und ließ erneut ihren Fuß gegen ihn prallen. Er blieb stehen und lachte laut auf. Der Schlag hatte ihn nicht einmal wanken lassen. Sie fluchte und griff ihn jetzt ernsthaft an. Aber er war einfach schneller. Sie steckte einige derbe Schläge ein. Es war einfach ein ungleicher Kampf. Alle Stärken lagen auf seiner Seite. Sie hatte so lange nicht mehr ernsthaft gegen ihn die Faust erhoben, daß ihr jetzt erst bewusst wurde, warum er massenweise Gegner ausschalten konnte und sie schon für 5 ewig brauchte. Es gab nur eine Möglichkeit, ihn noch zu besiegen.

„Weißt du- eigentlich ist das alles recht unfair von dir. Du bist einfach besser- ich kann gar nicht siegen. Vielleicht sollten wir das mal ändern.“ Sie knöpfte ihre Bluse auf. Nur die 3 obersten Knöpfe. Ein schwarzer BH blitzte hervor. Das Ablenkungsmanöver irritierte ihn lange genug, um ihn auf den Boden zu befördern. Sie warf sich auf ihn und hielt ihm ein Messer an den Hals. Woher sie das so schnell hatte, wusste sie selbst nicht.

„Und du meinst, daß war jetzt fair?“ Er sah sie aufmerksam an.

„Wer hat mich denn hier mit seinem Waschbrettbauch beeindruckt?“ Sie ließ das Messer zur Seite gleiten und richtete sich gerade auf. Er lag vollkommen ergeben unter ihr.

„Okay- du hast gewonnen. Und was jetzt?“

„Du hättest nicht verloren, wenn es dir nichts mehr bedeuten würde.“ Sie knöpfte sich langsam wieder zu.

„Ja- gut. Es hat mich verwirrt- na und? Ich bin auch nur ein Mann!“ Er richtete sich auf. Sie saß immer noch auf seinen Schenkeln. Langsam fuhr sie mit ihrem Finger von seinem Hals abwärts. Er musterte sie angestrengt und merkte, wie all die Wut plötzlich einem ganz anderen Gefühl wich.

„Versprichst du mir was?“

„Ja. Ich tue es nie wieder. Es tat mir selber zu sehr weh. Dich leiden zu sehen ist etwas, daß einem ziemlich nah geht. Versprochen. Keine Seitensprünge mehr- natürlich nur, wenn wir zusammen sind. Sollten wir uns mal trennen, behalte ich mir vor, auch andere Männer kennen lernen zu dürfen. Dann laß ich dir auch die Frauengeschichten durchgehen.“

„Wir sind noch nicht einmal wieder zusammen, und du sprichst von Trennung. Warum bist du so?“

„Ich weiß es nicht. Aber das war nie ein Thema für uns. Wir haben nie über Treue gesprochen. Jetzt wissen wir beide, daß es uns wichtig ist. Ich möchte nie wieder so eine Hölle durchmachen- das ist alles, was ich dir im Moment sagen kann.“

„Das reicht mir vollkommen.“ Er umarmte sie und küsste sie sanft. Sie drückte sich so fest wie möglich an ihn und wünschte, der Moment würde nie vergehen. Zwei Glückstränen schossen ihr in die Augen und liessen sie kurz alles vollkommen verschwommen sehen. Aber Spike löste sich noch einmal von ihr.

„War das jetzt eine Beziehungskrise, oder fangen wir wieder von vorne an?“

„Es war die Beziehungskrise. Ich hoffe, daß es die Einzige bleibt.“ Sie lächelte und schlang ihre Arme um seinen Hals. „Du glaubst gar nicht, wie sehr ich dich liebe.“ Flüsterte sie erstickt.

Die Rückkehr der Macht

„Du hast versagt!“ Er musterte sie angestrengt.

„Nein. Es läuft alles so, wie vorhergesehen.“

„Warum lebt diese Jägerin noch?“

„Um ihn zu quälen? Es wäre doch nicht amüsant, wenn sie einfach so gehen würde- ohne vorher noch den großen Knall auszulösen. Deine Berechnungen langweilen mich.“

„Dieser Kampf ist kein Spiel!“

„Oh doch- und wie du weißt, spiele ich gerne mit meiner Beute. Die Welt ist noch nicht bereit für dich. Vergiß das nie.“

„Wann? Ich warte seit Jahren und lasse mich vertrösten.“

„Du bist zu ungeduldig. Aber ich verspreche dir- noch in diesem Jahr wirst du Herr über diese Stadt sein. Und dieser Spike kann dir nichts mehr tun- weil er dir dienen wird!“ Sie räkelte sich lüstern vor ihm.

„Wird er nicht viel eher dir dienen?“

„Hm. Vielleicht. Er ist wirklich ganz ausserordentlich- böse. Er weiß es nur leider noch nicht. Er würde dir die Macht entreissen, wenn er zu früh zu uns zurückkehrt.“

„Du willst mir sagen, daß er mächtiger ist als ich?“ Er fuhr herum und starrte sie an.

„Hast du das nicht gewusst? Du brauchst mich, um ihn ruhig zu halten. Mach keine Dummheiten- oder ich könnte ihm da einen kleinen Tipp geben.“

„Du versuchst mich zu erpressen? Wir haben einen Pakt!“

„Du willst so fortschrittlich sein- und dann immer wieder diese altmodischen Päkte- mmh- für mich gibt es nur eines- den Mächtigsten an meiner Seite zu haben.“ Ihre Stimme klang kehlig und samtweich.

„Ich dachte, wir gehören zusammen.“

„Das tun wir auch- solange, wie du mir von Nutzen bist. Die Allianz der Jägerin und des Auserwählten ist wirklich faszinierend. Wenn ich nur wüsste, was dieses Gefühl wirklich bedeutet?“

„Es ist das, was du nie fühlen wirst.“

„Und das sagt jemand, dessen Herz tot wie ein Stein ist.“

„Ich kann lieben- und ich werde es wieder tun.“

„Fällt dir nichts besseres ein, als deinen Großvater zu zitieren? Du bist wirklich jämmerlich. Ein Abklatsch des großen Vlad. Was meinst du, wie lange deine Untertanen noch brauchen, um dein wahres Ich zu erkennen?- Oh- du wusstest nicht, daß ich dein Geheimnis kenne? Deine Stärke, deine Mordlust- alles nur gespielt. Sie fürchten deinen Namen- aber du bist schwach. Ein kleiner, feiger Vampir. Ich muß sagen, ich war dir auch verfallen- dein Charisma, deine Geschichte, deine Abstammung- jeder Lakai kann wie ein König wirken, wenn er die richtige Kleidung trägt.“

„Aber ich werde stark sein- jedes Opfer gibt mir mehr Kraft. Ich kann heute schon Dinge, die mir vor ein paar Monaten nicht möglich waren.“

„Oh- du meinst, weil du die Sonne nicht mehr meiden musst. Toll! Wirklich! In dieser Zeit hat er einen Pflock überlebt und ein Spiegelbild erhalten. Du wirst immer der Schwächere bleiben- es sei denn-.“ Sie schien nachzudenken.

„Was?“

„Du holst dir die Kräfte des gesamten Rates- inklusive denen des Vampirs. Die Hexe steht noch immer unter dem Bann- sie könnte dir sicherlich behilflich sein, wenn du ihr dafür etwas bieten kannst.“

„Warum sollte sie mit uns zusammen arbeiten wollen?“

„Wer spricht denn hier von wollen? First kann dir doch auch mal behilflich sein- er hat noch Schulden offen.“

Sie verschwand mit einem wissenden Lächeln in den Nebenraum. Auch wenn Batseba nach Macht hungerte- sie hatte ihm bis jetzt immer die richtigen Ratschläge erteilt. Und er konnte ihr momentan nur blind vertrauen. Um New York zu kontrollieren, brauchte man kein Vampir sein- aber er brauchte die Macht für seine Glaubhaftigkeit den Untertanen gegenüber. Manchmal war es wirklich eine Bürde, den Namen Tepesch ehrenvoll zu vertreten.

Kennedy schlug die Tür hinter sich zu. Es war eine wirklich erfolgreiche Nacht. Zwei Vampirnester- insgesamt 23 Dämonen weniger. Sie freute sich über ihren Sieg. Da bemerkte sie die fragenden Blicke. Sie hatten eine Versammlung begonnen- na schön. Ohne sie lief das wohl auch alles weiter. Dann konnte sie ja gleich wieder gehen. Giles´ ernster Blick bedeutete ihr aber, sich zu setzen.

„Jetzt sind wir ja alle vollständig. Andrew- mach weiter.“ Spike wirkte heute so normal- er schien seine Mordphase endgültig überwunden zu haben- fragte sich nur, wie lange. Kennedy traute ihm mittlerweile alles zu.

„Okay. Ich hab mir was Nettes überlegt. Um den Fleiß der Gruppe anzustacheln, könnten wir ja eine Bestenliste machen. Wer die meisten Vampire killt, ist Erster.“

„Und kriegt ´nen Pokal- oder wie stellst du dir das vor? Das ist vollkommener Schwachsinn. Ich dachte, es geht uns um den gemeinsamen Sieg.“

„Du brauchst dich doch nicht zu beschweren- du wirst doch immer gewinnen.“ Ty war immer noch beleidigt, weil er ihr erst wieder beim Training gezeigt hatte, wie viele Schwachstellen sie noch hatte.

„Ich denke, daß die Idee an sich gar nicht so schlecht ist.“

„Wie bitte- Giles? Manchmal muß ich mich doch sehr über sie wundern!“ Buffy hielt das Ganze für dumm. Schließlich würde sie garantiert immer die Zweite hinter ihm sein.

„Nein- wirklich. Andrew- schreib mal bitte alle Clubs auf, die ihr gemeinsam ausgeräuchert habt, wenn ich das mal mit euren Worten sagen darf.“ Andrew nickte und notierte: Black Widdow Club und City Hall Station.

„Und jetzt die geschätzten Zahlen- weiß das jemand zufällig?“

„30 und 22.“

„Spike- du hattest Zeit dazu, zu zählen? Bist du mit deiner Arbeit noch unterfordert?“

„Sehr witzig- Tomas. Zufällig kann ich ein bisschen schneller als du bis 100 zählen!“

„Hey- Ruhe bitte. Freut mich, daß du das kannst. Dann kannst du uns sicherlich auch alle anderen Opfer aufzählen.“

„New Orphan Pub- 19. 15 davon gehen an Kennedy.”

„Verdammt.“ Fluchte Buffy leise.

„Hast du was gesagt?“

„Nein.“

„Sie hat nur 14.“ Spike sah sie ernst an. Ich dachte, wir wollen keinen Wettkampf? Sie knabberte an ihrem Fingernagel und trat ihm unter dem Tisch gegen das Schienbein. Sehr witzig.

„Also doch eine Liste. Buffy 14. Kenny 15. Was ist mit dir, Spike?“ Andrew war wieder ganz Feuer und Flamme.

„Vergiß es. Macht das unter euch aus.“

„Hast du etwa noch weniger als Buffy? Der große Meister des Schreckens hat versagt?“

„Weißt du was- ich fang gleich an, mir ´ne schwarze Liste zu schreiben. Momentan stehst du da ganz oben- Freundchen. Noch ein Wort- und du kannst dir schon mal ´ne Schaufel suchen!“

„Spike- Tomas- hört sofort auf! Ich krieg hier noch einen Hirnschlag! Wirklich. Oh- wie vermisse ich doch mein ruhiges England.“

„Also- Chef- wie viele gehen auf dein Konto?“

„Wart ab- ich zähl sie ja schon zusammen-.“

„Oh- der Meister denkt nach!“

„61. Und einen kleinen Besserwisser, der es wirklich zu weit treibt!“ Spike sprang auf und wollte sich Tomas schnappen. Buffy sprang dazwischen und bremste ihn. Sie schüttelte den Kopf. Spike fluchte kurz und setzte sich dann wieder. Wenn sie ihn so ansah, konnte er nicht einmal diesem Dreikäsehoch was antun.

„Hey- kann ich auch mal was sagen?“ Kenny wirkte unsicher.

„Klar. Was gibt´s?“ Andrew sah sie aufmunternd an.

„Gestern Nacht 12, heute 23.“

„Was? Du hast sie- äh?“ Xander starrte sie ungläubig an.

„Tschuldigung- war eben sauer auf sie. Hab ich was falsch gemacht?“

„Damit liegst du nur 11 hinter Spike. Gratuliere.“ Andrew notierte alles.

„Nein- Kennedy- es ist alles okay. Aber wir sollten gezielter angreifen. Und eigentlich wollte ich euch mit diesen Zahlen etwas zeigen.“ Giles richtete seine Brille auf der Nase zurecht.

„Wir erreichen mehr, wenn wir getrennt kämpfen.“ Spike starrte auf den Zettel auf dem Tisch.

„Genau das ist aber nicht richtig. Ihr drei stürmt los und kämpft, während die Anderen hier herumsitzen. Ihr seid Wächter- nur Kennedy ist eine Jägerin. Hört auf, das alles unter euch auszumachen. Und außerdem habt ihr kein System.“

„Wir töten die Vampire. So, wie sie es mir immer beigebracht haben.“

„Ich glaube, ich verstehe es. Wir kämpfen gegen Windmühlen. Jeder getötete Vampir ist nur einer von Vielen. Sieh dir diese utopischen Zahlen an! Als Jägerin hast du früher 3 oder 4 pro Nacht erledigt- aber nicht Dutzende.“

„Wir sind hier in der Großstadt- da herrschen andere Maßstäbe.“

„Nein- Buffy- er hat es erkannt. Es bringt nichts, so weiter zu machen. Deshalb habe ich da ein Experiment mit euch vor. Um ihr System ernsthaft zu stören, müssen wir es kennen.“

„Was haben sie vor?“ lauerte ihn Buffy an.

„Oh.- nur einen kleinen Wettlauf. Die ehemalige Jägerin, die aktuelle Jägerin und ein Vampir. 3 verschiedene Denkweisen- und sicherlich 3 verschiedene Wege, ans Ziel zu gelangen. Jeder tut das, was ihm sein Instinkt vorgibt. Die Strecke geht vom State Theatre zum Chrysler Building. Keine Karten, keine Hinweise. Ihr könnt alle Möglichkeiten nutzen- die Beschränkung liegt darauf, daß ihr es zu Fuß schaffen müsst. Keine U-Bahn, keine Busse, Taxen oder andere Gefährte. Um 4 Uhr geht es hier los. Ihr werdet nicht schlafen bis dahin. Kein Essen, kein Blut. Und wir trainieren bis dahin.“

„Müssen wir alle wach bleiben?“ Ty sah ihn entgeistert an. Das konnte doch nicht sein Ernst sein?

„Ja. Alle. Es ist ein Teil eures Trainings. Durchhalten unter erschwerten Bedingungen. Wir sollten das öfters tun- dann würdet ihr vielleicht an den anderen Tagen freiwillig ins Bett gehen.“

„Giles- sie sind ja ein richtiger Sklaventreiber.“ Bemerkte Spike anerkennend. Also war nicht nur er daran interessiert, den Kids mal etwas mehr Ordnung und Disziplin beizubringen.

„Glaub mir- ich hab noch ganz andere Sachen auf Lager- und morgen früh wirst du mich verfluchen dafür.“ Giles konnte sich ein boshaftes Grinsen nicht verkneifen. Sie würden schon sehen, was wirkliche Kondition war. Er hatte sich in England einige neue Schikanen einfallen lassen, um die Anwärter härter zu machen. Vorerst konnte man die Ermittlung der entscheidenden Entfernung für Vampire ganz gut damit verbinden. Sie würde für den Extremfall bestimmt sein- und ein Vampir in Gefahr hatte vorher auch nicht schlafen und gemütlich frühstücken können.

Buffy beobachtete den Kampf zwischen Kennedy und Spike. Sie war wirklich gut geworden. Und nachdem sich schon Tomas, Lauren und Heather Prügel bei ihm geholt hatten, war er doch etwas schwächer geworden- oder aber, er sparte sich alles für sie auf. Kenny stöhnte auf, als sie an die Säule knallte.

„Genug?“ Spike stand ganz ruhig vor ihr. Er wirkte so, als wäre er gerade aufgestanden. Vollkommen entspannt.

Ihr Blick wanderte zu Kennedy. Ihre Lippe war aufgeschlagen. Und Buffy verstand. Sie stürzten sich gemeinsam auf ihn. Damit hatte er wohl nicht gerechnet. Zwei Jägerinnen traten und schlugen wild auf ihn ein. Er wich zurück und wurde von der Wand im Rücken gebremst. Er richtete sich auf und ging zum Angriff über. Buffy stand in näherer Schlagdistanz und war somit ein willkommenes Ziel. Sie stolperte zurück und fing sich mit den Händen ab. Er wollte sich auf sie stürzen, da schnellte ihr Bein hoch und traf ihn genau gegen den Kehlkopf. Die Wucht des Tritts warf ihn zurück und er spürte etwas Spitzes im Rücken.

„Keine Bewegung- oder ich tu dir ein bisschen mehr weh!“ Kenny stand direkt hinter ihm. Und plötzlich spürte er den kalten Stahl auch an seinem Hals. Buffy hielt ihm die Klinge des Langschwertes an den Hals. Er nahm langsam die Hände hoch.

„Was habt ihr vor- Ladies?“ Eine Art Mordlust schimmerte in Buffys Augen. Das machte ihn doch vorsichtig.

„Was denkst du denn? Wie unsterblich bist du wirklich? Was meinst du? Würde dein Kopf wieder anwachsen?“

„Das ist nicht mehr lustig!“ flüsterte er.

„Nein? Finde ich schon. Der große Meister der Folter zittert vor einer Frau. Wie fühlt es sich an?“ Sie ließ die Klinge langsam an seinem Hals entlang fahren. Ein Blutstriemen zeigte sich. Er zuckte leicht zurück. Da spürte er Kennedys Klinge stärker im Rücken.

„Was wird das hier, eine Hinrichtung?“

„Schon möglich. Hast du einen letzten Wunsch?“ Sie packte das Schwert mit beiden Händen und richtete ihre Fußstellung zum Schlag aus.

„Wenn du so fragst-.“ Er trat auf sie zu und die Klinge machte ein seltsames Geräusch, als sie seinen Hals entlang fuhr. Buffy spürte den Widerstand. Sie zog schnell das Schwert weg und starrte ihn an. Ein tiefer Schnitt wurde sichtbar. Er begann zu lächeln.

„Sag mir ins Gesicht, daß du mich haßt- dann stirbt es sich leichter.“ Sie starrte ihn fassungslos an.

„Hab ich´s doch gewusst. Du solltest nicht versuchen, zu bluffen- ich merke es sowieso.“ Er nahm ihr das Schwert aus der Hand und wollte es wieder an seinen Platz an der Wand im Schlafzimmer bringen.

„Du hast es geglaubt.“ Rief sie ihm hinterher.

„Nein- vergiß es. Das hast du nicht drauf.“ Er schloß die Tür hinter sich und lehnte sich dagegen.

„Er hatte Schiss.“ Stellte Tyra kategorisch fest.

„Hätt ich auch gehabt- mal herrlich. Euch Beiden möchte ich nicht im Dunkeln begegnen.“ Lauren verschränkte grinsend die Arme. „Hey- Mason!“

„Ich hab nicht geschlafen!“ schreckte er hoch.

„Alles klar- Augentraining!“

Spike starrte auf das Schwert in seiner Hand. Er wusste nicht einmal, wann sie es aus seinem Zimmer genommen hatte- geschweige denn, wieso er es nicht bemerkt hatte. Und dieser Blick. Langsam wagte er zu bezweifeln, ob sie es nicht doch tun könnte. Verdammt. Sie hatten mit ihm gespielt. Sie hatten ihm das angetan, was er sonst immer tat. Seine Opfer zu foltern- ihre Angst zu steigern. Wo hatte sie diese Selbstkontrolle her? Sonst hatte sie sich verraten, wenn sie bluffte. Ihre Augen hatten immer gelacht und dann wusste er, daß es nicht ernst gemeint war. Aber diesmal war etwas anderes in ihnen erschienen. Es war wie eine innere Warnung. Tu etwas Unüberlegtes, und du stirbst. Es ging nicht um diesen einen Moment. Sie hatte ihm gezeigt, welche Stärke wirklich in ihr steckte. Eiskalt zu handeln, wenn es sein musste.

Giles schien der Einzige zu sein, der noch wirklich munter war. Ein innerer Enthusiasmus vertrieb seine Müdigkeit. Wie konnte ein einzelner Mensch nur so schrecklich gute Laune haben? Die Kids maulten rum und bekamen die Augen beim Einsteigen kaum auf, und Spike wirkte nervös. Giles wartete auf ihn und ging mit ihm nach draussen.

„Geht es dir gut?“

„Klar- kein Problem.“

„Ich hab gesehen, wie du die Anderen ansiehst.“

„Es geht schon. Keine Gefahr- wirklich.“ Also sah man es ihm doch an. Ihm fehlte das Blut. Giles brachte seinen inneren Rhythmus durcheinander. Er konnte tagelang Ohne auskommen, aber es machte ihn aggressiv und die Gier erwachte dann immer. Jeder Mensch wurde zum potentiellen Opfer. Und Giles nutzte es aus. Er machte ihn zum Vampir damit. Er würde anders denken und handeln als sonst.

Dawn, Willow und Andrew blieben zu Hause, schließlich waren sie keine Anwärter. Xander hatte sogar schlafen dürfen, weil er fahren musste. Er stellte die Musik auf laut, um die Anderen wach zu halten. Spike und Buffy fuhren vor ihnen auf den Motorrädern. Die Beiden hatten relativ wach gewirkt- Buffy war wahrscheinlich schon so aus jeglichem Tagesrhythmus, daß ihr Körper keine festen Schlafzeiten verlangte. Kennedy ging es da schon schlechter. Sie war von der letzten Nacht recht mitgenommen.

Gegen 3. 30 kamen sie am Chrysler- Building an und ließen Giles und die Anwärterinnen aussteigen und stellten die Motorräder ab. Dann fuhren sie über die großen Strassen zum Theatre. Sie bekamen keine Zeit, um sich umzusehen. Tomas schnappte sich das Handy und gab das Startsignal. Giles drückte am anderen Ende der Leitung auf die Stoppuhr. Buffy rannte sofort los, gefolgt von Kennedy. Spike sah sich um und versuchte sich zu orientieren. Dann sprintete er nicht den Broadway hinab, wie die Anderen zwei, sondern in Richtung Central Park.

„Was macht er da- das ist doch ein Umweg?“ Lauren sah dem kleiner werdenden Vampir nach.

„Keine Ahnung. Aber er wird schon seine Gründe haben. Wir fahren zu Giles und warten dort.“ Xander fuhr zurück und alle stiegen aus. Die Stoppuhr zeigte 8. 36 an. Also mindestens 8 Minuten bei wenig Verkehr. Und er war sehr schnell gefahren. Unter einer halben Stunde war die Strecke zu Fuß wohl nicht zu schaffen.

„Wie weit ist das eigentlich?“ Xander platzierte sich neben Giles. Sie hatten in der kleineren Strasse gehalten- gegenüber einer Kirche.

„Über 2 Kilometer Luftlinie. Aber es gibt nur rechtwinklige Verbindungen- man kann den direkten Weg nicht wählen- es sei denn, man nimmt den Weg über die Häuser. Aber da liegen die Straßenschluchten dazwischen- zu weite Abstände. Nicht einmal Spike würde das wagen.“

„Sie haben die Strecke nicht einfach so ausgesucht, oder?“

„Nein- das ist der Extremfall. Die längste Entfernung- die schwierigsten Bedingungen.“

„Aber verfälscht das nicht die Zeit?“

„Das werden wir im Vergleich sehen.“

„Äh- Sie haben gesagt, daß das hier der Test ist.“

„Habe ich nur von dieser Strecke gesprochen?- Oh, da habe ich wohl was vergessen. Wir machen das solange, bis der Berufsverkehr ein Durchkommen unmöglich macht. Es gibt auch einfachere Strecken. Ich wollte sie nur erst mal warm machen.“

„Was ist wirklich in dem Tee, den sie jeden Morgen trinken?“

„Warum?“

„Nur so. Sind wahrscheinlich ein paar Kräuter drin, die sie zum Menschenquäler mutieren lassen. Sie sollten wirklich mal die Sorte wechseln.“

„Glaub mir, Xander- ich habe meine Gründe, warum ich gerade unsere drei Alleingänger rumscheuche. Du hättest das auch machen können.“

„Oh- da bin ich ja wirklich froh, daß andere Leute immer so ehrgeizig sind!“ Er wehrte dankend ab.

„Hm. 17 Minuten. Ich hatte eigentlich gedacht, daß das schneller geht.“

„Giles- die Strecke ist kein Kinderspiel!“

„Kann ich jetzt endlich ins Bett gehen?“ Spike stand plötzlich neben ihnen. Giles drückte die Stoppuhr.

„Na bitte. Wie ich es vermutet habe.“

„Das ist unmöglich- er muß betrogen haben!“

„Natürlich hat er das. Er ist ein Vampir- die halten sich nie an die Regeln- schon vergessen?“

„Sie haben das geahnt?“

„Wenn du so fragst- ich erwarte Buffy in jedem Moment.- sieh an, da kommt sie ja schon. Wie immer ein paar Sekunden zu spät, aber sehr gut.“ Sie bog um die Ecke und war ziemlich aus der Puste. Sie hielt an und stützte die Arme in die Seiten.

„Verdammt- wie hast du das gemacht?“ keuchte sie. Sie musste wirklich gesprintet sein. Er wirkte dagegen sehr ruhig.

„Schon mal was von der U-Bahn gehört?“

„Die dürftet ihr doch gar nicht benutzen!“

„Xander- halt die Klappe. Für Vampire gibt es diese Regel nicht. Die fährt noch nicht so oft- es ist zu zeitig.“ Sie bekam wieder langsam Luft.

„Auf einer Hauptlinie findest du immer was Passendes. Du musst noch viel lernen.“

Jetzt kam auch Kennedy an und fluchte. Sie hatte Seitenstechen. Die Uhr zeigte 22.47 an.

„Scheiße! Wie habt ihr das gemacht?“

„Einmal quer durch den Central Park, in die U-Bahn an der 59.ten und am Grand Central wieder raus.“ Kennedy starrte ihn entgeistert an.

„Den Broadway runter bis zur 7ten Avenue, quer durch Rockefeller durch und dann über die kleinen Strassen querfeldein. Wo bist du lang?“

„Broadway und East Street- ich dachte, um die Uhrzeit sei es da ruhiger.“

„Große Strassen bringen dir nur was, wenn du mit dem Auto unterwegs bist. Aber die Zeit ist trotzdem nicht schlecht. War gut für den Anfang. Steig ein und ruh dich aus.“ Giles schob sie in den Wagen. Er sah Spike kurz an und schüttelte schmunzelnd den Kopf.

„Was?“

„Da soll noch mal einer sagen, im Central Park ist es Nachts gefährlich- wenn jetzt schon die Vampire da joggen gehen!“

„Sie haben doch noch was vor, oder? Irgendwelche glorreichen Ideen spuken deutlich sichtbar in ihrem Kopf herum.“

„Da du ja noch sehr ausgeruht wirkst- ja, ich denke schon, daß es da noch Arbeit für dich gibt. Wir hätten noch verschiedene Strecken. Für heute probieren wir es noch in Queens- da kriegen wir auch gleich noch raus, ob es da wirklich die Verstecke gibt, die in der Karte eingezeichnet sind. Und in der Bronx ist auch noch mal so eine Strecke. Sie sind nicht so lang wie diese, aber du wirst keine öffentlichen Verkehrsmittel nutzen können.“

„Wie beruhigend!“ Spike merkte langsam, daß es ihm schlechter ging. Giles riskierte ziemlich viel- wie sehr vertraute er ihm wirklich?

Natürlich war er immer eher da als Buffy. In Queens nahm sie die Strasse und wurde von verschiedenen Frühaufstehern gebremst. Er wählte die nächste Feuerleiter und schaffte über die Dächer den Block schneller als sie. Giles rechnete irgendwas und nickte dann zufrieden. Die Treffs entdeckten sie dabei auch noch und setzten sie auf die Liste für die nächste Patrouille.

In der Bronx landete Buffy in einer Sackgasse und musste ein Stück zurücklaufen. Er hatte es erneut mit den Dächern aufgenommen, stand aber plötzlich vor einer breiteren Strasse und hatte keine Lust, es wirklich auszuprobieren. Schließlich war es nicht überlebenswichtig. Dadurch verlor auch er Zeit. Giles nahm es gelassen und schien für heute genug Zahlen und Fakten gesammelt zu haben- auch wenn er ihnen nicht erklärte, was das alles nun bedeutete.

Am nächsten Abend waren alle wieder ansprechbar. Die letzte Nacht hatte sie ziemlich fertig gemacht. Giles wartete aber schon wieder ungeduldig auf alle. Die Versammlungen wurden von nun an mit dem Abendbrot verbunden. So sparte man sich das Zusammentrommeln der ganzen Gruppe und wenigstens einmal am Tag kamen alle zusammen.

„Legen sie schon los- sie platzen ja gleich vor Mitteilungsdrang.“ Spike wirkte genervt. Diese gute Laune war nicht normal. Wie ein Erfinder, der die Lösung für sämtliche Probleme der Welt hatte.

„Ja- natürlich. Ich habe wirklich etwas sehr interessantes herausgefunden. Diese Aktion heute früh war wirklich sehr wichtig. Wir kennen nämlich jetzt den entscheidenden Faktor. Alle Zeiten liegen unter 20 Minuten. Die letzten zwei Strecken waren halbierte Wege- also rechnet man sie mal 2 und erhält wieder eine Zeit. Spike lag in 2 Fällen bei etwa 17 Minuten 30. Buffy war um etwa 2 Minuten langsamer. Nehmen wir also an, daß Spike den schnellsten Weg gefunden hat, und Buffy den sicheren, den jeder wählen kann. Auf die U-Bahn ist kaum Verlaß- aber selbst zu Fuß braucht man nicht mehr als 20 Minuten, wenn man den richtigen Weg wählt. Buffy hat versucht, wie ein Vampir zu denken- deshalb hätte sie es auch geschafft. Spike wäre immer auf der sicheren Seite.“

„Und was hat das nun zu bedeuten?“ Kennedy schluckte den letzten Bissen hinunter.

„Überlegt mal- wann zählt für einen Vampir jede einzelne Sekunde?“

„Keine Ahnung.“

„Beim Sonnenaufgang. Wenn du nicht schnell genug einen Unterschlupf findest, bist du tot.“

„Aber wie soll ein Vampir denn wissen, wann er losrennt?“

„Das erste Morgengrauen. Bis zu dem Zeitpunkt, wo du verbrennst, sind es etwa 20 Minuten.“ Wie froh er doch war, daß er darauf nicht mehr achten musste.

„Und was hat das jetzt zu bedeuten?“ Kennedy verstand nur Bahnhof- so wie nach den Gesichtsausdrücken zu urteilen auch die Mehrheit der Anwesenden.

„Die Verstecke und Clubs liegen alle so voneinander entfernt, daß diese Zeit nie überschritten wird. Sicherlich gibt es noch die Kanalisation- oder sie flüchten in die U-Bahn. Aber es scheint wichtig zu sein, immer bei einer Gruppe in Sicherheit zu kommen. Hat jemand von euch schon mal einen einzelnen Vampir getroffen? Nein? Das dachte ich mir.“

„Aber eigentlich sind sie doch Einzelgänger?“

„Anscheinend hier nicht. Sie bilden Gangs aus. Und damit werden sie überwachbar. Irgendjemand will sie kontrollieren- und sie machen mit.“

„Und was ist dann unsere nächste Aufgabe?“

„Wir kreisen sie ein. In Brooklyn gibt es einen großen Pub und mehrere Verstecke, die über ihn zu erreichen sind. Es funktioniert wie bei der U-Bahn. Verschiedene Linien, die sich in einer Zentrale treffen. Nimmst du sie weg, fehlt die Verbindung. Und wenn sie dann alle früh losstürmen in ihre Verstecke, gibt es diese nicht mehr.“

„Wie wollen sie es schaffen, alle Vampire in diesen einen Pub zu locken?“

„Wir benutzen einen Köder. Machen ein bisschen Werbung ein paar Tage davor. Ganz faire Mittel. Alle wollen wissen, um was es geht und stürmen hin. In der Zeit teilen wir uns auf und vernichten die Unterschlüpfe. Spike- was könnte Vampire anlocken?“

„Was wohl? Neue Opfer. Aber sie haben irgendwie eine Art Tötungsverbot. Es kommt nie zu Leichen.“

„Wie wär´s mit einer Blutparty? Schöne Bedienungen, reichlich kostenlose Getränke- irgendwas in der Art?“

Tomas erinnerte sich mit Freude an die letzte Party in der Schule. Es war wirklich eine gute Stimmung gewesen- vor allem, als die Mädels klatschnass wurden, weil doch glatt irgendjemand den Wasserdruck im Waschraum erhöht hatte.

„Tarnen sie´s als Ganztagesparty, die erst im Morgengrauen beginnt, und dann haben wir sie. Wenn sie merken, daß sie belogen wurden, ist es schon zu spät.“ Mason gefiel diese Idee irgendwie. Es würde sowieso erst mal zu Tumulten kommen, wenn es gar keine Party gab.

Giles beobachtete die Vorbereitungen der Anwärter mit Freude. Sie hatten einen Plan entwickelt. Plakate wurden gemalt, kopiert und in der ganzen Bronx, hauptsächlich in der Nähe der Unterschlüpfe, verteilt. Dem Besitzer des Pubs erzählte Spike irgendwas von einer Überraschungsparty für einen neuen Vampir- als Geburtstagsgeschenk sozusagen. Ganz in Familie- keine große Sache. Alle sollten ein Freigetränk kriegen- Bezahlung erfolgte danach. Der Bloodkeeper war auch noch so dumm und ließ sich das einreden. Spike hatte mal Tepesch nebenbei erwähnt- das wirkte wohl auch ganz gut. Und all das stellten sie allein auf die Beine. Giles musste keine Ratschläge geben, weil das auch nicht seine Art des Kampfes war. Diese modernen Methoden erschienen ihm anfangs suspekt, aber irgendwie schien es ja zu funktionieren.

Viel wichtiger war es aber, daß die Arbeit sie alle wieder zusammenschweißte. Die Streits waren vorüber, Heather und Xander wechselten öfters Blicke und auch die ewigen Streitfälle schienen geschlichtet. Der Rat der Wächter erwachte wieder zum Leben. Und ihre alte Macht, die Freundschaft, wurde stärker.

Verschollen

 

Willow beobachtete Buffy und Spike. Sie fühlten sich vollkommen allein im Haus. Noch nie hatte sie die Beiden so glücklich gesehen- vielleicht war es ja schon lange so bei ihnen, und niemand hatte es bemerkt, weil sie es versteckten. Buffy versuchte gerade Kekse zu backen, und Spike half ihr auf seine Art -Willow wagte zu bezweifeln, daß man den Backversuch jemals essen konnte. Er neckte sie die ganze Zeit und machte Witze über ihr Aussehen- wie sehr sie doch zum Hausmütterchen mutiert wäre. Sie schnauzte ihn gespielt ernst an, wo denn dieses und jenes sei. Er schnappte sich die Mehltüte und der Kampf begann. Sie quietschte und wehrte sich- und die Küche verschwand in einer Wolke aus weißem Staub. Dann war alles still und Willow sah sie dicht beeinander stehen. Er malte ihr mit dem Finger ein Muster auf Nase und Wangen und küsste sie dann zärtlich. Die Hexe spürte, wie es ihr einen Stich versetzte. Warum konnten denn nicht alle so glücklich sein? Die Beiden schienen nicht mehr darüber nachzudenken, daß sie wohl kaum eine gemeinsame Zukunft hatten. Aber was dachte Buffy wirklich? Er hatte versucht, sie zu töten- und sie verzieh ihm so einfach- im Gegenteil- seitdem waren sie sogar noch enger zusammen. Wünschte sich Buffy vielleicht sogar daß, was nur er ihr geben konnte? Das ewige Leben? Spike hatte sich seit seiner Rückkehr beständig verändert. Er war lockerer geworden, aber auch verantwortungsbewusster. Er benahm sich fast wie ein richtiger Mensch- war es denn möglich, daß ihn dieses Leben so sehr veränderte? Konnte ein Vampir denn überhaupt so fühlen und leben? Niemand Außenstehendes würde an einen Dämon denken, wenn er ihn sah. Abgesehen von der Blässe und dem Essverhalten war er wie die Anderen im Haus. Und dann gab es diese Tage, an denen sie ihn alle lieber tot sehen wollten. Wenn das Böse wieder durchschlug. Wenn er die Vampire quälte. Oder wie neulich das mit Buffy. Aber sogar Giles hatte gespürt, daß das Gute in ihm stärker war. War es das wirklich? Oder konnte er sich nur so gut verstellen, daß niemand seine wahren Pläne erkannte? Aber das war nicht möglich.

Damals, in diesem Nachtcafé -da war etwas zwischen ihnen passiert. Er hatte sie getröstet- obwohl sie nicht einmal wusste, ob er in Gedanken mit ihr gesprochen hatte. Er war einfach da gewesen und hatte sie verstanden. Wie hatte er das nur gemacht? War es vielleicht diese Fähigkeit, die Buffy auch in ihm spürte? Es war so etwas Seltsames. Willow hatte gespürt, daß sie geliebt wurde- aber von wem? Spike liebte Buffy. Nicht sie. Aber seine Augen- er hatte ihr etwas versprochen. Eines Tages kommt alles zurück, was wir einst verloren. Das hatte sie aus ihm gelesen. Hatte er Kennedy gemeint? Oder war damit jemand gemeint, den sie verloren hatte- an den Tod? Tara. Manchmal tat die Erinnerung noch weh. Sie liebte Kenny, keine Frage, aber mit Tara war es anders gewesen. Sie war ihre große Liebe.

„Hey- Träumerin- was ist los?“ Xander stupste sie an. Sie erschrak, weil sie ihn nicht gehört hatte.

„Hey. Na- wie geht´s dir so?“

„Willow- willst du reden? Laß uns ein bisschen spazieren gehen- okay?“ Er zog sie mit nach draussen. Die Sonne ging gerade unter und schimmerte rot in ihre Rücken. Sie gingen langsam in Richtung Hafen.

„Na- wie läuft´s so bei dir und Heather?“ sie versuchte, entspannt zu klingen, aber ihre Stimme wirkte matt und abgestumpft.

„Och- ganz gut, ja. Wir gehen heute ins Kino.“

„Du klingst ja nicht sehr begeistert. Liebst du sie denn gar nicht?“

„Ja- schon. Aber- weißt du- wenn man sich neu verliebt, dann gehen einem manchmal auch die alten Sachen durch den Kopf. Was einmal war.“

„Anya. Du hast sie immer noch geliebt, oder?“

„Manchmal denkt man einfach, man wäre über etwas hinweg, und dann sieht man etwas, oder hört ein Lied, und alles ist wieder da.“

„Ich weiß.“ Sie beobachtete ihre Füße beim Gehen.

„Das mit dir und Kenny tut mir leid. Aber sie hat sich sehr verändert.“

„Sie versucht genauso gut zu sein wie Spike. Buffy ist keine ernste Konkurrenz mehr- sie zieht sich ja immer mehr zurück.“

„Warum eigentlich?“

„Weil sie vielleicht als Einzige von uns begriffen hat, daß Zeiten sich ändern. Sie ist keine Jägerin mehr.“

„Spike hat kein Recht dazu, sie zu seiner Freundin zu denunzieren. Buffy kann mehr.“

„Das weiß er. Aber sie will nicht mehr. Sieh sie dir doch an. Jahrelang hat sie nur gekämpft. Kein Privatleben, kein richtiger Freund auf Dauer. Sie konnte nie tun, was sie wollte.“

„Aber sie vergisst dabei die Dämonen! Wir müssen doch weitermachen!“

„Das tun wir, Xander. Wir fügen uns unserem Schicksal und tun das, was man von uns verlangt- aber wir sind keine Maschinen. Der Höllenschlund hat alle Normalität von uns genommen. Wir mussten nur noch kämpfen.“

„Aber das müssen wir doch jetzt auch noch.“

„Nein- Xander- nicht mehr wir. Wir sind der Rat. Wir leiten die Anderen. Sieh sie dir an- die Jägerinnen von morgen. Sie lernen viel mehr Theorie als Buffy zu ihrer Zeit- weil wir viel mehr Wissen vereinen können. Und momentan bleibt uns wohl nichts weiter übrig, als zu suchen und zu überlegen.“ Sie waren am Hafen angelangt und blickten über das Wasser. Sie setzte sich auf die Promenadenmauer und er tat das Gleiche.

„Manchmal, wenn ich hier bin- dann fühle ich, daß da draussen etwas ist, was wir nicht wissen. Nicht in dieser Bucht- aber in dieser Welt.“

„Du bist oft hier?“ Er hatte kaum bemerkt, daß sie überhaupt aus dem Haus ging.

„Ja. In der Nacht. Wenn ich nicht schlafen kann. Dann komme ich hier her und sehe auf das Wasser. Es gibt da etwas, das ich tun muß- aber was? Das Leben ist so kurz- und wir können so wenig ausrichten. Und wenn wir gehen müssen, dann bleibt nur der Schmerz in den Herzen derer, die dich liebten.“

„Willow? Was ist wirklich los mit dir? Du machst mir langsam Angst.“

„Kannst du dich noch an damals erinnern- als wir den Meister erledigt hatten? Da stellten wir etwas über unsere Zukunft fest. Keiner von uns wird jemals eine normale glückliche Beziehung führen- wir sind verdammt.“

„Sowas solltest du nicht denken. Auch du kannst wieder glücklich werden. Es ist der Schmerz, weil Schluß ist. Das vergeht.“

„Nein- das meine ich nicht. Hast du mal Buffy und Spike beobachtet?“

„Nicht wirklich interessiert dran.“

„Ich hab sie da heute zusammen gesehen- Xander- sie führen eine ganz normale Beziehung.“

„Nein- das bildest du dir nur ein. Sieh sie dir doch an- sie streiten ständig. Sie machen sich Vorwürfe- die Beziehung möchte ich nicht haben!“

„Ist dir mal aufgefallen, daß sie das erst seit ein paar Wochen tun? Seit er sie umbringen wollte? Und das es dabei immer um die Sachen des Rates geht?“

„Naja- ist ja auch ihr Job.“

„Ja- ihr Job. Aber auch nicht mehr. Sie haben es vorher nie getrennt. Da haben sie alles in sich hineingefressen und ihre Freundschaft litt darunter. Aber es hat sich etwas verändert. Sie sind glücklich. Und sie halten trotz allem zusammen.“

„Was willst du mir eigentlich damit sagen? Das wir nicht verdammt sind? Wie schön.“ Er klang sarkastisch.

„Nein. Aber das jeder eine Chance bekommt im Leben- und wir sie nutzen sollten. Wir werden nie Beziehungen zu Außenstehenden führen können. Aber wir haben diese Chance.“ Ein Windhauch wehte ihr die Haare aus dem Gesicht.

„Seid wann bist du wieder so optimistisch? Gerade eben war alles noch schlecht?“

„Ich weiß es nicht. Spike hat sich sehr verändert- vielleicht haben wir das ja alle- nur bei ihm ist es wirklich ersichtlich. Xander- ich weiß, daß du ihn nicht magst, aber er hat sehr viel für mich getan. Er war da, als ich einfach nur jemanden brauchte, der mich versteht. Eines Tages kommt alles zurück, was wir einst verloren. Das hat er zu mir gesagt.“

„Was meint er damit? Sein altes Leben? Sunnydale? Das Urböse?“

„Nein- ich glaube, er meinte etwas Anderes. Wenn man etwas verliert, ist man traurig darüber. Nach dem Tod ist man wieder mit allen vereint, die man verloren hat. Vielleicht meinte er das.“

„Das wäre dann wohl der beste Spruch, den William der Blutige je ersonnen hat.“ Er sprang von der Mauer. Es wurde langsam dunkel und er wollte lieber wieder heim. „Laß uns zurückgehen.“

„Nein. Geh nur. Ich bleibe noch ein wenig hier. Es ist so schön hier. Siehst du die Sterne? In New York sieht man sie nicht. Es ist zu hell. Die Sterne sind dort auf der Erde. Sie bewegen sich wie Leuchtkäfer und finden doch nie ihr Ziel. Alles ist im Wandel. Die Zeit bleibt nie stehen. Wir werden wieder glücklich sein- Xander.“ Sie sah ihn nicht mehr an und wirkte verträumt.

„Wenn du meinst- ich geh dann mal. Paß auf dich auf.“ Er sah sich noch ein Weilchen nach ihr um, bis die Bäume ihm den Weg versperrten. Sie war so seltsam heute. Wenn sie nur keine Dummheiten machte. Verdammt- jetzt hatte er doch glatt das Kino vergessen!

Willow sah auf die stärker werdenden Wellen. Der Wind böte auf. Sie hörte ihre Stimme und schloss die Augen. Tara. Ich komme zu dir. Wir werden wieder glücklich sein.

Am nächsten Morgen brach das Chaos aus. Giles hatte Faith angerufen und nun war die große Aufgabe, die Zentrale in einen einigermaßen annehmbaren Zustand zu versetzen, Sie würden wohl doch einige Zeit länger bleiben müssen, weil es in ihrer Stadt gar nichts zu tun gab und hier wirklich genug Übungsmaterial für Rona und Amanda herumlief. Also galt es, das Zimmer für die Mädchen herzurichten. Faith und Wood bekamen jeder ihr eigenes Zimmer- schließlich wusste niemand, ob sie zusammen waren oder was auch immer. Buffy war ja vor wenigen Tagen endgültig wieder bei Spike eingezogen- sie schienen es einfach nicht ohne einander auszuhalten. Giles hatte ihr den Vorschlag eines Morgens unterbreitet, als sie gerade wieder nach oben in ihr Zimmer wollte, um sich anzuziehen.

Gegen 11 holte Xander das Team vom Flughafen ab- und zum ersten Mal an diesem Tag bemerkten alle, daß Willow gar nicht da war. Niemand hatte sie mehr seit gestern Nachmittag gesehen- außer Xander natürlich- aber der war zu diesem Moment unterwegs. Tyra und Tomas erklärten sich gleich bereit, sie zu suchen. Andrew fand ihren Pieper in ihrem Zimmer. Also konnten sie sie nicht einmal orten.

„Na toll! Wozu haben wir diese Dinger eigentlich angeschafft!“ fluchte er rum, als er die Treppe herunterstieg. Der Rat hatte sich versammelt und beratschlagte gerade, was passiert sein konnte. Ty und Tomas kamen zurück und konnten keine Neuigkeiten mitteilen. Dann hörten sie den Kleinbus und Giles stürmte los.

„Xander- hast du Willow gesehen?“

„Wieso? Ist sie nicht da?“ Eine innere Unruhe stieg wieder in ihm hoch.

„Am Hafen. Da war sie gestern Abend zuletzt.“ Er schnappte sich die Reisetaschen und warf sie sich über die Schultern.

„Okay- Dennis- Lauren- sucht sie da. Hat sie irgendwas gesagt?“

„Naja- sie war- komisch.“ Er ließ die Taschen im Haus auf den Boden gleiten.

„Willow- komisch?“ Buffy sah ihn kritisch an.

„Nein- eher Komisch-komisch. Es hat mich auch gewundert, aber ich dachte, sie wollte nur mal eben frische Luft schnappen.“

„Was hat sie gesagt?“

„Verdammt- sehr viel. Irgendwie hat sie wohl was zwischen euch gemerkt, und das hat sie zum Nachdenken gebracht.“ Er deutete mit dem Kopf auf Spike.

„Was genau?“

„Das wir doch nie eine Beziehung führen könnten- aber du kannst es scheinbar. Das alles irgendwann zurückkommt- oder so.“

„Verdammt!“ Spike schlug wütend auf den Tisch.

„Dich hat sie auch erwähnt. Das du ja gar nicht so bist. Und das jeder eine Chance kriegt- irgend so was. Klang nicht nach Besessenheit- im Gegenteil- sie war eher klarer im Kopf als sonst.“

„Spike- wo könnte sie sein? Kannst du sie nicht spüren- oder rufen- ihr macht das doch manchmal. Diese Gedankenübertragung.“ Giles wusste nicht so recht, wie er sich ausdrücken sollte.

„Kann ich versuchen, aber macht euch nicht zu viele Hoffnungen. Wenn sie es nicht will, kann ich gar nichts machen.“ Er brauchte jetzt Ruhe. Vielleicht nahm er sie dann wahr. Im Keller setzte er sich auf sein Bett und schloß die Augen. Er versuchte sie zu rufen. Das hatte er doch noch nie bewusst getan! Jemandem antworten. Okay- jemanden ansprechen, den man vor sich hatte- das war auch möglich. Aber er wusste nicht, wo sie war- spürte nicht ihre Aura, konnte sie nicht wittern. Sie konnte es- wenn sie wollte. Er dachte über alles nach, was er seit seiner Rückkehr mit ihr erlebt hatte. Ihre geheimen Botschaften untereinander, die kaum jemand bemerkt hatte. Ihre Verzweiflung, als Kennedy Schluss gemacht hatte. Das war jetzt Wochen her. Litt sie immer noch darunter? Verstehen konnte er es- er selbst konnte kein Nein akzeptieren, wenn es um Buffy ging. Aber es war etwas anderes. Was hatte er ihr gesagt? Welche Überlegung konnte in ihr vorgehen?

„Du suchst und findest doch nie.“

„Wie konnte ich dich denn auch vergessen. Hast du vielleicht einen Tipp übrig?“

„Wo die Hexe ist? Eins nach dem Anderen. Du hast den Mythos noch nicht gefunden. Aber es ist wirklich wichtig!“

„Willow ist aber momentan wichtiger. Wo ist sie?“

„Du magst sie wirklich. Weiß Buffy davon? Ich meine- Menschen werden manchmal komisch, wenn eine Konkurrenz auftaucht.“

„Sie ist keine, daß weißt du.“

„Du hast sie alle zu gern. Das kann auch ein Fehler sein. Sie werden dich eines Tages verlassen müssen- das liegt wohl in der Natur des Menschen- zu sterben.“

„Was ist mit ihr passiert?“

„Oh- nichts. Noch nicht. Aber du solltest wirklich deine Prioritäten überdenken.“

„Wenn ich diesen Bahnhof finde, verrätst du mir dann, was eigentlich hier passiert?“

„Wenn du es dann noch nicht selbst weißt- ja.“ Zekhor verschwand, wie er gekommen war- lautlos und sich im Dunkel auflösend.

Er starrte nachdenklich vor sich hin. Als er gerade einen Plan fasste, stand Buffy plötzlich vor ihm.

„Es funktioniert nicht, oder?“ Sie setzte sich ans Fußende und sah ihn liebevoll an.

„Ich muß weg. Es gibt da etwas, von dem anscheinend alles abhängt.“

„Warren Street. Der Mythos. Wann gibst du endlich auf?“ Sie schüttelte traurig den Kopf. Willow war verschollen, und er hatte nichts anderes im Kopf als diesen Schwachsinn. Es machte sie nicht mehr wütend. Diese Manie würde sie wohl nie in ihm brechen.

„Es hat was mit ihr zu tun. Zekhor weiß mal wieder mehr, als er uns sagt.“

„Ich weiß nicht, ob wir ihm vertrauen können.“

„Es ist unsere einzige Chance. Auch wenn er nicht immer alles ausplaudert- er hat uns sooft geholfen.“

„Ich hab es dir nie gesagt- aber er hat diesen Fluch von dir genommen.“

„Ich dachte es mir fast. Er will uns beistehen- aber warum sagt er uns nicht klipp und klar, was passieren wird?“

„Weil die Wahrheit unerträglich sein könnte. Und weil wir versuchen würden, unser Schicksal zu beeinflussen. Das dürfen wir wohl nicht. Manchmal bin ich ganz froh, daß ich die Zukunft nicht kenne. Aber dann denke ich auch- wäre es nicht gut zu wissen, ob das alles überhaupt einen Sinn hat?“

„Egal, was wir tun, es hat immer einen Sinn. Deshalb muß ich das wohl alleine durchziehen.“

„Möchtest du es allein tun?“

„Es ist gefährlich.“

„Vertraust du mir?“ Sie rückte näher zu ihm heran. Er nickte kurz.

„Dann sag mir, was du weißt. Wenn etwas passiert- wer soll dir dann helfen, außer ich?“

„Das ist unser Geheimnis- okay? Warren Street Station wurde längst zerstört. Aber der Mythos lebt noch. Es ist wie ein Geist- wenn du ihn finden willst, dann scheint er zu verschwinden. Aber es gibt ihn. Er ist das bestgehütete Geheimnis der Vampire. Nur Wenige kennen den Weg dorthin.“

„Aber er muß doch unter der Warren Street liegen- was ist daran so schwer?“

„Der Mythos an sich. Über die Jahre wurde er zum unbekannten Ort. Jeder vermutet ihn woanders. Also ist er auch überall und nirgends. Und doch muß er sehr reell sein. Zumindest für die Vampire. Es gibt nur einen Weg dorthin. Aber der würde von mir etwas verlangen, daß ich nie wieder tun wollte.“

„Der Vampir in dir- er müsste erweckt werden.“

„Vielleicht- ja. Aber es ist zu riskant.“

„Was immer es ist- du musst es wohl tun. Aber die Anderen sollten es nicht erfahren.“

„Wirst du mir helfen?“

„Ja. Wir versuchen es heute Abend in Manhattan.“ Sie umarmte ihn fest und hätte ihn am liebsten nie wieder losgelassen- denn sie hatte in seinem Inneren gehört, was er brauchte. Menschenblut. Ihr Blut. Seine Instinkte wurden durch das Schweineblut eingedämmt. Nur die pure Gier nach Opfern konnte ihn wieder zu dem machen, was er einmal war und ihn so zum Ziel führen. Er würde vielleicht sogar ganz neue Fähigkeiten entwickeln. Es gab nur ein Problem dabei: was, wenn er glatt vergaß, im richtigen Moment aufzuhören? Oder wenn er sie nicht mehr akzeptierte und auf sie reagierte? Aber sie mussten Risiken eingehen. Ihre Kämpfe brachten sie nicht weiter. Es schien kaum Auswirkungen auf die Vampirpopulation New Yorks zu haben. Und vielleicht war seine Seele ja sogar stark genug, um ihm den Verstand zu erhalten. Nichts konnte schließlich gefährlicher werden, als eine gedankenlose Killermaschine, die alle für Spike hielten.

Als das Abendessen und die Versammlung aller beendet war, stand fest, daß Spike und Buffy heute Abend auf die Suche in Manhattan gehen würden- aber keiner ausser ihnen wusste, welche Methoden sie anwenden würden. Keiner hätte das verstanden. Es war so schon schwer genug, alle davon zu überzeugen, daß Spike niemanden mehr umbringen wollte- sein letzter Ausraster hatte sie alle das Fürchten gelehrt und sie vorsichtiger werden lassen. Buffy sah noch einmal in die Runde. Faith und Wood würden ihnen eine große Hilfe sein. Aber ein beklemmendes Gefühl stieg in ihr hoch. Was, wenn sie das alles nie wieder sehen würde? Vielleicht vertraute sie ihm wirklich blind, und er konnte endlich seine 3. Jägerin erlegen. Sie ging langsam nach unten und wollte sich umziehen. Er trat plötzlich hinter sie und seine Hände streichelten über ihre Schultern, wanderten nach unten und zu ihrem Bauch. Er küsste sie sanft auf die Halsmuskeln und schob ihr T-Shirt nach oben. Sie wollte protestieren, aber er legte ihr den Finger auf die Lippen, als sie sich zu ihm umdrehte. Eine gewisse Angst flatterte in ihrem fragenden Blick mit. Er sah sie beruhigend an. Keine Angst. Aber die Nacht ist lang. Wir haben noch Zeit. Er küsste sie kurz, dann flog ihr T-Shirt in die Ecke und er drückte sie langsam zum Bett. Dann schaltete er das Licht aus und nur noch eine einzelne Kerze brannte ruhig vor sich hin.

„Mach die Augen zu. Und laß dich fallen.“ Flüsterte er ihr ins Ohr. Dann ertönte langsame Musik. Sie hatte nie gewusst, wie romantisch er wirklich sein konnte. Unglaublich zärtlich zog er sie aus und küsste sie am ganzen Körper. Sie merkte, wie sie sich selbst verlor. Alles um sie herum verschwand und sie spürte nur noch seine Berührungen. Es fühlte sich an, als liefe alles in Zeitlupe ab. Dann spürte sie ihn ganz langsam auf sie sinken und in sich. Mein Gott- was war plötzlich los? So hatte sie ja noch nie gefühlt. Sie war ihm so ergeben und schwach- sie konnte gar nicht mehr klar denken. Und dann spürte sie das plötzliche Kribbeln. Sie bäumte sich auf und hatte nur noch dieses eine Gefühl im Becken.

Spike beobachtete sie genau, und im richtigen Moment rutschte er nach unten und küsste sie auf die Innenseite des Oberschenkels. Seine Lippen wanderten nach oben zu ihrem Beinansatz. Ihr Keuchen sagte ihm, daß sie jetzt soweit war. Er biß sanft zu und hörte genau auf ihren Atem, ihren Pulsschlag. Sie wehrte sich nicht und lag ganz still. Und dann küsste er sie wieder. Ihr Körper hatte begonnen, zu erschlaffen- das war das eindeutige Signal. Er hätte sie einfach umbringen können- ohne irgendeine Gegenwehr von ihr. Sie nahm langsam seinen Kopf zwischen die Hände und sah ihn matt an. Aber sie versuchte zu lächeln.

„Wow- das war- Wahnsinn.“ Sie keuchte immer noch leicht. Dann befreite sie sich unter ihm hervor und wankte splitterfasernackt ins Bad. Sie schloss die Tür, aber riss sie gleich wieder auf.

„Was zum Teufel?-“ Ein dünner Blutfaden rann an ihrem Oberschenkel nach unten. Deutlich war die Bisswunde an der sehr privaten Stelle zu erkennen. Und sie hatte nichts davon gemerkt. Sie starrte ihn an. War er noch der liebe Spike- oder-?

„Hey- Liebes- alles okay?“ Er kam langsam auf sie zu und wollte sie in den Arm nehmen.

„Warum hast du das getan- ich meine- so?“ Sie wischte das Blut weg und zog sich hastig an.

„Ich wollte dir die Erinnerung ersparen. Und so sieht wenigstens niemand, was passiert ist, oder?“ Er sah sie fragend an. Sie erwiderte nur mit einem misstrauischen Blick- dann warf sie ihm seine Sachen entgegen.

„Wenn du noch etwas Verstand hast, dann sieh zu, daß wir losfahren. Bevor du wieder Hunger kriegst.“ Sie stapfte nach oben und wartete im Büro auf ihn. Vorsichtshalber steckte ein Messer in ihrem Stiefelschaft. Es würde ihn nicht töten- aber zumindest aufhalten. Eigentlich konnte sie ja nicht einmal sauer auf ihn sein- er hatte es ihr so erträglich wie möglich machen wollen. Die Wut galt viel mehr ihr selbst. Wie hatte sie sich nur so hingeben können? Sie konnte sich an nichts mehr wirklich erinnern. War das wieder ein neuer Trick von ihm? Wenn ja, dann war er verdammt gut. Und sie musste wohl aufpassen, daß das nicht noch einmal geschah.

Als sie in Lower Manhattan ankamen, begann es gerade zu nieseln. Sie waren vorsorglich schon mit dem Auto gefahren und hielten genau auf der Warren Street. Spike stieg aus und sah sich um. Aber er konnte nichts entdecken. Also ging er in den nächsten Club und hörte sich ein wenig um. Als er den richtigen Vampir entdeckt hatte, lockte er ihn unter einem Vorwand nach draußen und in die kleinere Seitenstrasse. Buffy wartete dort mit einem Pflock und ließ sich an einer Rettungsleiter nach unten. Spike lotste ihn in ihre Richtung, und plötzlich packten ihn 2 Arme und klammerten den erschreckten Vampir fest. Spike schlug mit voller Wucht zu. Er war einiges größer und kräftiger als er und Buffy musste auf der Leiter bleiben, um seinen Kopf umklammern zu können. Sie drückte ihm ihr Knie in den Rücken.

„Was soll das?“ Er wollte sich befreien, aber sie rammte ihm den Pflock in die Seite. Er schrie auf, aber zerfiel natürlich nicht.

„Warren Street Station- wo?“

„Ich weiß von nichts.“

„Okay- eine Warnung nur- meine Süße hat grad ziemlich viel Wut im Bauch. Sag es lieber gleich. Wo ist der Mythos?“

„Vergiß es. Wärst du ein richtiger Vampir, wüsstest du´s!“

„Entschuldigung, aber ich bin neu hier. Mach´s mir doch ein bisschen leichter- ja?“ Er schlug erneut zu. Buffy drückte den Pflock tiefer ins Fleisch.

„Okay- okay. Von der U- Bahn aus. Es gibt nen Lüftungsschacht auf der Strecke. Da müsst ihr rein. Dann findet ihr´s garantiert.“

„War das alles?“

„Ja.“ Stöhnte er gequält.

„Danke.“ Sagte Spike fröhlich. Er nickte Buffy zu. Sie zog den Pflock und warf ihn zu ihm. Ein kurzer Stoß und der Vampir zerfiel zu Staub.

„Sag das bloß nicht den anderen, daß ich jetzt schon bei deinen Folteraktionen mitmache.“

„Wenn du ihnen verschweigst, wer ein bisschen an dir rumgesaugt hat.“ Er legte locker seinen Arm um ihre Schultern.

„Woher wusstest du, daß er Ahnung davon hat und auch die Wahrheit sagt?“

„Hat was mit deinem Blut zu tun. Ich hab´s in ihm gehört. Obwohl er das nicht wollte.“

„Was ist mit Willow?“

„Warte.“ Er blieb stehen und drehte sich langsam im Kreis. Er sah sich alles genau an, dann schloss er die Augen und richtete den Kopf nach oben. Es sah irgendwie seltsam aus- als würde er über ein bestimmtes Problem intensiv nachdenken. Und dann sank er ganz unvermittelt in die Knie und stöhnte auf. Sie eilte zu ihm und wollte ihn hochziehen, aber er wehrte sich. Sie sah in sein Vampirgesicht. Er wirkte bedrohlich.

„Geh. Sofort. Warte am Central Park bis Sonnenaufgang. Wenn ich dann nicht zurück bin, dann weißt du, daß etwas schief ging. Aber du musst gehen -jetzt.“ Keuchte er.

Buffy wartete wie vereinbart. Der Verkehr begann langsam wieder stärker zu werden. Und noch keine Spur von Spike. Langsam sorgte sie sich, daß etwas passiert war. Aber was konnte sie dann tun? Sie hatte nicht vergessen, was alles passiert war- aber verdrängt. Jedes Mal, wenn er nicht da war, fühlte sie sich so allein. Selbst wenn sie ihn eines Tages nicht mehr lieben sollte- sie könnte auch nicht ohne ihn sein, daß hatte sie einsehen müssen. Wie sollte sie denn eine Beziehung zu einem normalen Menschen führen? Es würde nicht lange gut gehen- weil sie niemand verstehen konnte. Sie war durch die Hölle gegangen, hatte 2 mal den Tod durchlebt- nur um danach noch stärker wiederzukommen- und noch einsamer zu sein. Und dann war er immer da gewesen für sie. Sie konnte ihm alles sagen, ihm vertrauen- er war wohl so etwas wie ihre zweite Hälfte- ohne ihn war sie nicht sie selbst. Sie waren abhängig voneinander und wollten es auch gar nicht ändern. In ihren Herzen hatten sie eine Vereinbarung getroffen- egal, was passierte, sie brauchten einander. Und sollte es doch zur Trennung kommen, würden sie wohl immer noch Freunde sein. Weil sie Feinde waren. Das klang seltsam, aber es war so. Der eine lebte nur, weil der Andere auch da war. Sie musste auf ihn achten, ihn vom Bösen abhalten- und er lebte für sie, für ihre Bestimmung, das Böse zu bekämpfen. Spike, der Vampir und Buffy, die Wächterin, waren Feinde, die sich liebten. Und deren Existenz nur darauf aufbaute.

Aber sie hatten gelernt, Beides zu trennen. Es war schwer anfangs- die Sachen des Rates waren immer präsent. Doch nach all den Streits, die sie nur belasteten, war eine Phase des Nachdenkens gekommen. Die Dämonen waren das, was alle anging- also konnten auch alle wissen, was sie dachten und das sie wirklich daran arbeiteten. Sonst hatte es ja immer so ausgesehen, als ob es ihnen egal wäre. Jetzt gab es das offizielle Team Spike und Buffy, die für die Fragen der Anderen da waren. Und dann gab es sie Beide, ganz privat. Wenn sie allein waren, wenn sie ganz normale Dinge taten- ins Kino gingen oder eben zusammen Kekse backen. Und erst jetzt hatte sie ihn wohl wirklich kennen gelernt. Er war nicht nur der schweigsame Vampir, der eher mal zuschlug oder fies wurde. Sie wusste mehr von ihm als die Anderen- aber jetzt war er wirklich bereit, ihr etwas über sich zu erzählen. Wie er die Beziehung zu Drusilla gesehen hatte- warum er immer noch so sauer auf Angel war. Das hatte sie nie verstanden- weil sie ihn immer in Gut und Böse eingeteilt hatte. Jetzt musste sie schmerzlich einsehen, daß selbst der böse Spike ein Herz hatte. Das Drusilla ihn verletzt hatte und er unter ihr gelitten hatte. Es entschuldigte nicht seine Taten- aber es machte ihn zu einem Wesen mit Vergangenheit und offensichtlichen Gefühlen. Vielleicht hatte sie deshalb auch in all das eingewilligt und war bereit, ihn in allem zu unterstützen- weil er wie sie dachte. Niemand im Rat würde das verstehen können- sie entfernten sich immer mehr von diesem normalen Leben und waren nur noch wie Schatten ihrer Selbst. Wohin würde das noch führen? Wenn sie nun die Möglichkeit bekäme, wie er unsterblich zu werden- sie würde es nutzen- um ihn zu unterstützen- und eines Tages zu vernichten, weil er über Kurz oder Lang wieder böse werden würde. Sie hoffte nur inständig, daß sie rechtzeitig die gefährliche Grenze zwischen Beidem erkennen würde und nicht selbst abrutschen. Sie würden zu dem mysteriösen Paar werden, daß durch die Jahrhunderte hindurch das Böse bekämpft und nicht greifbar ist. Und doch würden sie nie ein normales Leben führen. Manchmal ertappte sie sich dabei, wie sie kleine Kinder wehmütig beobachtete. Das würde sie nie erleben dürfen. Sie war jetzt 23. Andere Frauen waren jetzt glücklich verheiratet, hatten ein oder zwei Kinder, lebten für die nächsten 10 Jahre mit ihrem Mann zusammen, der älter wurde, unausstehlicher und uninteressant. Mit Mitte dreißig beschließen sie, sich scheiden zu lassen, suchen sich einen Jüngeren und das Drama beginnt von vorn. Mit 50 stellen sie dann fest, daß alles ganz anders hätte laufen sollen, setzen Kilos an und machen ihre Kinder für das Scheitern ihres Lebens verantwortlich. Und trotzdem tat es weh, wenn sie glückliche Familien sah.

Die Beifahrertür wurde aufgerissen und Spike schwang sich in den Wagen. Er lehnte den Kopf zurück und schloss die Augen. Dann spürte er ihren fragenden Blick.

„Laß uns heim fahren. Wir haben verdammt schlechte Neuigkeiten.“

Sie startete den Motor und fuhr bis zur nächsten roten Ampel. „Hey- alles okay bei dir?“ Ihre Hand strich kurz über seine Wange.

„Mit mir ja. Aber jetzt verstehe ich Einiges.“

„Hast du Willow gefunden?“

„Ja und Nein. Ich habe eine Hexe gesehen, die Ähnlichkeit mit der alten, bösen Willow hat. Wir kriegen verdammte Probleme, wenn sie sich wirklich gegen uns stellt.“

„Warum sollte sie das?“

„Vielleicht weil ein verdammt dämlicher Vampir ihr etwas gesagt hat, was sie wohl falsch aufgefasst hat?“

„Was war da zwischen euch?“

„Ich wollte ihr doch nur sagen, daß alles wieder gut wird- das Kennedy vielleicht wieder zu ihr zurückkommt. Aber sie hat das wohl auf Tara bezogen. Jetzt wird sie wohl so handeln, weil sie hofft, sie erhält sie auf diesem Weg zurück. Keine Ahnung. Da steckt bestimmt unser alter Freund First dahinter. Dasselbe wie bei dir und den Jägerinnen. Gaukle ihnen etwas vor, und du kannst sie steuern.“

„Willow ist stark- sie wird ihm wiederstehen.“

„Nein- Buff- sie ist schwach, weil sie scheinbar alles verloren hat. Es gibt wohl nur eine Möglichkeit, sie vor sich selbst zu schützen.“

„Nein. Das lasse ich nicht zu, das weißt du genau.“

„Du weißt doch gar nicht, an was ich denke.“

„Ihren Tod.“

„Warum glaubst du immer wieder, daß das alles ist, an das ich glaube? Aber nein- ich denke eher, daß wir sie zuerst da raus holen müssen. Und dann sollten wir mal unseren guten Freund Zekhor um einen kleinen Gefallen bitten. Er kann das bestimmt. Wenn Tara ihr sagen könnte, daß sie nicht mehr zurück will- daß sie glücklich ist über Willows Entscheidung für Kennedy-.“

„Du willst eine Tote wiedererwecken?“

„Nicht genau- nur ihren Geist. Irgendwie kriegt er das schon hin. Vielleicht ein netter Traum oder so.“

„Spike? Manchmal frage ich mich wirklich, warum ich dich nicht schon eher richtig kennen lernen dürfte. Du hast dich nicht wirklich um 180 Grad gewandelt- stimmt´s? Du zeigst nur endlich, was da schon immer in dir war.“

„Wenn du meinst.“

„Hey- eine starke Vampirin wie Dru hätte dich nicht so lange an ihrer Seite haben wollen, wenn sie nicht auch dein Potential gesehen hätte. Sie war nicht dumm, daß muss man ihr lassen. Pech nur, daß deine Ambitionen eher menschenfreundlich waren. Aber Glück für mich.“

Er sah sie nur fragend an, dann musste er lächeln, weil sie so lustig aussah, wenn sie von ihrer eigenen Meinung überzeugt war.

Der Rat der Wächter war schockiert über die Neuigkeiten. Spike hatte wirklich etwas gefunden, was so aussah, wie es der Mythos beschrieb. Nachdem er den Lüftungsschacht gefunden hatte, war er vorsichtig bis zum Gitter geschlichen. In gebückter Haltung konnte man den ganzen Weg hinter sich bringen. Es gab ein paar Sackgassen, aber dann hörte er Stimmen. Hinter dem Gitter war Licht und alles glänzte magisch in Gold und Kristall. Eine Halle mit Kronleuchtern war erkennbar. In der Mitte stand eine große, hohe Schale. Eine Frau, wahrscheinlich eine Hexe hatte seltsame Rituale durchgeführt. Sie bewegte sich geschmeidig und Spike merkte, wie er ihr fast verfiel, so schön war sie. In einer Ecke hockte Willow- aber sie war verändert. Ihre Adern traten wieder hervor und die Augen strahlten in diesem kalten Schwarz. Es war eindeutig die Willow, die er am meisten fürchtete. Sie hätte fast den Weltuntergang herbeigebracht- was würde sie diesmal anrichten können? Er versuchte sich weiter umzusehen und entdeckte einen neu angelegten Gang, der ins Dunkel führte. Er versuchte, sich die Richtung einzuprägen und beeilte sich dann, wieder herauszukommen. Doch mehrere Vampire griffen ihn im U-Bahn- Schacht an, und so musste er sie erst aus dem Weg schaffen. Bei all dem war ihm aber auch etwas klar geworden. Der Mythos von einst war nicht mehr da. Die Vampire hatten diese Höhle angelegt- die Kronleuchter waren eindeutig neueren Datums, und die Wände wiesen teilweise die gleiche Struktur wie der neue Gang auf. Es war also eine Lüge. Man wollte den Mythos haben, also erschuf man ihn neu. Der wahre Warren Street Station blieb weiterhin verschollen.

Helfer des Bösen

„Wie kann ich sie zurückholen?“

„Alles zu seiner Zeit, Hexe. Aber erst mal solltest du uns einen kleinen Gefallen tun. Wir bräuchten deine Magie, um ein paar Freunden von uns eine Nachricht zukommen zu lassen. Das müsste doch für dich kein Problem sein, oder?“ Sie strich Willow sanft über die Wange und ihr weicher Blick munterte Willow auf.

„Aber das ist doch noch nicht alles, was ihr erwartet?“

„Aber nein. Es ist alles ganz einfach. Um deine Freundin zurückzubringen, brauchen wir ein paar Helfer- Geister- wenn du verstehst. Und dann erfolgt der große Zauber. Du wirst alle Kräfte aufbringen müssen, die du entbehren kannst. Ich bin mir sicher, daß deine Freunde dir in dieser schweren Zeit sicher helfen wollen. Deshalb habe ich einen Zauber gefunden, der dir ihre Kräfte borgen kann- du könntest sie anwenden, um die nötige Macht zu erhalten, um Tara aus Sunnydale zurückzuholen.“

„Aber das kann ich auch so. Spike konnte ich doch auch wiedererwecken.“

„Er war nicht so lange tot. Tara lebt jetzt in einer anderen Welt. Du kannst sie nicht einfach wiederauferstehen lassen. Dafür brauchst du die Kräfte und Erinnerungen aller, die sie kannten.“

„Aber dann könnten sie sich nicht mehr wehren. Wenn sie angegriffen würden-.“

„Oh nein- sie werden nicht angegriffen- wenn sie sich ruhig verhalten. Werden sie das tun- was meinst du? Abwarten und nachdenken?“

„Nein. Sie werden mich suchen.“

„Tja- dann sollten wir vielleicht versuchen, sie daran zu hindern- damit ihnen nichts passiert.“

„Wie?“

„Ruf unsere Freunde an. Sie werden sie beschützen. Niemand wird seine Kräfte nutzen müssen, weil es keine Kämpfe geben wird. Buffy und Spike können glücklich sein, Xander und Heather- und du wirst es auch wieder. Tara wartet auf dich.“

„Gut. Ich werde es tun.“

„Schön. Aber warte bis es Nacht wird- unsere Freunde mögen den Tag nicht.“

Der Morgen der Abrechnung war für die Unterschlüpfe in der Bronx gekommen. Die Gruppe wurde in 7 Einzeltrupps geteilt, die jeweils von den Erfahrendsten angeführt wurden. Niemand versuchte, Willow zu erwähnen, da die momentane Aufgabe nun nicht mehr verschoben werden konnte. Sie wurden zu ihren zugeteilten Verstecken gebracht und zerstörten alles. Die Eingänge wurden so verriegelt, daß man nicht mehr hinein konnte. Weihwasser und Kreuze an den Türen taten ein Übriges. Dann legten sich die Teams auf die Lauer und warteten auf die Vampire, die nun nicht mehr vor der Sonne flüchten könnten. Und wie erwartet kam es dazu, daß die Vampire in ihrer Verzweiflung ausrasteten und andere Unterschlüpfe aufsuchen wollten. Die schnellen Pfeile der Armbrüste aus dem Hinterhalt und einige gezielte Angriffe hinderten sie aber daran. Als alles vorbei war, sammelte Xander sie wieder ein und man stattete dem Club einen Besuch ab. Einige wenige Dämonen waren noch da und wurden von den jungen Jägerinnen erledigt. Dann tötete Spike in alter Manier den Bloodkeeper und hinterließ eine Nachricht, die er quer an die Wand sprühte.

 

Lasst sie frei, oder das ist nur der Anfang.

Zurück in der Zentrale verzogen sich alle stillschweigend in ihre Zimmer. Sie suchten nach einer Möglichkeit, Willow zurück zu holen- aber sie konnten nicht einfach in diese mythische Stätte hinein- eine Art Zauber lag anscheinend darauf und hielt sie von ihr fern.

Es klopfte hart an der Tür. Giles und Mason sahen sich fragend an. Um diese Urzeit erwarteten sie eigentlich niemanden mehr. Mason sah durch den Türspion. Und schreckte zurück.

„Was ist?“

„Äh- Dämon? Sieht recht übel aus. Aber seid wann klopfen die an?“ Er wich instinktiv zurück. Es klopfte erneut.

„Hol Buffy und Spike- und ein paar Waffen.“ Das ließ er sich nicht zweimal sagen. Er stürmte die Treppe hinunter und in Spikes Zimmer. Zum Glück arbeiteten sie an irgendwelchen Akten- in Flagranti hätte er sie wirklich nicht erwischen wollen.

„Schnell- Dämon vor Haustür. Keine Ahnung, welche Art. Reichlich Knochen und Lumpen. Hat angeklopft.“ Buffy und Spike sahen sich fragend an. Sie schnappten sich Schwert und Armbrust und eilten nach oben. Giles bewachte immer noch angestrengt die Tür.

„Das gefällt mir gar nicht. Seit wann kommen die zu uns?“ er wirkte hektisch.

Spike ging zur Tür und sah durch den Spion. Die Gestalt draußen wollte gerade gehen. Spike drehte sich zu Buffy und musste lachen. Dann machte er langsam die Tür auf. Ein vollkommen verwirrter Ankou stand vor ihm und versuchte zu grinsen. Er hob die Hand und winkte Buffy klappernd.

„Was willst du denn hier?“

„Naja- ihr seid gar nicht mehr gekommen- da dachte ich, ich muss mal nachsehen, was passiert ist.“

„Woher weißt du, wo du uns finden kannst?“ Buffy wurde misstrauisch.

„Äh- ihr kennt ihn?“

„Ja- so in etwa- das ist der Ankou von Sleppy Hollow.“

„Ich weiß nicht mehr, woher ich es weiß. Keine Ahnung. Warum bin ich eigentlich hier?“

„Das frag ich mich auch grad.“ Spike winkte ihn herein.

„Ähm- das ist sehr nett, danke.“

„Spike- er ist ein Dämon!“

„Das ist nicht richtig. Ich bin ein Geist. Und ich bin ein netter Geist. Ich will nur aufpassen, daß auch alles richtig ist. Und momentan ist alles falsch. Ein schönes Haus habt ihr da. Jaja- ganz toll. Wäre mir persönlich zu groß, aber ihr werdet schon eure Gründe haben.“

„Also- warum bist du nun hier? Wer passt in der Zeit auf den Friedhof auf?“

„Oje- das hatte ich wohl nicht bedacht. Aber da passiert eh nicht viel- seit der letzten Beerdigung.“

„Wann war die?“

„Oh- äh, vor ein paar Wochen, ja. Nachdem ihr da ward. Wieder ein Kind. Ist es möglich, daß ich deshalb hier bin?“

„Wahrscheinlich. Ist es wieder so ein Grab? Vampire?“

„Das ist möglich, ja. Ich hab hier den Namen und Adresse. Dachte, ihr braucht das vielleicht. Und dann wollte ich noch was- aber ich hab es vergessen.“ Er reichte Spike einen kleinen, vergilbten Zettel.

„Versuch dich zu erinnern. Ist etwas Seltsames passiert? Irgendwelche seltsamen Besucher? Oder leere Gräber?“

„Nein- da ist alles okay. Die Löcher sind alle voll, bis eben auf die 6, aber die Geschichte kennt ihr ja.“

„Äh- nein? Welche 6 Gräber?“

„Naja. Eben DIE 6. Ihr wisst schon. Sleppy Hollow. Diese alte Geschichte.“

„Ja aber natürlich- das war doch- äh?“ Spike versuchte es auf die alte Schliche.

„Jaja, die Reiter. Sie werden bald wieder umgehen. Und jetzt, wo die neuen Gräber ihre Zahl erreicht haben. Ist schon keine schöne Sache das alles. Hat lange gedauert. Aber sie werden wohl wieder gebraucht.“

„Was machen sie noch mal?“

„Sie jagen. Das ist doch ihre Arbeit. Und ich bewache ihren Schlaf.“

„Wen jagen sie?“

„Das kommt darauf an. Wenn ihr Meister böse ist, jagen sie Menschen, wenn er gut ist, eben die Bösen. Sie sind eigentlich ganz okay- leider denken sie nie darüber nach, für wen sie arbeiten. Es sind Söldner, sozusagen.“

„Und wenn es jetzt 6 Vampirgräber gibt- wer ist dann ihr Herr?“ Mason beunruhigte das alles zutiefst.

„Der, der sie dahin gebracht hat. Also wahrscheinlich ein Vampir. Das könnte böse enden.“

„Kannst du auch sagen, wie sie töten, wen sie im speziellen jagen?“

„Oh- sie köpfen den Gegner. Erst jagen sie, und dann, wenn du nicht mehr laufen kannst, schlagen sie zu. Und sie töten diejenigen, die auf ihrer Liste stehen.“

„Wo ist diese Liste?“

„Wahrscheinlich noch bei ihrem Meister. Sie holen sie erst ab, bevor sie töten.“

„Hör mir gut zu- es ist wichtig! Die Liste- wir brauchen sie unbedingt, bevor sie töten. Kannst du das irgendwie regeln?“ Spike sah ihm eindringlich in die scheinbar hohlen Augen.

„Ich kann es versuchen. Sie sind meine Kumpels. Und schließlich könnten sie mir auch mal einen Gefallen tun. Ich wache seit Jahrhunderten über sie, und bis jetzt gab es nie ein Danke. Aber wofür braucht ihr die Liste?“

„Weil es möglich ist, daß dort unsere Namen drauf stehen. Oder die von unschuldigen Menschen. Ihr neuer Meister ist ein Vampir. Er wird sie zu bösen Zwecken missbrauchen.“

„Ich werde es versuchen. Die Zeiten sind so hektisch geworden. Alle Welt ist nur noch böse. Da komm ich nicht mehr mit- wirklich. Naja- ich muß dann mal wieder. Bis demnächst- ihr könnt mich ja mal besuchen kommen. Es ist verdammt einsam auf Sleepy Hollow.“ Er wandte sich zum Gehen. „Oh- jetzt fällt es mir wieder ein. Ich hab euch ganz leicht finden können. Jeder Dämon kann eure Macht von weitem spüren. Dieses Haus strahlt geradezu vor Energie. Und ihr auch, deshalb habe ich gleich gewusst, daß ich euch vertrauen kann. Ihr seid die Guten, richtig? Der Rat der Wächter, wenn ich nicht irre. Es ist lange her, daß so ein machtvoller Vampir der Anführer war. Sehr lange. Ich hoffe, du machst deine Sache besser als er und bleibst auf der Seite deiner Jägerin.“ Er hob die Skeletthand kurz zum Gruß und schlurfte die Strasse entlang. Spike machte wie in Zeitlupe die Tür zu und starrte auf das Holz.

„Spike? Was meint er damit?“ Buffy kam langsam zu ihm und legte ihre Hand auf seine Schulter.

„Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht einmal mehr, wem ich überhaupt noch vertrauen kann.“ Flüsterte er heiser und verließ die Umstehenden nachdenklich.

„Das war-?“

„Ankou- äh- sehr vergesslich, wie man sieht. Er hatte uns ja schon die Namen der anderen Kinder gegeben. Scheint ja ganz nett zu sein- aber mich beunruhigen da ein paar Sachen.“

„Nicht nur dich, Buffy. Wer von euren Geistern sagt nun die Wahrheit? Wenn er Zekhor meinte, dann haben wir ein großes Problem. Wir wissen nicht, wo er uns schon hineingeführt hat. Ich meine- bis jetzt hatten seine Ratschläge immer Sinn und haben uns weiter gebracht- aber wenn nun alles nur eine Lüge sein sollte- so wie sein Leben? Andererseits sind wir durch den Ankou noch keinen Schritt weiter, was aber nicht heißt, daß er automatisch der Schlechtere ist. Aber woher weiß er etwas vom Rat der Wächter? Diese scheinbare Dummheit- das einfache Finden unserer Zentrale-.“

„Der ist einfach zu suspekt. Er weiß mehr, als er dürfte- aber welches Täubchen hat ihm das alles geflüstert? Die Kinder sind eine Verbindung zu Tepesch. Warum sollte er uns helfen, wenn der Oberste Boss ihm seine Lieblinge anvertraut? Er würde ihn doch in Einzelteile zerlegen, wenn er es erfährt. Das riecht förmlich nach einer Falle. Sie wollen uns dorthin locken. Und weg von Zekhor.“ In Mason erwachte der alte Aufklärungstrieb.

„Aber es gibt auch keinen Grund, Zekhor blind zu vertrauen. Ich hab mich mal ein wenig über ihn kundig gemacht.“

„Giles- ich dachte, es gibt nichts über ihn?“

„Oh- doch, Buffy. Das, was es gibt, zeigt an, das es zu wenig Bekanntes über ihn gibt. Er hat Spike erzählt, wie er starb. Fakt ist, daß es schon 997 eine Absetzung gab. Er hatte 4 Jahre lang ein Verhältnis mit der Jägerin. Und er wurde nicht erst 1003 wegen ihrem Tod verstoßen, und weil er sie zurückholen wollte. Sie haben ihn da schon lange gejagt. Und ich nehme sogar an, daß er selbst die Jägerin getötet hat. Aber das mit dem Kind stimmt wohl sogar- daß hieße, daß sie auch noch 1003 das Verhältnis hatten. Als Oberster wäre er aber deshalb nicht abgewählt worden, sondern sie hätte gehen müssen. Es stellt sich also die Frage: Was hat er in den 6 Jahren gemacht, daß er schließlich seine Geliebte umbrachte- und mit ihr sein eigenes Kind? War es ein Unfall? Oder hatte er die Seiten gewechselt? Wenn es so wäre, und es soll sich alles genauso wiederholen, dann wissen wir schon heute, was euch euer Schicksal bringen wird. Aber ich glaube nicht daran, daß vollkommen verschiedene Menschen und Vampire zweimal denselben Fehler begehen könnten.“

Die Tür flog plötzlich auf und Tomas stand vollkommen panisch vor ihnen.

„Am Hafen- ganz komische Dämonen. Sie haben Ty!“ keuchte er atemlos.

Spike dachte keinen Moment nach und stürmte mit dem Schwert in der Hand los. Buffy rannte ihm geistesgegenwärtig hinterher. Giles hielt Tomas zurück.

„Was ist es? Wie sehen sie aus? Wir müssen wissen, was passiert ist.“

„Wir sind auf dem Anlegesteg gewesen. Alles war ganz ruhig. Und dann schrie Ty plötzlich und wurde ins Wasser gezogen. Ich hab gar nichts erkennen können- außer einem ganz ekligen Arm- er sah so aufgequollen aus. Und ganz lange Fingernägel. Es zog sie sofort weg, und ich konnte gar nichts tun. Kenny sprang hinterher, aber es schwamm ganz schnell mit Ty weg. Sie konnte nicht hinterher. Da bin ich hierher gerannt.“

„Wo sind die Anderen?“

„Keine Ahnung- sie wollten noch in die Stadt.“

Giles fluchte leise und rannte in den Keller. Mason folgte ihm, und kurze Zeit später kamen sie mit Armbrüsten und Gewehren zurück. Tomas hatte gar nicht gewusst, daß sie auch ganz normale Schusswaffen hatten. Sie liefen los und nahmen den Wagen. Mason fuhr in irrem Tempo die Strasse zum Wasser hinunter. Sie sahen Buffy und Spike auf dem Deck eines Schiffes.

„Wartet!“ Mason sprang aus dem Wagen, schnappte sich die Waffen in der Tasche und rannte, als ginge es um sein Leben. Egal, was sich ihm jetzt in den Weg gestellt hätte, es wäre in weitem Bogen weggestoßen worden. Er warf die Tasche auf das Bootsdeck und sprang hinterher. Buffy blieb der Mund offen. Es waren mindestens 5 Meter gewesen, die er da übersprang- und er landete mit beiden Beinen auf Deck.

„Was? Schon mal was von der inneren Kraft und Zen gehört? Im richtigen Moment reagieren. Eigentlich ganz einfach.“

„Du überraschst mich immer wieder.“ Stellte sie kopfschüttelnd fest. Er bahnte sich zu Spike an das Ruder durch und baute sich vor ihm auf. „Hast du eine Ahnung, was du hier tust?“

„Äh- irgendwie kriegen wir das schon hin.“ Er suchte die Anzeigen ab.

„Vorschlag: Ihr killt dieses Biest und ich fahre. Festhalten!“ Er schob ihn zur Seite und plötzlich raste das Boot los. Der Ruck warf Buffy von den Füßen. Spike kam zu ihr.

„Keine Ahnung, wie er das alles macht. Sieh mich nicht so an!“ Sie beeilte sich, an die Reling zu kommen und starrte ins Wasser. Weiter vorn erkannte sie eine seltsame Welle, die durch etwas ausgelöst wurde, was scheinbar über die Wasserfläche geschleift wurde.

„Mason- da!“

„Alles klar. Probieren wir doch mal aus, was der Kahn wirklich drauf hat!“ Das Boot sauste plötzlich über die Wellen dahin und schien zu fliegen. Dann überholten sie das Objekt und Mason zog ruckartig das Ruder herum. Die Insassen wurden mal eben an die andere Reling geschleudert.

„Schnappt euch Ty!“ Mason schnappte sich das Gewehr aus der Tasche und sprang auf die Reling. Die Wasserwelle kam auf sie zugeschossen.

„Ich hoffe, du hast einen Plan!“ Buffy beugte sich über die Reling und sah auf das Wasser. Undeutlich erkannte sie die Gestalt Tys, die kurz unter der Oberfläche dahinsauste.

„Plan? Was für ein Plan?“

„Spike- halt mich fest!“ Sie ließ sich nach unten fallen und spürte seinen Klammergriff an ihren Beinen. Sie packte zu, als Ty genau unter ihr war. Ein Ruck durchzog ihren Körper und es schien ihr, als würde sie zerrissen. Und sie spürte Tys Hand. Das Wasser donnerte über ihrem Kopf zusammen. Plötzlich wurde sie nach oben gerissen und zog Ty mit sich. Ein Schlag gegen das Boot warf sie regelrecht auf das Deck. Ihr Kopf knallte gegen die Seilwinde. Lautes Kratzen ertönte.

„Verdammt- wo ist es?“ Spike rappelte sich wieder auf und sah sich um.

„Ich nehme an- unter uns.“ Mason klang erstaunlich ruhig. Er hielt den Lauf vor sich und suchte alle Seiten des Bootes ab.

„Ganz ruhig bleiben. Ty- alles okay?“ Sie spuckte und hustete reichlich Wasser, aber sonst schien ihr nichts passiert zu sein.

„Denke schon. Was will das von uns?“

„Keine Ahnung.“ Mason drehte sich zu ihnen. Und sah zu spät den heraufspringenden Dämon, der hinter ihm erschien und ihn ins Wasser warf. Die Anderen hatten nicht einmal die Zeit für den Schrei gehabt. Spike sprang in die Richtung und wollte Masons Hand packen, aber er tauchte bereits unter. Dann erschien er kurz noch mal oben.

„Messer!“ Er tauchte wieder unter. Spike warf seinen Mantel von sich, schnappte sich sein Schwert und sprang hinterher.

„Nein! Oh Gott!“ Buffy starrte auf die leere Stelle, an der er gerade noch gestanden hatte.

„Kann er überhaupt schwimmen?“

„Was weiß ich! Wenigstens kann er nicht ertrinken!“ Sie sahen ängstlich über die Reling. Große Blasen stiegen auf, dann wurde alles still. Die kleinen Wellen klatschten leise an den Bug. Buffy spürte die Panik in sich hochsteigen. Sie sah sich auf der Wasserfläche um. Man konnte nur wenige Meter weit sehen. In der Ferne waren die Lichter von Tarrytown. Und da passierte etwas Seltsames.

„Was ist das?“ Sie starrte auf die Küste. Ty richtete sich auf und folgte ihrem Blick. Über dem dunklen Horizont waberten grüne Lichter. Eines über Tarrytown, zwei weitere über Sleepy Hollow. Sie schienen langsam vor sich hin zu ziehen. In dem dunklen Schimmer erkannte Buffy die Kirchturmspitze des alten Friedhofes.

„Es sieht wie Wetterleuchten aus.“ Ty war ebenso fasziniert von dem Lichterschauspiel.

Ein Schlag am Boot riss sie aus den Gedanken. Sie schrieen unkontrolliert los und starrten auf die Reling. Eine Hand war dort erschienen. Jemand keuchte auf.

„Das ist Mason!“ Ty stürzte hin und hielt seine Hand fest. Gemeinsam zogen sie ihn hoch. Er ließ sich auf die Planken sinken und versuchte, wieder normal zu atmen.

„Wo ist Spike? Was ist da unten los?“

„Ich- hab noch nie- so was gesehen!“ Er rappelte sich langsam auf und sah sich um. Dann ging er zur Seilwinde. Er warf den Anker über Bord und löste den Hebel. Das Seil sauste nach unten und surrte über die Reling hinweg. Mason ließ es eine Weile laufen, dann warf er den Hebel wieder um und wartete. Ihre Blicke schienen das Seil zu durchbohren, auch wenn Buffy nicht wusste, was er damit bezweckte. Die Spannung im Seil ließ etwas nach- anscheinend war der Anker auf Grund gelaufen. Buffy wollte gerade Luft holen und die Anspannung abbauen, als das Seil straff gerissen wurde. Es zitterte sichtlich und wie in Zeitlupe legte Mason den Hebel auf einholen.

Er schnappte sich eine Armbrust und stellte sich breitbeinig in Position. Buffy packte Ty und flüchtete in die hinterste Ecke des Decks. Sie hielt sie fest umklammert und starrte auf das surrende Seil. Die Panik stand ihr ins Gesicht geschrieben- eine Reaktion, die sie so gar nicht von sich kannte. Sie hatte scheinbar keine Kontrolle mehr über ihren Körper. Das Boot wurde plötzlich erschüttert und das Seil flog mit seiner Fracht nach oben.

Spike knallte hart auf die Planken, konnte sich aber mit den Füßen abfangen. Er sah schrecklich aus. Seine Sachen hatten einige Risse abbekommen, und er schien mehrere Wunden zu haben. Er erhob sich langsam und sah nach hinten.

„Na das war doch wirklich mal was Anderes!“ lachte er auf.

„Äh- Spike? Alles okay?“

„Außer, daß ich Wasser jetzt noch viel mehr hasse? Ja- ich denke schon. Was man von diesem Biest da unten wohl nicht sagen kann. Das Wasser blubberte plötzlich stark hoch, als ob es kochte. Er bemerkte ihren ängstlichen Blick.

„Achso- ja. War wohl so´ne Art Wassermonster. Ziemlich glitschig, hässlich und nicht immun gegen Schwerter. Ich denke, jetzt haben wir erst mal Ruhe.“ Er nahm sich seinen Mantel wieder und zog ihn lässig an. Ty schien genauso verwirrt wie Buffy zu sein.

„Könnt ihr Obercoolen uns vielleicht mal sagen, was hier gerade los war?“

„Wie gesagt- ein Wasserdämon.“

„Und was ist daran so lustig?“

„Keine Ahnung. Das war mal ein ernsthafter Gegner- freut mich eben, daß ich noch da bin.“

„Spike? Kann es sein, daß dein Gehirn kein Wasser verträgt?“

„Och- mir geht´s gut, Liebling.“

„Na- dann bin ich ja beruhigt.“ Sie wandte sich ab und sah wieder zur Küste- aber das Leuchten war verschwunden.

Sie kamen wieder am Hafen an und Mason machte das „ausgeliehene“ Boot fest. Jetzt würden sie endlich Ruhe haben. Das war alles ganz schön viel gewesen. Erst Willows Verschwinden, dann der Ankou, der ihnen so viele Dinge berichtet hatte, die erst mal ausgewertet werden mussten- die Frage, ob Zekhor wirklich nur ihr Bestes wollte- alles Dinge, die wohl jetzt noch geklärt werden mussten. Was wollte dieser Wasserdämon von Ty? War es nur eine Ablenkung? Was war hier wirklich gerade los? Und was bedeutete dieses seltsame Leuchten? Kennedy war wohl doch nach Hause gegangen. Also steuerten sie auf ihre Zentrale zu. Sie gingen alle nebeneinander auf der Strasse entlang, da um diese Uhrzeit wohl kein Auto mehr zu erwarten war. Spike und Mason hatten anscheinend ihren Spaß da unten gehabt- sie unterhielten sich lachend über das dumme Gesicht dieses Dämons, als Spike ihm das Schwert reingerammt hatte. Was war daran so witzig? Hatte dieser Dämon eine Art Lachgas verbreitet? Sie sah wieder nach vorn. Die Strasse war wie ausgestorben.

Plötzlich hörte sie ein leises Kichern. Mason und Ty gingen weiter, aber Spike blieb so abrupt wie sie stehen. Sie sahen sich wissend an. Langsam drehten sie sich um.

„Hey- wo bleibt- ?“ Ty brach die Stimme ab, als sie sah, was da etwa 50 Meter hinter ihnen war. Eine Horde von Vampiren stand wie eine Mauer im Wind einfach nur da und wartete ab.

„Okay- das verdirbt mir dann doch die gute Laune. Ty- hol mal bitte ganz schnell Hilfe.“ Stellte Mason zähneknirschend fest.

„Äh- sieht schlecht aus. Ganz schlecht sogar.“ Die Anderen sahen sich kurz um. Eine weitere Horde Vampire versperrte ihnen den Weg zur Zentrale. Und von den Seiten kamen immer mehr dazu.

„Ich glaub, wir haben ein wirklich ernsthaftes Problem!“ Buffy fiel plötzlich gar kein origineller Spruch ein- angesichts einer solchen Überzahl an Gegnern war sogar Spike das Lachen vergangen.

„Mason- gib doch mal bitte die Waffen her!“

„Äh- habt ihr die denn nicht? Da lag doch nichts mehr auf dem Boot.“

„Was?“ kam es verwundert aus 3 Mündern gleichzeitig.

„Hey Leute- macht keinen Scheiß. Ihr müsst sie doch haben, oder?“

„Oder jemand, den ihr Schlauberger ja so toll vernichtet habt!“ Buffy wurde langsam sauer. Erst diese Macho- Aktion und jetzt ohne Waffen gegen diese Gegner? Was konnte denn noch kommen?

„Leute? Sie kommen näher! Ich weiß ja nicht, was ihr vorhabt- aber ich hab wohl meinen Pflock bei diesem unfreiwilligen Tauchgang verloren. Irgendjemand einen Plan?“ Ty wich langsam zurück, obwohl sie nicht recht wusste, wohin eigentlich. Denn die Vampire rückten immer näher...

Die Geister, die wir riefen

Die Jägerin und ihre drei erwachsenen Wächter stellten sich in einem schützenden Kreis Rücken an Rücken auf und harrten der Dinge, die da in Form von etwa 90 Gegnern auf sie zukamen. Die Zentrale war zu weit entfernt, um sie irgendwie zu erreichen. Da fiel Tyra ihr Pieper ein. Unauffällig griff sie in ihre enge Hosentasche und hoffte, daß er zum Einen noch da war und zweitens nach all dem Wasser auch noch funktionierte. Mehrmals drückte sie den Knopf. Neben ihr spürte sie Mason, wie er sich innerlich straffte. Was hatte er vor? Sie würden gegen eine derartige Übermacht doch nicht gewinnen können?

„Ich weiß ja nicht, wie es euch geht- aber ich finde, wir sollten etwas tun. Ich schlage vor, wir greifen alles an, was in Richtung Zentrale im Weg steht. Entweder wir schaffen es- oder- na ja, es gibt für mich kein Oder.“

Mason war so leise, daß nur sie es hören konnten.

„Findet ihr nicht, daß der Zaun da drüben wirklich hübsche Holzpflöcke hergeben würde? Auf drei. Eins, Zwei, -Drei!“ Buffy sprintete los und war vor den Vampiren an dem Garten mit dem weißen Lattenzaun angelangt. Die Anderen schafften es auch noch rechtzeitig, sich hinter dem Zaun in Sicherheit zu bringen- nur Mason war einfach stehen geblieben. Er wirkte wie ein Fels in der Brandung. Die Vampire wendeten sich neugierig zu ihm hin- und Buffy stand mit ihrem weiß lackierten Aushilfspflock einfach nur da und beobachtete die seltsame Szene. Als die Vampire unvermittelt angriffen, flogen sie im gleichen Moment wieder von ihm weg, als würden sie von unsichtbaren Kräften abgestossen. Erst als sich der größte Tumult auflöste, erkannte sie, daß er mit Händen und Füßen in wahnsinnig schneller Abfolge Schläge und Tritte austeilte. Sie hatte noch nie eine derartige Vorstellung ostasiatischer Kampfkunst gesehen. Dann fand sie wieder in die Wirklichkeit zurück, sprang über den Zaun und stach auf alles ein, was ihr in den Weg kam. Spike hielt sich in Tys Nähe und versuchte, so viel wie möglich von ihr fernzuhalten. Aber es schien ein auswegloser Kampf zu sein. Mason würde die Vampire nicht töten können ohne Waffe. Aber ein lautes Krachen belehrte ihn eines Besseren. Der Kampfsportler donnerte einem Vampir seinen Fuß mit aller Kraft gegen den Kopf- und dieser zerfiel zu Staub! Es schien ihn selbst zu überraschen, denn er starrte ungläubig in die entstandene Leere vor ihm. Ein kurzer Blickwechsel zwischen ihm und Spike entstand, dann rannte er los und vernichtete mehrere Vampire in kurzer Folge mit krachenden Kicks und Handkantenschlägen.

Und dann flogen die Pflöcke kreuz und quer herum. Giles und die Anderen hatten den Lärm auf der Strasse gehört, und als sie Tyras Signal gesehen hatten, war ihnen klar, daß sie etwas tun mussten.

„Hey- ihr Dämonen! Wie wär´s damit?“ Tomas feuerte einen Pflock nach dem Anderen ab. Giles und Andrew heizten den Horden ebenfalls reichlich ein. Und dann begann die große Flucht. Die letzten Vampire schienen es sich nun anders zu überlegen und rannten weg. Die Wächter standen plötzlich allein da, als wäre nie etwas geschehen. Buffy sah sich prüfend nach allen Seiten um und atmete auf.

„Das erscheint mir alles ein bisschen zu extrem. Erst Willow, dann der Ankou, diese angedeutete Entführung von Tyra- die Vampirhorden. Was meint ihr? Will uns da nicht jemand ganz schön ärgern? Sieht aber so aus, als hätte er nicht damit gerechnet, daß wir uns wehren. Aber es wird bald Tag- der Spuk dürfte wohl erst mal vorbei sein.“ Giles und die Anderen gingen müde in die Zentrale, nur Spike und Buffy blieben noch draußen und setzten sich auf die Treppe.

„Du bist doch ganz naß- geh dich umziehen!“ sagte sie liebevoll und strich ihm sanft über die Schläfe.

„Ich kann doch nicht krank werden. Und mir wird auch nicht kalt. Aber ich wollte einfach noch ein bisschen mit dir hier draußen bleiben. Wenn du aber allein sein willst-!“

„Nein, bleib da.“ Sie starrte auf die Strasse und legte ihre Arme auf die Knie.

„Das war ganz schön heftig, oder?“ Er sah sie nicht an.

„Ist dir was aufgefallen? Sie haben uns nicht ernsthaft angegriffen.“ Sie musterte ihn von der Seite.

„Was war das dann- eine kleine Tanzeinlage?“ Er lachte bitter.

„Es war nicht ernst gemeint. Dieser Wasserdämon- er hat sie einfach losgelassen, als ich sie anfasste. Und dann war da dieses Licht.“

„Was für ein Licht?“ Jetzt sah er sie doch ernst an.

„Etwas seltsames Grünes- über Tarrytown und über Sleepy Hollow. Ty hat es auch gesehen. Als ihr wieder auf dem Boot ward, war es weg. Und die Vampire sahen auch nicht so aus, als wollten sie mit aller Macht vernichten.“

„Als hätte sie jemand zu uns geschickt.“

„Jemand hat sie gerufen.“ Stellte sie nüchtern fest.

„Willow?“ flüsterte er.

„Wäre möglich. Aber warum?“

„Um uns von etwas Anderem abzulenken. Sie hat ganz andere Pläne. Ein paar Untote, ein seltsamer Wasserdämon- das ist eine ihrer leichtesten Übungen. Wenn sie böse ist.“

„Was kann sie wirklich tun?“ Buffy rieb sich nervös die Hände.

„Laß uns erst mal drüber schlafen, okay? Wir können es nicht mehr ändern, wenn etwas passiert ist. Wir müssen es bekämpfen, wenn es da ist- und dafür brauchen wir Kraft.“ Er strich ihr nachdenklich eine Strähne aus der Stirn. Sie sah ihn sanft an und neigte ihr Gesicht zu ihm. Sanft berührten sich ihre Lippen, und sie flüsterte in seinen leicht geöffneten Mund: „Ich liebe dich.“

Sie wurden von dem Geräusch eines haltenden Autos unterbrochen. Wie elektrisiert fuhren sie auseinander.

„Macht ruhig weiter! Wir sagen es auch niemandem!“ lachte Faith, als sie ausstieg und mit Tüten beladen an Buffy vorbei ins Haus stieg. Wood musterte sie für einen Bruchteil und sagte gar nichts. Die Anderen kicherten nur kurz und verschwanden dann auch nach drinnen.

Sie sah ihn mit leuchtenden Augen an und lachte los. Er konnte sich ein gequältes Glucksen auch nicht verkneifen.

„Wir benehmen uns wie Teenager, die etwas Verbotenes tun.“ Sie stand langsam auf und hielt ihm die Hand hin.

„Vielleicht macht das ja den Reiz aus!“ Er nahm ihre Hand und sah sie fragend an.

„Was?“ Sie wollte ihn hochziehen, aber er blieb sitzen. Sein Blick war plötzlich ganz ernst.

„Ich war noch nie so glücklich wie mit dir.“

„Ich weiß. Aber komm jetzt rein, okay?“ Sie wollte sich losmachen, aber er hielt sie fest und zog sie zu sich nach unten. Sie setzte sich seitlich hin und musterte ihn neugierig. Etwas schien ihm auf der Seele zu brennen.

„Buffy- ich weiß, daß ich manchmal schwierig bin- daß ich Dinge tue, die nicht gut sind. Nein- hör mir bitte zu! Ich bin kein Mensch- aber ich bin auch nicht mehr so wie sie. Ich habe dir sehr oft weh getan. Ich wollte dich töten, wollte dich leiden sehen- und hab nie wirklich wahrhaben wollen, daß es eigentlich mein eigenes Ich ist, daß ich damit auslöschen wollte. Aber immer wieder warst du da und hast mir gezeigt, wer ich wirklich bin. Die Vampire haben sehr viel in mir zerstören können- aber du hast all das wieder erweckt. Und weil ich weiß, daß ich nie wieder so glücklich wie mit dir sein könnte, wollte ich dich schon länger etwas fragen. Es klingt wahrscheinlich albern, und du wirst sagen, daß das nie funktionieren könnte-.“ Er hielt kurz inne und sah ihr direkt in die Augen. Sie schien mit den Tränen zu kämpfen. Er nahm allen Mut zusammen und setzte zu dem Satz an, der ihm schon so lange auf der Seele brannte. Aber in diesem Moment ertönten seltsame Geräusche auf der Strasse. Buffy löste sich verzweifelt aus seinem Blick und hörte genauer hin. Hufe. Das war doch nicht möglich? Nicht jetzt! Sie sprang auf und stürmte auf die Strasse. Er schlug verzweifelt mit der Faust gegen das Geländer und starrte sie fast schon wütend an.

Buffy stand mitten auf der Strasse und starrte auf die grüne Wolke, die auf sie zueilte. All ihre Reaktionen schienen plötzlich ausgeschalten zu sein. Sie nahm leuchtende Hufe wahr, und lange, wehende Mähnen und Mäntel, die innerlich zu leuchten schienen. Sie kamen auf sie zu, und sie hörte nicht einmal Spikes verzweifelte Schreie, als er sah, daß sie direkt auf sie zuhielten. Er stürmte los und wollte sie erreichen, aber etwas schien ihn von ihr zu drängen. Die Reiter donnerten in dem Moment an ihm vorbei und schienen Buffy in einem grünen Nebel zu verschlucken. Dann waren sie vorbei und verschwanden in der Strasse zur Klinik. Er sah ungläubig zu Buffy. Sie stand wie versteinert da, dann schlossen sich ihre Augen und sie sank wie in Zeitlupe in sich zusammen und lag ohnmächtig auf der Strasse.

Spike richtete sie vorsichtig auf und horchte auf ihren Atem. Er war gleichmäßig und sanft, als wenn sie schliefe.

Er trug sie in das Haus und informierte Giles über den Zwischenfall. Nach wenigen Minuten schlug sie verwirrt die Augen auf und sah sich um.

„Was ist passiert?“ Sie hielt sich die Hand vor die Augen, weil sie das helle Licht blendete.

„Du warst ohnmächtig.“ Er strich ihr sanft über den Kopf.

„Warum?“ Sie richtete sich vorsichtig auf und sah in die Gesichter der Anderen.

„Weißt du nicht mehr, was passiert ist?“ Spike bemerkte den sorgenvollen Ausdruck in Giles´Augen.

„Nein. Da war überall grünes Licht. Sie haben mit mir gesprochen. Wer war das?“

„Die Reiter. Sie sind genau durch dich hindurch. Ein Wunder, daß dir nichts weiter passiert ist.“ Spike klang unheimlich liebevoll. Langsam erinnerte sie sich wieder daran, wie sie auf der Treppe gesessen hatten. Er hatte sie fragen wollen. Aber was? Er würde doch nicht so verrückt sein, und? Nein- das wäre nicht mehr Spike. Sie sah ihn nachdenklich an. Dann stand sie langsam auf und wankte vorsichtig zur Treppe.

„Ich will nur noch schlafen.“ Sie wehrte seine helfende Hand ab und verkroch sich wie ein krankes Tier in den Keller. Sie war nicht wirklich müde, aber sie zog sich langsam aus und legte sich ins Bett. So viele Dinge gingen ihr durch den Kopf. Eigentlich wollte sie jetzt ganz allein sein, aber als er den Raum betrat, war sie plötzlich froh, daß er da war. Er legte sich neben sie und sagte gar nichts. Das war wohl eine dieser Stärken, die sie an ihm so liebte. Die Welt konnte untergehen, und er war einfach nur da und sagte gar nichts, sondern tröstete sie nur mit seiner inneren Ruhe. Sie kuschelte sich an ihn und streichelte sanft über seinen Oberkörper.

Minuten vergingen, in denen er gegen die Decke starrte und nachdachte. Wäre es überhaupt richtig, so weit zu gehen? War nicht alles gut, so wie es war? Aber er wollte sie festhalten, sie nie mehr gehen lassen. Auch wenn das bedeutete, sich selbst etwas aufzugeben. Ihre Hand wanderte immer mehr nach unten und war schon bei seinem Bauchnabel angelangt. Sie richtete ihren Kopf auf und hatte diese seltsame Frage in den Augen. Ihre Hand rutschte tiefer, und er zuckte zusammen. Ein leises Lächeln huschte über ihr Gesicht. Er schüttelte zweifelnd den Kopf. Doch nicht jetzt, oder? Aber ihr Blick zeigte ihm eine gewisse Bestimmtheit. Es würde schwer sein, sich dagegen zu wehren. Aber es interessierte ihn insgeheim, was sie tun würde, wenn er sich stur stellte. Also tat er gar nichts und schloss die Augen. Sie hielt kurz inne, doch dann verstand sie. Also begann sie, sich an seinem Gürtel zu schaffen zu machen. Und zeigte ihm schließlich, daß sie ihn nicht nur mit Waffen quälen konnte.

Am Abend trafen wieder alle aufeinander und man einigte sich, jetzt intensiver nach Willow zu suchen, um Schlimmeres zu verhindern. Dafür musste aber die Unterwelt New Yorks näher untersucht werden. Die einzelnen Gruppen nahmen sich verschiedene Abschnitte vor, und dabei wurde auch gleich der Plan mit den Verstecken weiter überprüft. Mason war noch mal an den Hafen gegangen, und hatte natürlich ihre Ausrüstung wieder gefunden. Sie lag nass, aber unversehrt auf dem Steg, als wäre sie nie verschwunden gewesen. Das bestätigte schließlich die Vermutung, daß es sich bei all den Geschehnissen der letzten Nacht um ein eindeutiges Ablenkungsmanöver gehandelt hatte.

Buffy und Spike fuhren danach noch auf die beiden Friedhöfe. In Tarrytown gab es mehrere aufgeworfene Gräber, aus denen die Vampire wohl entstiegen waren. Und in Sleepy Hollow war das Totenchaos ausgebrochen. Scheinbar waren alle Gräber leer, und vom Ankou war weit und breit nichts zu finden. Also gingen sie in die kleine Kapelle und wollten das Totenbuch holen- aber es war verschwunden.

„Wir hatten es also mit Vampiren zu tun, die allesamt schon seit Jahren tot waren und erweckt wurden. Als hätte erst jetzt jemand den Startknopf betätigt. Wie ist das möglich? Der Friedhof ist seit Jahrzehnten geschlossen- und Vampire erwachen doch gleich nach ihrem Tod zu neuem Leben, oder?“ Andrew sprach das aus, was wohl alle am Tisch dachten. Spike fühlte sich schlapp und wollte eigentlich nichts weiter, als schlafen- aber Buffy hatte ihn letzte Nacht nicht zur Ruhe kommen lassen, und er wunderte sich doch sehr über ihr Verhalten. Willow war verschwunden- und sie dachte anscheinend nur an das Eine. War das schon wieder eine neue Besessenheit? Nicht, daß er etwas dagegen hatte- aber es machte ihm Angst.

„Jemand hat sie tatsächlich gerufen- und ich vermute, es war Willow.“ Er rettete sich aus seinen verworrenen Gedanken heraus.

„Willow? Wieso?“ Kam es gleich von mehreren Seiten.

„Sie hätten uns töten können. Aber etwas war doch sehr seltsam. Sie taten es nicht. Als wären sie nur gekommen, um uns zu beschäftigen.“

„Und wieso sollte das von Willow ausgehen?“

„Sie will uns nicht töten- sie hofft nur, daß sie uns so schützen kann.“

„Indem sie uns Legionen von Dämonen auf den Hals schickt?“ Tyra saß der Schreck immer noch in den Knochen.

„Ich weiß- es klingt widersprüchlich. Aber ich kann mir vorstellen, daß sie nicht allein auf diese Idee kam. Sie tut es, weil sie ihr etwas versprochen haben. Würden sie uns töten wollen, wäre sie nicht so kontrollierbar. Sie wollen etwas erreichen, daß nur sie ihnen geben kann. Wir wären sehr viel weiter, wenn wir wüssten, um was es dabei geht.“

„Was ist mit den Reitern? Irgendwelche Ideen?“ Buffy entschied sich für das anscheinend Logischste. Darüber wussten sie ja anscheinend etwas mehr als über die anderen Fakten.

„Söldner im Dienste unseres Feindes, nehme ich an.“ Giles wirkte ermattet- entweder war das alles nur etwas zu viel auf einmal- oder er wurde wirklich langsam alt. Buffy sah ihn ernst an. Sie hatte gemerkt, dass er sich immer mehr im Hintergrund hielt und versuchte, Mason und den anderen Jungs mehr Aufträge zu geben. Aber das mussten sie alle akzeptieren. Rupert Giles hatte Jahre lang alles für Buffy getan und sich selbst dabei vernachlässigt- vielleicht war es an der Zeit, das er ein Privatleben führte.

„Und weiter- wir wissen nichts. Hier passiert so viel- wir haben Informationen- aber wir stehen da, als wären wir blind.“ Xander musste damit unwillkürlich an seine leichte Behinderung denken, die dank Willows Hilfe aber sehr viel leichter ausfiel, als es hätte sein müssen. Manchmal hatte er Kopfschmerzen- aber wenigstens war er auf dem verletzten Auge nicht vollkommen erblindet.

„Bleib ruhig, Harris. Wir brauchen langsam mal echte Pläne.“ Spike musterte ihn eindringlich. Etwas Bedrohliches stieg nur für Xander sichtbar für einen kurzen Augenblick in seinen Augen auf. Der wandte sich irritiert ab. Hier stimmte doch etwas ganz gewaltig nicht- was war wirklich mit Spike los? Er schien ja geradezu alle Aktionen abbremsen zu wollen! Vielleicht stand er ja auch schon längst auf der anderen Seite? Verdammt- wieso lete der überhaupt noch?

„Andrew- eine Liste- wie immer! Alle Vorkommnisse, alle Dämonen- du weißt schon. Die Trupps, die sich um die Unterwelt kümmern- seid vorsichtig. Wir brauchen jeden von Euch lebend. Und Mason- echt faszinierend, was du da abgeliefert hast. Du trainierst uns alle die nächste Zeit. Ich glaube, ein bisschen Ruhe in uns selbst schadet hier niemandem. Das gilt für alle. Morgen früh fangen wir an. Schlaft gut.“ Buffy erhob sich schwerfällig und schnappte sich ihre Zettel, auf denen sie mitgeschrieben hatte, was so alles wichtig erschien.

„Okay. Sonnenaufgang im Garten. Bis dann.“ Mason lachte kurz in die Runde und rieb sich dann die Hände.

„Hey- Summers- soll das heissen- wir auch?“ Faith starrte sie ungläubig an.

„Klar. Wenn schon, dann alle. Sogar Spike macht da mit- deine Coolness wird also keinen Punkt einbüßen.“

Die Sonne tauchte alles in rötliches Licht, und auf dem Rasenplatz hinter dem Haus hatten sich sämtliche Bewohner des Hauses versammelt. Sogar Giles war in legerem Sweatshirt erschienen. Mit gutem Beispiel voran- so war es richtig! Buffy knäuelte sich ihre Haare zum Knotenzopf zusammen und gab Spike einen flüchtigen Kuß. Der schien sich das Ganze erst mal mit Abstand ansehen zu wollen, doch seine Theorie des Entspannens wurde von Mason nicht geduldet.

„Hey- Traumtänzer- auf eure Positionen- oder wollt ihr ne schriftliche Einladung?“ Mason positionierte sich vor dem versammelten Trupp und stützte demonstrativ die Hände in die Hüften. „Okay- alle wach? Das will ich hoffen, denn jetzt herrscht in diesem Saustall ein anderer Wind. Wer mich kennt, lacht jetzt bitte über den Witz. Das bringt Sauerstoff in die Lunge und macht richtig wach. Was wir hier also machen, hat nur indirekt etwas mit Kampfkunst zu tun- das kommt noch rechtzeitig genug- und dann werdet ihr mir dankbar sein. Ihr seid alle gute Kämpfer- und jeder von euch hat seine Vorlieben. Aber das ist mir ehrlich gesagt scheiß egal. Hier macht ihr, was ich euch sage- das gilt auch für unsere Profis, die der Meinung sind, schon alles zu können- Miss Summers und ihr blässlicher Liebhaber- wenn ich um Aufmerksamkeit bitten dürfte-!“ Er hustete demonstrativ, damit die Beiden registrierten, dass ihre Neckereien nicht unbemerkt geblieben waren. Schuldbewusst und übertrieben ernst wandte sich Spike von Buffy ab und nahm Haltung an. Wenn er schon nicht aufpassen konnte- wie hielten das dann diese Kids aus? Er konnte sich ja kaum auf etwas anderes konzentrieren als auf die Vorstellung, was Buffy wohl unter dieser knallengen Hose trug- verdammte Sexspielchen- seid neuestem hatte Buffy nichts anderes mehr im Kopf, als ihn zu verführen. Er beschwerte sich ja gar nicht- aber langsam artete das wirklich in Besessenheit aus. Und er liebte diese Besessenheit....

„...wenn ihr angreift, verbraucht ihr schon 30 Prozent eurer Körperkraft, um euch selbst aufrecht zu halten. 10 Prozent Kraftverlust durch den Schlagansatz. Selbst Spike verliert noch an die 20 Prozent- richtig?- Erde an Spike- ich rede mit dir!“

„Ja- bin da- wie- was?“ Da war doch grad sein Name gefallen....

„Ich möchte ehrlich nicht wissen, was Buffy die ganze Nacht mit dir anstellt, dass du so neben dir stehst. Konzentrier dich bitte.“

„Entschuldigung.“ Murmelte er nur noch schuldbewusster. Einfach in die Luft starren- oder Mason ansehen- ja- das könnte helfen. Nur nicht an sie denken.

„Ich will euch beibringen, wie ihr nahezu 100 Prozent in einen einzigen Schlag legen könnt. Scheinbar unterliegen auch Vampire mechanischen Gesetzen. Die richtige Schlaggeschwindigkeit und- stärke- und schon verlieren sie buchstäblich den Kopf. Äh- Giles- was haben sie Buffy bisher über Energiesammlung beigebracht?“

„Wir heben das früher mal trainiert- ich nehme an, sie setzt das auch heute noch ein.“

„Naja- wenn ich ehrlich bin, hab ich so meine eigene Art dafür entwickelt. Ich glaub- ich quatsch immer so viel, um meine Energie zu sammeln- und das verwirrt den Gegner auch meist sehr- na ja- ihr wisst schon.“

„Versuch´s doch mal mit Schweigen- das würde zumindest die Gegner, die dich schon kennen noch viel mehr verwirren!“

„Danke für den Hinweis, Faith. Du bevorzugst ja eher die Haudrauf- Methode- wie konnte ich es vergessen!“

„Stopp! Bis hierher- ihr habt viel zu viele negative Energien in euch! Dann wird es wohl mal Zeit, das zu ändern und eure Kräfte einzig und allein auf das Böse zu konzentrieren. Also gut. Fangen wir einfach an. Macht mir alles nach. Wichtig dabei- ruhig atmen. Denkt an was Nettes- oder hört auf eure Umwelt. Irgendwann werdet ihr den Punkt erreichen, wo ihr die Bewegungsfolgen drauf habt- dann schließt die Augen und lasst euch ganz in der Bewegung fallen. Wenn ihr das schafft, habt ihr die erste Lektion hinter euch.“ Er drehte ihnen den Rücken zu und vollführte interessant aussehende Tai- Chi Übungen. Chao- Ann lächelte kurz, trat dann einen Schritt vor und machte seine Übungen synchron mit.

„Erinnert mich an Ballett oder so!“ flüsterte Dennis belustigt Tomas zu. Der tat so, als höre er ihn gar nicht und machte mit entschlossenem Gesicht mit.

Buffy erinnerte sich wieder an ihre Synchronübungen mit Angel. Er hatte ihr auch immer erzählt, dass sie die Kraft spüren müsse. Damals hatte sie es wohl nicht ganz verstanden, denn das fühlte sich ganz anders an. Und neben ihr stand nicht mehr Angel, sondern der Vampir, dem wohl nie jemand zugetraut hätte, es so weit zu bringen- am wenigsten der andere Vampir mit Seele, der in ihm immer den Spike sehen würde, den Drusilla erschaffen hatte- verspielt, aufmüpfig und stur. Und mit einer für Vampire sehr seltenen Eigenschaft- Frauen auf eine vielleicht recht seltsame Art zu lieben.

In Gedanken hörte sie auf die Geräusche um sich herum und verlor sich darin. Sie schloß die Augen, ließ los und sich treiben. Plötzlich lagen Blumenwiesen vor ihr, über die sie lachend hinweglief. Aber sie war gar nicht sie selbst. Daddy! Daddy! Rief das kleine Mädchen, dass sie jetzt war. Weit vor ihr lief ein Mann, der sich umdrehte und sie mit ausgebreiteten Armen empfing. Sie fühlte die Wärme seines Körpers, bemerkte diesen typischen Geruch seiner Kleidung, der ihr doch so bekannt war! Die Tränen kullerten ihr vor lauter Glück über die Wangen. Nicht weinen- es ist alles okay! Flüsterte er und sie sah ihm direkt in die Augen. Der Schreck ließ sie in einen bodenlosen Abgrund stürzen.

 

„Buffy- bist du in Ordnung?“ Sie spürte Hände an ihren Wangen, die sie sanft streichelten und dabei ganz unmerklich zitterten. Langsam klärte sich ihr Blick auf und sie sah in Spikes besorgte Augen. Über ihm erstrahlte der blaue Morgenhimmel- und für einen Bruchteil dachte sie, sie wäre noch immer auf dieser Wiese. Sie versuchte sich aufzurichten und erkannte nun auch die Anderen, die besorgt um sie herum standen. Als sie aufstehen wollte, überrollte sie eine Welle der Übelkeit und sie konnte sie nur mit Mühe unterdrücken.

„Hey- ich hab zwar gesagt, dass ihr euch fallen lassen sollt- aber so wortwörtlich hab ich das nicht gemeint!“ versuchte Mason die Situation zu lockern.

„Bist du okay?“ Giles hielt ihren Arm und wirkte alles andere als beruhigt, als sie versuchte zu nicken.

„Ich- ich wird mich wohl besser etwas hinlegen.“ Buffy taumelte benommen mit Spikes Unterstützung, auch wenn sie sie versuchte, nicht zu nutzen, durch die Terassentür. Auf der Couch deckte er sie zu und hockte sich neben sie, um sie sanft auf die Stirn zu küssen. Er bemerkte ihren nachdenklichen Blick und lehnte verzweifelt seine Stirn an ihre.

„Was ist da gerade passiert? Es sah aus, als hättest du eine Art Vision gehabt-.“

„Nein.“ Beeilte sie sich zu antworten. „Keine Vision. Vergiß es einfach. Ich werd schon wieder auf die Beine kommen. So leicht mache ich es dir nicht- versprochen.“ Sie schloß die Augen, weil sie das seltsame Gefühl hatte, ihm so nicht alles sagen zu müssen.

„Sag Bescheid, wenn du was brauchst- oder es schlimmer wird- ich meine-.“ Er stand auf und wollte gehen. Mit so einer Situation konnte er irgendwie nicht umgehen. Wäre sie vom Kampf verletzt- oder besessen- dann hätte er eine Erklärung dafür. Aber er wurde das Gefühl nicht los, dass Buffy zum ersten Mal seit er sie kannte vollkommen menschlich reagierte- als hätte sie wie jeder Andere eine Grippe.

„Spike?“ Sie nahm kurz seine Hand und er verharrte. Sie sah so schrecklich zerbrechlich aus- wie sollte er da noch er selbst bleiben? „Du bist so süß, wenn du hilflos bist.“ Lächelte sie matt und schloß dann wieder die Augen.

Inständig konnte er nur hoffen, dass das alles nichts mit diesen Reitern zu tun hatte. Dann waren doch Dämonen am Werk- und sie leisteten ganze Arbeit. Wie sollte sie nach all dem, was sie in der Klinik durchgemacht hatte, noch einmal stark sein. Wo sie ihm doch immer mehr das Gefühl gab, dass sie nicht mehr an dem Leben als Mensch interessiert war.

„Du hast gute Arbeit geleistet, Willow. Wir sind dir sehr dankbar. Nun musst du deine Arbeit zu Ende führen. Nimm dir ihre Kraft und vollbringe den Zauber.“

„Warum tust du es nicht allein?“ Willow fühlte sich einfach nur noch ausgelaugt und schwach.

„Weil nur du sie erwecken kannst. Zuerst benötigst du ihre Kräfte in dir. Und dann wird sie zurückkommen.“

„Und wenn ich euch nicht glaube?“ Sie wich instinktiv zurück. Etwas in ihr warnte sie davor, Buffy und die Anderen von ihren Kräften zu entbinden- auch wenn das Sie bringen würde. Tepesch sah sie zornig an, als er ging. Ihm dauerte es alles zu lange- aber er würde warten müssen, bis er das wahre Gesicht sah.

„Du wirst es tun- und das weißt du auch. Aber du brauchst Zeit- ich verstehe. Wir brauchen nichts zu überstürzen. Ruhe dich aus. Es wird für euch alle das Beste sein. Und gerade jetzt, wo das mit Buffy passiert- es könnte gefährlich sein, wenn sie kämpfen muss. Und du willst doch nur das Beste für sie, oder?“ Batseba wandte sich bewusst von ihr ab und ließ das eingestreute Gift wirken.

„Was ist mit Buffy? Was habt ihr getan?“ Willow schnappte schneller nach dem Köder, als sie es für möglich gehalten hatte.

„Oh- gar nichts. Damit haben wir Dämonen nun wirklich nichts zu tun. Die Natur können selbst wir nicht in der Form beeinflussen.“ Sie ging leise lächelnd und ließ Willow mit diesen seltsamen Worten allein. Die Hexe würde wahrscheinlich schneller als Buffy selbst herausfinden, was geschehen war. Und Willow liebte Buffy- sie würde alles tun, um ihre Freundin zu retten- und wurde somit zum idealen Werkzeug der dunklen Macht.

 

 

Alte Geschichten

Wie geplant gingen die einzelnen Gruppen auf ihre Erkundungstouren in New York. Buffy blieb mit Giles und Dawn zu Hause. Es ging ihr immer noch komisch- denn sie konnte nicht sagen, dass es ihr definitiv schlecht ging. Und diese seltsame Vision beunruhigte sie zutiefst. Langsam erhob sie sich am Nachmittag von der Couch und schlenderte durchs Haus. Vielleicht konnte sie ja wenigstens etwas erledigen, was sie schon so lange vor sich herschob.

„Giles?“ Buffy setzte sich unruhig neben den Ratgeber und trommelte mit ihren Fingern auf der Tischkante herum.

„Es geht dir also wieder besser? Aber dir liegt was auf dem Herzen- was ist es? Neue Probleme in Sicht?“

„Äh- nein. Nur mal ein paar Fragen zu unseren Anwärtern.“

„Oberstes Schubfach. Da steht alles drin.“ Er deutete mit dem Stift geistesabwesend auf einen der Aktenschränke.

„Sie führen Akten über uns?“

„Weißt du, Buffy- eigentlich wollte ich dich schon lange dafür kritisieren, daß du dich anscheinend überhaupt nicht für die Leute interessierst, mit denen du arbeitest. Aber ich dachte immer, daß das schon noch kommen würde. Giles- sagte ich mir- laß ihr Zeit. Erstmal muß sie das alles mit den neuen Dämonen und ihren Aufgaben verarbeiten. Und Spike soll ja auch nicht zu kurz kommen- habe ich da nicht recht?“

„Ja. Wahrscheinlich.“ Gab sie reumütig zu.

„Dann sind wir uns ja einig. Spike sollte sich vielleicht auch langsam mal damit befassen. Ihr erkennt ja überhaupt nicht, was ich euch da eigentlich für fähige Leute besorgt habe. Also- nimm sie mit nach unten und lasst euch Zeit. Vielleicht könnt ihr ja noch was ergänzen- obwohl ich eher glaube, daß es da noch einige Überraschungen für euch gibt!“ Er widmete sich wieder seiner Arbeit.

Sie machte es sich auf dem Bett bequem und fing von vorn an. Xander, also Alexander Harris, kam als erstes. Mein Gott- da stand sogar drin, wann er von welchem Dämon besessen war. Die Aufzeichnungen waren also wirklich sehr genau.

Amanda: Nichts wirklich Neues. Sie hatte bald die Highschool beendet- so wie Dawn. Wenigstens schon mal 2, die ein normales Leben in Aussicht haben konnten. Zumindest bekämen sie leichter einen Job mit ihrem Zeugnis.

Andrew: nichts Neues.

Oh- ihre Akte. Die war aber dick! Da standen ganz schön viele Sachen drin, die sie verdrängt hatte. Sie würde sie bei Gelegenheit genauer lesen. Sie suchte nur die letzten Eintragungen heraus. Beziehung zu Spike seit 15. 1. 2003. Von Rat vorerst keine Einwände. Das „Vorerst“ irritierte sie. Es beinhaltete schließlich die Option, daß es auch anders werden könnte. Sie klappte die Akte zu und nahm die nächste. Darüber wollte sie jetzt einfach nicht nachdenken.

Chao- Ann. Aha- sie war also aus- ach, was immer- das konnte man ja nicht einmal lesen. China also. 4 Geschwister. Vater Bauer. Grundschulausbildung, dann hatte sie ihren Eltern helfen müssen. Wahrscheinlich ging es ihr hier sehr viel besser als dort.

Dawn: Sie würde bald anfangen zu studieren. Wie die Zeit verging! Und sie hatte es nie sehen wollen! Aber Neuigkeiten erfuhr sie hier auch nicht.

Dennis: Na das war doch schon interessanter! 1987 geboren. Schulabbruch 2001 wegen Differenzen mit den Lehrkräften. Eltern: Mutter Lehrerin. Autsch. Und dann rausfliegen- das musste ja einen Bruch in der Familie herausfordern. Vater: Maskenbildner am Theater. Also eine beschäftigte Familie- und niemand sorgte sich ernsthaft um den Sprössling.

Faith: Achja- das schlechte Beispiel für eine Jägerin. Ein paar Morde, ein bisschen Knast. So war sie eben.

Heather: 84 geboren. Im letzten Juni Highschool- Abschluß. Eltern geschieden. Lebte beim Vater (Bankangestellter) und der Großmutter. Nie auffällig, immer ein nettes Mädchen. Wenigstens ein normaler Mensch in diesem Haus.

Die Tür ging auf und Spike schlurfte herein. Er warf sich neben sie auf´s Bett und verschränkte die Arme über den Augen.

„Na- müde von den vielen Dämonen?“

„Hm. Vollkommen kaputt. Aber du scheinbar noch nicht. Was machst du da?“

„Unsere Akten durchsehen. Wußtest du, das die uns vollkommen überwachen? Die wissen einfach alles.“

„Giles hat mir mal was erzählt- ja. War mir irgendwie egal- manchmal ist es besser, etwas nicht zu wissen.“

„Ja. Vielleicht hast du recht.“ Sie zuckte mit den Schultern. Kennedy überblätterte sie einfach, schließlich wusste sie da schon Einiges.

Lauren erschien ihr da viel interessanter. Sie las laut vor: „Lauren Baxter. Geboren 1986. Mutter Oberärztin, Vater Mitarbeiter bei Microsoft. 94 und 97 ein Schuljahr übersprungen, vorzeitiger Abschluß als Jahrgangsbester

2002. Begonnenes Studium in Informatik im November 2003 abgebrochen. Wow- der muß ja wirklich intelligent sein!“

„Noch nicht gewusst? Unser Lauren gehört zu den wenigen Schwarzen, die es wirklich zu etwas bringen können. Bei dem Elternhaus könnte er alles erreichen.“

„Aber er will Wächter werden- warum?“

„Wenn du alles kannst- warum solltest du dann nicht nach etwas streben, das nicht jeder kann?“

„Da ist wohl was Wahres dran. Okay- und jetzt unser Mister Geheimnisvoll: Mason Adams. Der Mann, der immer voller Rätsel steckt und nie zuviel sagt. Geboren 1974 in Chicago. Highschool- Abschluß 1991. Danach 4 Jahre bei der Army- Fliegerstaffel und Marine. Womit klar wird, warum er das mit dem Boot so gut konnte. 1995 eröffnet er eine Karateschule in Washington. Dann verkauft er sie und geht 96 nach Fernost. Eintritt in ein Kloster und 98 schließlich offiziell Mönch. Im November tritt er aber plötzlich aus und geht zurück nach Amerika. Bis Juni 99 sogar in Kanada, dann stirbt seine Mutter und er kehrt zurück nach Chicago. Aber schon 2 Monate später geht er nach New York. Verschiedene Anstellungen als Lehrer für Kampfkunst und Meditation. Im September 2002 sogar Landesmeister im Kungfu.“

„Das ist nicht dein Ernst!“ Spike richtete sich auf.

„Ich glaub, jetzt wird mir einiges klar- die Sache mit den Vampiren. Niemand schlägt einem Dämon einfach so den Kopf mit der flachen Hand ab. Ich glaub, den sollten wir uns wirklich warm halten- könnte verdammt gut für uns sein, wenn er uns ein bisschen trainiert.“

„Die Jägerin steigt um auf Karate?“

„Naja- das vielleicht nicht gleich. Aber das mit dieser inneren Ruhe und dem Explodieren im richtigen Moment- das könnte nicht schaden.“ Sie nahm die nächste Akte.

„Robin Wood- interessiert?“ Sie hielt ihm den Zettel vor´s Gesicht.

„Mach du das mal- ich bin zu fertig dafür!“

„Also- 71 geboren. Mutter Nicki, Jägerin, stirbt 6 Jahre später im Kampf gegen Spike. Das klingt ja glatt nach einem Unfall! Hm- alles andere ist uns schon bekannt- oh- wächst bei Wächter auf, der wahrscheinlich auch sein Vater ist. Interessant! Dann passiert so was also doch öfters, als es alle immer behaupten.“

„Was?“

„Naja- Jägerin und Wächter. Du weißt schon- man ist in allen Lebenslagen ein Team- nicht nur im Kampf.“

„Du willst mir jetzt aber nicht irgendwas aus deiner dunklen Vergangenheit beichten, oder?“

„Ich? Nein! Ich bitte dich- Giles?“

„Erzähl mir nicht, daß Altersunterschiede wichtig wären! Du bist mit mir zusammen- schon vergessen?“

„Nur weil du 100 Jahre älter bist, bist du nicht gleich witziger, also laß es lieber!“

„Nächster Kandidat!“ lenkte er ab.

„Rona. 84 geboren, Collegeabschluß. Eltern geschieden, Mutter Kellnerin. -Rupert Giles! Jetzt bin ich aber mal gespannt!“ Sie zückte schnell die nächste Akte hervor. „54 geboren- Hoppla!- Dann wird unser alter Junge ja dieses Jahr noch 50! Sohn eines Wächters. Wehrte sich anfangs gegen Bestimmung. Dämonenbeschwörung mit Ethan. Aja. Letztendlich Wächter für Buffy Summers, aber bald darauf abgesetzt. Bibliothekar und Verkauf für Hexenartikel. Seitdem aber Zusammenarbeit mit Jägerin Buffy Summers. Neugründung des Rates 2003, von S. Young bestätigt. Einsetzung von oberstem Wächter Spike auf allgemeinen Beschluss. Ausbildung von Mason Adams seit Februar 04 zu Nachfolger.“

„Da hast du es schwarz auf weiß- er denkt daran, aufzuhören.“

„Ja. Aber das haben wir wohl alle schon erwartet. Wird Zeit, das er wenigstens noch etwas leben kann. Aber hätten wir ihn nicht- wir wären nie so weit gekommen.“ Sie atmete schweren Herzens durch. Dann nahm sie Sams Akte.

„Samantha Horrasz- was für ein Name! 1987 geboren, Collegeabschluß. Mutter: Laborantin in Pharmaziebetrieb in Mexiko City. Vater: Lokalbesitzer. Verbindungen zu Untergrund konnten nicht nachgewiesen werden. Mehrere Verhaftungen und Gerichtsprozesse. Leben seit 3 Jahren getrennt. Sam lebte seitdem bei Großmutter in Philadelphia. Mehrere Delikte wegen Diebstahl, Autoklau und Drogenbesitz. Meine Güte- die hat ja mehr auf dem Kerbholz, als gedacht.“

„Eine ideale Nachfolgerin für Faith! Ich glaub, die sollten wir mal besser im Auge behalten.“

„Geht noch weiter: 2002 wegen Herstellung synthetischer Drogen angeklagt- keine eindeutigen Beweise. In Besserungsanstalt bis März 2003. Jetzt bin ich echt Baff!“

„Knallhartes Luder, würde ich sagen. Aber Giles weiß hoffentlich, was er tut.“ Er zog an dem nächsten Packen Zettel- denn er ahnte schon, wem dieser Schauerroman gehörte. „Das dürfte dann wohl meine Bettlektüre werden. Scheint ja interessant zu sein, wenn sie schon so abgegriffen ist!“ lächelte er.

„Giles sagte, wir könnten noch Sachen ergänzen, wenn etwas fehlt.“

„Und ob da was fehlt. Ich hab ja nicht einmal einen Nachnamen!“

„Wie lautet der eigentlich?“ Oh- jetzt wurde es interessant! Das bestgehütete Geheimnis würde endlich gelüftet werden.

„Na- mal sehen, was man denn so über mich weiß. Oh- sehr enttäuschend! Das fängt ja gleich bei 1880 an. Drusilla macht William, einen verzweifelten Poeten, zum Vampir. Nett! Als ob William einfach so da wäre.“

„Dann erzähl´s mir endlich. Wer war William?“ Sie schlug die Beine ineinander und sah ihn gebannt an. Das letzte, noch verschlossene Kapitel würde sich öffnen.

„Okay. Ist aber etwas länger, also mach´s dir bequem. Du bist die Erste, die es erfährt- also fühl dich geehrt.“

„Nicht einmal Drusilla...?“

„Nein- sie hätte es wohl nicht verstanden. Schon komisch. Mit ihr war ich 120 Jahre zusammen- und sie hat es nie interessiert. Aber egal. Sie ist Vergangenheit- Gott sei Dank.“ Er richtete sich etwas auf und schien kurz nachzudenken. „Also. Mein Vater war Howard Dickson, Lord of Chesterfield. Meine Mutter Eleonora Roberts, Tochter eines verarmten Landadligen. Sie lernte meinen Vater im Sommer 1856 kennen. Und er sollte sie natürlich nicht heiraten. Mein Großvater hat es ihm nie verziehen. 1860 wurde ich geboren. Wir lebten auf dem Landsitz, den mein Vater geerbt hatte. Meine Mutter war mein Ein und Alles. 1862 wurde dann meine Schwester geboren- Annabelle. Sie war das süßeste Kind, das ich mir je vorstellen konnte- blonde Locken, ein Gesicht wie eine Porzellanpuppe. Ich verliebte mich sofort in sie- wie das ein größerer Bruder nun einmal so tut. Ich schwor ihr, sie zu beschützen und alles für sie zu tun. Wir waren eine glückliche Familie. Doch dann passierte das Unglück. Mein Vater war mit ihr beim Arzt in der Stadt. Es war im Winter des Jahres 1873. Auf dem Heimweg wurden sie überfallen. Sie erstachen meinen Vater und nahmen sie mit. Erst Tage später fand man sie- und erst Jahre später konnte ich verstehen, was man ihr wirklich angetan hatte.“ Seine Stimme zitterte immer mehr. Mein Gott- dachte Buffy- er hat es all die Jahre verdrängt! Sie nahm seine Hand und drückte sie sanft.

„Irgendwann muss es ja wohl mal raus. Ich war also mit meiner Mutter plötzlich allein. Und das stellte sich als Katastrophe heraus, denn sie hatten nie geheiratet. All die Jahre hatten sie uns etwas vorgemacht, und wir Kinder hatten es nicht gewusst. Sie war plötzlich eine mittellose Frau- aber ich war von meinem Vater als Alleinerbe eingesetzt worden- er hatte uns Kinder für legal erklärt. Aber ich konnte ihm nie die Lüge verzeihen. Für mich war Familie eindeutig definiert- ihre eigene Lehre entpuppte sich als Fassade. Und ich konnte nicht aus allem heraus, weil ich noch zu jung war. Meine Mutter brauchte mich, weil ich der Erbe war- und ich brauchte sie, weil sie der einzige Mensch war, der mir blieb- und der das Geld überhaupt verwalten konnte. Wir zogen nach London, weil wir die Erinnerung an Annabelle und meinen Vater nicht ertragen konnten. Dort begann ich, meine Probleme zu verdrängen. Ich schrieb Gedichte und wollte ans Theater- und kam doch nie von den Schatten der Vergangenheit los. Meine Mutter wurde immer beherrschender. Und 1879 verliebte ich mich in dieses Mädchen- Cecily. Die Geschichte kennst du ja.“

„Es war nicht nur das Mädchen, daß dich zu Drusilla trieb- oder?“

„Nein. Heute sehe ich es alles etwas anders. Ich hätte doch nie mit diesem Mädchen zusammen sein können. Immer stand meine Mutter zwischen uns. Und in Dru entdeckte sie vielleicht eine ebenbürtige Gegnerin. Sie waren beide Kämpferinnen- und sie hätten mich zerrissen, wenn Dru mich nicht auf diese Art befreit hätte. Ich hab meine eigene Mutter vernichtet. Das habe ich nie begreifen können. Sie hatte mich dazu getrieben, sie selbst zum Vampir zu machen. All ihre falsche Liebe, die ich nicht verlieren wollte. Und als es zum Äußersten kam, gab es nur einen Weg- sie oder ich. Sie wollte mich töten- aber in dem Moment war ich wohl kurz ich selbst und von aller Abhängigkeit befreit. Um postum in die Nächste zu rutschen. Ich hatte keine Seele- aber die Wut bleibt. Du kannst sie nur steuern, wenn du tötest. Und Dru stachelte mich immer wieder von Neuem an. Den Rest kennst du ja schon.“

„Jetzt weiß ich immer noch nicht deinen Nachnamen- Dickson oder Roberts?“

„Tja- such dir was aus! Rein theoretisch Roberts- aber vielleicht verstehst du ja, warum ich so lieber nicht heißen will.“

„Zu viele Erinnerungen?“

„Fakt ist- meine Mutter war ein seelisches Monster. Und Dickson- na ja- das wäre rechtlich gesehen eine Lüge, weil meine Eltern nicht verheiratet waren. Und da es William nicht mehr gibt- wer braucht schon einen Nachnamen? Ich bin ja eigentlich nicht einmal mehr Spike. Angelus wurde Angel. Sehr einfach. Aber ich werd wohl immer Spike bleiben. Egal, was ich tue. Und wenn du William sagst, ist das auch nicht richtig. Am besten, alles bleibt beim Alten.“ Er wollte gleichgültig klingen, aber Buffy merkte, daß es für ihn nicht nur seine Vergangenheit war- er hatte sein Leben so sehr verdrängt und war zu dem Vampir geworden, den Drusilla von ihm verlangte- Buffy spürte, wie sie plötzlich von einem seltsamen Gefühl befallen wurde. Es war kein Mitleid für den gescheiterten William- vielmehr ein tiefes Mitgefühl für den Vampir, dellte ich euch mit diesen Zahlen etwas zeigen.“ Giles richtete seine Brille auf der Nase zurecht.„Wir erreichen mehr, wenn wir getrennt kämpfen.“ Spike starrte auf den Zettel auf dem Tisch.„Genau das ist aber nicht richtig. Ihr drei stürmt los und kämpft, während die Anderen hier herumsitzen. Ihr seid Wächter- nur Kennedy ist eine Jägerin. Hört auf, das alles unter euch auszumachen. Und außerdem habt ihr kein System.“„Wir töten die Vampire. So, wie sie es mir immer beigebracht haben.“„Ich glaube, ich verstehe es. Wir kämpfen gegen Windmühlen. Jeder getötete Vampir ist nur einer von Vielen. Sieh dir diese utopischen Zahlen an! Als Jägerin hast du früher 3 oder 4 pro Nacht erledigt- aber nicht Dutzende.“„Wir sind hier in der Großstadt- da herrschen andere Maßstäbe.“„Nein- Buffy- er hat es erkannt. Es bringt nichts, so weiter zu machen. Deshalb habe ich da ein Experiment mit euch vor. Um ihr System ernsthaft zu stören, müssen wir es kennen.“„Was haben sie vor?“ lauerte ihn Buffy an.„Oh.- nur einen kleinen Wettlauf. Die ehemalige Jägerin, die aktuelle Jägerin und ein Vampir. 3 verschiedene Denkweisen- und sicherlich 3 verschiedene Wege, ans Ziel zu gelangen. Jeder tut das, was ihm sein Instinkt vorgibt. Die Strecke geht vom State Theatre zum Chrysler Building. Keine Karten, keine Hinweise. Ihr könnt alle Möglichkeiten nutzen- die Beschränkung liegt darauf, daß ihr es zu Fuß schaffen müsst. Keine U-Bahn, keine Busse, Taxen oder andere Gefährte. Um 4 Uhr geht es hier los. Ihr werdet nicht schlafen bis dahin. Kein Essen, kein Blut. Und wir trainieren bis dahin.“„Müssen wir alle wach bleiben?“ Ty sah ihn entgeistert an. Das konnte doch nicht sein Ernst sein?„Ja. Alle. Es ist ein Teil eures Trainings. Durchhalten unter erschwerten Bedingungen. Wir sollten das öfters tun- dann würdet ihr vielleicht an den anderen Tagen freiwillig ins Bett gehen.“„Giles- sie sind ja ein richtiger Sklaventreiber.“ Bemerkte Spike anerkennend. Also war nicht nur er daran interessiert, den Kids mal etwas mehr Ordnung und Disziplin beizubringen.„Glaub mir- ich hab noch ganz andere Sachen auf Lager- und morgen früh wirst du mich verfluchen dafür.“ Giles konnte sich ein boshaftes Grinsen nicht verkneifen. Sie würden schon sehen, was wirkliche Kondition war. Er hatte sich in England einige neue Schikanen einfallen lassen, um die Anwärter härter zu machen. Vorerst konnte man die Ermittlung der entscheidenden Entfernung für Vampire ganz gut damit verbinden. Sie würde für den Extremfall bestimmt sein- und ein Vampir in Gefahr hatte vorher auch nicht schlafen und gemütlich frühstücken können.Buffy beobachtete den Kampf zwischen Kennedy und Spike. Sie war wirklich gut geworden. Und nachdem sich schon Tomas, Lauren und Heather Prügel bei ihm geholt hatten, war er doch etwas schwächer geworden- oder aber, er sparte sich alles für sie auf. Kenny stöhnte auf, als sie an die Säule knallte.„Genug?“ Spike stand ganz ruhig vor ihr. Er wirkte so, als wäre er gerade aufgestanden. Vollkommen entspannt.Ihr Blick wanderte zu Kennedy. Ihre Lippe war aufgeschlagen. Und Buffy verstand. Sie stürzten sich gemeinsam auf ihn. Damit hatte er wohl nicht gerechnet. Zwei Jägerinnen traten und schlugen wild auf ihn ein. Er wich zurück und wurde von der Wand im Rücken gebremst. Er richtete sich auf und ging zum Angriff über. Buffy stand in näherer Schlagdistanz und war somit ein willkommenes Ziel. Sie stolperte zurück und fing sich mit den Händen ab. Er wollte sich auf sie stürzen, da schnellte ihr Bein hoch und traf ihn genau gegen den Kehlkopf. Die Wucht des Tritts warf ihn zurück und er spürte etwas Spitzes im Rücken.„Keine Bewegung- oder ich tu dir ein bisschen mehr weh!“ Kenny stand direkt hinter ihm. Und plötzlich spürte er den kalten Stahl auch an seinem Hals. Buffy hielt ihm die Klinge des Langschwertes an den Hals. Er nahm langsam die Hände hoch.„Was habt ihr vor- Ladies?“ Eine Art Mordlust schimmerte in Buffys Augen. Das machte ihn doch vorsichtig.„Was denkst du denn? Wie unsterblich bist du wirklich? Was meinst du? Würde dein Kopf wieder anwachsen?“„Das ist nicht mehr lustig!“ flüsterte er.„Nein? Finde ich schon. Der große Meister der Folter zittert vor einer Frau. Wie fühlt es sich an?“ Sie ließ die Klinge langsam an seinem Hals entlang fahren. Ein Blutstriemen zeigte sich. Er zuckte leicht zurück. Da spürte er Kennedys Klinge stärker im Rücken.„Was wird das hier, eine Hinrichtung?“„Schon möglich. Hast du einen letzten Wunsch?“ Sie packte das Schwert mit beiden Händen und richtete ihre Fußstellung zum Schlag aus.„Wenn du so fragst-.“ Er trat auf sie zu und die Klinge machte ein seltsames Geräusch, als sie seinen Hals entlang fuhr. Buffy spürte den Widerstand. Sie zog schnell das Schwert weg und starrte ihn an. Ein tiefer Schnitt wurde sichtbar. Er begann zu lächeln.„Sag mir ins Gesicht, daß du mich haßt- dann stirbt es sich leichter.“ Sie starrte ihn fassungslos an.„Hab ich´s doch gewusst. Du solltest nicht versuchen, zu bluffen- ich merke es sowieso.“ Er nahm ihr das Schwert aus der Hand und wollte es wieder an seinen Platz an der Wand im Schlafzimmer bringen.„Du hast es geglaubt.“ Rief sie ihm hinterher. „Nein- vergiß es. Das hast du nicht drauf.“ Er schloß die Tür hinter sich und lehnte sich dagegen.„Er hatte Schiss.“ Stellte Tyra kategorisch fest.„Hätt ich auch gehabt- mal herrlich. Euch Beiden möchte ich nicht im Dunkeln begegnen.“ Lauren verschränkte grinsend die Arme. „Hey- Mason!“„Ich hab nicht geschlafen!“ schreckte er hoch.„Alles klar- Augentraining!“Spike starrte auf das Schwert in seiner Hand. Er wusste nicht einmal, wann sie es aus seinem Zimmer genommen hatte- geschweige denn, wieso er es nicht bemerkt hatte. Und dieser Blick. Langsam wagte er zu bezweifeln, ob sie es nicht doch tun könnte. Verdammt. Sie hatten mit ihm gespielt. Sie hatten ihm das angetan, was er sonst immer tat. Seine Opfer zu foltern- ihre Angst zu steigern. Wo hatte sie diese Selbstkontrolle her? Sonst hatte sie sich verraten, wenn sie bluffte. Ihre Augen hatten immer gelacht und dann wusste er, daß es nicht ernst gemeint war. Aber diesmal war etwas anderes in ihnen erschienen. Es war wie eine innere Warnung. Tu etwas Unüberlegtes, und du stirbst. Es ging nicht um diesen einen Moment. Sie hatte ihm gezeigt, welche Stärke wirklich in ihr steckte. Eiskalt zu handeln, wenn es sein musste.Giles schien der Einzige zu sein, der noch wirklich munter war. Ein innerer Enthusiasmus vertrieb seine Müdigkeit. Wie konnte ein einzelner Mensch nur so schrecklich gute Laune haben? Die Kids maulten rum und bekamen die Augen beim Einsteigen kaum auf, und Spike wirkte nervös. Giles wartete auf ihn und ging mit ihm nach draussen.„Geht es dir gut?“„Klar- kein Problem.“„Ich hab gesehen, wie du die Anderen ansiehst.“„Es geht schon. Keine Gefahr- wirklich.“ Also sah man es ihm doch an. Ihm fehlte das Blut. Giles brachte seinen inneren Rhythmus durcheinander. Er konnte tagelang Ohne auskommen, aber es machte ihn aggressiv und die Gier erwachte dann immer. Jeder Mensch wurde zum potentiellen Opfer. Und Giles nutzte es aus. Er machte ihn zum Vampir damit. Er würde anders denken und handeln ames Märchen abtun, wenn du willst. Aber vielleicht hilft es dir weiter.

Die Jägerin, die ich liebte, war etwas ganz Besonderes- für mich zumindest. Ich konnte sie nicht gehen lassen, nachdem ich nicht mehr der Oberste war. Also blieben wir zusammen, was uns viele Probleme schaffte. Ich wurde zum Geächteten, weil ich sie nicht freilassen konnte. Meine Liebe hat alles zerstört. Und weil ich sie nicht ganz haben konnte, ließ ich mich auf einen Dämon ein. Er versprach sie mir, wenn ich ihm helfen würde. Es war keine große Sache, dachte ich, ihm ein paar nutzlose Informationen über den Rat zu geben- ich vermied es, die wirklichen Geheimnisse zu offenbaren, weil ich ihm nicht traute. Als Gegenleistung brachte er mir meine Liebe zurück- als Leiche! Ich war schockiert und vollkommen verzweifelt. Und da griff ich ihn an und tötete ihn im Wahn. Dann versuchte ich, meine Hexerkräfte für ihre Wiedererweckung einzusetzen. Es gelang- und für einen kurzen Augenblick war sie wieder lebendig. Sie sagte mir, daß ich der Vater ihres Kindes sei- ich hatte es nicht gewusst! Und dann bat sie mich um etwas, daß ich wohl bis heute nicht verstehen kann. Sie wollte nicht mehr leben. Sie sagte mir, daß sie das Kind nicht wolle, weil ich böse wäre. Sie haßte mich plötzlich! In ihren Augen stand die pure Wut auf mich. Da hab ich zugeschlagen. Das war nicht mehr meine große Liebe. Das war ein Monster, daß sein eigenes Kind verfluchte. Sie fanden mich vor ihrer Leiche und dann töteten sie mich. Weil ich sterben wollte. Ich hätte sie besiegen können- hätte ewig leben können. Aber für jeden kommt einmal die Zeit, daß er loslassen muß. Man bereut seine Taten auf ewig- selbst wenn man tot ist. Niemand wäscht einem die Schuld von den Händen. Was man einst für richtig hielt, kehrt sich ins Gegenteil. Ich habe so viel falsch gemacht in meinem Leben- ich will nicht, daß ihr dieselben Fehler macht wie ich. Und leider seid ihr kurz davor.“

Er hielt kurz inne und sah sie eindringlich an. „Buffy- tu ihm nicht dasselbe an, wie sie es bei mir tat. Er wird dich immer lieben.“ Er wollte verschwinden, aber Buffy sprang plötzlich nach vorn und griff nach seiner Hand.

Es war ein bloßer Reflex- und es überraschte sie nicht wenig, daß es wirklich eine knochige Hand zu greifen gab!

„Was geschieht gerade mit mir? Ist es Willow?“ Sie suchte seine toten Augen.

„Nein. Sie kämpft gerade den inneren Kampf mit sich selbst. Es wird sie verändern- aber sie wird siegen am Ende. Und was dich betrifft- die Kräfte der Jägerin gehen nie verloren- es ist aber möglich, daß du sie für die nächste Zeit mit jemandem teilen musst.“

„Mit wem?“ flüsterte sie erstaunt.

„Das wirst du bald selbst erfahren. Aber um euch etwas zu helfen, kann ich dir die Schwäche nehmen, die eine Jägerin in diesem Fall leider durchläuft. Dein Körper würde dann wieder so reagieren, wie es im Normalfall wäre. Vertraust du mir?“ Er kam langsam einen Schritt auf sie zu. Sie nickte entschlossen. Auch wenn er immer noch ein zweifelhafter Helfer war- warum sollte er ihr schaden? Mittlerweile war ihr alles egal. Seine Hände legten sich langsam an ihre Schläfen und sie spürte eine seltsame Wärme durch ihren Körper strömen.

Spike wollte kurz nach ihr sehen und öffnete leise die Tür. Aber was er erblickte, ließ ihn erstarren. Buffy kniete auf dem Bett und hielt sich am Fußteil fest, während Zekhor um sie herum ein leuchtendes rotgelbes Feld aufgebaut hatte und sie sich direkt in die Augen sahen. Er hielt ihren Kopf umklammert und Buffy schien vollkommen fasziniert von ihm zu sein. Spike stürmte in das Zimmer und stürzte sich wutentbrannt auf Zekhor- landete aber im Leeren, als dieser sich blitzartig auflöste. Das Licht um Buffy hielt an. Er sprang auf und packte sie an den Armen, um sie kräftig zu schütteln, begegnete aber ihrem seltsamen weißleuchtenden Blick. Sie lächelte still und sah ihn liebevoll an. Wie ein Magnet wurde er von ihr angezogen und sie küsste ihn sanft auf die Stirn. Dann erst verschwand das seltsame Licht und das Leuchten in ihren Augen wurde schwächer- auch wenn es Spike so schien, als wäre es noch immer in abgeschwächter Form da.

„Hallo Liebling. Er hat mich geheilt.“ Sie lächelte über seinen verdutzten Blick. Dann schwang sie sich aus dem Bett und suchte tatendurstig ihre Sachen für den Abend zusammen. Spike hockte wie vereist vor dem Bett und schüttelte langsam den Kopf. Was war hier gerade passiert? Liebling? Hallo! Auf welche Droge hatte sie dieser Zekhor gebracht?

„Und- was machen wir heute Abend? Redtime? Hab gehört, da soll die Post abgehen.“

„Äh- ja. Wir wollen uns nur umsehen- keine Toten oder so. Was war das gerade?“ Er deutete verständnislos um sich.

„Hab ich dir doch gesagt. Er hat mir erzählt, was wirklich damals los war. Keine schöne Sache. Deshalb glaub ich ihm das mal ausnahmsweise. Und er hat mir irgendwas sagen wollen- aber ich steh wohl gerade neben mir und kapier´s nur nicht. Jedenfalls sollen die Schwächeanfälle jetzt vorbei sein. Naja- ich fühl mich auch voll gut- also hoffen wir mal das Beste. Willow hängt nicht damit zusammen. Und meine Kräfte behalte ich auch als Ex- Jägerin. Aber irgendwas ist es wohl- vielleicht so´ne Art Jägerinnengrippe. Er meinte, daß das normal ist in so einem Fall- was immer er damit sagen wollte. Werd mal Giles fragen. Unser Lieblings- Bücherwurm kennt sich bestimmt mit den Krankheiten der Jägerin aus. Ich glaub kaum, daß ich einfach zum Arzt gehen kann und dort nicht für Aufsehen sorge.“

„Buff- bist du wirklich okay?“

„Ja- klar. Alles Bestens. Und wenn es irgendwas Neues gibt, bist du der Erste, der es erfährt- versprochen!“ Sie umarmte ihn ganz fest und wirkte glücklich. Es machte ihm insgeheim Angst.

Blutgier

Am Abend versammelte sich die Mannschaft im Eingangsbereich und wartete nur noch auf Spike und Buffy. Sie hatten beschlossen, sich möglichst gut zu tarnen. Jeder trug Sachen, die eher untypisch waren. Ty, Dawn und Andrew würden mit Giles zu Hause bleiben. Sie wussten noch nicht einmal, daß Buffy mit von der Partie wäre. Dann tauchten die Anführer auf- und waren kaum wieder zu erkennen.

„Spike? Oh mein Gott! Was habt ihr denn mit deinen Haaren gemacht!“ quiekte Tyra überrascht. Der Vampir war nur noch ehemals platinblond und erstrahlte jetzt in klassischem Schwarz, daß auch noch wild abstand, statt platt anzuliegen. Den Ledermantel hatte er mit einer Motorradjacke vertauscht- und insgeheim waren wohl alle anwesenden Mädchen tierisch eifersüchtig auf Buffy. Spike sah einfach wahnsinnig süß aus! Und Buffy ergänzte ihn mit schwarzem, langen Zopf und Lederoutfit perfekt. Sie sahen aus wie ein modernes Bikerpaar in ihren Jacken und den Lederhosen.

„Dann lasst uns den Schuppen mal zum Kochen bringen!“ tönte Xander, als er sich vom ersten Schock erholt hatte. Wenn ihm Spike so auf der Strasse entgegen gekommen wäre- nicht einmal er hätte ihn erkannt!

„Hey- B. -ist das nur ein Kostüm oder dein wahres Ich?“

„Was denkst du denn- Faith?“ Sie schritt lächelnd an ihr vorbei zur Tür hinaus.

„Ich will gar nicht wissen, was da wirklich im Keller abläuft! Aber trotzdem- Respekt. Ich hab ja schon immer gewusst, daß mehr in euch steckt als das Blondchen- Duo.“

„Glaub mir- wenn ihr alles von mir wüsstest- sie würden dich zu ihrer neuen Heiligen erklären.“ Sie boxte Faith freundschaftlich gegen den Arm. Diese lachte nur und stieg in den Kleinbus.

Spike und Buffy fuhren mit dem roten Bike zusammen, da dieses weniger bekannt in Vampirkreisen war.

Unterwegs wurden die Kids mit kleinen Mikros und Hörern ausgestattet. Unter den Haaren fielen die Stecker in den Ohren kaum auf, und die Mikros wurden teilweise in Ketten oder Rollkragen versteckt. Buffy und Spike hatten sich gleich beim Anziehen gegenseitig verkabelt. So konnten sie sich sogar während der Fahrt über das Vorgehen beraten.

„Wir wollen also nur herauskriegen, was da los ist. Haben wir es nur mit einem Zugang zur Unterwelt zu tun, oder ist die ganze Disko beteiligt? Keine Kämpfe, kein auffälliges Verhalten. Versucht, immer Augenkontakt zu den Anderen zu halten. Um Mitternacht treffen wir uns wieder draußen im Park- abseits von den Blicken.“ Mason hatte mit Spike und Giles den Plan erarbeitet und übernahm nun die Führung, die ihm Spike übertragen hatte. Er wusste, daß Mason im Notfall eher helfen konnte als er selbst, der trotz allem immer noch sein eigenes Ding machte. Sie würden mit Buffy eigenständig handeln, während der Kampfsportler den Sack Flöhe hütete.

„Was, wenn wir auf Vampire stoßen sollten?“

„Dann lasst ihr sie verdammt noch mal in Ruhe! Sollte es einer von euch auch nur wagen, einen Vampir anzugreifen-!“ warnte Spike durch das Mikro.

„Schon gut- wir rühren deine Freunde nicht an!“

„Tomas! Spike hat recht. Wir wissen nicht, was da los ist. Die Disko ist riesig- wir hätten keine Übersicht.“

„Wir sind da. Also Leute- viel Glück.“ Sie hielten an unterschiedlichen Stellen in der Nähe der Disko und verteilten sich in Grüppchen. Spike beobachtete unauffällig, wie Buffy mit Chao-Ann und Sam in der Eingangstür verschwand. Hoffentlich war sie wirklich wieder fit!

Die laute Musik knallte ihnen entgegen. Spike war mit Heather und Tomas unterwegs und nahm den Hauptfloor in Angriff. Lauren und Dennis gingen nach oben, während Xander und Mason in die Kellergefilde vordrangen.

Faith und Rona sowie Wood und Amanda nahmen sich ebenfalls einen Floor zu Gemüt.

Aber nach 5 Minuten hatten sich die einzelnen Gruppen teilweise schon aufgelöst, und Buffy und Spike hatten über die Tanzfläche hinweg Augenkontakt- anscheinend fanden sie sich sogar, auch wenn sie nicht nacheinander suchten. Sie folgte seinem Blick auf eine Gruppe junger Männer. 3 Vampire waren darunter. Dann bedeutete sie ihm, nach oben zu sehen. Auf dem zweiten Deck lehnte eine Horde junger Mädchen wie aufgereiht am Geländer und beobachtete das Geschehen auf der Tanzfläche. 7 Vampirinnen- noch Teenager. Was war das hier- ein neuer Treff für Teenie- Vampire? Spike wirkte ebenfalls verstört. Er machte einen kleinen Umweg und stand plötzlich nicht weit von ihr und vermied jeglichen Augenkontakt. Aber er sprach zu ihr in Gedanken.

Sieh auf die Tanzfläche.

Was ist damit?

Kein Einziger von Denen kommt hier lebend raus.

Was? Irritiert sah sie zu ihm, aber er zuckte mit keiner Wimper.

Oben- auf den Emporen. Da sind nur Vampire. Sie beobachten sie. Die Türen am Ausgang können automatisch schließen.

Was willst du damit sagen?

Das ist ´ne Mausefalle. Sie locken die Kids hierher. Siehst du den Vampir da oben rechts? Zu alt für so eine Party. Und die Türsteher- hast du es auch gemerkt?

Das Branding- wie bei der Leiche.

Verdammt! Treppe rechts. Willow. Spike war plötzlich nicht mehr so ruhig.

Buffy sah zur Treppe hin- und ihr stockte der Herzschlag. Willow kam die Stufen hinunter- in einem düsteren Kleid und vollkommen bösartig ausschauend. Die Kids würden es für echt gutes Make Up halten- aber Spike und sie wussten schließlich, wie die böse Willow aussah- und das hier war anscheinend eine Steigerung all dessen, was sie je gesehen hatten. Die Typen an ihrer Seite waren anscheinend ihre Bodyguards. Sie überblickte mit kalten Augen die Tanzfläche- und plötzlich blieb ihr Blick für den Bruchteil einer Sekunde an Spike haften. Aber sie drehte sich weg und schien niemanden zu beachten.

Spike? Buffy versuchte, wieder Kontakt mit ihm aufzunehmen. Aber er kam schweigend auf sie zu. Vor aller Augen nahm er sie in die Arme und küsste sie leidenschaftlich. Dann umarmte er sie und lehnte seinen Kopf an ihren, so daß er ihr direkt ins Ohr sprechen konnte.

„Sie kann unsere Gedanken lesen- das ist verdammt schlecht. Siehst du die Sprenkelanlage an der Decke? Da ist noch nie Wasser durchgeflossen. Zuerst hatte ich nur ein komisches Gefühl- aber ich rieche das Blut. Es ist überall. Die Wände stinken regelrecht danach.“

„Eine Blutparty?“

„Ja. Schon mal über den Namen nachgedacht? Fragt sich nur, wann die nächste Redtime ist.“

Heute. Verschwindet schnell.

„Hast du das auch gerade gespürt?“ Buffy sah ihn erschrocken an.

„Willow. Aber warum?“

Ich kann euch nicht rausbringen, wenn es zu spät ist- also verschwindet! Ich erklär es euch später- Spike- du musst mir vertrauen. Sie glauben, ich will ihnen helfen. Ich soll eure Kräfte sammeln. Noch kann ich es herauszögern. Aber ihr müsst handeln. Den Kerberos töten. Die Liste der Reiter zerstören. Und jetzt raus mit euch!

„Leute- Rückzug! Alle sofort zum Eingang!“ flüsterte Buffy unauffällig in Spikes Mikrofon, daß direkt vor ihrer Nase war. Und als Antwort hatte sie plötzlich alle Stimmen gleichzeitig im Ohr. Sie bahnte sich einen Weg durch die Massen und Spike folgte ihr.

Buffy? Was hat Zekhor mit dir gemacht? Willow war plötzlich deutlich in ihrem Kopf, und als sie zu ihr sah, trafen sich ihre Blicke. Willows dunkles Glänzen und Buffys weißes Leuchten. Spike sah es genau. Was war da nur los? War Buffy plötzlich zur weißen Hexe mutiert?

Paß auf dich auf. Und sag es ihm.

Was?

Oh- du weißt es noch nicht. Entschuldige. Das musst du selbst herausfinden. Aber ich bin weiterhin auf eurer Seite und werde alles tun, um dich zu beschützen. Versprochen. Ich hab dich lieb, Jägerin.

Buffy schickte ihr ein Lächeln zurück und verließ die Disko. Da begannen sich auch schon die automatischen Türen zu schließen. Buffy rannte vorbei an den ersten verdutzten Gesichtern und drängelte sich durch den Ausgang. Hinter ihr beschloss sich das Schicksal von mehreren Hundert Teenagern. Die Musik stoppte plötzlich, was man sogar von draußen hörte. Sie fand die Anderen auf der anderen Straßenseite versammelt- alle waren da- bis auf Spike. Sie starrten alle wie gebannt auf den Eingang. Jetzt drang eine laute Fight- Musik durch die Wände hindurch und überdeckte nur spärlich die Schreie der Opfer, die vor den Augen der Jägerinnen sterben mussten- ohne, daß sie anscheinend eingreifen konnten. Warum half Willow denn den Teenagern nicht?

„Mein Gott- wir müssen etwas tun!“ schrie Sam entsetzt.

„Was? Reingehen und kämpfen? Gegen wie viele? Hast du sie gezählt?“ Faith war auch wütend darüber, daß sie sinnlos rumstanden- aber ihr fiel nichts ein. Zum ersten Mal im Leben als Jägerin fühlte sie sich wirklich machtlos.

„Wir hatten nie eine Chance. Er verhöhnt uns damit und zeigt, wie wenig wir doch tun können.“ Flüsterte Buffy schockiert. Und Spike ist da drin- fuhr es ihr durch den Kopf. Was wird er tun?

„Was wird aus Spike werden?“ Kenny dachte lieber nicht ernsthaft darüber nach, warum Spike als gefährlich galt.

„Er wird überleben- aber als was?“ Xander klang erstaunlich ruhig.

„Wir müssen es abbrennen. Nur so können wir die Vampire töten und verhindern, daß Neue entstehen.“ Die Kälte in ihrer Stimme überraschte Buffy selbst.

„Was? Da sind Hunderte von Teenagern drin! Bist du jetzt vollkommen durchgedreht?“ Xander war also doch nicht so ruhig, wie er vorgab.

„Ich weiß. Und Spike und Willow sind da auch. Er wird überleben, nehme ich an. Aber das ist nicht wichtig. Wenn wir nicht handeln, sind da bald Hunderte von Vampiren drin. Also- wer ist dafür, den Schuppen abzufackeln?“ Sie klang selbst nur wenig überzeugt, aber schließlich musste sie rational bleiben. Und sie konnten es nicht riskieren, vor ihren Augen eine neue Garde von Vampiren auferstehen zu lassen. Selbst wenn sie alle Opfer töteten- da waren jetzt schon mehr Vampire versammelt als sie wohl jemals wieder auf einem Haufen sehen würden. Junge, erfolgreiche Vampire- was das Töten nicht gerade leichter machte, als wenn sie wirkliche Monster vor sich hätten.

Auf einmal flog die Tür auf, und ein vollkommen blutüberströmtes Wesen flog auf den Bürgersteig. Wie durch Magie knallten die Türen gleich wieder zu. Buffy rannte hin und wollte dem vermeintlichen Menschen helfen- aber zu spät erkannte sie, daß es ein Vampir war. Brüllend griff sie das Monster an und schleuderte sie gegen die Wand. Seine Bewegungen glichen denen eines Tieres. Er stürzte sich auf sie und packte mühelos ihre Kehle. Sie spürte, wie sie den Boden unter den Füßen verlor. Dann kamen die gefährlichen Reißzähne ganz nah an ihren Hals. Sie versuchte, all ihre Kräfte zu sammeln, aber sie fühlte sich wie Watte in den Stahlklauen. Er fauchte sie gierig an und drohte, zuzubeißen. Doch plötzlich hielt er inne- und beschnupperte sie. Sein Fauchen ging in ein Knurren über. Und dann sah er sie plötzlich an. Eine Handbewegung nach hinten ließ die herbeieilenden Retter innehalten. Sie starrten wie gelähmt auf die Szene, die sich ihnen bot. Der Vampir ließ die Jägerin langsam nach unten und stand ihr keuchend gegenüber. Für einen Bruchteil einer Sekunde glaubte Buffy, etwas oder jemanden in diesem Dämon zu erkennen- und dann rannte der Vampir einfach weg und verschwand im Park.

Buffy sank langsam an der Wand nach unten und wischte sich das Blut mit dem Handrücken vom Hals. Und plötzlich brach alles aus ihr heraus- und sie begann zu weinen.

„Was ist denn passiert?“ Xander war als erstes bei ihr und kniete neben ihr. Überall war das Blut auf dem Bürgersteig, daß von dem Vampir herabgetropft war.

„Habt ihr ihn erkannt?“ winselte sie verzweifelt.

„Nein. Wieso?“ Eine unheimliche Pause der Stille entstand.

Dann beruhigte sie sich ganz plötzlich und ihre Augen leuchteten wieder so seltsam, daß es diesmal sogar den Anderen auffiel. „Mason- hol mir bitte das Schwert. Es liegt im Bus.“ Sie richtete sich entschlossen auf.

„Buffy- was?“ Faith fühlte sich nicht wohl in ihrer Haut. Was hatte Buffy nun vor?

„Zündet den Club an. Ich hab da noch etwas zu erledigen. War schön, mit euch zu arbeiten. Sagt Dawn, daß ich sie liebe.“ Sie nahm Mason das Schwert aus der Hand und stürmte entschlossen los. Niemand konnte sie mehr aufhalten- und seltsamerweise versuchte es auch niemand. Sie sahen ihr nur verzweifelt hinterher. Und versuchten, damit klar zu kommen, daß sie sie wohl nicht lebend wiedersehen würden. Buffy Summers würde ihren eigenen Dämon bekämpfen- denn das Blut hatte ihn wiedererweckt. Die Jägerin und ihr Nemesis würden den Endkampf führen- in dieser dunklen Nacht in einem Stadtpark in Manhattan.

Ende Teil 3

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